ACHTUNG:
Guten Tag!
In einem zornig-bitteren Essay für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG beschreibt der niederländische Schriftsteller Leon de Winter die Unangreifbarkeit des Hamas-Chefs Yahya Sinwar, solange die israelischen Geiseln in seiner Hand bleiben. Das hieraus resultierende Dilemma für die israelische Regierung beschreibt er wie folgt:
"Wenn sie mit Sinwar ein Abkommen schließt und sich im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln vollständig aus dem Gazastreifen zurückzieht, wird er die Gelegenheit nutzen, um seine Armee aufzubauen. Dann wird er in fünf oder zehn Jahren erneut angreifen, gedeckt durch iranische Atomwaffen, denn sein Ziel bleibt unumstösslich: die Vernichtung des jüdischen Staates. Wenn Israels Regierung keine Einigung erzielt, verurteilt sie die noch lebenden Geiseln zum Tod oder zu lebenslangem Leiden in einem Käfig in der Wüste Sinai oder einem Kerker in Iran. Israel wurde gegründet, um den Juden die Angst davor zu nehmen, dass sich niemand auf der Welt um sie kümmert. Kein israelischer Politiker kann die Geiseln ihrem Schicksal überlassen. Sinwar, der geniale Teufel, kennt die Juden und jene, die er für die ungläubigen Hunde im Westen hält. Er weiß, dass der moderne westliche Rechtsstaat nicht in der Lage ist, Kriege in der Wüste bis zum bitteren Ende durchzuhalten: Das mächtigste Land der Erde hat sich aus dem Irak und aus Afghanistan zurückgezogen. Wer den muslimischen Kämpfern in der Wüste gegenübersteht, wird untergehen, wenn er das Kriegsrecht einhalten will."
Bitter schlussfolgert de Winter:
"Es ist traurig, dramatisch, verzweifelt: Muss der jüdische Staat, um zu überleben, zu einem Staat des Nahen Ostens werden, der so rücksichtslos agiert wie die Führer von Syrien oder Saudiarabien? Ist dies der Preis, den die Juden für die Bewahrung ihrer Autonomie und ihrer Traditionen im Nahen Osten zahlen müssen? Dies ist der Kern der Krise in der israelischen Gesellschaft: Ist es möglich, das Böse zu bekämpfen, ohne sich selbst der Mittel des Bösen zu bedienen? Hier haben die Geschichten der Bibel ihren Ursprung. Und sie sind immer noch lebendig."
Er endet seinen Beitrag mit Eindrücken, die er von einem Video gewonnen hat, in dem die junge Eden Yerushalmi, eine der sechs kürzlich kaltblütig erschossenen Geiseln, kurz vor ihrem Tod zu hören und zu sehen war:
"Ich war überwältigt, fassungslos, als ich sie sprechen sah und mir bewusst wurde, dass sie kürzlich wie ein Hund geschlachtet worden war. Ich bin nicht religiös. Aber die rituelle, triumphale Feier von Tod und Hass durch die Hamas kann nur mit einem Begriff aus der Religion benannt werden. Das absolute Böse."
Der Link zum Essay in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
Hat die Rettung der Geiseln im Gaza-Streifen höchste Priorität oder die Zerschlagung der Hamas? Diese Frage spaltet die israelische Gesellschaft seit dem 7. Oktober und hat nach der jüngsten Entdeckung sechs weiterer ermordeter Geiseln nichts an Brisanz verloren. In einem Beitrag für die TAZ lässt Felix Wellisch verschiedene Positionen zu Wort kommen:
"'Ich möchte in einem Land leben, das alles dafür tut, mich nach Hause zu holen, wenn mir das passieren würde', sagt Judi, braune Locken, eine Freundin der Familie. 330 Tage hätten Hersh und die anderen in Geiselhaft überlebt und durchgehalten, nun sei es 'für nichts gewesen', sagt die 33-Jährige. Ihr Mann Avinoam, Vollbart und kurz geschorene Haare, pflichtet ihr bei: 'Ich kann das Gerede vom totalen Sieg nicht mehr hören.' Er sei selbst als Reservist in Gaza gewesen, er habe Freunde und Kameraden verloren. 'Wenn wir die Geiseln nicht zurückholen können, dann sind sie umsonst gestorben', sagt der 30-Jährige. Ihren Familiennamen wollen die beiden für sich behalten."
