Deutsche Bibliothek
ISSN 1612-7331
22.09.2020 - Nr. 1914
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Am Freitag, 25. September 2020, erscheint ONLINE-EXTRA Nr. 305 mit einer Buchvorstellung von Gabriel Berger: "Halle ist überall".


Guten Tag!

Nr. 1914 - 22. September 2020



Die jüngsten Vereinbarungen zwischen den Golf-Staaten und Israel beschäftigen weiterhin die Analysten. Für N-TV beleuchtet Tal Leder die Rolle Saudi-Arabiens und die Folgen der Vereinbarungen für die Palästinenser. Zu Letzterem zitiert er Yossi Mekelberg, Professor für internationale Beziehungen an der Londoner Regent's Universität in London, der die neue Allianz zurückhaltend beurteilt, solange Israel den Palästinensern nicht entgegen komme: "Zwar besitzt die palästinensische Sache am Golf momentan nicht die höchste Priorität, doch Jerusalem täuscht sich, wenn sie glauben, dass diese Staaten vollständige diplomatische Beziehungen zu ihnen aufnehmen werden, ohne den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen."
Susanne Knaul schreibt zum gleichen Problem mit Zuversicht in der TAZ:
"Dass die PalästinenserInnen bis heute keinen Staat haben, liegt weder an Ägypten noch an Jordanien, sondern am Terror, etwa durch die Hamas, und an Israels Siedlungspolitik. Wenn Israel und die PLO an den Verhandlungstisch zurückkehren, werden künftig auch die Emirate und Bahrain ein Wörtchen mitzureden haben. Die neuen Abkommen sind eine gute Nachricht – auch für die PalästinenserInnen."
Im CICERO blickt Mareike Enghusen vor dem Hintergrund der gleichen Problematik auf die bisherigen Strategien der Palästinenser und bemerkt:
"Doch auch der Jahrzehnte lange Kollektiv-Boykott der arabischen Staaten hat den Palästinensern keinen Staat verschafft, ebenso wenig wie palästinensische Aufstände, Terroranschläge, UN-Resolutionen und diplomatische Ermahnungen. Dass viele Palästinenser sich vergessen fühlen, sogar verraten von ihren einstigen Verbündeten, mag menschlich verständlich sein. Eine Strategie ist es nicht. Die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah verweigert sich Gesprächen mit den USA und beharrt auf der alten Formel: ein Staat in den Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Ungeachtet der Frage nach historischer Gerechtigkeit – die Geschichte ist selten gerecht – führen diese Forderungen ins Leere."
Im TAGESSPIEGEL rekapituliert der in Berlin lebende deutsch-israelischer Psychologe und Autor Ahmad Mansour recht umfassend die historische Entwicklung des Verhältnisses der arabischen Staaten zu Israel - und das Scheitern der arabischen Strategien in diesem Kontext. Zur Rolle der USA bei den jüngsten Entwicklungen schreibt er:
"Aus ethischer Sicht wird die Allianz von der muslimischen Gemeinschaft aufgefordert, sich solidarisch mit den Palästinensern zu zeigen. Aber aus politischer Sicht stört dieser Solidaritätsdruck die Allianz mit Israel, die vor einem immer aggressiver agierenden Iran schützen soll, der nach der Atombombe strebt. Dafür braucht es Verbündete. Je mehr die USA sich aus dem Nahen Osten zurückziehen, angefangen mit Obama und weitergeführt von der „Trumpolin“-Politik des amtierenden Präsidenten, desto klarer wird vielen arabischen Staaten, dass Israel nicht der Feind, sondern Teil der Lösung ist."
Und abschließend bilanziert er:
"Auf allen Seiten ist Einsatz gefordert: Für eine gelungene Zukunft müssen sich die Menschen im Nahen Osten von Teilen der tradierten Kultur verabschieden. Die Region braucht Reformen und einen Aufbruch zur Mündigkeit. Die Hinwendung zu Israel, dem einzigen demokratischen Rechtsstaat in der Region ist dafür ein erster, äußerst wichtiger Schritt."
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Aktuell begeht Israel (und die jüdische Welt) Rosch Haschana, das jüdische Neujahrsfest, dem dann bald Jom Kippur, der große Versöhnungstag, folgt. Eigentlich eine Zeit des Gebets und Zusammenseins. Aber die Corona-Pandemie zwingt Israels Bürger zu Einschränkungen. Wegen steigender Infektionszahlen wurde zum zweiten Mal ein landesweiter Lockdown ausgerufen, der mindestens drei Wochen anhalten soll. Und die Situation spitzt sich weiter zu, denn die ersten Hospitäler sind bereits überfüllt und nehmen keine Corona-Patienten mehr auf, wie Sabine Brandes für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG berichtet. Unterdessen verlieren viele Israelis die Geduld - und machen ihrem Frust über die Netanyahu-Regierung Luft, wie Benjamin Hammer für TAGESSCHAU.de berichtet. So auch ein Arzt vom Ichilov-Krankenhaus, der ebenfalls Regierung und Minister kritisiert. Er sagt:
"Ich persönlich habe den Eindruck, dass wir im Moment gar keine Regierung haben. Das ist nur eine Ansammlung von Ministern, die alle Forderungen ihrer Gruppen erfüllen. Du kannst Dein Land aber nicht durch eine solche Krise führen, wenn Du gar nicht vorhast, die Regeln durchzusetzen."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG urteilt Peter Münch, aus der Gesundheitskrise sei längst eine Gesellschaftskrise geworden, ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Folgen:
"Der Gouverneur der Bank von Israel kalkuliert, dass jede Lockdown-Woche vier bis fünf Milliarden Schekel kosten wird, umgerechnet bis zu 1,25 Milliarden Euro. Das Finanzministerium rechnet mit 300 000 bis 400 000 neuen Arbeitslosen. Viele Geschäftsleute stehen vor dem Ruin, und nicht wenige kündigen Widerstand an und wollen sich der angeordneten Schließung verweigern. Solche Wogen des zivilen Ungehorsams sind ein Beleg dafür, in welch dramatischem Ausmaß Israels Bevölkerung in der Coronakrise das Vertrauen in ihre Regierung verloren hat."
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Weil die Regierung das Budget gekürzt und Spenden auch nicht mehr so üppig flossen, musste vergangenen Monat die Nationalbibliothek Israels (NLI) in Jerusalem vorübergehend ihre Tore schließen. Während die Bibliotheksleitung die Regierung dazu aufforderte, die notwendige Soforthilfe fließen zu lassen, damit „die Nationalbibliothek des Staates Israel und des jüdischen Volkes“ ihre wichtige Arbeit verrichten könne, ging ein Aufschrei durch die Medien. Gleichgültig, welches Ministerium dafür zuständig sei, schimpfte etwa die „Jerusalem Post“, in der „aufgeblähten Regierung“ müsse es doch genügend Minister geben, denen die Bedeutung dieses Ortes klar sei. Das „Volk des Buches“ könne sich nicht erlauben, seine Nationalbibliothek zu verlieren. Neben der Corona-Pandemie ist die Nationalbibliothek freilich auch durch eine politische Blockade in die Krise gekommen, wie Paul Ingendaay für die FAZ berichtet: "Ein koordinierter Aufschrei".
Der Link zur Reportage in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Die israelische Fluggesellschaft EL AL hat einen neuen Besitzer: Kanfei Nesharim, das Unternehmen des 27-jährigen Jeschiwa-Studenten Eli Rozenberg, übernahm 42,85 Prozent der Anteile an der angeschlagenen Fluglinie. Damit konnte eine Verstaatlichung der Fluglinie abgewendet werden. Der blutjunge Käufer der Anteile gehört zu einer Familie orthodoxer Juden aus New York, die offenbar keine Erfahrung im Fluggeschäft mitbringen. Laut der Wirtschaftszeitung »Calcalist« wurde Kenny Rozenberg von seinem Rabbiner aufgefordert, die israelische Fluggesellschaft zu kaufen, wie JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG und das Info-Portal AERO-TELEGRAPH berichten: "EL AL hat einen neuen Besitzer".
Die Links zu den Berichten in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Fast ein Vierteljahrhundert hat sich die Stadt München an ein selbst auferlegtes Keuschheitsgelübde gehalten, keine neuen Städte-Partnerschaften mehr einzugehen. Immerhin hat man bereits sieben solcher Beziehungen, die schwer genug parallel geführt werden müssen. Jüngst mehren sich freilich Signale, dass München sich doch noch mal traut - und zwar mit einer Stadt aus Israel. In einem Antrag im Stadtrat baten kürzlich die Fraktionen von SPD/Volt und Grünen/Rosa Liste den Oberbürgermeister, in dieser Angelegenheit das Gespräch mit der Generalkonsulin des Staates Israel in München zu suchen. Im Gespräch sind Tel Aviv oder Haifa, wie Julian Hans für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG berichtet: "München will sich nochmal trauen".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

