ACHTUNG:
Guten Tag!
Der Angriff Irans auf Israel dominiert die Medien nahezu vollständig, Hamas und Gaza spielen praktisch keine Rolle. Die FAZ und der STANDARD fassen die ersten internationalen Reaktionen auf den iranischen Angriff zusammen. Unterdessen fragt sich jeder, wie Israel möglicherweise auf den Angriff reagiert. Abgesehen davon, dass Netanjahu sich in einer Zange zwischen deeskalierender Opposition und rechtsextremen Scharfmachern in seiner Regierung sieht, bemüht sich mehr oder weniger alle Welt darum, bei den Israelis um Zurückhaltung zu werben, um einen Flächenbrand in Nahost mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Welt zu verhindern. Was bleibt, ist ein Dilemma für die israelische Regierung, wie es beispielsweise Nikolas Busse in der FAZ so beschreibt:
"Iran hat sich nach einer langen Phase, in der es durch seine Schattenarmeen handelte, aus der Deckung gewagt und seinem Israelhass Lauf gelassen. Das schafft für die Führung in Jerusalem eine schwierige Lage: Kurzfristig wäre es klüger, sich auf die Hamas und Gaza zu konzentrieren, statt in einen Mehrfrontenkrieg in der gesamten Region einzusteigen. Mittel- bis langfristig wird Israel aber nicht mit der ständigen Gefahr aus Iran leben wollen, vor allem dann nicht, wenn noch Atomwaffen hinzukommen könnten."
Zu den auffälligsten Aspekten der Abwehr des iranischen Angriffs gehört zweifelsohne die Tatsache, dass neben etwa den USA und Großbritannien auch eine Reihe arabischer Staaten Israel unterstützen. So etwa Jordanien, das sich an der Flugabwehr beteiligte, oder Saudi-Arabien, das den Luftraum für die Verteidiger Israels öffnete - und dies alles entgegen der jüngsten Isolation Israels wegen seines erbitterten Krieges im Gaza-Streifen. Was steckt also hinter der arabischen Nachbarschaftshilfe? Für Ulrich Schlie, Professor für Sicherheits- und Strategieforschung am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie an der Universität Bonn, ist die differenzierte arabische Reaktion laut FRANKFURTER RUNDSCHAU ein Beleg dafür, „wie sehr ein Flächenbrand gefürchtet wird“ auch und gerade auf arabischer Seite. In der FAZ verweist Christoph Ehrhardt u.a. auf die wirtschaftspolitischen Erwägungen einer ganzen Reihe arabischer Staaten:
"Die arabischen Herrscher wollen sich eigentlich auf die enormen Reformprojekte konzentrieren, mit denen sie ihre Volkswirtschaften für eine Zeit rüsten wollen, in der sie sich nicht mehr auf sprudelnde Öleinnahmen verlassen können. Die monströsen Massaker der Hamas-Terrorkommandos am 7. Oktober und der israelische Gegenschlag hatten der allgemeinen Deeskalationsbegeisterung in der Region einen starken Dämpfer verpasst. So versuchen die arabischen Führungen seit Ausbruch des Krieges im Gazastreifen, so gut es eben geht, eine weitere Eskalation zu verhindern, auch wenn sie sich unisono empört über die brutale israelische Kriegführung äußern."
Umgekehrt setze die teilweise arabische Unterstützung allerdings auch Israel unter Druck, worauf Gudrun Harrer im STANDARD hinweist:
"Arabische Regierungen, die mit den USA bei der Verteidigung Israels kooperiert haben, rufen Israel nun ganz deutlich zur Zurückhaltung auf. Washington, das die erstmals getestete Allianz geschmiedet hat, ist ihnen im Wort, das Gleiche zu tun. Keiner von ihnen will einen erweiterten Krieg. Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate: Alle verlangen von Israel 'maximale Selbstkontrolle'".
