ACHTUNG:
Guten Tag!
"Was aus den Koalitionsverhandlungen nach außen dringt, lässt tiefe Demokratieeinschnitte befürchten", schreibt Maria Sterkl im österreichischen STANDARD. Insbesondere konzentriert sich dabei die Sorge auf den Justizsektor:
"Wie aus Verhandlerkreisen zu hören ist, besteht dabei weitgehend Einigkeit. Die Frage ist nicht, ob die Justiz in ihrer Macht beschnitten wird – sondern nur noch, inwieweit. Jene rechten, rechtsradikalen und strengfrommen Parteien, die nun über eine neue Regierungszusammenarbeit verhandeln, wollen die Kontrollfunktion des Höchstgerichts ausschalten. Jede Gesetzesreform, die künftig vom Höchstgericht wegen einer Grundrechtsverletzung abgelehnt wird, soll noch einmal ans Parlament gehen. Eine absolute Stimmenmehrheit soll dann reichen, um den Höchstgerichtsspruch für null und nichtig zu erklären. Dann wäre theoretisch alles möglich."
Vor diesem Hintergrund verweist Peter Münch in der SÜDDETSCHEN ZEITUNG auf eine pikante Gemeinsamkeit der an einer künftigen Regierung beteiligten Protagonisten:
"Sie liegen mit dem Rechtsstaat über Kreuz. Schas-Chef Arye Deri hat eine mehrjährige Haftstrafe wegen Betrugs absitzen müssen. Itamar Ben-Gvir von den Religiösen Zionisten ist verurteilt wegen Aufhetzung und Terrorunterstützung. Netanjahu steht in Jerusalem wegen Korruption vor Gericht. Zu erwarten ist nun eine baldige Justizreform, für die es bei den Parteien schon Pläne gibt und überdies ein paar Blaupausen in den illiberalen Demokratien wie Ungarn oder Polen."
Den tiefer liegenden Grund eines befürchteten Abbaus liberaler Rechtsstaatsprinzipien sieht Adrian Beck vom HUMANISTISCHEN PRESSEDIENST vor allem in einer "religiösen Überrepräsentation" in den künftigen Regierungsparteien:
"Zwei der vier Parteien, Shas und United Torah Judaism, sind streng orthodoxe Parteien, deren Abgeordnete durchweg männlich sind, sogar sein müssen. Religious Zionism, eine neue konservativ-orthodoxe Partei, die streng orthodoxen Themen nahesteht, komplettiert Netanjahus Regierungsquartett. Die Abgeordneten dieser drei Parteien sowie sieben Abgeordnete von Netanjahus Partei Likud – insgesamt 39 der 64 Abgeordneten der Regierungskoalition – sind als orthodox zu verorten. Etwa zwei Drittel dieser 39 Abgeordneten wiederum sind streng orthodox. Nicht ganz ohne Anlass fragt also Judy Maltz von der israelischen Tageszeitung Haaretz: 'Wird Israel zur Theokratie?'"
Ähnliche Befürchtungen äußert auch Hagai Dagan in einem Beitrag für die TAZ und führt noch einen weiteren Aspekt an, der "relligiösen Fanatikern" in die Hände spiele:
"Erschwerend kommt die demografische Entwicklung hinzu. Die religiöse, konservative und ärmere Bevölkerung wächst deutlich schneller als die säkulare, liberale und etablierte. All das macht sich an den Wahlurnen bemerkbar. Demokratie kann bisweilen eine fürchterliche Angelegenheit sein."
Und entsprechend bitter klingt sein Blick in die Zukunft:
"Was bleibt? Israel wird nicht mehr „die einzige Demokratie im Nahen Osten“ sein, wie Netanjahu gern betont, sondern eher eine Theokratie mit diktatorischen Zügen."