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In dem österreich-jüdischen Magazin NEWS ÜBER UNS beleuchtet Adrian Jonas Haim den erinnerungspolitischen Umgang der Stadt Wien mit der Vergangenheit. Der habe sich war stark verändert, weise jedoch nach wie vor Ambivalenzen auf. Anhang von Gedenksteinen, Erinnerungstafeln und anderen Orten des Gedächtnisses erläutert Haim genauer, was er meint: "Im Gedächtnsiskeller".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Als britische Truppen Bergen-Belsen am 15. April 1945 befreiten, fanden sie Tausende unbestatteter Leichen und Zehntausende todkranker Menschen. Während der NS-Zeit und in den Wochen nach der Befreiung starben dort rund 20.000 Kriegsgefangene und mehr als 52.000 KZ-Häftlinge. Sie kamen durch Übergriffe der SS um und weil die Täter sie an Hunger, Durst und unter erbärmlichen hygienischen Bedingungen an Krankheiten zugrunde gehen ließen. In einer Turnhalle begann dann im September 1945 der Prozess gegen die Wachmannschaften des KZs Bergen-Belsen. „Kein Bericht und keine Fotografie kann den grauenhaften Anblick des Lagergeländes hinreichend wiedergeben“, beschrieb der britische Offizier Hugh Llewellyn Glyn Hughes als Zeuge der Anklage, was er sah. Karen Miether erinnert in der WELT an den Prozess: „Keine Fotografie kann den grauenhaften Anblick wiedergeben“.
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Man kennt die Synchronstimme am Ende von »Manche mögen’s heiß«, die aus dem Mund eines liebestollen Millionärs die Worte »Niemand ist perfekt« hervornäselt: Das ist Freddy Balthoff. Als jüdischer Schauspieler, schwul und mit Liebhaber in der Wehrmacht, überlebten er und andere die Nazizeit versteckt im Berliner Villenvorort Schlachtensee – in einer Bauhausikone, erbaut von Peter Behrens, eingerichtet von Marcel Breuer, die noch heute dort steht. Sie gehörte dem jüdischen Schauspieler Fritz Wisten und dessen Familie. Wie diese Menschen überlebten, mit Naziprominenz als Nachbarn, welche Zufälle lebensrettend eingriffen, neben einem Reigen feindseliger und hilfreicher Menschen – davon erzählt Thomas Blubacher in seinem Buch "Das Haus am Waldsängerpfad". Petra Kohse stellt es in der BERLINER ZEITUNG näher vor: "Die Nachbarn vom Waldsängerpfad".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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Das 2016 gegründete chinesische Videoportal TikTok, das weltweit mit synchronisierten Musik- und Tanzvideos reüssierte und mittlerweile auch andere Dienstleistungen anbietet, steht seit Wochen im Fokus des amerikanischen Präsidenten, der das Portal als ein Spionage-Instrument der chinesischen Regierung betrachtet. Nun kommt aus ganz anderer Richtung nicht minder schwere Kritik: nach Ansicht des Geschäftsführers des Jüdischen Weltkongresses, Maram Stern, geht das Portal nämlich nicht energisch genug gegen Judenhass vor. Er hält TikTok sogar noch für gefährlicher als andere Plattformen, weil hier besonders viel Kinder zusähen, die die Inhalte unterschwellig und unreflektiert übernehmen würden, wie er im Interview mit dem REDAKTIONSNETZWERK DEUTSCHLAND hervorhebt: »Notfalls TikTok abschalten«.
Der Link zum Interview in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Weltweit protestieren Menschen gegen Rassismus. „Black Lives Matter“ (BLM) heißt die Bewegung, die auch in Deutschland im Sommer Zehntausende auf die Straße gebracht hat. Aber BLM äußert sich auch immer wieder antisemitisch und „israelkritisch“. Postkoloniale Theorie hat einen unschätzbaren Anteil an der Aufarbeitung von Rassismus und kolonialem Unrecht, aber die Debatte um den kamerunischen Philosophen und BDS-Unterstützer Achille Mbembe zeigt, dass Antisemitismus offenbar zur Disziplin dazugehört. Gehen Antirassismus und antisemitismuskritische Arbeit zusammen oder müssen wir uns für eines entscheiden? Darüber sprach BELLTOWER, das Portal der Amadeu Antonio Stiftung, mit Anetta Kahane, Vorstandsvorsitzende der Stiftung: "Schließen sich Antirassismus und Antisemitismuskritik aus?"
Der Link zum Interview in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Seit Anfang des Jahres gibt es eine Bildungsinitiative, die es sich zur Aufgabe macht, über Antisemitismus und jüdische Lebensrealitäten aufzuklären – und zwar nicht in der Mehrheitsgesellschaft, sondern dort, wo man ohnehin nach diskriminierungsfreien Räumen strebt: aktivistischen, intersektionalen Gruppen. Das Projekt heißt "Jüdisch & Intersektional" (https://www.instagram.com/jewishintersectional/?hl=de). Hinter dem Projekt stecken Miriam Yosef und Ina Holev. Neben Workshops und Fortbildungen erläutern sie auf Instagram beispielsweise, warum Antisemitismus eine intersektionale Herausforderung ist, woher der Begriff der Diaspora ursprünglich stammt, und was falsch an der Frage ist, ob Jüdinnen*Juden weiß sind. ze.tt haben sie erklärt, warum es Jüdinnen*Juden in aktivistischen Kreisen oft schwer haben und warum es einen intersektionalen Ansatz braucht, um Antisemitismus zu bekämpfen. ZE.TT, das Onlinemagazin des Zeitverlags, das sich an 16- bis 35-jährige Leser richtet, sprach mit den beiden Projektgründerinnen: "Warum auch Feminist*innen häufiger über Antisemitismus sprechen sollten".
Der Link zum Gespräch in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

