ACHTUNG:
Guten Tag!
Inmitten des Oster- und Pessachwochenendes erlebte Israel eine Welle von Angriffen – von verschiedenen Seiten. Aus dem Libanon etwa flogen so viele Raketen auf zivile Einrichtungen wie zuletzt im Jahr 2006. Dazu Terroranschläge in Israel selbst. Geht die Eskalation immer weiter? Judith Poppe fasst die Situation in der TAZ so zusammen:
"Die vergangenen Tage haben vielen das Gefühl gegeben, dass Israel nicht nur in Sachen Demokratie gefährdet ist. Die innenpolitische Krise, spüren sie, hat Einfluss auf die Sicherheitssituation des Staates. Vor diesem Szenario warnen Sicherheitskreise seit Monaten. Nicht zuletzt der kurzzeitig von Netanjahu geschasste Verteidigungsminister Yoav Gallant: Die massive innenpolitische Krise würde die Sicherheit Israels beeinträchtigen, warnte dieser. Mit einem Mal scheint daraus Realität geworden zu sein."
Israel, so formuliert es Christine Kensche in der WELT, "ist in den Augen seiner Feinde geschwächt. Und diese – Iran, Hisbollah, Hamas – testen nun, wie weit sie das für sich nutzen können. Die aktuellen Angriffe von allen Seiten sind also nicht zufällig. Israels Geheimdienste haben vor einem solchen Szenario gewarnt. Denn das Land und sein Sicherheitsapparat sind gespalten."
Vor diesem Hintergrund erinnert ein Beitrag des REDAKTIONSNETZWERKES DEUTSCHLAND an die Anfänge der kritischen Situation im Norden Israels an der Grenze zum Libanon vor 50 Jahren. Damals, am 10. April 1973, drang ein israelisches Kommandoteam unter Leitung des späteren Ministerpräsidenten Ehud Barak in Beirut ein und tötete drei führende Funktionäre der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in ihren Wohnungen. Die Geheimaktion war Teil einer Serie von Attentaten auf palästinensische Vertreter als Vergeltung für die Ermordung von elf israelischen Trainern und Athleten bei den Olympischen Spielen 1972 in München: "Libanon: Wo Israel und seine Gegner seit 50 Jahren miteinander abrechnen".
Im Interview mit der TAZ betont Yaakov Amidror, israelischer Generalmajor der Reserve ehemaliger Sicherheitsberater von Premierminister Netanjahu, dass hinter den Raketen aus dem Libanon die palästinensische Terrorgruppe Hamas stehe:
"Hamas und Hisbollah arbeiten schon lange zusammen. Die Hisbollah hat geholfen, die Hamas aufzubauen, hat ihre Kämpfer trainiert. Und sie verbessern ihre Beziehungen immer weiter, Hamas-Kämpfer sind im Libanon sehr aktiv, einige Führungsfiguren der Gruppe leben dort, unter dem Schirm der Hisbollah. Beide Gruppen gehören dem 'Ring des Feuers' aus antiisraelischen, dem Iran verbundenen Milizen und Gruppen an, die dieser rund um Israel aufgezogen hat. ... Diese antiisraelischen Kooperationen sind nicht neu, werden aber immer weiter forciert. Und das Schweigen des Westens ist gefährlich: Israel ist umschlossen von Terrorgruppen, und bisher gab es auch zu den jüngsten Angriffen kaum Reaktionen - erst wenn Israel sich wehrt."
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
Israel gerät immer tiefer in eine Sicherheitskrise, die durch Terroanschläge im Innern und Raketenangriffe von außen beinahe unbeherrschbar erscheint. Steffi Hentschke beschreibt die Stimmung in der ZEIT wie folgt:
"Die geopolitische Großwetterlage könnte nicht schlechter sein für die Sicherheitskrise, vor der Israel steht: Siedlergewalt und palästinensische Terroranschläge im besetzten Westjordanland und im Landesinneren, dazu anhaltende Massenproteste und immer wieder Drohungen radikaler Unterstützer der Regierung, politische Gegner anzugreifen. Das 9,5-Millionen-Einwohner-Land geht auf dem Zahnfleisch, die Nerven liegen blank. Bald drohen nicht nur die mentalen Ressourcen, sondern auch die Floskeln auszugehen, um eine Lage zu beschreiben, die Netanjahu entscheidend mitverursacht hat. Die Frage ist nun, ob er eine Verschlimmerung überhaupt noch verhindern kann."