Bei durchaus ähnlicher Analyse des Wahlergebnisses und damit verbundener Sorgen entwickelt Marie Schröter im SPD-Blatt VORWÄRTS gleichwohl ein etwas anderes Szenario. Sie meint Benjamin Netanjahu werde in der neuen Regierung dnoch "die moderateste Stimme sein" und glaubt, dass Netanjahu selbst nicht daran interessiert sei, dass das rechte Bündnis vier Jahre halte:
"Dass dieses toxische Bündnis eine volle Legislaturperiode von vier Jahren durchhält, kann auch der konservativ-liberale Netanjahu nicht wollen. Zu hoch sind nicht zuletzt die mittel- und langfristigen ökonomischen Kosten für das Land, wenn beispielsweise die ultraorthodoxen Parteien wie angekündigt die Lehrpläne religiöser Schulen von wesentlichen Grundkompetenzen in Mathematik und Englisch befreien. Viel wahrscheinlicher ist, dass Netanjahu schnell eine Regierung bildet, um dann die Zeit zu nutzen, das konservative Lager nach seinen Vorstellungen wieder zu vereinen. Sobald er sich einer Mehrheit ohne Extremist*innen sicher sein kann, wird er genügend Kreativität besitzen, um unter einem beliebigen Vorwand die Koalition platzen zu lassen und Neuwahlen auszurufen."
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.
Auch international hat der Wahlausgang in Israel zu Kritik und Sorge geführt, wie Maria Sterkl im österreischen STANDARD berichtet. Mit einer Beteiligung der rechtsradikalen Religiösen Zionisten an der neuen Regierung stünden auch die diplomatischen Beziehungen Israels insbesondere zu den USA und Europa vor einer Herausforderung: "In den USA bereitet das auch vielen israelfreundlichen Politikerinnen und Politikern Sorge. Das Gedankengut der Religiösen Zionisten, und hier vor allem ihres rhetorischen Aushängeschilds Gvir, widerspricht fast allem, was sich etwa die Demokratische Partei auf ihre nahostpolitische Fahne geheftet hat." Und die erst jungen diplomatischen Beziehungen zu machen Staaten der arabischen Welt würden durch Netanjahus "Krönung der Rechtsexremisten" nicht minder belastet: "Internationale Kritik an Israels möglicher rechter Regierung".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.
Ofira Henig ist eine der renommiertesten Theaterschaffenden Israels. Sie war die Leiterin des israelischen Theaterfestivals und wurde als einzige Regisseurin mit dem israelischen Theaterpreis ausgezeichnet. Sie war Teil einer progressiven linken Theaterszene in Israel, die in den 1980ern und Anfang der 1990er Jahre "politisch und mutig“ war. Doch parallel zur politischen Entwicklung in Israel wurden auch die Theater "immer mehr bourgeois und kommerziell“. Sie und ihre Arbeit wurde im Gegenzug immer ernster, radikaler, intellektueller. Heute arbeitet sie überwiegend in Berlin und in der Welt. In Tel Aviv unterrichtet sie nur noch. In Berlin, der Berliner Theaterlandschaft und dem offenen diversen Berliner Publikum habe sie Heimat gefunden, erzählt sie Ceyda Nurtsch, die sie in einem Porträt für QANTARA näher vorstellt: "Wir geben keine Antworten, wir stellen Fragen“.
Der Link dazu in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.
Eine gemeinsam vom Goethe-Institut und der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisierte Veranstaltung in Tel Aviv unter dem Titel „Holocaust, Nakba und deutsche Erinnerungskultur“, die am gestrigen 9. November, dem Gedenktag an die Reichspogromnacht 1938 hätte stattfinden sóllen, sorgte kurzzeitig für heftigen Wirbel, berichten JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG, TAZ und DIE WELT. Israels Botschafter in Berlin, Ron Prosor, schrieb am Dienstag auf Twitter: »Am Gedenktag an die Novemberpogrome 1938 haben das @goetheinstitut und die @rosaluxstiftung beschlossen, die Erinnerung an den Holocaust zu verharmlosen. Und das ausgerechnet in Israel. Das ist inakzeptabel und respektlos!« Sehr scharf reagierte auch das Außenministerium in Jerusalem: "Erschütterung und Abscheu angesichts der dreisten Trivialisierung des Holocaust und der zynischen und manipulativen Absicht, eine Verbindung herzustellen, deren ganzes Ziel die Diffamierung Israels ist“. Kurzerhand wurde die Veranstaltung dann auf den 14. November verlegt: "Goethe-Veranstaltung zu Holocaust und Nakba nach Kritik verschoben".