In der September-Ausgabe mit dem Titel „Anti-Antisemitismus“ bezieht die Zeitschrift TEXTE ZUR KUNST klar Stellung gegen jegliche Form von Anfeindung gegenüber Jüdinnen und Juden. Gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Sabeth Buchmann, der Herausgeberin Isabelle Graw und dem freien Autor Aram Lintzel hat die Redaktion ein Heft konzipiert, das nicht nur kritisch die massive Zunahme antisemitischer Diskriminierung reflektiert, sondern auch auf die Komplexität jüdischer Kunst- und Kulturpraktiken fokussiert. Antisemitismus im Kunstbetrieb wird hier ebenso diskutiert wie antisemitische Implikationen der BDS-Bewegung oder künstlerische Verfahren im Umgang mit Antisemitismus. Caroline Fetscher stellt den Band im TAGESSPIEGEL näher vor. Die Zeitschrift selbst wiederum hat einen Beitrag online gestellt: ein längeres Interview mit der französischen Rabbinerin Delphine Horvilleur. Dabei geht es u.a. wesentlich um die Idee, dass Juden ansteckend sein könnten, eine Vorstellung, die seit dem Mittelalter eine gewichtiges Thema gerade im Kontext von Infektionskrankheiten ist. Horvilleur sagt dazu:
"Manchmal ist das nicht einmal ein Hygiene- oder Gesundheitst­hema, sondern ein politisches. Als vor zwei Jahren der Attentäter von Pittsburgh in eine Synagoge eindrang und die Leute versuchten, seine Motivation zu verstehen, sagte er, die amerikanischen Jüd*innen würden das Land verseuchen, weil sie Migrant*innen helfen. Dasselbe Motiv letztes Jahr in Halle, an Jom Kippur: Der Mann, der versuchte, den Anschlag zu begehen, beschuldigte ,die Juden‘, sie seien an der feministischen Revolution beteiligt, und meinte, dass es eine Kontaminierung durch Weiblichkeit gebe. Man kommt immer wieder auf diese zwei Arten zurück, wie man die Welt sehen kann: Glauben Sie, dass die Grenzen Ihres Landes, Ihrer Nation, Ihres Denkens und Ihres Selbst hermetisch geschlossen sein müssen, damit Sie Sie selbst sein können? Oder glauben Sie, dass Sie Sie selbst sein können, weil Ihre Welt durchlässig ist?"
Die Links zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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Der Begriff der heiligen Schrift ist in unserer Tradition so geläufig, dass eher selten darüber nachgedacht wurde, durch welche Merkmale eine Schrift als heilig ausgezeichnet wird. Die griechischen Polisreligionen kannten keine heiligen Schriften, wie sie heute in den abrahamitischen Religionen verstanden werden. Orakelsprüche fielen in der Regel vieldeutig und widersprüchlich aus. Der Bedeutungszuwachs heiliger Schriften korrespondiert dabei mit dem Übergang vom Opferkult zum Wortgottesdienst. Der Religionswissenschaftler Hartmut Zinser - bis 2011 Professor an der Freien Universität Berlin - beschreibt in seiner jüngsten Publikation erstmals ausführlicher diese Transformation und setzt sich mit dem dann wichtig gewordenen Phänomen der Kanonisierung heiliger Schriften auseinander. Er stellt die Frage nach der Möglichkeit der „Fälschung“ heiliger Schriften und zeigt, wie die Auslegung heiliger Schriften zu einer Rationalisierung beiträgt. Horst Groschopp stellt die Überlegungen von Zinser im HUMANISTISCHEN PRESSEDIENST näher vor: "Heilige Schriften zwischen Opferkult und Wortgottesdienst".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Auch wenn grosse Teile der jüdischen Bevölkerung bereits in griechischen und römischen Zeiten versuchte, sich gegen fremde und pagane Einflüsse abzuschirmen, fanden dennoch kulturelle Adaptionen statt. Ein besonders anschauliches und eindrucksvolles Beispiel dafür ist im Nordosten Israels zu finden: Die antike Bet-Alpha-Synagoge liegt im Bet-Schean-Tal und wurde nach dem Vorbild einer Basilika erbaut. Gundula Madeleine Tegtmeyer berschreibt in der schweizer-jüdischen Wochenzeitung an diesem Beispiel ihre Spurensuche nach griechischen und römischen Einflüssen auf die jüdische Kultur: "Wie die Basilika zur Synagoge wurde".
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT

Haben Muslime ihre eigene Religion verfälscht? Nichts Geringeres als eine grundlegende Kritik des Islams proklamiert Mouhanad Khorchide in seinem neuen Buch „Gottes falsche Anwälte“. Seine provokante Hauptthese lautet: Bei dem Islam, wie er sich heute den meisten Muslimen wie Nichtmuslimen präsentiert und wie er von vielen Gläubigen praktiziert wird, handelt es sich um eine manipulierte Version dieser Religion. Eine Manipulation, die nicht etwa von außen kommt, sondern auf die Muslime selbst zurückgeht. Und, besonders pointiert: Diese Manipulation fand nicht spät und von irgendwelchen modernen Fanatikern statt, sondern bereits in der Frühgeschichte des Islams kurz nach dem Tod Mohammeds. Diese Thesen stoßen bei Thomas Bauer, der Professor für Islamwissenschaft und Arabistik am Institut für Arabistik und Islamwissenschaft der Universität Münster ist, auf heftigen Widerstand. Khorchide, so schreibt er in einem Beitrag für ISLAMiq, wüte "auf diesen 236 Textseiten die Abrissbirne sehr gründlich, ohne dass aus den Ruinen Neues erstünde". Sein abschließendes Urteil lautet:
"Kaum denkbar auch, dass hiervon Impulse für innerislamische Diskussionen oder interreligiöse Gespräche ausgehen könnten. Anders als politisch kann und wird dieses Buch, das sich gerade gegen den politischen Islam richtet, gar nicht diskutiert werden."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