Und die Kommentatoren? Für Andreas Schwarzkopf ist die wichtigste Konsequenz, wie er in der FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt, dass die internationale Gemeinschaft einen Weg findet, "den Einfluss Irans in der Region und damit die iranischen Stellvertreter im Libanon, Irak, im Jemen und in Syrien zurückzudrängen. Das wird nicht von heute auf morgen gehen. Aber die Zeit drängt. Noch kontrollieren beide Seiten den Konflikt. Noch hat der Iran keine Atombombe." In einem längeren Kommentar für die WELT betont Clemens Wergin, dass Irans beispielloser Angriff aufgrund der arabischen Solidarität zwar ein politischer Sieg Israels gewesen sei, verweist aber auch auf die anhaltende Bedrohung eines Irans im Besitz der Atombombe und zitiert Hussein Abdul-Hussain, Nahostexperte bei der US-amerikanischen Foundation for Defense of Democracies:
„Die wichtigste Lehre aus dem Angriff des islamistischen Iran auf Israel ist: Wenn Teheran Atombomben bekommt, dann wird es die Fähigkeiten haben, den jüdischen Staat auszuradieren“.
Und Wergin fügt hinzu:
"Und der Iran hat Israel nun einen triftigen Grund geliefert, diese Gefahr auf militärischem Wege auszuschalten."
Für Michael Wolffsohn hat der iranische Angriff und seine Abwehr das Gesicht eines "neuen Nahen Ostens" sichtbar gemacht, dem freilich ein "Störfaktor" immer noch zu eigen ist:
"Hinter dem niederschmetternd kriegerischen Iran-Hamas-Israel-Krieg ist also ein neuer Naher Osten erkennbar. Abgesehen von Irans Stellvertretern im Libanon, Syrien, Irak, Jemen und Gaza besteht faktisch ein israelisch-arabischer Frieden. Es gibt aus Sicht der meisten arabischen Regierungen allerdings einen entscheidenden „Störfaktor“, nämlich das Schicksal der Palästinenser. Das entfaltet erhebliche politische und psychologische Wirksamkeit in der arabischen Welt."
Und er fügt die Warnung hinzu:
"Einstweilen herrscht also zwischen den meisten arabischen Regierungen und Israel faktischer Frieden, nicht jedoch zwischen den Massen der arabischen Welt und Israel. Angesichts der Tatsache, dass kein arabischer Staat eine Demokratie und deshalb instabil sowie unkalkulierbar ist, kann der faktische Frieden auf Regierungsebene jederzeit kippen. Hier und jetzt gibt es ihn aber."
Klaus Hillenbrand meint in der TAZ, dass Israel den Iran wohl nicht angreifen wird und dass man auch im Iran nicht interessiert ist, einen Krieg herbei zu führen, sondern:
"Vor allem möchte das Mullah-Regime mit seinen Satelliten von den jemenitischen Huthis über die libanesische Hisbollah bis zur palästinensisch-sunnitischen Hamas die eigene Rolle als Regionalmacht ausbauen, um damit den arabischen Raum dominieren zu können. Genau deshalb drohen die Palästinenser wieder zu Objekten herabzusinken, denen man für ihren Terror herzlich zugeneigt ist, deren Tod man aber billigend in Kauf nimmt. Zugleich führen die iranischen Ansprüche dazu, dass Staaten auf der Arabischen Halbinsel näher an Israel heranrücken, weil sie nicht von Teheran dominiert werden möchten. Insofern hat der Iran mit dem Angriff auf Israel das Gegenteil dessen bewirkt, was in seinem Interesse steht."
Arie W. Kruglanski ist Professor für Sozialpsychologie an der University of Maryland. Er verbrachte seine Jugend in Israel, wo er auch Militärdienst leistete, bevor er zum Studium nach Kanada und später in die USA zog. Seit dem Terroranschlag am 11. September 2001 in den USA untersucht er die psychologischen Mechanismen der Radikalisierung. Im Interview mit der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG erklärt er, wie die Hamas Gewalt instrumentalisiert und weshalb Netanyahu ein guter Psychologe ist. Auf die Frage, wie nach dem Krieg in Gaza eine Deradikalisierung stattfinden könne, antwortet Kruglanski:
"Zwei Dinge müssen geschehen: Erstens müssen die Palästinenser verstehen, dass sich die Gewalt letztlich nicht auszahlt und sie ihnen keine Bedeutsamkeit verleiht. Zweitens muss ihnen eine Alternative im Streben nach Bedeutsamkeit aufgezeigt werden. Wenn am Ende nur eine demütigende Niederlage steht, wird die Gewalt weitergehen. Es wird deshalb wichtig sein, dass sich die Palästinenser wertgeschätzt und respektiert fühlen."