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Im Oktober 1938 reiste ein 22-jährige Sohn einer streng katholischen Familie aus der französischsprachigen Westschweiz, der ein Priesterseminar in der Bretagne besuchte und eigentlich Missionar werden wollte, nach Deutschland – um Hitler zu erschießen. Der Name des jungen Schweizer Seminaristen lautet Maurice Bavaud. Doch alle seine Anläufe scheiterten schon im Vorfeld. Trotzdem bekam er die Todesstrafe, nachdem die Gestapo ein Geständnis erlangt hatte. 16 Monate saß er in einer Todeszelle, bevor sein junges Leben endete. Sven Felix Kellerhoff erinnert an das Schicksal des wenig bekannten und gescheiterten Hitlerattentäters aus der Schweiz: "Der Attentäter musste sterben, obwohl er nie auf Hitler gezielt hatte".
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Gestern debattierte der Deutsche Bundestag zum Thema „Antisemitismus bekämpfen – Erinnern heißt handeln“. Das Parlament wollte damit an die Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 erinnern. Damals war es zu vom nationalsozialistischen Regime organisierten und gelenkten Gewaltmaßnahmen gegen Juden in Deutschland und Österreich gekommen. Ein Bericht auf der Seite des Bundestages fasst die Debatte zusammen. Parallel dazu sprach auf der Tagung "Wie erinnern wir den 9. November?" der Bundespräsident zum Gedenktag des 9. November und setzte sich mit der Frage auseinander, wien wir der unterschiedlichen historischen Ereignisse, derer von 1918, 1938 und 1989, so gedenken können, dass nicht eines dem historischen Vergessen anheimfällt. Nachzulesen is die Rede auf der Homepage des Bundespräsidenten. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, hielt ebenfalls eine aufrüttelnde Rede unter dem Titel "Der folgenreichste und schlimmste Tag der deutschen Geschichte", die die BERLINER ZEITUNG im Wortlaut verhöffentlicht hat. Und die FAZ druckt die lesenswerte Ansprache zum 9. November, die Salomon Korn, Vorsitzender des Vorstands der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main, in der Frankfurter Westend Synagoge hielt: "Lange, dunkle Schatten holen uns ein". Darüber hinaus gibt es einige weitere Beiträge, die sich mit dem Gedenken an die Reichspogromnacht befassen, u.a. in der BERLINER ZEITUNG ein Beitrag von Armin Fuhrer, der an das Attentat Herschel Grynszpans auf einen deutschen Diplomaten am 7. November 1938 erinnert, das die Nazis zum Anlass der "Reichskristallnacht" nahmen.
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Nur wenige Zeitzeugen des Holocaust leben noch. Die meisten von ihnen haben Verfolgung und Massenmord als Kinder traumatisch erlebt. Das dieser Tage erschienene Buch "Aber ich lebe" will die Erinnerung an den Holocaust in der Zusammenarbeit von Überlebenden und drei Comic-Künsltern aus drei Ländern auf ungewöhnliche Weise bewahren und weitergeben, gerade auch an eine junge Leserschaft, indem es eingespielte Sehgewohnheiten und Bilder vom Holocaust aufbricht. Ausgewiesene Zeithistoriker erklären dazu in knappen, instruktiven Nachworten den Kontext der Geschichten, die aber auch ohne solche Erläuterungen unmittelbar und auf ergreifende Weise ein unfassbares Geschehen lebendig werden lassen. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU und DIE ZEIT stellen die ungewöhnliche Graphic Novel näher vor: "Ich hatte Eltern".