Netanjahu wiederum weist alle Verantwortung für die Zuspitzung der Lage von sich und macht die Opposition haftbar dafür - sowohl die gegenwärtige auf der Straße als auch seine Vorgängerregierung. "Ob er mit solchen Schuldzuweisungen Erfolg hat, ist fraglich", meint Peter Münch in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Den jüngsten Umfragen zufolge haben viele Wähler das Vertrauen in seine Regierung verloren. Vor allem Netanjahus Likud-Partei befindet sich demnach fast im freien Fall. Wenn jetzt gewählt würde, bekäme sie nur noch 20 Sitze im 120-köpfigen Parlament. Bei der Wahl im vorigen November waren es noch 32. Auch die rechten und religiösen Partner verlieren an Zustimmung. Insgesamt käme die derzeit mit 64 Mandaten regierende Koalition nur noch auf magere 46 Sitze und würde die Mehrheit klar verfehlen."
Die Links dazu in der Rubrik ISRAEL INTERN.
In einem Beitrag für NEUES DEUTSCHLAND erinnert Oliver Eberhardt daran, dass die hinter den aktuellen Konflikten stehenden Fragen auf Probleme verweisen, die im Grunde schon seit der Geburt des Zionismus vor 126 Jahren sowie seit der Staatsgründung vor 75 Jahren virulent sind - und bis heute keine abschließende Antwort gefunden haben. Fragen wie: "Wo sollen die Grenzen verlaufen? Sollte man besser verhandeln oder Gebiete im Kampf erobern? ... Wie sollte die Natur des Staates sein, sprich: Wie viel Religion sollte er enthalten?" In einem historischen Rückblick schildert Eberhard, wie der Umgang mit diesen Fragen in den letzten Jahrzehnten auch dazu beigetragen hat, die Siedlerbewegung zu stärken, die letztlich vor allem durch eine Veränderungen des Parteienwesens profitiert habe. An dieser Stelle spielte dann Netanjahu eine zentrale Rolle, was sich bis in die aktuelle Lage hinein auswirke. Eberhardt schreibt:
"In jenen Jahren brachte Benjamin Netanjahu die Idee auf, dass man Kompromisse gar nicht braucht, sondern Mehrheiten für »rechts« oder »links« – und das ist seit einigen Jahren zum politischen Konzept geworden. Die Rechten beanspruchen für sich, Land und Gesellschaft nach eigenem Gusto zu gestalten; das sei doch demokratisch, ist dann immer wieder zu hören. Doch einmal abgesehen davon, dass das Parlament die Gesellschaft seit der Einführung einer Wahlhürde nicht einmal nominell mehr vollständig abbildet, greift die religiöse Rechte damit in die Rechte und Bedürfnisse der anderen Bevölkerungsgruppen ein. Der Oberste Gerichtshof ist hier Moderator, schaut auf die Regeln und sagt, was geht und was nicht. Diese Funktion der staatlichen Gewaltenteilung will die aktuelle Regierungskoalition untergraben, indem sie dem Parlament Entscheidungsgewalt über die Geltung von Gerichtsurteilen einräumt."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL INTERN.
