ACHTUNG:
Guten Tag!
Israels Oberstes Gericht hat in einer ersten Anhörung über den umstrittenen Justizumbau getagt. Es ist die letzte Chance, den umstrittenen Justizcoup der rechts-religiösen Regierungskoalition um Premier Netanjahu zu stoppen. Während der Sitzung zeigten sich die Richter zumindest kritisch, wie den Zitaten in der Presse zu entnehmen ist. Zum Ende der fast 14-stündigen Sitzung gewährte die Vorsitzende Richterin Esther Chajut, der Jan-Christoph Kitzler auf TAGESSCHAU.de ein Porträt widmet, eine Frist von 21 Tagen zur Einreichung von Ergänzungen. Bei der Sitzung war als Zuhörer auch der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, dabei. In einem Video auf X, ehemals Twitter, sagte er auf Hebräisch: «Ich denke, etwas Wichtiges passiert hier für Israels Demokratie. Wir als Freunde Israels schauen mit großem Interesse auf das Oberste Gericht. Das wollte ich mir ansehen.»
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.
In zwei interessanten, ausführlichen Interviews geht es einmal mehr um die Folgen des geplanten Justizumbaus für die israelische Demokratie. Im Fokus dabei vor allem Aspekte, die die Siedlerbewegung und die Besatzung sowie das Engagement von Nichtregierungs- und Bürgerrechtsorganisationen betreffen. In der TAZ kommt die 1968 geborene Soziologin Yael Berda zu Wort, die in Princeton (USA) promovierte und an der Hebräischen Universität in Jerusalem lehrt. Und die FRANKFURTER RUNDSCHAU sprach mit dem israelischen Menschenrechtler Omri Metzer. Interessanterweise sind sich beide in einem Punkt einig: „Der Justizumbau zielt ab auf Annexion“.
Vor diesem Hintergrund ebenfalls bemerkenswert, dass in Anbetracht der drohenden Entmachtung des Obersten Gerichts immer mehr junge Menschen den Militärdienst verweigern, wie Maria Sterkl für die BADISCHE ZEITUNG berichtet. In den Begründungen der Verweigerer wird ebenfalls deutlich, wie sehr der Justizumbau in der Wahrnehmung vieler junger Leute letztlich auf eine fortschreitende Legitimierung der Besatzung des Westjordanlandes und einer Unterdrückung der Palästinenser hinauslaufe: "Der Justizcoup dieser Regierung ist eine Art Katalysator, der viele Jugendliche aufgeweckt hat. Davor haben zwar auch viele in meiner Altersgruppe gesagt, dass sie gegen die Besatzung sind, aber die Armee haben sie um Großen und Ganzen unterstützt, weil sie unsere Demokratie verteidigt." Heute falle es immer mehr Teenagern schwer, sich damit zu identifizieren.
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.
In Saudi-Arabien ist erstmals in der Geschichte beider Länder eine offiziell angekündigte israelische Delegation eingetroffen. "Wir sind glücklich hier zu sein - es ist ein guter erster Schritt", sagte ein israelischer Vertreter der Nachrichtenagentur AFP am Rande der Jahreskonferenz des Unesco-Welterbekomitees in Riad. Der Besuch fällt in eine Zeit, in der über eine Normalisierung der Beziehungen beider Länder immer wieder heftig spekuliert wird. Während ein Abkommen mit Saudi Arabien für den innenpolitisch unter Druck stehenden Netanjahu ein außenpolitischer Befreiungsschlag sein könnte, wäre es für die Saudis mit einigen Risiken behaftet, worauf Daniel Böhm in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG hinweist:
"Zwar würde das Wüstenreich von einer offenen Zusammenarbeit mit Israel wirtschaftlich profitieren, Punkte in Washington sammeln und einen starken Verbündeten im Kampf gegen Iran gewinnen. Gleichzeitig dürfte eine Verbrüderung Riads mit den verhassten Israeli in der islamischen Welt aber kaum gut ankommen. Schliesslich sind die Saudi immer noch die Hüter der heiligen Stätten von Mekka und Medina."