Die Links zu den Themen in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
Künstliche Intelligenz ist derzeit in aller Munde - und hat zudem auch das Potential, die Kriegsführung zu revolutionieren. Die Streitkräfte erhoffen sich, mithilfe von Daten und Algorithmen genauer und effizienter vorgehen zu können. Zugleich geht die Angst vor autonomen Killermaschinen um, die selbständig über Leben und Tod entscheiden. Wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im Krieg aussehen kann, zeigt bereits jetzt der Gazakrieg, wie Ruth Fulterer und Lukas Mäder für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG schreiben. Sie berichten von einer Recherche des linken israelischen Magazins «+972», die in Israel für heftige Diskussionen sorgt. Laut dem Magazin hat Israels Armee die Vorschläge der KI für Bombardierungen im Gaza-Streifen nicht genügend überprüft und dadurch viele zivile Opfer in Kauf genommen: "Grosse ethische Bedenken: Israel setzt in Gaza stark auf künstliche Intelligenz".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL INTERN.
Auch in Deutschland richtet sich der Fokus nach dem Angriff des Irans auf Israel insbesondere auf die deutsche Iranpolitik. So will die Außenministerin Annalena Baerbock nun eine "globale Front" gegen den Iran schmieden - wobei man sich fragen möchte: warum eigentlich erst jetzt? In der FRANKFURTER RUNDSCHAU macht sich Patrick Mayer auf Spurensuche, wie ein solches Bündnis aussehe könnte und beschreibt im Blick auf den iranischen Angriff die deutsch-israelische Allianz. Marco Seliger wiederum erklärt in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG die deutsche Iran-Politik eines "Wandels durch Handel" aufgrund wirtschaftlicher Verflechtungen für schlichtweg gescheitert.
Ein weiteres Thema ist einmal mehr die Frage, wie es denn um die Substanz der im Blick auf Israel viel beschworenen "Staatsräson" stehe. Zwar versicherte der Bundeskanzler im fernen China und die Aussenministerin Israel ihre Solidarität und verurteilten die iranische Attacke scharf. Doch die Kritik an einer bisherigen Naivität im Umgang mit Iran wächst, wie Alexander Kissler für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG erläutert. In der FAZ kommentiert Nikolas Busse insgesamt recht bitter die Reaktionen der deutschen Regierung, die auf Worte der Solidarität gleich wieder Israel zur Mäßigung auffordere. Das sei alles "nicht viel anders als nach dem 7. Oktober. Im Moment der akuten Bedrohung kann Israel mit Solidarität rechnen, einige Zeit später sieht die Welt schon wieder anders aus. ... Dass Deutschland Israels Sicherheit über alles andere stellt, trifft einfach nicht zu." Und in der WELT beschreibt Daniel Dylan-Böhmer, was Deutschland wirklich effektiv zur Unterstützung tun könne:
"Militärisch können die deutschen Streitkräfte praktisch nichts tun, um Israel zu helfen. Deutsche Munitionslieferungen sind dagegen nicht unwichtig für die israelischen Streitkräfte. Aber noch mehr als deutsches Material könnte Israel in diesem beinahe maximalen Ernstfall die politische Unterstützung der Bundesrepublik innerhalb der UN und der EU benötigen."
Für T-ONLINE kritisiert Daniel Mützel das billige Selbstverständnis im Blick auf die vorgeblich deutsche Staatsräson zum Schutze Israels scharf:
"Deutschland hat sich viel zu lange in der Rolle bequem gemacht, Israel bei einem Angriff mit solidarischen Grüßen und bedrückten Gesichtern abzuspeisen, während andere Länder echte Hilfe leisten. Man kann lange über die deutsche Geschichte und die daraus erwachsene Verantwortung Deutschlands für Israels Sicherheit sinnieren, am Ende hängt die Existenz des jüdischen Staates aber eben doch von ganz handfesten Dingen wie Kampfjets, Flugabwehrbatterien und Raketen ab."
Mützel diskutiert einige Möglichkeiten aktiver Solidarität wie etwa eine drastische Revision der Iran-Politik, aber auch eine denkbare militärische Unterstüzung Israels durch Eurofighter. Eines sei jedoch klar: "Die deutsche Gratishaltung muss nach diesem historischen Angriff ein Ende haben."