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Die Beziehung Donald Trumps zu den jüdischen Organisationen in Amerika ist alles andere als einfach und führte schon des Öfteren in der Vergangenheit zu Spannungen. Am vergangenen Mittwoch hielt Trump die mittlerweile vor Rosch Haschana übliche Telefonkonferenz mit den Chefs der wichtigsten jüdischen Verbände ab. Er beließ es aber nicht bei Nettigkeiten und guten Wünschen für das neue Jahr, sondern machte Stimmung für seine Wiederwahl - und trat dabei auch in ein Fettnäpfchen, wie die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG berichtet: »Wir lieben Ihr Land«.
Der Link zum Bericht in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Robert Capa (1913-1954) ist einer der großen Fotografen des 20. Jahrhunderts. Seine Bilder von Europas Kriegsschauplätzen haben sich in unser Gedächtnis eingeprägt. Doch wenige wissen, dass er in Berlin 1945 des erste jüdische Neujahrsfest nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes und der Schoah mit der Kamera einfing, wie Carsten Dippel für DEUTSCHLANDFUNK schildert. Diese Fotos sind erst kürzlich der Kuratorin Chana Schütz in die Hände gefallen und nun in einer Ausstellung in Berlin zu sehen. Capra, Sohn ungarisch-jüdischer Eltern, kam nach seiner Flucht vor den Nazis erst mit der US-Army nach Europa zurück. Am D-Day schoss er an der Omaha Beach unvergessliche Bilder, die zu Ikonen der Kriegsfotografie zählen, wie so viele andere. Schließlich pendelt er in jenem Sommer zwischen Paris und Berlin, nicht zuletzt wegen seiner Affäre mit Ingrid Bergmann. In dieser Zeit entstanden die gut 600 beinahe vergessenen Berlin-Bilder. "Diese Synagogenbilder", sagt Chana Schütz, "sind auch einmalig. Jüdische Fotografen wie Vishniac oder Henry Riess sind ‚47 nach Berlin gekommen, haben für den JOINT oder die Times fotografiert, aber diese kurze Phase, wo man eigentlich sagen muss, das ist der Endpunkt der alten Berliner Gemeinde, das hat Capa gemacht.“
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Das Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam wurde 1999 als erstes Rabbinerseminar in Deutschland nach der Schoah gegründet. Seine Absolventinnen und Absolventen arbeiten in aller Welt. Zwei aus dem jüngsten Jahrgang erzählen, was sie antreibt. Matthias Bertsch hat Isak Aasvestad, von Geburt Norweger und in einer säkularen Familie in Oslo aufgewachsen, sowie Anita Kantor, die aus einer alten jüdischen Familie in Ungarn stammt, getroffen und stellt sie für DEUTSCHLANDRADIO näher vor:
"Durch Wissen zum Glauben".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Als erste deutsche Regisseurin überhaupt hat Maria Schrader die wichtigste amerikanische Fernsehauszeichnung gewonnen: den Emmy. Den begehrten Fernsehpreis bekam sie am Sonntagabend (Ortszeit) für die beste Regie bei einer Miniserie. Geehrt wurde sie für die vierteilige Serie „Unorthodox“ über eine strenggläubige Jüdin aus Brooklyn, die auf der Streamingplattform Netflix läuft. Die Verfilmung fußt auf dem gleichnamigen Bestseller von Deborah Feldman, die sich im Interview mit der BERLINER ZEITUNG über den Erfolg von Schrader höchst erfreut zeigt. Auf die Frage, was ihr in Anbetracht dessen durch den Kopf gehe, sagt sie:
"Es ist ein bisschen lustig, weil anfangs niemand das Buch machen wollte. 25 Verlage haben „Unorthodox“ abgelehnt. Es sei doch eher ein Zeitungsartikel, hieß es zum Beispiel. Oder, dass es nur die Menschen in New York interessieren würde, weil die noch halbwegs wüssten, was überhaupt Chassiden sind. Gerade unter den liberalen Juden wollte niemand die Geschichte hören. Sie wollten nicht an die strenggläubigen Juden erinnert werden. Damit wenden aber auch viele den Aussteigerinnen und Aussteigern ihren Rücken zu. Und davon gibt es in der Welt viele, nicht nur bei Juden, auch bei Muslimen, Christen und anderen Religionen. Viele wollen aus engen Systemen aussteigen und etwas Neues schaffen. Ich hoffe, dass die Serie dazu anregt, solche Menschen besser zu verstehen und zu unterstützen – ohne ihre Herkunft zu verdammen."
Der Link zum Interview in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