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
Im Blick auf den heutigen 30. Jahrestag der Unterzeichnung des Abkommens von Oslo durch den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Rabin und den ehemaligen PLO-Chef Arafat erinnern erneut eine Reihe von Beiträgen an die Entstehung und Scheitern des Osloer Friedensprozesses. So u.a. Maria Sterkl in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Sie hat mit dem damaligen israelischen Chefverhändler und stellvertretenden Außenminister in Rabins Regierung Yossi Beilin wie auch mit der ehemaligen palästinensischen Verhandlungsführerin Hanan Ashrawi. Beide waren von Beginn an skeptisch, da im Osloer Abkommen weder die Besatzung noch der Siedlungsbau geregelt worden waren. Und in MENA-WATCH schildert David Bedein, Direktor des Nahum Bedein Center for Near East Policy Research, die Hintergründe der wenig bekannten Tatsache, dass im Gegensatz zum israelischen Parlament die PLO- bzw. Fatah-Exekutive das Osloer Abkommen nie ratifiziert hat: "Osloer Friedensprozess dauerte weniger als drei Wochen".
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
**********************
Mehr als sechs Jahrzehnte lang war eine Liste verschollen, auf der 3600 Namen vom Vatikan 1943/44 geretteter Menschen stehen. Nun ist sie wieder aufgetaucht. Bei etwa 3'200 der aufgeführten Namen handelte es sich um Flüchtlinge jüdischen Glaubens, wie ein Abgleich mit Archivdokumenten der jüdischen Gemeinde Roms ergab. „Vielleicht ist der größere Schritt, dass es wirklich gelingt, dass jüdische und katholische Historiker mit einer großen Nüchternheit und Klarheit und einem absoluten Interesse an historischer Präzision und nicht etwa an Ideologien die Sache bearbeiten.“ So der Jesuitenpater Dominik Markl, der maßgeblich am Fund der Liste beteiligt war, wie VATICAN NEWS berichtet. In einem Beitrag für die WELT bewertet Sven Felix Kellerhoff die Aussagekraft der Liste, mit der er ebenfalls die Hoffnung verbindet, dass sie eine überfällige Neubewertung der Rolle von Papst Pius XII einleitet, der nach wie vor als "Hitlers Papst" diffamiert werde: "Was eine wiederentdeckte Liste über das Zerrbild von 'Hitlers Papst' aussagt".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...
2015 entstand die Idee eines Mahnmals in Bremen, das der Frage gewidmet sein solltet, wie die restlose Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit angemessen thematisiert werden kann: Welche Bedeutung die Vielzahl von Profit-Gelegenheiten historisch für die Unterstützung des NS-Regimes hatte – und wie wir heute politisch, öffentlich, aber auch familien-biographisch mit diesem lange Zeit wenig beachteten Befund umgehen wollen. Am vergangenen Sonntag nun wurde das Mahnmal für die „Arisierung“ jüdischen Eigentums in Bremen eingeweiht. Der sperrige Titel des Mahnmals im klassischen Behördendeutsch lautet: „Mahnmal zu Erinnerung an die massenhafte Beraubung europäischer Jüdinnen und Juden durch das NS-Regime und die Beteiligung bremischer Unternehmen, Behörden und Bürgerinnen und Bürger“.
Links zum Thema in der Rubrik VERGANGENHEIT...
An der Newcastle University im Norden Englands fand Anfang Juli unter dem Motto »Communities and Change« die jährliche Konferenz der Memory Studies Association (MSA) statt. Während die Memory Studies – zu deutsch Erinnerungs- oder Gedächtnisstudien – in Deutschland noch eher ein Nischendasein fristen, sind sie international mittlerweile recht etabliert, wie die Anwesenheit von fast 900 Teilnehmern aus der ganzen Welt auf der Konferenz verdeutlichte. Doch womit beschäftigt sich das Forschungsfeld eigentlich? Im Grunde geht es um die komplexen Verschränkungen von Politik und Erinnerung, wie Larissa Schober in einem Beitrag für ND-AKTUELL (vorm. Neues Deutschland) erläutert und gibt u.a. dieses Beispiel:
"In Yad Vashem in Jerusalem spitzt sich das Narrativ der Ausstellung auf die Entstehung des jüdischen Staates zu, der als Antwort auf den Holocaust gelesen wird. Im Jüdischen Museum in Berlin wird hingegen der Fokus auf Vergebung und die allgemeine Bedeutung von Menschenrechten gelegt, während im Holocaust-Museum in Washington D.C. die Frage, warum die Alliierten Auschwitz nicht bombardiert haben, eine viel größere Rolle einnimmt als in den meisten europäischen Holocaust-Museen. In den drei Fällen werden also sehr unterschiedliche »Lehren« aus dem Holocaust gezogen – die Notwendigkeit, sich verteidigen zu können, die Notwendigkeit, vergeben zu können und die Notwendigkeit, einzugreifen. Diese angeblich notwendigen Lehren passen nicht unbedingt zusammen und die Herausarbeitung solcher Ambivalenzen von Erinnerung ist ein wichtiger Aspekt der Memory Studies."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...