Nach dem mörderischen Überfall der Hamas im Oktober vergangenen Jahres galt Israel die Anteilnahme nahezu aller Parteien im deutschen Bundestag. Auch die AfD zeigte sich erschüttert. Ihr Ehrenvorsitzender Alexander Gauland sagte im Parlament, der «barbarische Angriff mit fast ausschliesslich zivilen Opfern» müsse radikal beantwortet werden – indem Deutschland alle Zahlungen an Palästinenserorganisationen einstelle. Schon damals stand im Zentrum jene Frage nach der deutschen Staatsräson, die sich nun, nach der iranischen Attacke, deutlich schwieriger beantworten lässt. Am Verhältnis der AfD zu Israel versucht Alexander Kissler in einem Beitrag für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aufzuzeigen, wie sehr die rechte Partei ihren Weg sucht zwischen geopolitischen und menschenrechtlichen Konzepten: "Ermahnen oder Unterstützen? Die AfD ringt um ihr Verhältnis zu Israel".
Amos Gitai gehört mit seinen rund 60 Filmen und vielen Auszeichnungen zu den bekanntesten Filmemachern Israels. Mit seinem umfangreichen Schaffen wurde er zu einem schonungslosen Chronisten des Nahost-Konflikts, der sich mit Leidenschaft für den Frieden zwischen Israel und Palästina einsetzt – und immer wieder auch kritische Töne gegenüber der israelischen Politik anstimmt. Was wenig bekannt ist: Gitai ist auch ein Maler. Im Herbst 1973, unter dem unmittelbaren Eindruck des Jom-Kippur-Kriegs, hat der damals junge Architekturstudent, Sohn des 1933 aus Nazi-Deutschland geflohenen Bauhaus-Architekten Munio Weinraub, eine Reihe von Zeichnungen angefertigt, die nun in der klassizistischen Villa Kast – das Stammhaus der Salzburger Galerie von Thaddaeus Ropac – ausgestellt werden. Es handelt sich überwiegend um intuitive Darstellungen seiner damaligen Kriegseindrücke. Marcus Woeller hat sie sich für die WELT angesehen und erzählt in seinem Beitrag die Hintergründe ihrer Entstehung und was Gitai heute darüber denkt: "Im Widerstand gegen die Barbarei".
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Während des Zweiten Weltkrieges gab es in der Schweiz nirgendwo mehr Mitglieder der NSDAP als im Weltkurort Davos – in Relation zur Grösse der Bevölkerung. Von Davos aus versuchten die Nazis die deutsche Bevölkerung im Städtchen und in der gesamten Schweiz auf die Linie des Regimes zu bringen. Vor zwei Jahren hat nun der Landammann Philipp Wilhelm gemeinsam mit der Davoser Dokumentationsbibliothek eine Studie in Auftrag gegeben, die abklären soll, was man über diese Zeit schon weiss - und was noch aufzuarbeiten ist. Dabei geht es um das Selbstverständnis des Kurortes, um Täter und Opfer, um Verfehlungen der eigenen Eltern und Grosseltern - und es geht um das Vergessen und um ein würdiges Erinnern, wie Matthias Venetz für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG schreibt: «Naziverseucht wie keine andere schweizerische Ortschaft».
Die Gebäude beidseits der Plantage Middenlaan waren ein realer Schauplatz des Holocaust in Amsterdam. Das Architekturbüro Office Winhov machte nun diesen historischen Ort sichtbar, verzichtet dabei aber auf spektakuläre Inszenierungen. Vor kurzem wurde das nun hier beheimatete "Nationaal Holocaustmuseum" mitten in Amsterdam eröffnet. Hubertus Adam hat es für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG besucht: "Die Shoah fand mitten im städtischen Alltag statt".
Im Januar 2009 warben die Konzerne Tchibo und Esso in einer gemeinsamen Plakataktion an mehr als 700 Tankstellen in ganz Deutschland für eine neue Kaffeesorte. In großen Lettern stand auf den Plakaten: "Jedem den Seinen". Der Werbeslogan spielte mit dem berühmten Spruch des römischen Philosophen Cato der Ältere, "Jedem das Seine". Der Spruch hat aber auch eine dunkle Vergangenheit in Deutschland: Er wurde von den Nationalsozialisten missbraucht. "Jedem das Seine" stand über dem Eingangstor des Konzentrationslagers Buchenwald. Die Plakate gerieten deshalb umgehend in die Kritik. Nur ein Beispiel von mehreren, das der MDR in einem Beitrag schildert, in dem es um Nazi-Sprüche in der Werbung, um versteckte Anspielungen auf den Nationalsozialismus und rechtsextreme Codes in den Werbebotschaften geht: "Nazi-Parolen in der Werbung".