Auf einen anderen Aspekt, der für die gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Zuspitzungen mitverantwortlich ist, machen Johannes Becke und Tom Würdemann in einem ebenso prägnanten wie erhellenden Beitrag für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG aufmerksam. "Die einseitige Fixierung auf europäisch-jüdische Geschichte..., die weiterhin das Forschungsfeld der Jüdischen Studien bestimmt" betonen sie zu Beginn ihres Beitrags, verkenne die Tatsache, "dass wichtige Denkerinnen und Denker der jüdischen Geschichte eben nicht in Berlin, Warschau und Odessa lebten, sondern in Bagdad, Kairo und Tunis." Sodann erläutern sie die wichtigsten Denker und Entwicklungen im Verhältnis der israelischen Juden mit europäischer zu jenen mit orientalischen Wurzeln und legen mithin eine instruktive "kurze Geschichte der Jüdinnen und Juden mit Wurzeln in der islamischen Welt" vor, die sehr deutlich vor Augen führt: "Jüdische Geschichte ist viel mehr als die Geschichte von Aschkenas – und wer die heutige israelische Gesellschaft verstehen will, kommt am nahöstlichen Judentum nicht vorbei."
Der Link zum lesenswerten Beitrag in der Rubrik ISRAEL INTERN.
Der israelische Schriftsteller Meir Shalev ist am Dienstag im Alter von 74 Jahren gestorben. Shalev galt als eine der wichtigen zeitgenössischen Stimmen in Israel. Der Schrifsteller setzte sich für eine Zwei-Staaten-Lösung im Konflikt mit den Palästinensern ein. Seine Bücher wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt. 2006 erhielt Shalev den Brenner Prize, die höchste literarische Auszeichnung in Israel. Für die WELT widmet ihm Hannes Stein, der mit Shalev befreundet war, einen sehr perönlichen Nachruf: "Von Abraham, sagte er, trennten ihn ja nur 400 Generationen".
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Vergangenen Freitag (07.04.2023) starb der Chefankläger der Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse, Benjamin Ferencz, im Alter von 103 Jahren. Ferenc, im damals ungarischen Siebenbürgen als Sohn orthodoxer Juden geboren, wanderte mit seinen Eltern in die USA aus, wo er an der Elite-Universität Harvard Jura studierte. Zusammen mit der amerikanischen Armee kam er ins besiegte Nazi-Deutschland und war gerade einmal 25 Jahre alt, als der zum Chefankläger im Verfahren gegen NS-Kriegsverbrecher beim Prozess in Nürnberg ernannt wurde. Die Anklage stützte er dabei auf den völlig neuen völkerrechtlichen Straftatbestand des Genozids - ein historischer Schritt, der Rechtsgeschichte schrieb. "Mit Dankbarkeit, Wehmut und großer Hochachtung verabschieden sich Holocaust-Überlebende in aller Welt von Ferencz", sagte der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, am Sonntag in Berlin. Nachrufe u.a. in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG, der FRANKFURTER RUNDSCHAU, der TAZ und der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG würdigen noch einmal Lebensweg und Lebenswerk dieses eindrucksvollen Kämpfers für Recht und Gerechtigkeit: "Jurist gegen Kriegsverbrecher".
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Geht es um den Deutschen Fußball-Bund und seine Rolle während des Nationalsozialismus, so fällt eines auf: Es dauerte Jahrzehnte, bis sich der deutsche Fußball den unbequemen Fragen zu seiner Rolle stellte. Erst im Jahr 2006 setzte sich der Historiker Nils Havemann in der Studie „Fußball unterm Hakenkreuz“ mit der Rolle des deutschen Fußballs in der Nazizeit auseinander. Stefan Osterhaus schildert für DEUTSCHLANDRADIO die schwierigen Anfänge dieser Aufarbeitung und wie sie heute eingeschätzt wird: "Welche Rolle der deutsche Fußball in der Nazizeit spielte".
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Es war gerade vor kurzem, Ende März, dass die Synode der bayerischen Protestanten einen neuen Landesbischof wählte. Dessen "Urahn" Friedrich Veit war 1920 der erste leitende Geistliche, der in freier Wahl ins neu geschaffene Amt des Kirchenpräsidenten gewählt wurde. Nicht ernannt, sondern gewählt: Dass ihre Bischöfe mittels geheimer und freier Abstimmung in ihr Amt kommen, ist ein Umstand, auf den die evangelische Kirche stolz ist. Doch am 11. April 1933 musste er seinen Posten räumen, woran Susanne Schröder im SONNTAGSBLATT erinnert: "Vor 90 Jahren wurde der NS-kritische Kirchenpräsident Veit gestürzt".