Die Links dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...
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„Um dem Antisemitismus etwas zu entgegensetzen sagen wir in diesem Jahr ganz klar Stopp und sagen auch dem israelbezogenen Antisemititmus in diesem Jahr den Kampf an“ erklärt Tahera Ameer, Vorständin der Amadeu Antonio Stiftung, am 8. November in der Bundespressekonferenz. Die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus 2022, ein Projekt des Anne Frank Zentrums und der Amadeu Antonio Stiftung, legen erneut den Finger in die Wunde. Wie in jedem Jahr hängen die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus rund um den 9. Oktober, dem Jahrestag des Anschlags in Halle (Saale), und den 9. November, dem Jahrestag der Novemberpogrome, in ganz Deutschland Plakate auf: Sie wollen mit dieser Plakatkampagne den Finger in die Wunde legen. Ein Beitrag auf BELLTOWER erläutert die Plakatmotive: "Israelhass und Judenhass lassen sich nicht trennen".
Der Link dazu in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Am 1. Januar 2023 wird Bonaventure Soh Bejeng Ndikung neuer Intendant des renommierten Hauses der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin. Doch schon vor seinem Amtsantritt ist eine Debatte darüber entbrannt, wie nahe der Kurator aus Kamerun der antisemitischen und israelfeindlichen BDS-Bewegung. Ndikung gehörte zu den Unterstützern der »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit«, die sich gegen die Ächtung des BDS aussprach. Zudem schrieb Ndikung 2014 auf Facebook: »Sie werden für jeden Tropfen Blut in Gaza millionenfach bezahlen! Palästina wird frei sein … komme, was wolle!« Ein weiterer Vorwurf: Im vergangenen Jahr veröffentlichte das damals von ihm geleitete Kunstfestival »Sonsbeek« einen offenen Brief, in dem die »Befreiung Palästinas« gefordert und Israel »Apartheid« unterstellt wird. Der JÜDISCHEN ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG gelang es, Ndikung im Interview mit den Vorwürfen zu konfrontieren: »Ich habe Israel nicht dämonisiert«.
Der Link zum Interview in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Die Zufriedenheit der Bürger mit der Demokratie in Deutschland ist in den vergangenen zwei Jahren gestiegen, die rechtsextremen Einstellungen sind zum Teil deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig angestiegen und weit verbreitet ist der Hass auf Migranten, Frauen, Muslime und andere Gruppen in Deutschland. Zudem lassen sich in Folge der Pandemie verstärkte Wünsche nach Autorität feststellen. Das sind zentrale Ergebnisse der repräsentativen „Leipziger Autoritarismus-Studie“, die gestern der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Studie, in der auch Einstellungen zu politischen Entscheidungen im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie und den Krieg gegen die Ukraine thematisiert werden, entstand in Kooperation mit der Heinrich-Böll- und der Otto Brenner Stiftung. U.a. FRANKFURTER RUNDSCHAU, SPIEGEL, und die WELT fassen die wichtigsten Ergebnisse zusammen. In der ZEIT kommt der Soziologe Johannes Kies zu Wort, der an der Erstellung der Studie beteiligt war, und auf TAGESSCHAU.de gibt Oliver Decker, Direktor des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung an der Uni Leipzig, im Interview Auskunft zu Ergebnissen und Hintergründen der Studie: "Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten: Neue Herausforderungen - alte Reaktionen?"