Bettina Görings Name ist ihr Schicksal. Als Großnichte von Reichsmarschall Hermann Göring wächst sie im Schatten seiner Verbrechen auf, eines Mannes, der in der Zeit des Nationalsozialismus für tausendfachen Mord verantwortlich war. Früh rebelliert sie und entflieht Ende der 60er Jahre der bedrückenden Verbindung in die Welt der Hippies und Freigeister. Nun hat die 1956 in Wiesbaden geborene Großnichte Görings ihre Familiengeschichte in dem Buch "Der gute Onkel: Mein verdammtes deutsches Erbe" aufgearbeitet. Die BELRINER ZEITUNG spräch mit ihr darüber, wie in ihrer Familie NS-Verbrechen verschwiegen wurden und über ihre eigene Auseinandersetzung mit dem "guten Onkel". Auf die Schlussfrage im Interview, ob für sie nun die Vergangenheit vorbei sei, antwortet sie: "Die ist nie vorbei."
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Der bereits seit Wochen heftig kritisierte, auf drei Tage angesetzte, israelfeindliche Palästina-Kongress in Berlin wurde nach zwei Stunden von der Polizei aufgelöst. Auslöser war wohl eine per Video übertragene Rede des palästinensischen Autors Salman Abu Sitta, gegen den in Deutschland ein politisches Betätigungsverbot vorliegt. Dieser hatte kürzlich bekannt, "dass er, wäre er nur jünger gewesen, sehr gerne teilgenommen hätte an den bestialischen Massakern des 7. Oktobers, von denen sich der ganze Kongress offenbar nicht distanzieren will", schreibt Claudius Seidl kurz vor Beginn des Kongresses in der FAZ und kommentiert weiter:
"Man überspitzt also nur ein bisschen, wenn man sagt, dass hier erste Vorarbeiten zur Planung der Vertreibung und Ermordung sehr vieler Juden geleistet werden sollen. (…) Was für ein Unsinn, werden, wenn die Konferenz doch noch verboten wird, die üblichen Aktivisten und BDS-Leute sagen; es kommen doch auch Wissenschaftler und Theoretiker, die in ihren Kreisen weltberühmt sind; und dass sich Deutschland damit noch weiter provinzialisiere und zum Gespött der Welt mache. Worauf man nur antworten kann: Ja, dann ist es eben so. Besser das Gespött der Welt sein als der Ort, an dem auf die Vernichtung des Staats Israel hingearbeitet wird."
In der WELT erinnert Sven Felix Kellerhof an den sogenannten "Berliner Antisemitismusstreit" im Jahre 1879, einem der wichtigsten Wendepunkte in der deutsch-jüdischen Geschichte. Der anderthalbjährige Streit markierte den Einbruch des rassistischen Judenhasses in weite Kreise des damaligen Bildungsbürgertums. Als Gelehrtenstreit gestartet entwickelte er sich in eine publizistische Schlacht, die schließlich weit über akademische Kreise hinausging und dessen Ausgangspunkt ein Text des Berliner Historikers Heinrich von Treitschke war. Kellerhoff zitiert Karsten Krieger, der 2003 eine umfangreiche Quellensammlung zu dem Streit vorlegte und dessen Fazit wie folgt lautet:
„Wahrscheinlich prägte Treitschke wie kein zweiter das Identitätsbewusstsein sowohl der Führungseliten als auch der Mittelschichten im Deutschen Kaiserreich. Die durch ihn beförderte und in ein nationales Weltbild integrierte scheinbare Domestizierung der Judenfeindschaft, hat vermutlich maßgeblich dazu beigetragen, dass der Antisemitismus einen integralen Bestandteil des eigenen Weltverständnisses bildete, dessen zerstörerisches Potenzial sich allerdings erst seit dem Ersten Weltkrieg offenbarte.“
Die extrem rechte Kleinstpartei „Der III. Weg” ist nicht nur nationalistisch und faschistisch. Mit Antisemitismus, Antizionismus und Verschwörungsnarrativen erklärt sich die Partei das aktuelle Weltgeschehen. Und dies mit zunehmendem Erfolg, zumindest in Berlin, wo die Zahl ihrer Anhänger laut einem Bericht vom TAGESSPIEGEL im Januar 2024 stetig zunimmt. Keine guten Aussichten, denn die Partei will auch bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September 2024 zugelassen werden. Vor diesem Hintergrund erläutert Maia Krüger in einem Beitrag für BELL-TOWER die Ideologie und Aktivitäten des "III. Weg": "Neonazis gegen Juden und Israel".