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Andreas Conrad stellt im TAGESSPIEGEL drei neu aufgelegte Romane vor, die auf je ganz unterschiedliche Weise ein politisches und kulturelles Sittenbild der Weimarer Republik zeichnen und damit auch den gesellschaftlichen Humus illustrieren, auf dem der Nationalsozialismus gedeihen konnte. Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Sexualmoral, Straßenschlachten, aber auch Kinderspiele – das sind die Themen dieser jetzt wieder veröffentlichten Bücher. Es handelt sich um Günther Birkenfelds im Frühjahr 1929 erschienenen Roman „Dritter Hof links“, den die Nationalsozialisten 1933 auf ihre Schwarzen Listen setzten. Sodann der 1932 erschienene, sehr erfolgreiche Jugendroman „Müllerstraße. Jungens von heute“ von Ruth Rewald, die 1942 als Jüdin in Auschwitz ermordet wurde - und schließlich „Volk ans Gewehr. Chronik eines Berliner Hauses 1930–1934“ aus der Feder von Axel Eggebrecht, der späterhin vond den Nazis ins KZ gesteckt wurde: "Aufwachsen im Berlin der Weimarer Republik: Drei lange vergessene Romane geben spannende Einblicke".
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Bei einer pro-palästinensischen Demonstration am Karsamstag in Berlin waren lautstark Parolen zu hören wie „Tod, Tod, Tod Israel!“ und „Tod den Juden!“ Wie üblich - anders kann man es kaum sagen - zeigten sich Politiker und andere Verantwortungsträger entsetzt und äußerten scharfe Kritik an der Demonstration, deren Verbot im Vorfeld die Deutsch-Israelische Gesellschaft vergebens gefordert hatte. Zwar ermittelt inzwischen der Staatsschutz, das Nichteingreifen der Polizei während der Kundgebung rief freilich Unverständnis hervor. Ron Prosor, israelischer Botschafter in Deutschland, wird mit den Worten zitiert: "Diese Schwachköpfe missbrauchen Deutschlands Freiheiten und rufen ohne Hemung zur Vernichtung Israels und der Juden auf.
Sie missachten die demokratischen Werte und überschreiten nicht nur jede mögliche rote Linie, sondern 'spucken auch in den Brunnen, aus dem sie trinken'." Die Demonstration vom vergangenen Samstag hat eine internationale Gruppierung namens Samidoun organisiert. Wer und was sich dahinter verbirgt, erläutert Beatrice Achterberg für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: "Diese Organisation bringt den Hass gegen Israel auf Deutschlands Strassen". In seinem Kommentar für das Journalisten-Portal RUHRBARONE nimmt Thomas Wessel schließlich vor allem die Teilnahme von BDS-Anhängern an der Demo ins Visier. Zornig schreibt er u.a.:
"Zwei Dinge unterscheiden BDS, die angebliche Boykottkampagne gegen Israel, vom mörderischen Judenhass der Nazis: der Style ihrer Klamotten und das Vermögen, ihr Polit-Programm in die Tat umzusetzen, ansonsten kommen sie zur Deckung: Die Nazis marschierten durch Berlin und brüllten, 'Blut muss fließen knüppelhageldick, wir pfeifen auf die Freiheit der Judenrepublik!'; BDS marschiert durch Berlin und brüllt 'Tod den Juden'. So geschehen am Sonnabend auf der brutal verhetzenden Hass-Demo, die am helllichten Tag quer durch Neukölln zog und - ungehindert von der Polizei - den Terrormord an Juden propagierte. BDS mittendrin, das zeigt ein Video von democ, dem 'Zentrum demokratischer Widerspruch', einem Zusammenschluss von Journalisten und Wissenschaftlern, die demokratiefeindliche Bewegungen beobachten: BDS (ab Sek 25) innig umgeben von Agitation für die Kassam-Brigaden, dem Killer-Kommando der Hamas, von 'Mit unserem Blut befreien wir Aqsa!' und 'Rache, Rache!' und 'Tod den Juden!'."