Kolonialismus, Kaiserreich, Holocaust, DDR – ein vor kurzem erschienener Band versammelt Essays unterschiedlchster Coleur zu den grossen deutschen Geschichtsdebatten der Gegenwart. Der Herausgeber Jürgen Zimmerer mischt dabei konservative mit provokativen postkolonialen Positionen und liefert damit ein Mosaik der deutschen Erinnerungslandschaft der großen Debatten, die um sie geführt werden. Im Zentrum stehen: der Historiker A. Dirk Moses, die Shoah und Israel. Konstantin Sakkas hat den Band für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG gelesen: "Erinnerungskämpfe: Neues deutsches Geschichtsbewusstsein".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...
**********************
Er hat es wieder getan. Und nicht zum ersten Mal. Einmal mehr plump und abstoßend. In einer Rede auf der 11. Sitzung des Fatah-Revolutionsrats am 24. August erklärte der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmoud Abbas, in Wirklichkeit seien die europäischen Juden keine Semiten, sondern Nachfahren der Chasaren, und daher habe ihre Verfolgung nichts mit Antisemitismus zu tun. Weiter dozierte er, Hitler und die Europäer hätten die Juden nicht »wegen ihrer Religion verfolgt, sondern wegen ihrer sozialen Rolle« bekämpft: »Sie sagen, dass Hitler die Juden tötete, weil sie Juden waren, und dass Europa die Juden hasste, weil sie Juden waren. Das stimmt nicht. [...] Die [Europäer] bekämpften diese Menschen wegen ihrer Rolle in der Gesellschaft, die mit Wucher, Geld und so weiter und so fort zu tun hatte.« Abbas' Hetzrede, die noch weitere antisemitische und verschwörungsmythische Aussagen enthielt, sorgt nun mit Verspätung für heftige Kritik seitens der Bundesregierung und des Bundespräsidenten sowie der Europäischen Union. In seinem Kommentar für den TAGESSPIEGEL unterstützt Stephan-Andreas Casdorff den Vorschlag der FDP, die Zusage von Hunderten Millionen Euro für die Palästinensische Autonomiebehörde zurückzuziehen. Unterdessen hat die Pariser Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo dem Palästinenserpräsidenten nun sogar die höchste Auszeichnung der Stadt Paris aberkannt, die ihm 2015 verliehen wurde. Und sicher besonders bemerkenswert: Rund 190 palästinensische Akademikerinnen und Akademiker, Menschen aus Kunst und Kultur, Aktivistinnen und Aktivisten haben sich gegen die Rede von Abbas gestellt und dessen Verharmlosung des Holocaust scharf kritisiert.
Die Links zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Niemand will Antisemit sein. Erst recht nicht in Subkulturen und Bewegungen mit einem progressiven, emanzipatorischen Selbstbild. Judenhass geht aber auch underground – ob Rapper gegen Rothschilds, DJs for Palestine oder Punks Against Apartheid. Und auch in der Klimabewegung findet sich Hass auf Juden. Altbekannte Mythen tauchen in alternativer Form wieder auf, bei Pride-Demos, auf der documenta oder beim Gedenken an den Terror von Hanau. Diesem Phänomen widmet sich der von Nicholas Potter und Stefan Lauer herausgegebene Sammelband "Judenhass Underground: Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen". Beiträge auf EVANGELISCHE.de, in der JÜDISCHEn ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG und auf HAGALIL stellen den Band näher vor: "Antisemitismus in Milieus und Subkulturen"
Die Links dazu in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Ein Fünftel der Deutschen hat rechtspopulistisches Weltbild. In der AfD-Anhängerschaft sind dies sogar 79 Prozent. Dies ist eines der Ergebnisse der jährlichen bundesweiten Umfrage der Universität Hohenheim. Ein Viertel der Deutschen glaubt, dass Politik in Deutschland von „geheimen Mächten“ gesteuert werde. Ein Fünftel ist davon überzeugt, Massenmedien würden die Bevölkerung „systematisch belügen“. Das Team um den Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider hat in einer repräsentativen Umfrage Rechtspopulismus, Verschwörungserzählungen, Demokratiezufriedenheit und Vertrauen in politische Institutionen analysiert. Dafür hat forsa im Auftrag der Forschenden im Juli 2023 4.024 Bundesbürger:innen befragt. Anfang September wurde die Studie veröffentlicht. Eine Pressemitteilung der Uni Hohenheim fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen und die Studie selbst steht ebenfalls zum Download bereit: "Demokratie-Monitoring".