Die Links zu den Themen in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
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Auch in kirchlichen Kreisen hat der Angriff des Iran auf Israel zu großer Sorge und scharfer Kritik geführt. Papst Franziskus rief eindringlich zum Frieden in Nahost auf: „Keine Angriffe mehr!“. Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, verurteilte den Angriff ebenso wie Erzbischof Franz Lackner, der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz. Im DOMRADIO erzählt der in Jerusalem lebende deutsche Priester Stephan Wahl, wie er die Nacht des Angriffs erlebt hat und wie er in die Zukunft seiner Wahlheimat blickt: "Es ist schwierig, das auszuhalten". Ebenfalls im DOMRADIO kommt Nikodemus Schnabel, Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem, zu Wort. Befragt nach seiner Perspektive für den weiteren Gang des Konflikts sagt er u.a.:
"Ich glaube nicht, dass die Konfliktlinien zwischen den Ländern verlaufen. Ich glaube vielmehr, dass die Konfliktlinie zwischen denen besteht, die eine echte Vision haben, die im Zusammenleben besteht und denen, die anderen die Existenz absprechen. Es gibt Staaten, die sagen, dass es Israel nicht gibt und nur von einem "zionistischen Gebilde" schwadronieren. Da kommen wir zu keinem Frieden. Umgekehrt gelingt auch kein Frieden, wenn es Teile in der israelischen Politik gibt, denen das Wort "Palästina" nicht über die Lippen kommt und die immer nur von "Arabern" sprechen und den Palästinensern ihr Existenzrecht und das Recht auf einen eigenen Staat absprechen. Ganz wichtig ist, dass Leute "Ja" zu Israel als Staat und "Ja" zu Palästina als Staat sagen."
Die ersten beiden jüdischen Tempel Jerusalems wurden zerstört. Die Idee, einen neuen zu errichten, flammt immer wieder auf. So etwa planen schon seit geraumer Zeit das in Jerusalem ansässige, als extremistisch bezeichnete "Temple Institute" sowie Christliche Zionisten eine Wieder-Errichtung des jüdischen Tempels – und zwar an seinem ursprünglichen Platz, was eine Zerstörung der islamischen Stätten, die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom, zur Voraussetzung hätte. Texanische Züchter sollen sogar die nötigen Opfertiere für die Einweihung schon nach Israel gebracht haben. Nun schlagen hochkarätige christliche Führer Alarm, wie Johannes Schidelko für KATHOLISCH.de berichtet: "Rote Kühe und ein weißer Altar machen Christen in Israel große Sorgen"
Nicht weniger als sieben Enzykliken, Ansprachen und Interventionen widmete Papst Pius XII. (1939-1958) – für den nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Wahrung des Weltfriedens das Kernthema war – dem Krisenherd Nahost, insbesondere der für Juden, Christen und Muslime heiligen Stadt Jerusalam. So auch in der vielleicht wichtigsten, vor 75 Jahren von Papst Pius XII. veröffentlichten Enzyklika "Redemptoris nostri", in der eine Internationalisierung Jerusalems vorgeschlagen wird. Doch heute, so Johannes Schidelko in einem Beitrag für KATHOLISCH.de, denke der Vatikan weiter und gehe über die Perspektive des Schlüsseldokumentes "Redemptoris nostri" hinaus: "In der Heiligen Stadt die Rechte der drei Religionen achten".