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Auch das passt dann irgendwie dazu: der Streamingdienst Netflix präsentiert seine neuen Reihe "Palestinian Stories" als "herzliche, humorvolle und fesselnde Filme" aus Palästina. Chris Schinke von der TAZ hat es bei der Vorabansicht jedoch beinahe die Sprache verschlagen. Der Debütfilm "Farha" etwa zeige Soldaten des israelischen Militärs "als Herrenmenschen in Nazimanier, als perfide Kindsmörder - gewalttätig, rachsüchtig, verlogen". Auch Mai Masris "3000 Nights" präsentieren weitere "einschlägige antijüdische Zerrbilder". In dieser Episode landet eine junge, schwangere Palästinenserin in einem israelischen Gefängnis: "Die Wärterinnen der Einrichtung - gezeichnet werden sie von Masri durchwegs als sadistische Bestien - quälen mit Hingabe die arabischen Insassinnen, in der Mehrzahl junge, unschuldige Frauen." Insgesamt urteilt Schinke:
"Israelis erscheinen hier beinahe ausnahmslos als Missetäter, nicht selbst als Opfer ethnischer und antisemitisch bedingter Gewalt. Die palästinensische Gesellschaft hingegen wird als authentische Gemeinschaft imaginiert, ursprünglich und friedfertig im Unterschied zum unterstellten zionistischen Kolonialismus."
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In der Alltagssprache ist ein Pharisäer ein Heuchler. Jemand, der Wasser predigt und heimlich Wein trinkt. Oder jemand, der peinlich darauf bedacht ist, jedes moralische Gebot zu erfüllen. Nach wie vor ist beispielsweise in politischen Kontexten von "Pharisäern" oder "Pharisäertum" die Rede. Dieses Bild aber wird den historischen Pharisäern nicht gerecht - und leistet dem Antisemitismus Vorschub. Alan Posener klärt in der WELT auf: "Was es bedeutet, wenn wir von „Pharisäern“ reden".
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Auf Online-Spieleplattformen versuchen Rechtsextreme, Kinder und Jugendliche zu radikalisieren. Das geht aus einer Recherch des SWR-Investigativformats Vollbild hervor. Auf den entsprechenden Plattformen sollen gezielt Minderjährige angesprochen werden, um sie in Gruppen und Chats einzuladen, in denen Hakenkreuze, Anleitungen zum Bombenbau oder rassistische Memes geteilt werden. Auch das Bundesinnenministerium hat bestätigt, dass sich rechtsextremistische Akteure gezielt online vernetzten, um neue Mitglieder anzuwerben. Dabei machten sie sich auch beliebte Gaming-Plattformen zunutze: "Rechtsextreme unterwandern Kinderspiele".
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Peter Strasser ist Universitätsprofessor i. R. und lehrt an der Karl-Franzens-Universität in Graz Philosophie. In einem Essay für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG konstatiert er eine "transzendentale Obdachlosigkeit" des postmodernen Menschen, die sich im Zuge der Säkularisierung und Vertrauensverlustes der Kirchen eingestellt hat. Das religiöse Vakuum und der damit verbndenen Verlust von Sinnhaftigkeit habe viele Menschen erst recht "süchtig nach Sinn" gemacht, was diese durch eine "tägliche Dosis Esoterik" aufzufangen versuchen. Das aber helfe nur begrenzt und wecke den Drank nach einer härteren Droge, "der autoritären Versuchung". Dieses aber birgt "politischen Sprengstoff", wie Strasser ausführt: "Süchtig nach Sinn".
