ACHTUNG
ONLINE-EXTRA Nr. 314
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Er war nicht nur ein bekannter Frauenarzt und Künstlerfreund, sondern auch Erst-Autor von „Knaurs Gesundheitslexikons“ (1930) und Verfasser zahlreicher populärmedizinischer Bücher, die in 16 Sprachen übersetzt wurden. Sein Ziel war es, die rasanten wissenschaftlichen Fortschritte (Bakteriologie/Salvarsan); Diabetes/Insulin; Hormontherapie etc.) verständlich zu machen, und das in einer heiteren Form, „die belehrt, indem sie unterhält.“ Fast könnte man ihn als ein Vorläufer, eine Art Urahn des heute so populären Medizin-Kabarettisten Dr. Eckhard von Hirschhausen charakterisieren. Doch so bekannt Dr. Josef Löbel (1882-1942) zu Lebzeiten auch war, nach dem Krieg fiel der „heitere Menschenfreund“, wie ihn Thomas Mann bezeichnete, in ein schwarzes Loch der Erinnerung. Als jüdischer deutsch-Böhme österreichischer Nationalität, später tschechischer Staatsbürger und in Berlin ansässiger und 1933 vertriebener Arztschriftsteller fiel er durch alle Netze der Erinnerung hindurch: niemand fühlte sich zuständig. Und das, obwohl er von seinem Freund, dem Schriftsteller Joseph Roth, im Radetzkymarsch und weiteren Erzählungen in der Figur des weisen Dr. Skowronnek verewigt wurde.
Und mehr noch, denn mit dem Vergessen und Verschwinden dieses Menschen ist zugleich die Verdrängung eines Skandals verbunden, dessen Wurzeln im verbrecherischen Umgang der Nationalsozialisten mit jüdischem Eigentum liegt, dessen Ausläufer aber weit in die Zeit nach dem Untergang des Dritten Reichs und tief in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hineinreichen: die bleibende "Arisierung" eines Bestsellers. Löbels Autorschaft des Longsellers "Knaurs Gesundheitslexikon", das 1930 erstmals erschien, wurde mit Beginn der NS-Herrschaft getilgt, eine Enteignung geistigen Eigentums, die bis in die Millionenauflagen des Gesundheitslexikons im Nachrkiegsdeutschland ungebrochen fortgeführt wurde.
Die Lebens- und Werkgeschichte von Josef Löbel dem Vergessen entrissen, die anhaltende "Arisierung" von "Knaurs Gesundheitslexikon" aufgedeckt und die genauen Umstände von Löbels Freitod im Jahre 1942 erstmals aufgeklärt zu haben ist das Verdienst der vorliegenden Biographie aus der Feder des Medizinhistorikers Prof. Dr. Peter Voswinckel. Seine akribisch recherchierte Publikation, die mit 230 Fotos, Dokumenten und Faksimiles ungemein liebevoll gestaltet ist, vermittelt zudem eine durchaus neuartige Präsentation von Geschichte, die weit mehr als nur eine Biografie beinhaltet, sondern zugleich auch ein Stück verdrängter Kulturgeschichte lebendig macht. Beigefügt ist dem außerordenlich lesenswerten Band schließlich auch das Grußwort eines 92-jährigen Löbel-Neffen aus New York, der 1938 als Zwölfjähriger mit einem „Kindertransport“ von Wien nach England entkam.
In dem heute als ONLINE-EXTRA Nr. 314 publizierten Beitrag gibt Voswinckel einen ersten Einblick in das Leben und Werk Löbels und thematisiert zugleich die tiefere Problematik einer "Arisierung" geistigen Eigentums, die in der Forschung bislang all zu sehr vernachlässigt wurde. Ergänzt wird Voswinckels nachfolgender Beitrag noch mit einem kurzen Auszug aus seiner Publikation, in dem es um die Enteignung der Autorschaft Löbels im Blick auf "Knaurs Gesundheitslexikon" geht. Unbedingt erwähnt sei noch, dass der von der "Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V." (DGHO) erst möglich gemachte Band über den einstigen jüdischen Erfolgsautor kostenfrei bei der DGHO bestellt werden kann und in einer Online-Version als pdf-Datei zur Verfügung steht. Nähere Angaben dazu in der Anzeige weiter unten.
COMPASS dankt dem Autor herzlichst für seinen Beitrag und die Genehmigung zur Wiedergabe eines Auszugs aus seinem Buch an dieser Stelle!
Online-Extra Nr. 314
online exklusiv für ONLINE-EXTRA
Einen angenehmen Tag und einen entspannten Sommer wünscht
Dr. Christoph Münz
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