Vor dem 7. Oktober waren es Pläne der Koalition, die Befugnisse der israelischen Justiz einzuschränken, die das Land spalteten und wöchentlich Zehntausende Demonstranten auf die Strassen von Tel Aviv und Jerusalem trieben. Mit dem Beginn des Gaza-Krieges wurde das Vorhaben allerdings auf Eis gelegt und verschwand aus dem öffentlichen Bewusstsein. Freilich versucht nun Netanjahus rechtsreligiöse Regierung weiterhin und im Schatten des Krieges, ihre Agenda zu verfolgen und der unabhängigen Justiz die Flügel zu stutzen. Sie tut es heute aber nicht mehr mit lautem Getöse, sondern still, leise und im Hintergrund – in der Hoffnung, dass es niemandem auffällt. Wie das konkret ausschaut, schildern u.a. der STANDARD und die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: "Israels Justizabbau über die Hintertür".
Die israelische Schriftstellerin Zeruya Shalev hat vergangene Woche eine Protestaktion gegen die israelische Regierung organisiert, berichtet Julia Encke, die mit Shalev sprach, in der FAZ. Dabei positionierten sich die Demonstranten vor der Residenz des israelischen Präsidenten Issac Herzog, in der Hoffnung, er käme heraus, um mit ihnen zu sprechen. Die Sprecherin des Präsidenten trat schließlich vor die Tür:
"Die Sprecherin habe versucht, zu erklären, dass die Situation kompliziert sei, da das Volk gespalten sei und der Präsident es sich nicht erlauben könne, eine von beiden Seiten zu unterstützen, weil er dann die andere Seite verlieren würde. 'Aber es ist nicht sein Job, mit der einen oder anderen Seite okay zu sein. Er muss sich um eine Lösung kümmern, um eine legale Lösung', das habe sie entgegnet. Sein Argument sei in etwa so, sagt Shalev, wie wenn man in ein Haus komme, in dem ein Ehemann seine Frau schlage, und dann sagt: Ich kann nichts machen, weil ich mit beiden okay sein will. 'Das ist ein Verbrechen!', so Shalev. Ein Verbrecher, der immer nur damit beschäftigt sei, was die Leute von ihm denken könnten. Netanjahu und die Regierung ruinierten alles: 'Es ist eine schreckliche, eine faschistische Regierung, unvorstellbar! Ich kann nicht glauben, dass dies die Regierung Israels ist.'"
Ofrit Shapira-Berman ist in Israel seit mehr als 30 Jahren in der Traumatherapie tätig. Die 58-jährige Psychoanalytikerin, die auch an der Hebräischen Universität in Jerusalem lehrt, hat unmittelbar nach den Hamas-Terrorattacken am 7. Oktober 2023 damit begonnen, den Opfern zu helfen. Und sie macht das bis heute, gemeinsam mit der Organisation First Line Med (FLM), deren Abteilung für psychische Gesundheit sie leitet. Sie behandelt freigelassene Geiseln genauso wie die Verwandten von noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln. In einem ebenso informatien wie bedrückenden Interview mit dem österreichischen STANDARD spricht sie über die vielen Herausforderungen ihrer Traumatherapie: "Viele Opfer fühlen sich verraten".
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.