Die Links zu den Beiträgen sowie zur Studie selbst in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
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Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG hat den schweizer Schriftsteller Benjamin von Wyl gebetn, über ein Phänomen zu schreiben, sei es gesellschaftlicher, politischer oder privater Natur, das ihn bewegt und geprägt hat oder das sich seinem Werk auf besondere Weise eingeschrieben hat. Wyl, 1990 in Lenzburg geboren und heute als Autor und Journalist in Basel lebend, widemt sich dem schwierigen Verhätlnis zwischen der Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit und der gegenteiligen Erfahrung permanenter Brüche und Widersprüchlichkeiten im Leben - und reflektiert dabei auch die Rolle der Religion. "Widersprüche gehören zum Leben. Keine Heilsgeschichte wird sie wegzaubern. Wir können sie nur lösen, indem wir sie gegen neue Widersprüche eintauschen", schreibt er. Und demzufolge an anderer Stelle:
"Auszuhalten, dass Dinge ohne Grund geschehen, ist eine ewige Spannung. Doch nur so können wir zwischen Erzählungen und der Realität unterscheiden. Wenn wir erkennen, dass wir eine Sehnsucht nach Einheit, eine Sehnsucht nach einer grossen Erzählung haben, können wir uns erst orientieren. Überlegen, was man machen kann. Was nicht. Was die Gesellschaft von einem braucht. Und was man für sich selbst braucht."
Der Link zum Essay in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Am vergangenen Sonntag fand in Berlin die öffentliche Tagung "Gut Schabbes? Chag Sameach! Religionsfreiheit und Respekt für die Arbeitsruhe an Schabbat und jüdischen Feiertagen" statt, auf der Religionsverfassungsrechtler, jüdische und christliche Theologen mit Jüdinnen und Juden, Politikerinnen und Politikern darüber diskutierten, welche Veränderungen im Feiertagsrecht notwendig sind, damit sich jüdisches Leben hierzulande diskriminierungsfrei entfalten könne. Organisiert wurde die Tagung von der Experteninitiative Religionspolitik (EIR), der Jüdischen Studierendenunion Deutschland und der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie dem Tikvah Institut. Aus Sicht der Tagungsverantwortlichen wurde das Problem so beschrieben: ""Deutschland hat 16 Feiertagsgesetze. Aber: Die Feiertagsgesetze folgen einem christlichen Feiertagsverständnis. Trotz 1700 Jahre jüdischem Leben in Deutschland, denken sie jüdische Religionspraxis nicht mit. Zwar sind die hohen jüdischen Feiertage in manchen Feiertagsgesetzen der Bundesländer teilweise erwähnt – gewährleistet wird aber allenfalls der Besuch des Gottesdienstes. Keines der Gesetze schützt die jüdische Religionspraxis umfassend. Die für Jüdinnen und Juden geltenden Regelungen finden sich zum Teil an anderer Stelle." Ralf Balke hat für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG Tagung und Diskussionen verfolgt: "Religionsfreiheit: Mehr Rücksicht nehmen".
Der Link zum Tagungsbericht in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
In einem Beitrag für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG setzt sich Daniel Neumann, Direktor des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen, mit einem Thema auseinander, das seit jeher das christlich-jüdische Mit- und Gegeneinander maßgeblich bestimmte. Es geht um die lange und verheerende Wirkungsgeschichte des christlichen Bildes vom "Pharisäer". Und da hat die Kirche reichlich Anlass, "sich mit einem lauten »Mea culpa« an die eigene Brust zu schlagen. Denn sie haben im Laufe der Zeit reichlich antijüdisches Material entwickelt und verbreitet." Aber warum nur? Was war der Grund für die Abneigung und den Hass? Und wer waren die Pharisäer wirklich? Dem geht Neumann in seinem Beitrag auf den Grund: "Die Pharisäer als Heuchler. Wie die Kirche mit einem Begriff jahrhundertelang antisemitische Vorurteile befeuerte".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Immer mehr Menschen leiden an Depressionen - und natürlich sind davon auch Muslime betroffen. Gerade dort aber ist die Scham bei Depressionen besonders start ausgeprägt. Wie man dementgegen ein besseres Bewusstsein für psychische Erkrankungen aufbauen kann, erklärt in einem Beitrag für ISLAMIQ Dr. Ibrahim Rüschoff, Ärztlicher Psychotherapeut in Rüsselsheim und Mitglied im Vorstand der Islamischen Arbeitsgemeinschaft für Sozial- und Erziehungsberufe. Das Problem auf islamischer Seite beschreibt er dabei wie folgt:
"Für die meisten muslimischen Patienten ist ihre Depression eine Reaktion auf dieses vermeintliche Nachlassen ihres Glaubens. Angesichts dessen versuchen sie verzweifelt mehr zu beten oder im Koran zu lesen. Oft werden sie durch ihre Familien und auch den Imamen darin bestärkt, obwohl sie sich quälen und am Ende erleben müssen, dass es nicht gebracht hat. Doch das Nachlassen ihres Glaubens ist keine Ursache der Depression, sondern deren Folge. Klingt die Krankheit wieder ab, kommen diese Dinge zurück!"