Der Link zum Essay in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Dreistellige Millionenbeträge zahlt der deutsche Staat pro Jahr an die Kirchen, die vorwiegend für die Löhne von Bischöfen und anderer kirchlicher Würdenträger genutzt werden. Diese staatlichen Leistungen firmieren als Entschädigung für die Enteignung der Kirchen unter Napoleon - und dürfen nicht mit den Kirchensteuern verwechselt werden, die damit nichts zu tun haben. Immer wieder erneuert und finanziell dynamisiert sind auf diese Wiese 2022 aus den Ländern insgesamt 602 Millionen Euro an die katholischen Bistümer und evangelischen Landeskirchen geflossen, informiert Matthias Kamann in einem Hintergrundartikel für DIE WELT. Seit geraumer Zeit nun gibt es Bestrebungen, diese "Entschädigungsleistungen" abzuschaffen, aber die Verhandlungen hierzu scheinen vorerst gescheitert, wie Gisa Bodenstein für den HUMANISTISCHEN PRESSEDIENST berichtet. Man könne sich die Abschaffung der Staatsleistungen nicht leisten, heißt es von Seiten der Bundesländer, denn "die Juristen, welche das Bundesinnenministerium bei Beratungen im Winter hinzuzog, sind von der Notwendigkeit einer astronomischen Einmalzahlung an die Kirchen zur rechtskonformen Ablösung der vertraglichen Zahlungsverpflichtungen überzeugt. Es ginge um ein 17- oder 18-Faches der jeweiligen jährlichen Summen, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden und die Jahr für Jahr anwachsen. Zusätzlich würden die Staatsleistungen aber noch für ein paar Jahre circa in der derzeitigen Höhe weiterbezahlt."
Die Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Für Christen ist das Osterfest das vielleicht wichtigste Fest im Jahr. Doch an Karfreitag, einem stillen Feiertag, an dem vielerorts etwa Tanzveranstaltungen explizit verboten sind, fand zum Beispiel ein Länderspiel des deutschen Frauen-Nationalteams statt – und an Ostersonntag, dem Tag der Auferstehung Jesu, wurde in der Fußball-Bundesliga regulär gespielt. In England wiederum findet am 2. Weihnachtstag regelmäßig der „Boxing Day“ statt – ein normaler Spieltag in der Premier League. Was sagt dies über das Verhältnis von Religion und Sport aus? Beschäftigt man sich mit dieser Frage geht es dabei auch daraum, wie die Potenziale des Sports Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtung zusammenbringen können. Das wird in einem Beitrag von Christian von Stülpnagel für DEUTSCHLANDRADIO deutlich, der über dieses Thema reflektiert und u.a. mit Elsbeth Beha, Präsidenten des Katholischen Sportbundes DJK in Deutschland, und Muharrem Gürbüz, Geschäftsführer von Genclikspor Recklinghausen, einem türkisch und muslimisch geprägten Fußballverein, gesprochen hat: „Gemeinsames Fasten im Abstiegskampf verbindet“.
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Ob Dänisch (Påske), Türkisch (Paskalya), Französisch (Pâques), Italienisch (Pasqua), Niederländisch (Pasen) oder Finnisch (Pääsiäinen) - die meisten europäischen Sprachen tragen in ihren Bezeichungen für Ostern noch die Erinnerung an das jüdische Pessach- oder Passahfest in sich. Das deutsche "Ostern" ist hingegen vermutlich missionierenden iro-schottischen Mönche zu verdanken und geht entweder auf das altgermanische Wort für Morgenröte oder den Namen einer angelsächsischen Lichtgöttin ("Ostara") zurück. Wie auch immer und kaum verwunderlich gibt es neben den sprachlichen natürlich noch andere Bezüge, das das jüdische Pessach und das christliche Ostern miteinander verbinden - und voneinander trennen. Markus Springer unternimmt für das SONNTAGSBLATT einen Streifzug durch die verzwickte österliche Kalendergeschichte: "Was das jüdische Pessach und das christliche Ostern verbindet".