Am 5. April feierte das Theologische Studienjahr Jerusalem sein 50-jähriges Jubiläum. Rund 1.200 katholische und evangelische Theologiestudenten haben seit 1973 zwei Semester in Jerusalem verbracht und die Heiligen Stätten in Israel und Palästina besucht. Studienschwerpunkte sind Bibelwissenschaft, Ökumene, Ostkirchenkunde, Archäologie, sowie Begegnung mit dem Judentum und dem Islam. Beim Festakt waren u.a. zu Gast der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, sowie der Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), Joybrato Mukherjee, der auch Rektor der Universität Köln ist. Außerdem kamen der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, sowie die ehemalige Bundesbildungsministerin und Studienjahrbeirats-Vorsitzende Anette Schavan. Wie DOMRADIO berichtet, waren sich die Festredner einig: Jerusalem sei der wohl spannendste Ort, um sich grundlegend mit interreligiösem Dialog und Ökumene zu befassen. Nun gelte es, den Ausbildungsgang für die nächsten 50 Jahre krisenfest zu machen: "Lernerfahrung Jerusalem".
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Mehr als tausend Besucher haben am Sonntagnachmittag auf Einladung von Rabbiner Yehuda Teichtal das Koscher-Food-Festival „Koscherlicious“ auf dem Jüdischen Campus Pears besucht. Zu kosten gab es vom Brot bis zum Wein fast alles - und alles koscher. Manchem Teilnehmer wurde klar: Schon lang vor allen veganen Modewellen gab es Kulturen, die gesunde Ernährung mit exquisitem Geschmack zu verbinden wussten - wie es im Judentum offenbar der Fall ist. In Workshops wurden zudem Geheimnisse der guten jüdischen Küche ausgetauscht, wie die BERLINER ZEITUNG und die B.Z. auch anhand einiger Fots berichten: "Koscher Food bei der Jüdischen Gemeinde Chabad".
Die Geschichte beginnt 1913, als Hashomer Hatzair, zu Deutsch: „die jungen Wächter“, in Galizien im heutigen Polen gegründet wird. Sie ist damit die älteste jüdische Jugendbewegung weltweit. Die jungen Wächter organisieren ab 1919 die Alija, eine Rückkehr zum historischen Heimatland der Jüdinnen und Juden im Gebiet von Palästina. Dort bauen ihre Mitglieder Kibbuzim auf. Ihr erster deutscher Ableger wurde 1931 in Mannheim gegründet. Nach der Shoah entschied sich die Organisation bewusst gegen eine Neugründung in Deutschland – bis 2012 als sie auch hierzulande einen Neuanfang wagte. Welche Herausforderungen sich der Bewegung insbesondere nach dem 7. Oktober stellen, hat Nicholas Potter für die TAZ erkundet: "Zwischen den Stühlen".
Während der israelische Pavillon auf der Kunst-Biennale in Venedig nun also geschlossen bleibt (siehe Israel, Deutschland, Europa und die Welt), präsentiert sich der deutsche Pavillon u.a. mit einer bemerkenswerten Videoarbeit unter dem Titel "Light to the Nations" der 1970 in Israel geborenen, seit rund 15 Jahren in Deutschland lebenden Yael Bartana. Über den Pavillon und die Arbeit Bartanas berichtet Daniel Völzke für MONOPOL, das "Magazin für Kunst und Leben":
"Das nach einer Bibelstelle aus dem Buch Jesaja benannte Generationenschiff für Juden startet ins Ungewisse, weil die Erde durch eine ökologische Katastrophe zerstört ist, es basiert auf jüdischen mystischen Lehren und soll den Samen legen für neue Gesellschaftsformen jenseits territorialer, ethnischer, religiöser und staatlicher Festlegungen. Es soll die Menschheit zu 'Tikkun Olam' (wörtlich: 'die Reparatur der Welt') führen. Das Schiff sei so konzipiert, dass es eine große Gemeinschaft für Jahrtausende beherbergen und weit über unser Sonnensystem hinaus reisen kann."
Mit fünf Grammys erlebte sie 2008 den Höhepunkt ihrer Karriere - und nur drei Jahre später, im Juli 2011, wurde sie mit gerade einmal 27 Jahren und über vier Promille Alkohol im Blut tot aufgefunden: die Poplegende Amy Winehouse. Derzeit ist in in den Kinos ein nach einem Drehbuch von Matt Greenhalgh gedrehtes Biopic zu sehen, das auch den jüdischen Wurzeln der begnadeten Sängerin nachgeht. Für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG hat sich Jens Balkenborg den Film angesehen: "Amy Winehouse und der Davidstern".