Im Blick auf die immer kontroverser geführten Diskussionen um Israel/Nahost beklagt der Inhaber des Ben-Gurion-Lehrstuhls für Israel- und Nahoststudien an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, Johannes Becke, in einem Beitrag für die FAZ den vielerorts anzutreffenden Mangel an Grundwissen - selbst im akademischen Kontext. In mancherlei Hinsicht wirkten die Auseinandersetzungen "bemüht, theoretisch hilflos und reichlich provinziell – kurz gesagt: sehr deutsch" - und stellt fest:
"Gerade bei den zunehmend erhitzten Israel-Debatten fällt auf, dass es der deutsche Wissenschaftsbetrieb – Staatsräson hin, Staatsräson her – in den letzten 75 Jahren verpasst hat, einschlägige Forschungseinheiten für das Verständnis des Zionismus, der israelischen Geschichte und der arabisch-israelischen Beziehungen aufzubauen. Auch durch eine großzügige deutsche Wissenschaftsförderung gibt es heute sieben Forschungszentren zur deutschen und deutsch-jüdischen Geschichte an israelischen Universitäten – aber keine einzige (!) reguläre Professur für Israel-Studien an einer staatlichen Universität in Deutschland."
Am gestrigen Mittwoch wurden die beiden Gründer des Restaurants Kanaan in Berlin-Prenzlauer Berg mit dem Moses-Mendelssohn-Preis für Toleranz ausgegezeichnet. In dem Lokal an der Schliemannstraße 15 arbeiten Geflüchtete aus Syrien, dem Libanon, Pakistan, Indien, aus der Ukraine sowie aus Afrika. In diesen Zeiten freilich besonders hervorzuheben: die beiden Gründer und Preisträger sind ein Jude und ein Palästinenser! Diese Kombination eines israelisch-palästinensischen Lokals ist selbst im Multi-Kulti-Berlin einmalig. Maria Neuendorff stellt Gründer und Restaurant in einem Beitrag für die MÄRKISCHE ODERZEITUNG näher vor: "Restaurant in Berlin: Israelisch-palästinensisches Lokal trotzt Krieg und Attacken".
Seit seinen Anfängen beschwört Daniel Barenboims West-Eastern Divan Orchestra die einzigartige, große Idee von Solidarität und Humanität, an der es auch jetzt – trotz allem – festhält. Und dennoch wirkt manches an diesem Orchester inzwischen müde und erschöpft, berichtet Antonia Munding in einer nachdenklich stimmenden Reportage für das Portal BACKSTAGE CLASSICAL. Das liege nicht nur an Barenboim, der seine letzten Auftritte gesundheitlich sichtlich angeschlagen absolvierte. Im Blick auf die Friedensbotschaft des aus israelischen und palästinensischen Musikern zusammengesetzten Orchesters seien in letzter Zeit nur mehr abgetragene Floskeln zu hören gewesen. Besorgt fragt Munding:
"Kann es sein, dass zu viel Routine eingekehrt ist in die musikalischen Friedens-und Freiheits-Appelle? Ein Orchester kann und darf nicht zur moralischen Institution erstarren, sondern bleibt nur aussage- und ausdrucksstark, wenn es weiterhin Neugierde weckt, das Interesse an einem komplexen Hören und damit das Ringen um Balance, um die Zwischentöne."
Und weiter:
"(Es) liegt viel Verantwortung auf den Schultern der jungen Musikerinnen und Musiker. Doch dass selbst die exzellenteste musikalische Ausbildung nicht zwangsläufig Friedens-und Debattier-Experten hervorbringt, konnte man zuletzt aus verstörenden social media Posts einiger Studierender der Barenboim/Said-Akademie in Berlin herauslesen. Und klar: Das Massaker, das die Hamas am 7. Oktober in Israel verübte, die Verschleppung der Geiseln und der seitdem immer blutiger geführte Krieg mit zehntausenden palästinensischen Opfern rüttelt auch am Selbstverständnis des West-Eastern Divan Orchestra."
Die Links zu den Themen in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.