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Die Tagebücher der jungen Niederländerin Etty Hillesum sind, ähnlich dem Tagebuch der Anne Frank, ein bewegendes Dokument des Holocaust und viel mehr als das: Sie wurden als philosophische Lebenskunst, Mystik des Alltags und Ethik des Mitleidens gerühmt. Etty Hillesum wurde am 15. Januar 1914 in Middelburg geboren. Sie studierte Jura und begann ein Slawistik-Studium, das sie während der deutschen Besatzung abbrechen musste. Ab Juli 1942 arbeitete sie für den "Judenrat" im Durchgangslager Westerbork, um das Leiden der von dort aus Deportierten zu lindern, und weigerte sich unterzutauchen. Am 7. September 1943 musste sie mit ihren Eltern und einem ihrer Brüder den Zug nach Auschwitz-Birkenau besteigen. Das Rote Kreuz verzeichnete den 30. November 1943 als ihr Todesdatum. In ihren Schriften erweist sie sich als eine Frau, deren radikale Selbstsuche doch einer universalistischen Ethik verpflichtet bleibt und die sich als eine Jüdin verstand, die für das Christentum offen war und den Gott der Bibel gesucht hat, mit dem sie in einen Dialog tritt. "Und fast mit jedem Herzschlag", schreibt sie an einem Sonntag im Juli 1942, "wird mir klarer, dass du uns nicht helfen kannst, sondern dass wir dir helfen müssen und dass wir die Bleibe in uns, in der du wohnst, bis zum Ende verteidigen müssen." Ihr Tagebuch, 1985 unter dem Titel "Das denkende Herz" veröffentlicht, wurde weltweit lebhaft rezipiert und immer neu aufgelegt. Erst jetzt aber liegen sämtliche ihrer Schriften, Briefe und Tagebücher vor, die sie mehr als je zuvor als Chronistin des Holocaust und große Gottsucherin zeigt. In einem längeren Beitrag würdigt Elisabeth von Thadden in der ZEIT das Leben und Werk von Etty Hillesum: "Das denkende Herz".
Der Link zum Bericht in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
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Am 19. Mai 2023 ist es wieder mal soweit: dann treffen sich in Frankfurt am Main tausende junge Jüdinnen und Juden zur sogenannten "Jewrovision", dem größten Tanz- und Gesangswettbewerb für jüdische Kinder und Jugendliche in ganz Europa. Was es mit diesem "Fest der Jüdischkeit" genauer auf sich hat und was für dieses Jahr geplant ist, erläutert Oliver Marquart im SONNTAGSBLATT: "'Don’t Stop Believing': Jewrovision 2023 findet in Frankfurt statt".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Erstmalst wurde im November vergangenen Jahres eine bucharische Jüdin zum Präsidentin der "Jüdischen Österreichischen Hochschüler:innen" (JÖH) gewählt: die Judaistikstudentin Victoria Borochov (22). Die bucharischen Juden sind eine ethnisch-religiöse Gruppe des Judentums, die ihre Wurzeln in Zentralasien haben. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wanderten viele bucharische Juden nach Israel und in die USA oder eben auch nach Österreich aus. Im Gespräch mit dem österreichisch-jüdischen Magazin NU äußert sie sich zu Fragen der Zugehörigkeit, über junges jüdisches Leben und ihre Erfahrungen mit linkem Antisemitismus in der akademischen Welt: „Antisemitismus gehört nicht bunt dekoriert“
Der Link zum Gespräch in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Vor kurzem diskutierten der Historiker Julius H. Schoeps (80) und der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik (75) bei einer Veranstaltung in der Jüdischen Gemeinde Berlin über ihre Erfahrungen als Juden mit dem Antisemitismus in Deutschland. Beide gehören sicher zu den prägendsten Persönlichkeiten des jüdischen Lebens und Denkens vor allem in der alten Bundesrepublik der 70er, 80er und 90er Jahre - und sind aktiv geblieben bis in die Gegenwart. Wiebke Hollersen hat die Diskussion für die BERLINER ZEITUNG beobachtet. "Kann man in Deutschland als Jude leben? – 'Ja, solange der Rechtsstaat funktioniert'“.
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Seit mehr als einem Jahr greift Russland die Ukraine an. Die beiden Länder sind seit 1654 miteinander verbunden. In einem Beitrag für die WIENER ZEITUNG rekapituliert Fritz Rubin-Bittmann, 1944 in Wien als Sohn jüdischer Eltern geboren, die bewegende Geschichte der beiden Länder im Blick auf die jüdische Geschichte, die vor allem durch zahlreiche Pogrome gekennzeichnet ist: "Die Ukraine - ein jüdischer Friedhof". Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieses Beitrages ist es vielleicht überraschend und lesenswert, wie Michael Gold in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG die biblische Geschichte des derzeit gefeierten Pessach-Fest gewissermaßen als Folie auf die aktuelle ukrainische Realität anlegt - und dabei erstaunlich viele Parallelen entdeckt: "Der russische Pharao".