Die Links dazu in der Rubrik RECHTSEXTREMISMUS.
**********************
Ende August erschien in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG ein Essay von Stefan Huber, Professor für Empirische Religionsforschung. und Isabelle Noth, Professorin für Praktische Theologie an der Universität Bern, in dem es um die Frage ging, ob die massiven Austrittwellen aus den christlichen Kirchen als ein Zeichen für wachsende Säkularisierung und einen Niedergang der Religiosität gedeutet werden können. Die beiden Autoren unterschieden in ihrem Beitrag deutlich zwischen personaler Religiosität und institutionalisierten Formen von Religion. Während ersteres, persönliche Religiosität, zunehme, nehme lediglich der Zuspruch zu letzterer, also Kirchenzugehörigkeit, ab: "Daraus enstehen trotz dem Rückgang der religiösen Sozialisation und der religiösen Institutionen immer wieder neue und dezidiert religiöse Erfahrungen. Menschen bleiben religiös – auch wenn sich die Formen, in denen sie ihre Religiosität leben, ändern." Mithin sei das "Narrativ vom Niedergang der Kirchen ... irreführend – religiöse Erfahrungen nehmen zu". In einem nun ebenfalls in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG veröffenlichten Beitrag widerspricht dem vehement der Theologe und Pfarrer Michael Graf und kritisiert insbesondere den Begriff der "religiösen Erfahrung", wie ihn die beiden Autoren verwendeten:
"Entsprechend abwegig ist die Beschreibung von 'religiöser Erfahrung', gemäss Noth und Weber 'ein Ereignis, in dem Menschen einer über- oder aussermenschlichen, als höher empfundenen Wirklichkeit gewahr werden'. Man kann nur etwas gewahr werden, was es tatsächlich gibt. Falls wir diese Definition – in der schon vorausgesetzt ist, dass eine 'übermenschliche Wirklichkeit' existiert – akzeptieren sollten und mit der Generalisierung verbinden, dass religiöse Erfahrungen 'unausweichlich' sind, haben wir per Zirkelschluss einen für alle erfahrbaren neuen Gottesbeweis. Absurd."
Die Links zu den beiden Beiträgen in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
In Berlin wurde am Sonntag das internationale Friedenstreffen der Religionen eröffnet, das von der römischen Basisgemeinschaft Sant'Egidio ausgerichtet wird. Drei Tage lang werden Vertreter der großen Weltreligionen aus über 40 Ländern der Welt unter dem Leitwort "Den Frieden wagen" in 20 Foren zu Demokratie, Migration, Globalisierung, Kinderrechten, zu Kriegsfolgen, auch in ökologischer Hinsicht miteinander arbeiten und diskutieren. Neben zahlreichen Geistlichen und spirituellen Führungspersönlichkeiten verschiedener Religionen nehmen auch Regierungsverantwortliche und Personen teil, deren Namen nicht täglich in den Zeitungen stehen, wie etwa der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz Pinchas Goldschmidt oder der Sondergesandte des Papstes für die Ukraine und Russland, Kardinal Matteo Zuppi. Daneben auch Journalistinnen, Wissenschaftlerinnen und Köpfe aus Nichtregierungsorganisationen, etwa Cécile Duflot von Oxfam. "Religion darf niemals Rechtfertigung von Hass und Gewalt sein", sagte Bundespräsident Steinmeier in seiner Eröffnungsansprache vor ranghohen Vertretern von Juden, Christen, Muslimen und weiteren Weltreligionen. Im Blick auf die Unterstützung Putins durch die russisch-orthdoxe Kirche sagte er u.a. wörtlich:
"Wer sich im Namen der Religion auf die Seite eines aggressiven Kriegsherren stellt, der ein friedliches demokratisches Nachbarland mit Gewalt unterwerfen will; wer es als Führung einer christlichen Kirche unterstützt, dass unvorstellbare Gräuel an den Menschen in diesem Land, ja, an den eigenen Schwestern und Brüdern im Glauben begangen werden; wer so handelt, verstößt fundamental gegen das Friedensgebot des Glaubens."
Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Richard Malka, Sohn marrokanischer Juden, die nach Frankreich ausgewandert waren, ist der Anwalt des franzöischen Satiremagazins «Charlie Hebdo» und hat 2015 bei dem terroristischen Anschlag auf die Redaktion der Zeitschrift mehrere seiner Freunde verloren. Seitdem wird er, wie auch andere Redaktionsmitglieder, rund um die Uhr von Polizisten bewacht. In einem außerordentlich lesenswerten Interview mit der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG spricht er über islamistischen Antisemitismus, die wachsende Auswanderung von Juden aus Frankreich und eine fatale Entwicklung innerhalb der Linken im Umgang mit dem Islam und Islamismus. Besonders deutlich werde das im Blick auf die Koran-Verbrennungen in Dänemark. Grundsätzlich halte auch er diese Art des Protests für nicht sinnvoll:
"Aber es reicht doch, wenn sich Regierungen von solchen Aktionen distanzieren, wir leben ja nicht in einer Diktatur. Ein Gesetz zu schaffen, das die Verbrennung von 'religiösen Objekten' unter Strafe stellt, ist de facto ein Blasphemieverbot. Das ist ein Rückschritt um hundert Jahre. Und vor allem: Was ist das für eine Logik, wenn ich Mohammed beschimpfen, aber den Koran nicht verbrennen darf? Davon abgesehen, was ist ein religiöses Objekt? Die Liste wird lang, und wer wird das entscheiden? Es ist klar, dahinter steht der Druck von Ländern wie Iran, Pakistan und Syrien, die uns Lektionen erteilen über religiösen Respekt. Regierungen, die ihre eigenen Völker massakrieren, die Leute wegen Blasphemie auspeitschen und hinrichten lassen! Aber das Spiel mit der Schuld und der Angst funktioniert: Man weicht zurück, gewinnt ein bisschen Frieden für einige Monate, um dann noch mehr Probleme zu haben. Denn es wird nie aufhören."
Der Link zum Interview in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
**********************
Sie kamen aus dem Westen wie dem Osten, hatten die Vernichtungslager überlebt, waren aus dem Versteck aufgetaucht, kehrten aus dem Exil zurück. Nach 1945 wählten viele jüdische Remigranten bewusst das junge sozialistische Deutschland, weil sie eine neue Gesellschaft mit aufbauen wollten. Was wurde daraus? Und wie entwickelte sich jüdisches Leben bzw. das Leben jüdischer Bürger in der ehemaligen DDR? 33 Jahre nach dem Ende der DDR gibt es nun erstmals im Jüdischen Museum Berlin eine umfassende Schau zum Judentum in Ostdeutschland. Die Sonderschau präsentiert einen Überblick zwischen religiösem Alltag und kommunistischer Staatstreue in der DDR, zwischen verordnetem Antifaschismus und vorhandenem Antisemitismus - mit Schwerpunkt auf die größte Gemeinde in Ost-Berlin: „Ein anderes Land. Jüdisch in der DDR“.