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Fishel Rabinowicz überlebte mehrere Arbeits- und Konzentrationslagern der Nazis. Als er in Buchenwald befreit wird, ist er 20 Jahre alt und wieg nur noch 21 Kilogramm. Aber er hat überlebt. Erst als Pensionär begann er, Bilder über seine Erlebnisse in den Lagern anzufertigen und sein Trauma mit Hilfe der Kunst zu bewältigen. Am 9.September 2024 wurde der Holocaust-Überlebende und Künstler, der im schweizer Tessin lebt, 100 Jahre alt. Die SCHWEIZER ILLUSTRIERTE, AUDIATUR und die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG haben ihn besucht und berichten über einen der letzten noch lebenden Zeitzeugen des Holocaust: «Ich traue Europa nicht»
Die großen Namen der NS-Zeit – Hitler, Göring, Himmler, Goebbels, Höß – sind uns präsent. Doch was ist mit den vielen Anderen? Den Männern und Frauen "im Schatten"? Ohne ihre Mitarbeit hätte das KZ- und Mord-System nicht funktioniert. Ein Fotoalbum mit 206 Bildern gibt neue Einblicke. Nach Jahrzehnten wiederentdeckt hat es der Historiker Stefan Hördler. Schauplatz ist das nahezu vergessene KZ-Lichtenburg, ein Ort im heutigen Sachsen-Anhalt. Es prägte die Lebensläufe tausender SS-Männer. Der MDR berichtet über den Fund, den Finder und die Männer auf den Fotos: "Lichtenburg in Prettin: KZ-Kaderschmiede in Mitteldeutschland".
Der demnächst in unseren Kinos anlaufende Film "Treasure - Familie ist ein fremdes Land" erzählt von einer bewegenden Vater-Tochter-Reise nach Polen. Es ist die Spurensuche nach der jüdischen Vergangenheit einer Familie, die, bis auf den Vater, ermordet wurde. Der Film basiert auf dem autobiographischen Roman "Zu viele Männer" der Bestseller-Autorin Lily Brett. Die deutsche Regisseurin Julia von Heinz, die zur Jury der soeben beendeten Filmfestspiele in Venedig gehörte, hat ihr Buch unter dem Titel „Treasure – Familie ist ein fremdes Land“ verfilmt. U.a. die FAZ, der TAGESSPIEGEL und epd-FILM rezensieren den Film, der den Holocaust als transgenerationales Trauma in den Fokus stellt. Auf FILM-REZENSIONEN kommt schließlich die Regisseurin selbst zu Wort und schildert einiges von ihren Beweggründen und der Entstehung des Films. Schließlich ganz und gar empfehlenswert das beeindruckende Interview in der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG mit dem britischen Schauspieler Stephen Fry, der im Film die Vaterfigur darstellt. Fry, selbst Jude, hat einen großen Teil seiner Familie im Holocaust verloren. Im Interview gibt er nicht nur Auskunft über sein Verhältnis zum Judentum, sondern erzählt, wie der Holocaust seine Familie prägte und warum er selbst seinen Großvater nie nach Auschwitz gefragt hat: "Unterwegs im Albtraumland".
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Kürzlich lud der rechtspopulistische Moderator Tucker Carlson den revisionistischen Pseudohistoriker Darryl Cooper in seine Sendung auf X/Twitter ein. Cooper sei der „beste und ehrlichste Populärhistoriker in den USA“, schrieb Carlson an seine knapp 14 Millionen Follower. Was dann folgte, so Nicholas Potter in der TAZ
"war schlichte Desinformation über die industrielle Massenvernichtung der Jüdinnen und Juden. Dass Millionen Menschen in deutschen Lagern „ums Leben gekommen“ seien, habe nur an Überforderung und Planlosigkeit gelegen, so Cooper: Die Nazis hätten schlicht nicht die Ressourcen gehabt, sich um sie zu kümmern. Weiter im Gespräch, das über zwei Stunden dauerte, sagte er, dass Churchill und nicht Hitler der eigentliche Oberbösewicht des Zweiten Weltkriegs gewesen sei."