Die neue ARD-Serie "Die Zweiflers" ist international besetzt, tiefgründig und modern erzählt. Die sechsteilige Dramedy über eine jüdisch-deutsche Familie und deren Delikatessengeschäft in Frankfurt am Main hat beim diesjährigen International Series Festival von Cannes in gleich drei Kategorien gewonnen: "Beste Serie", "Beste Musik" und "High School Award for Best Series". David Baum war für den STERN bei der Preisvergabe an der französischen Riviera: "Deutsch-jüdisch, postmigrantisch und wundervoll abgefuckt: 'Die Zweiflers' als beste Serie ausgezeichnet".
"Frau, deutsche Jüdin in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Provinz: diese drei Kriterien scheinen verlässliche Garanten für das vollständige Vergessen einer Persönlichkeit zu sein", schreibt Bettina Brosowsky in einem Beitrag für die TAZ und meint damit die Malerin und Kunstvermittlerin Galka Scheyer, der nun in Braunschweig eine Ausstellung gewidmet ist. Sie selbst hat zwar als Malerin keine bedeutenden Werke hinterlassen, aber als Unterstützerin großer Persönlichkeiten der klassischen Moderne Kunsgeschichte geschrieben. Insbesondere hat sie den "Blauen Vier" - Alexej Jawlenski, Paul Klee, Wassily Kandinsky und Lyonel Feininger - zum Durchbruch verholfen. Eine nötige Würdigung erhält sie nun nicht nur durch die Braunsschweiger Ausstellung, sondern auch durch eine Biographie, die Jens Hinrichsen in MONOPOL, dem "Magazin für Kunst und Leben", inklusive einer Skizze des bewegten Lebens von Galka Scheyer vorstellt: "Die Prophetin der Blauen Vier".
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
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Im November findet in den USA die Präsidentschaftswahl statt. Welcher der beiden großen Parteien fühlen sich Katholiken und Protestanten eher zugehörig? Und wie steht es um andere Religionen und Atheisten? KATHOLISCH.de berichtet über eine aktuelle Umfrage. Und Thomas Spang schildert ebenfalls auf KATHOLISCH.de, dass die US-Kirchen und Wohlfahrtsorganisationen wegen ihres Einsatzes für Migranten zunehmend unter Druck republikanisch geführter Kommunen geraten. Die Hilfsorganisation "Catholic Charities" klagt sogar über massive Bedrohungen gegen Mitarbeitende: "Einsatz für Migranten – Kirchen im Visier der US-Republikaner".
In Europa gehen die Zahlen der Kirchenmitglieder zurück – weltweit ist das Christentum dagegen weiter stark. Doch dabei bleiben die Strukturen nicht stabil, sondern ändern sich ständig. Thomas Schlag ist Professor für Praktische Theologie an der Universität Zürich und leitet dort das Zentrum für Kirchenentwicklung, in der er nicht zuletzt zu Partizipation und Gemeindeaufbau forscht. Im Interview mit KATHOLISCH.de spricht er über die Zukunft des globalen Christentums und wie es sich verändern wird: "Zukunft der Kirche liegt im Lokalen".
Die Links dazu in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.
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Fanny Kajsman hat genug. Ihr nutzloser Schwager ist nach Minsk abgehauen und hat ihre Schwester im Schtetl zurückgelassen. Kurzerhand trifft Fanny eine skandalöse Entscheidung: Sie wird ihren Schwager eigenhändig zurückholen. Bewaffnet mit einem Schlachtermesser und einer gehörigen Portion Starrsinn macht sie sich auf den gefährlichen Straßen des Russischen Kaiserreichs auf den Weg - und so beginnt ein rasanter Roadtrip durch das 19. Jahrhundert, eine Ode an Mut, Freundschaft und Gerechtigkeit. Verfasst hat den Roman der 1975 in Be’er Scheva, Israel, geborene Yaniv Iczkovits. Und dass diesem wortgewaltigen Epos so manche myhtologisch-jüdische Bedeutungsebenen zueigen sind, deutet Jakob Hessing in seiner für sich schon glänzend geschriebenen Rezension für die FAZ an: "Durch das Land des bösen Zaren".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.
Einen angenehmen Tag wünscht
Dr. Christoph Münz
redaktion@compass-infodienst.de
(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)
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