Links zu Berichten über die Ausstellung in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Fast punktgenau zum jüdischen Neujahr, das am Freitagabend beginnt, kündigt die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG einen Wechsel in der Chefredaktion an. Die Leitung übernimmt ab kommender Woche Philipp Peyman Engel. Der 40-jährige Journalist, im Ruhrgebiet aufgewachsener Sohn einer aus Iran stammenden Jüdin und eines nichtjüdischen Deutschen, kennt die Zeitung bestens. Nach seinem Studium und einer Tätigkeit als freier Journalist, unter anderem für den «Spiegel», trat er 2012 in die Redaktion ein. Zeitweise leitete er das Feuilleton, zuletzt war er als Chef vom Dienst Stellvertreter des Chefredakteurs. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG hat mit ihm gesprochen und widmet ihm ein ausführliches Porträt: "Ob Judenhass von links, rechts oder von Migranten: Der neue Chefredaktor der «Jüdischen Allgemeinen» nimmt kein Blatt vor den Mund"
Der Link daz in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Anfang September 2022 mit dem Rücktritt des damaligen Premierministers Boris Johnson endete zunächst für Grant Shapps seine Zeit als Verkehrsminister. Seitdem wechselte Shapps ständig den politischen Hut. Unter Premierministerin Liz Truss war Shapps im Oktober vergangenen Jahres sechs Tage lang Innenminister, danach Wirtschaftsminister und dann Staatssekretär für Energie. Vergangene Woche nun ernannte ihn Premier Rishi Sunak zum Verteidigungsminister. Verblüffend ist für viele Briten dabei, was für eine große Rolle das Judentum im Leben von Grant Shapps spielt, wie die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG in einem Porträt des 54-jährigen Shapps schildert: "Ich bin gern Jude".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Berühmt wurde sie mit ihrem Überlebensbericht "weiter leben", der 1992 erschien: die jüdische Literaturwissenschaftlerin und Autorin Ruth Klüger. Nun liegt posthum eine Auswahl literaturwissenschaftlicher Essays von ihr vor, in deren Zentrum die Deutung jüdischer Autoren wie auch jüdischer Figuren in literarischen Texten steht. In Untersuchungen zu Heinrich Heine, Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal und Stefan Zweig werden präzise Textanalysen mit einer historischen Kontextualisierung verbunden. Auf epische Texte von Wilhelm Raabe, Marie von Ebner-Eschenbach und Herta Müller fällt aus dieser Perspektive neues Licht, ergänzt durch Essays und Vorträge zu Autorinnen des 20. Jahrhunderts, u. a. zu Anna Seghers, MarieLuise Fleißer, Grete Weil, Marie Luise Kaschnitz und Ingeborg Bachmann. Und ebensso findet sich in dem Band ihr grundlegender Essay »Dichten über die Shoa. Zum Problem des literarischen Umgangs mit dem Massenmord« (1992). Ronald Pohl hat den Band für den österreichischen STANDARD gelesen: "Ruth Klügers untrügliches Gespür für das falsch gesetzte Wort".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
**********************
Die Landtagswahl in Bayern 2023 steht vor der Tür, der Wahlkampf ist in der heißen Phase - und wurde jüngst vor allem durch die Aiwanger-Affäre beherrscht. Vor diesem Hintergrund ist es besonders interessant, sich die Frage zu stellen, wie sich die Partei Aiwangers, die Freien Wähler, zu Themen wie Religion, Kirche und Glaube positionieren? Oliver Marquart hat sich das Wahlprogramm der Freien Wähler genauer angeschaut und berichtet über seinen Befund im SONNTAGSBLATT: "Was im Wahlprogramm der Freien Wähler zu Religion, Kirche und Glaube steht".
Der Link dazu in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.
**********************
Susan Neiman, ehemalige Professorin für Philosophie an den Universitäten Yale und Tel Aviv, leitet seit 2000 das Einstein Forum in Potsdam und gehört sicher zu den bekanntesten und meist diskutierten amerikanisch-jüdischen Intellektuellen der Gegenwart. In ihrem neuen Buch, der Streitschrift "Links # woke" setzt sie sich mit der Frage nach Vereinbarkeit und Gegensätzlichkeit von Wokeness und politisch linken Positionen auseinander. Der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber hat das Buch für den HUMANISTISCHEN PRESSEDIENST gelesen und zeigt sich wenig begeistert: "Eine leidenschaftlich missglückte Streitschrift".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.
Einen angenehmen Tag wünscht
Dr. Christoph Münz
redaktion@compass-infodienst.de
(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)
Abo-Hinweis
Dann abonnieren Sie unsere Seiten oder testen Sie uns vorab mit einem kostenfreien Schnupper-Abonnement!
Abo bestellen
Sie sind bereits Abonnent?
Dann melden Sie sich bitte erst mit Ihrem Benutzernamen und Passwort an, um die Fundstelle inkl. Quellenangabe und Link sehen und nutzen zu können!
Anmeldung