So richtig Furore machte diese Skandalsendung jedoch erst in dem Moment, als Elon Musk, seines Zeichens Besitzer von X/Twitter, die Sendung mit den Worten kommentierte: "Sehr interessant. Sehenswert". Zwar ruderte Musk später zurück, aber für Tom Uhlig ist es dennoch bezeichnend, wie er in JUNGLE WORLD erläutert. Denn seit Elon Musk Twitter übernommen und in X umbenannt hat, wird die Plattform von rechtsextremen und antisemitischen Inhalten geradezu überflutet: "Ein Safe Space für Nazis".
Wochenlang protestierten US-Studenten an den amerikanischen Universitäten gegen den Gaza-Krieg. Es folgten gut zwei Monate Semesterferien, in denen eigentlich Zeit genug war, um die Auswüchse und den Unfrieden zu beenden. Aber zu Semesterbeginn setzen sich die anti-israelischen und teils offenen antisemitischen Proteste an den Universitäten fort, berichtet Franziska Sittig in der FAZ. So beispielsweise an der Columbia University, wo die "Students for Justice in Palestine" ebenso wie die Gruppe "Jewish Voice for Peace" zwar vom Campus verbannt worden waren:
"Nichtsdestotrotz konnte sich am 2. September der von beiden Gruppen gemeinsam gegründete Ableger Columbia University Apartheid Divest in die Campuszugänge stellen, die Statue der Alma Mater mit roter Farbe bewerfen und Broschüren aushändigen, in denen die al-Aqsa-Märtyrerbrigade, der bewaffnete Arm der palästinensischen Fatah-Partei, zitiert wird: 'Wir werden auftauchen, wo du es am wenigsten erwartest.' In der Broschüre werden die Prinzipien der palästinensischen Widerstandsbewegung beschrieben, zu denen auch gehört, 'Allah den Gnädigsten' zu ehren und 'Ruhm dem Gazastreifen' zu verkünden, dessen Zweck es sei, eine weltweite Armee von Muslimen aufzubauen."
Ähnlich niederschmetternd die Reportage von Jeannet Kiessling auf dem neuen österreichischen Portal LIBRATUS. Sie berichtet von der Elite-Universität Stanford in Kalifornien, wo trotz eines Verbotes ein illegales "Pro-Palestine-Camp" geduldet wurde. Gegenüber hatten pro-israelische Studenten, unter ihnen viele jüdische Studenten, Stühle im Gedenken an die verschleppten Geiseln des 7. Oktober aufgestellt. Was sich dann zutrug, schildert Kiessling wie folgt:
"Was dann geschah, macht mich heute noch fassungslos: Die Pro-Gaza-Demonstranten bewegten sich auf die Pro-Israel-Demonstranten zu. Sie marschierten durch die weißen Stühle des Geisel-Memorials hindurch - eine klare Provokation - und kamen nur wenige Meter vor der pro-israelischen Kundgebung zum Halt. Das Stanford Security Team wurde unruhig. Die Bilder des brutalen Showdowns zwischen Studenten und der Polizei an anderen Universitäten des Landes waren allen präsent. Aber anstatt die Pro-Gaza-Gruppe zurück an ihren zugewiesenen Platz zu drängen, wurde die pro-israelische Demonstration aufgelöst. Die Uni Stanford schickte die friedlichen Demonstranten nach Hause, während man das illegale Gaza-Camp und seine vermummten Bewohner weiterhin gewähren ließ."