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
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Nach dem Erfolg der extremen Rechtsreligiösen bei der vergangenen Wahl sind nicht in Israel lebende Juden mit der Zumutung konfrontiert, den Aufstieg dieser Parteien erklären zu müssen. Eine Herausforderung, wie Benjamin Kerstein in einem Beitrag für MENA-WATCH erläutert:
"Diese Juden, deren Engagement für die Sache des Zionismus und des jüdischen Staates nicht infrage steht und auch nicht infrage gestellt werden sollte, haben Jahrzehnte damit verbracht, Israel als ein liberales, demokratisches Land zu verteidigen, das die westlichen Werte teilt. Der Aufstieg eines israelischen Politikers, der diese Werte abzulehnen scheint, macht diesen Kampf, der ihnen sehr am Herzen liegt, schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Wie, so fragen sie, können sie ihrem nichtjüdischen Umfeld das Phänomen Ben-Gvir erklären?"
Der Link zu zu seinen Antwortversuchen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Nachdem der jüngst veröffentlichte Bericht der Untersuchungskommission der Universität Potsdam den Vorwurf des Machtmissbrauchs gegen Rabbiner Walter Homolka bestätigt hatte, kam es bereits zu einigen Rücktrittsforderungen, wie kürzlich zu lesen war (siehe COMPASS 04.11.2022). Nun zieht auch Philipp Peyman Engel in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG nach. Wenn Homolka, der sich um das liberale Judentum verdient gemacht habe, seine Verdienste bewahren wolle, sollte er sich von seinen vielen Ämtern zurückziehen. Der Bericht der Untersuchungskommission sei vernichtend. Dass Homolka über die sexuellen Belästigungen seines Ehemanns etwas wusste, konnte ihm zwar nicht nachgewiesen werden, aber so Engel:
"Hierzu sei gesagt: Der Autor dieser Zeilen erhielt vor acht Jahren als Jungredakteur von Homolkas Mann eine Nachricht mit dem Angebot, über eine Tagung des AGK zu berichten. In seinem Hotel-Doppelbett sei im Übrigen noch ein Platz frei. Im Vergleich zu den Vorwürfen einiger Studenten des AGK liest sich dies weniger schlimm. Doch war auch dies eine krasse Grenzüberschreitung - zweifellos. Persönlich gekannt habe ich Homolkas Ehemann zu diesem Zeitpunkt wohlgemerkt nicht. Wie sicher musste er sich an dem von seinem Mann geleiteten Institut gefühlt haben, um einem Fremden solch ein Angebot zu unterbreiten?"