Die Links zu den beiden Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Campusroman »Die Netanjahus« erzählt von einem jüdischen College-Professor in den fünfziger Jahren, der eine berühmte Familie bei sich aufnimmt. Cohen spielt dabei virtuos mit Fragen nach dem Biographischen und der Autofiktion und nähert sich somit dem Thema jüdische Identität auf ungewöhnliche Welse. Robert Zwarg stellt den Roman für die JUNGLE WORLD näher vor und anaylisiert die Problem- und Bedeutungsebenen des Buches im Blick auf die Frage nach jüdischer Identität: "Die unbrauchbare Vergangenheit".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
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Anselm Kiefer gehört zu den bedeutendsten und einflussreichsten zeitgenössischen Künstlern, der weltweit höchstes Ansehen genießt. Und durch sein ganzes Werk irrlichtern stets auch christliche Motive, seine Kunst tastet sich gewissermaßen immer auch an den Rand des christlichen Mysteriums heran, ohne darin einzutreten. Silvan Beer denkt in einem Essay für FEINSCHWARZ über die Grenzen zwischen christlich geprägter Kultur und lebendiger Nachfolge Christi im Werk von Anselm Kiefer nach: "Die große Störung. Anselm Kiefers Christentum".
Der Link zum Essay in der Rubrik CHRISTLICHE WELT..
Sieben Oscars erhielt in der Nacht auf den 13. März der Film "Everything Everywhere All at Once" von Daniel Kwan und Daniel Scheinert. Der Überraschungserfolg handelt etwas abstrakt formuliert im Grunde davon, dass in einem Multiversum, welches aus mehreren Paralleluniversen besteht, bei jeder Entscheidung (für oder gegen einen Film, für oder gegen ein Seidl Bier, für oder gegen eine Verabredung mit einem potenziellen Lebensmenschen) eben eine Parallelwelt entsteht, in der die Alternative im Schicksalsspiel zu ihrem Recht kommt. Lustig wird der Film, weil es Löcher zwischen den Welten gibt, weil man dazwischen hin und her springen kann und weil es hinter "unserer" Welt ein paar ziemlich abgefahrene gibt. Das hat Bert Rebhandl in einem Beitrag für den österreichischen STANDARD dazu inspiriert, den Tod Jesus am Kreuz auf originelle Weise neu zu deuten: "Was haben Jesus und das Multiversum miteinander zu tun?".
Der Link zu seinem Essay in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.
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Der jüdische Cellist Erich Krakau wird Opfer einer gnadenlosen Intrige, an der sich bald eine ganze Stadt beteiligt: Kleinbürger, Emporkömmlinge und Spießer. Der bislang unveröffentlichte Roman des jüdischen Emigranten Karl Loeser wirkt beinahe prophetisch, denn geschrieben wurde er, bevor die Vernichtung der europäischen Juden ins Werk gesetzt wurde. 1934 war der Autor über die Niederlande nach Brasilien geflohen. Im Exil in São Paulo arbeitete Loeser als Bankbeamter und schrieb ganz für sich und aus der Erinnerung heraus. Erst nach seinem Tod 1999 entdeckte die Familie den Nachlass. Darunter befand sich auch der auf Deutsch verfasste Roman »Requiem«, der in der ursprünglichen Fassung den Titel »Der Fall Krakau« trug und vor dem Hintergrund des Schicksals seines Bruders, eines Musikers im Dritten Reich, enstanden war. Paul Jandl hat den Roman für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG gelesen und schildert den Lebensweg seines bislang unbekannten Autors: "Eine SA-Einheit stürmt ein Konzert. Sie haben es auf den Cellisten abgesehen. Er muss weg, denn er ist jüdisch".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.
Einen angenehmen Tag wünscht
Dr. Christoph Münz
redaktion@compass-infodienst.de
(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)
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