In einem Interview mit THE EUROPEAN erläutert der Historiker, Soziologe und Bestsellerautor Rainer Zitelmann Zusammenhänge und Wechselwirkungen der verstörenden "Seelenverwandtschaft" zwischen Antisemitismus und Antikapitalismus. Auf die Frage, wie sich eine der Kernaussagen des Antisemitismus, die Juden weien eine Bedrohung für die Welt und schuld an zahlreichen Konflikten, im Antikapitalismus niederschlage, antwortet Zitelmann:
"Antikapitalisten und Antisemiten haben unter anderem eine wichtige Gemeinsamkeit: Sie neigen stark zum Verschwörungsdenken. Bei Antisemiten ist das bekannt, bei Antikapitalisten weniger. Ich habe die weltweit ausführlichste Umfrage zum Thema Antikapitalismus durchführen lassen, die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Economic Affairs“ erschienen: In 34 von 35 Ländern neigten Antikapitalisten stärker zum Verschwörungsdenken als Pro-Kapitalisten. Die Feinde sind bei Antisemiten und Antikapitalisten oft die Gleichen, die sogenannten „Finanzjuden“, Familien wie die Rothschilds oder George Soros. Für Antikapitalisten und Antisemiten sind Superreiche schuld an den Problemen dieser Welt und ziehen heimlich die Fäden."
Die Links zu den Themen in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
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Vizepräsidentin Kamala Harris und Ex-Präsident Donald Trump trafen am Dienstagabend in ihrer ersten – und voraussichtlich einzigen – Debatte aufeinander und sprachen über Themen wie Abtreibung, Einwanderung, Wirtschaft und Außenpolitik. Es war das erste Mal, dass sich die beiden Kandidat*innen persönlich trafen. Religion und Glaube spielen in der amerikanischen Politik traditionell eine große Rolle – und werden oft und von verschiedenen Seiten instrumentalisiert. Aber galt das auch für die Debatte zwischen Kamala Harris und Donald Trump? Welche Rolle spielten Religion und Glaube bei dem Streitgspräch? Oliver Marquart hat sich für das SONNTAGSBLATT das Duell unter diesem Aspekt angeschaut: "Harris-Trump-Debatte: Welche Rolle Religion und Glaube spielte".
Der Titel ist provokant und genauso gemeint: "Against all Gods" nennt das ZDF sein Wohngemeinschafts-Experiment. Gläubige der großen Weltreligionen leben gemeinsam mit einer bekennenden Atheistin eine Woche lang in einem Berliner Loft zusammen. Die sechsteilige Serie mit dem Zusatztitel "Die Glaubens-WG" stammt aus der Reportagereihe "37 Grad". Ab 13. September steht sie in der ZDF-Mediathek bereit und ab dem 15. September später läuft sie im linearen Programm an. Was ist dabei herausgekommen? Eine klischeehafte Aneinanderreihung von Vorurteilen und Glaubensgrundsätzen - oder ein lehrreich spannender Dialog? Steffen Grimberg hat sich für DOMRADIO die Serie angesehen: "Gelungenes TV-Experiment".
Das jüdisch-muslimische Paar Meron Mendel und Saba-Nur Cheema schreiben regelmäßig für die FAZ eine Kolumne. Jetzt sind beide von der FAZ befragt worden und sprechen über ihre unterschiedliche Einstellung zur Religion, ihre Wahrnehmung des Antisemitismus hierzulande sowie über die familiären Hürden zu Beginn ihrer Ehe. Deutlich wird im Gespräch auch, wie sich die Wahrnehmung ihrer jüdisch-muslimischen Beziehung seit dem 7. Oktober verändert hat. So stoßen sie immer mehr auf skeptische oder gar hasserfüllte Reaktionen aus den jeweiligen Communities. Andererseits gibt es auch viele, die sie als gutes Vorbild sehen, so Cheema. Als "Brückenbauer" wollen sich die beiden bei alledem intressanter Weise aber nicht sehen, wie Meron Mendel ausführt:
"Wir sind nicht die UNO. Ein Brückenbauer versucht, zwischen Position A und B zu vermitteln. Wir beziehen unsere eigene Position. Ob zum Nahostkonflikt oder zur Identitätspolitik, wir übernehmen keine vorgefertigten Ansichten aus Lagern, sondern entwickeln eine eigene Sichtweise auf die Dinge. Wir bestehen sogar darauf, nicht einem Lager anzugehören und unsere eigene Urteilskraft dorthin auszulagern. Auch deshalb sind wir eine Provokation, weil wir nicht berechenbar sind, wenn wir uns sowohl gegen die Gaza-Protestcamps positionieren als auch für einen Staat Palästina aussprechen."