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Der Vatikan hat eine Kommission eingesetzt, die sich mit der zugespitzten Frage beschäftigen soll: Steht das sakramentale Amt Frauen offen? Papst Franziskus sagt, diese Frage sei nicht offen. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) beantwortet sie anders: „Das Diakonat für Frauen halte ich für sehr legitim“, sagte er im Interview mit DEUTSCHLANDRADIO. „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir hier vom Synodalen Weg aus diese Bitte äußern, dass das hier auf der weltkirchlichen Ebene wirklich ernsthaft geprüft und eingeführt werden möge.“ Generell sieht er noch erheblichen Nachholbedarf in der Beteiligung von Frauen: „Das Diakonat für Frauen halte ich für sehr legitim“.
Der Link zum Gespräch in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

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Otto Kernberg ist der vielleiht berühmteste Psychotherapeut der Welt. 1938 musste er als zehnjähriger Junge an der Seite seiner Eltern aus Wien fliehen und begann in den USA schließlich seine Weltkarriere. Im Dialog mit dem Psychiater und Psychoanalytiker Manfred Lütz, der neben Medizin und Philosophie auch katholische Theologie studierte, zieht Kernberg jetzt erstmals die Bilanz seines Therapeutenlebens und erklärt allgemeinverständlich und unterhaltsam, was psychische Krankheiten sind und wie man sie behandelt. Dabei kommt er auf Grundsätzliches zu sprechen, die Frage nach der Existenz Gottes und das ewige Leben – und auf seine eigene Geschichte als verfolgter Jude. Nun liegt dieses Gespräch als Publikation vor. Gerhard Haase-Hindenberg hat sie für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG gelesen: "Einblick in die Seele".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

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In einem Krankenhaus im Norden Israels werden Menschen aus Syrien behandelt, die im seit 2011 dauernden Bürgerkrieg verwundet wurden. Unter ihnen sind Kinder, junge Männer und Frauen mit schweren Verletzungen. In ihrer Heimat hätten viele von ihnen nicht überlebt. Für die Patienten bedeutet das humanitäre Engagement im Ziv-Hospital eine Atempause, bevor sie in das Kriegsgebiet zurückkehren. Eine Reportage, die heute Abend zu sehen ist, dokumentiert die Arbeit des Krankenhauses: "Der syrische Patient".
Mehr dazu in den FERNSEH-TIPPS

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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EDITORIAL HIGHLIGHTS

22. September 2020

 * Morgendämmerung eines neuen Nahen Ostens ... mehr
 
 * Israels zweiter Lockdown spaltet die Nation ... mehr
 
 * Israelische Nationalbibliothek in der Krise ... mehr
 
 * EL AL hat einen neuen Besitzer  ... mehr
 
 * München strebt Städtepartnerschaft mit Israel an ... mehr
 
 * Wien: Im Gedächtniskeller ... mehr
 
 * 1945: Prozess gegen die Wachmannschaften des KZs Bergen-Belsen ... mehr
 
 * Überleben in Berlin ... mehr
 
 * Antisemitismus: »Notfalls TikTok abschalten« ... mehr
 
 * Antirassismus und Antisemitismuskritik ... mehr
 
 * Warum auch Feministinnen über Antisemitismus sprechen sollten ... mehr
 
 * Rabbinerin Delphine Horvilleur: Positive Ansteckungen ... mehr
 
 * Heilige Schriften zwischen Opferkult und Wortgottesdienst ... mehr
 
 * Wie die Basilika zur Synagoge wurde ... mehr
 
 * Donald Trump und die jüdische Gemeinschaft in den USA ... mehr
 
 * Robert Capras Bilder zu Rosch HaShanah 1945 in Berlin ... mehr
 
 * Rabbinerausbildung: Durch Wissen zum Glauben ... mehr
 
 * Maria Schrader gewinnt "Emmy" für "Unorthodox" ... mehr
 
 * Bischof Bätzing zur Rolle der Frau in der Kirche ... mehr
 
 * Buch-Tipp: Was hilft Psychotherapie, Herr Kernberg? ... mehr
 
 * TV-Tipp: Der syrische Patient ... mehr

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ACHTUNG:
Am Freitag, 25. September 2020, erscheint ONLINE-EXTRA Nr. 305 mit einer Buchvorstellung von Gabriel Berger: "Halle ist überall".