Eine betont andere Perspektive nimmt wiederum die Union progressiver Juden in Deutschland KdöR (UpJ) ein. Sie betonte in einer Stellungnahme, dass der Bericht der Untersuchungskommission der Universität Potsdam zu Vorwürfen gegen Rabbiner Walter Homolka »keine straf- oder zivilrechtlich sowie disziplinarisch zu ahndenden Sachverhalte aufzeigt«. Das Statement nimmt in wesentlichen Punkten Rabbiner Homolka in Schutz und stützt sich in seiner Argumentation im Wesenlichen auf "verfassungsrechtliche Fragen ..., die weit über das Verhältnis von Uni Potsdam und AGK hinausreichen«. Dies betreffe insbesondere »die Regeln der Ausbildung in einer religiösen Institution.« Die JÜDISCHE ALLEMEINE WOCHENZEITUNG referiert das Statement ausführlich und berichtetn von weiteren innerjüdischen Reaktionen auf das Potsdamer Gutachten: "Bericht wirft »verfassungsrechtliche Fragen« auf".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Auch 24 Stunden nach Schliessung der Wahllokale in den USA stehen die kompletten Ergebnisse der amerikanischen Zwischenwahlen 2022 noch nicht fest. Deutliche Trends sind jedoch erkennbar. Wie dies in der jüdischen Community der USA aufgenommen wird und wiee jüdische Kanditaten bei den Wahlen abgeschnitten haben, darüber berichten die schweizer-jüdische Wochenzeitung TACHLES und die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG: "Siege und Schlappen".
Die Links dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Der bekannte Dj und Musiker Yuriy Gurzhy ist seit seiner Emigration von der Ukraine nach Berlin auf der Suche nach dem aktuellem jüdischen Sound Deutschlands. In seinem ersten, nun vorliegenden Buch »Richard Wagner und die Klezmerband« erzählt er spannende, außergewöhnliche Geschichten, die er seiner Reise durch die verrauchten Berliner Clubs bis in die Frankfurter Festhalle erlebt hat. Yuriys Interviewpartner sind u. a. ein Rabbiner, der Musikparodien schreibt, ein Rapper aus Kalifornien, dessen Urgroßvater vor dem Krieg in Hamburg Songs geschrieben hat, die dort auch heute noch gesungen werden, ein Grünen-Politiker, der jiddische Lieder performte, eine Sängerin, die bayerische Folklore mit jiddischen Songs vereint – die Stimmen in diesem Buch gehören den Menschen, die direkt und indirekt die zeitgenössische jüdische Musikszene dieses Landes beeinflusst und kreiert haben. Auch Yuriy Gurzhys Russendisko-DJ-Kollege Wladimir Kaminer kommt zu Wort. Lilly Wolter hat den Band für die JÜDISCHE ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG bereits gelesen: "Eine Suche, die sich lohnt".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
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Kirche und Arbeitswelt, das ist ein schwieriges, oft konfliktreiches Verhältnis. Dem Anspruch nach stehen Kirchen an der Seite der wirtschaftlich Schwachen, andererseits sind auch sie den Regeln des gewinnorientierten Kapitalismus unterworfen und müssen sich am Markt behaupten. Ein Feature auf DEUTSCHLANDRADIO hat sich vor diesem Hintergrund mit dem christlichen Arbeitsverständnis beschäftigt: "Zwischen Wirtschaftlichkeit und Solidarität".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.
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Seine Eltern lernten sich am Bauhaus in Dessau kennen und flohen 1935 nach Palästina, in der verzweifelten Hoffnung, einst in die Heimat zurückzukehren. Tom Segev, 1945 in Jerusalem geboren, verlor den Vater im ersten arabisch-israelischen Krieg. Er und seine Mutter blieben daraufhin in Israel, doch sein deutsches Erbe sollte Segev nicht mehr loslassen. Seit nunmehr über 50 Jahren gehört der Publizist und Historiker zu den aufmerksamsten und klügsten Beobachtern der deutsch-israelischen Geschichte, seine Bücher, allen voran „Die siebte Million“ machten ihn international bekannt. Nun liegen seine Erinnerungen in deutscher Übersetzung vor: "Jerusalem Ecke Berlin: Erinnerungen". Marko Martin stellt den Band für DEUTSCHLANDRADIO vor: "Erinnerungen eines weltberühmten Historikers".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.
Einen angenehmen Tag wünscht
Dr. Christoph Münz
redaktion@compass-infodienst.de
(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)
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