Und Cheema ergänzt:
"Das verwirrt viele. Weil die Leute häufig in Gruppen denken. Die Neigung, immer zu gucken, was die eigene Peergroup jetzt zu etwas sagt, meine Follower in den sozialen Medien oder die, denen ich folge. Ich halte das für falsch."
Vor dem Hintergrund des Hamas-Massakers vom 7. Oktober und im Blick auf die antijüdischen Auswüchse in der Fogle des Israel-Gaza-Krieges erinnert die katholische Theologin Melanie von Lutterotti an Leben und Werk von Aron Jean-Marie Kardinal Lustiger (1926–2007), der als Jude, Katholik, Theologe und Bischof stets auf die enge und unauflösliche Beziehung zwischen Kirche und dem Volk Israel hingewiesen hat. Überdies hat er einen wertvollen Beitrag zur israeltheologischen Perspektive in der Christologie geleistet. Lustiger zeigte auf, dass die Erkenntnis der Person Jesu Christi nur im Horizont der Geschichte des Volkes Israel möglich ist. Was dies in Anbetracht der gegenwärtigen Herausforderungen bedeutet, legt Lutterotti in ihrem Beitrag für die internationale katholische Zeitschrift COMMUNIO dar: "'Jesus ist Israel': Die israeltheologische Provokation bei Jean-Marie Lustiger".
Die Links zu den Themen in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
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Kürzlich lud die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST), die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) und die Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden zum sechsten Mal zu einer Konferenz ein, die speziell jüdische nicht-binäre Personen, Queers und Frauen im Alter von 18 bis 40 Jahren ansprach, die sich aktivistisch, pädagogisch, künstlerisch, akademisch oder persönlich mit jüdisch-feministischen Themen auseinandersetzen. In diesem Jahr lautet das Thema der Konferenz in Frankfurt »#metoo unless you’re a Jew?«. Sie widmet sich den Auswirkungen des 7. Oktober 2023 und der Folgezeit auf jüdische queere Personen und Frauen weltweit. Johanna Weiß war für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG dabei: "Resilienz finden".
Auch in der jüdische Gemeinde in Frankfurt wirft der bald anstehende erst Jahrestag des Hamas-Massakers am 7. Oktober seine Schatten voraus. Im Gespräch mit der FAZ geben Marc Grünbaum und Benjamin Graumann aus dem Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt Auskunft darüber, wie sich die jüdisch Gemeinde auf diesen Tag vorbereitet und sprechen über Enttäuschungen und Hoffnungen – und wie es sich anfühlt, für Israels Politik verantwortlich gemacht zu werden. Auf die Frage, was in den Tagen nach dem 7. Oktober 2023 am meisten entsetzt hat, antworten sie:
"Graumann: Das Schweigen. Das laute Schweigen. Das schmerzhafte Schweigen von ganz vielen in der Gesellschaft, die nicht reagiert haben. Die zu leise reagiert haben, die damals schon versucht haben, beide Seiten zu sehen. Das war lange bevor die israelische Armee überhaupt auf den Hamas-Anschlag reagiert hat. Auch das Schweigen in den Schulen hat mich entsetzt.
Grünbaum: In den Universitäten, im Kulturbetrieb.
Graumann: Das ist etwas, das bis heute nachhallt. Viele sagen, dass wir nach dem 7. Oktober gesehen haben, wer unsere Freunde sind und wer nicht. Dass zu dem schlimmsten Pogrom an Juden nach dem Holocaust geschwiegen wird, hat wehgetan."
Aus der modernen Musikgeschichte ist er nicht wegzudenken: Arnold Schönberg, der am morgigen 13. September 150 Jahre alt wird. Mit seiner Zwölftontechnik hat er die Musik des 20. Jahrhunderts geprägt wie kein Zweiter. Daneben war Schönberg aber auch ein charismatischer Lehrer, kurioser Erfinder, leidenschaftlicher Tennisspieler – und schrecklich abergläubisch. Aufgewachsen im jüdischen Wien, im traditionell orthodoxen 2. Gemeindebezirk, der Leopoldstadt, schuf er erst spät, nach den Schrecken des Holocaust, den er im amerikanischen Exil überlebte, zu spirituell-religiösen Kompositionen. So etwa in eine seiner bekanntesten Kompositionen vom Überlebenden von Warschau, in der er seine deutsche, jüdische und englische Identität in drei Sprachen thematisierte. Außerdem schuf er mit der Jakobsleiter und der Oper Moses und Aaron zwei unvollendete musikalische Meisterwerke im religiösen Diskurs. Die österreichische Post ehrt ihn mit einer Sonderbriefmarke - und in den Online-Medien sind einige Würdigungen zu lesen, die sein Leben, Werk und seine Wirkung darstellen: "Von Zwölftonmusik bis Kol Nidrei".
In Berlin erinnert eine Open-Air-Ausstellung elf Tage lang an das Theater des Jüdischen Kulturbundes, das vertriebenen Juden einige Jahre lang Zuflucht bot. Olga Ellinghaus rekonstruiert für die BERLINER ZEITUNG die Geschichte des Theaters:
"Jüdische Kulturschaffende, die nach dem Berufsverbot 1933 von den staatlichen Bühnen entlassen wurden, konnten in dem Verein wieder arbeiten. 'Viele der Menschen jüdischen Glaubens, die vor dem Nationalsozialismus fliehen konnten, sind berühmte Leute geworden. Aber was ist mit den Namenlosen? Den Bühnenarbeitern, dem Beleuchter, der Garderobenfrau? Für sie ist diese Ausstellung', erklärt (Ausstellungsinitiator Klaus) Wichmann. Als die Gestapo 1941 die Schließung veranlasste, wurden die meisten von ihnen direkt, oder über Umwege, nach Auschwitz deportiert."
Dass es heute in Deutschland wieder eine jüdische Literatur gibt, ist keine Selbstverständlichkeit. Auch wenn vieles die hier versammelten Schriftstellerinnen und Schriftsteller trennt, vereint sie jüdische Sozialisierung, geistige Tradition und ein fragiles Verhältnis zur deutschen Mehrheitsgesellschaft. Am 7. Oktober ist das allen wieder aufs Deutlichste bewusst geworden. In diesem Kontext ist die Idee zu Wir schon wieder entstanden. Dana von Suffrin konnte eine Vielzahl prominenter Beiträgerinnen und Beiträger gewinnen, und so versammeln sich trotz aller Differenzen – politisch, persönlich, künstlerisch – in diesem Band 16 Schriftstellerinnen und Schriftsteller, um in Prosastücken, Erzählungen oder Essays über das zu schreiben, was sie gerade bewegt. Nora Zukker hat den Band für den schweizer TAGES-ANZEIGER gelesen: "Die Juden schon wieder! Zum Glück"
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
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Sanija Ameti, Co-Präsidentin der politischen Bewegung „Operation Libero“ und grünliberale Politikerin, hat mit einem Instagram-Post, der sie beim Schießen auf eine Zielscheibe mit Darstellungen von Jesus und Maria zeigt, für heftige Kontroversen gesorgt. Das Bild, das aus einem Kunstkatalog stammt, zeigt Einschusslöcher in einer Darstellung der Muttergottes und des Jesuskindes. So hat etwa die schweizer Bischofskonferenz scharf protestiert. Zwar hat sich Ameti mittlerweile enschuldigt, steht aber aufgrund anhaltender Drohungen weiter unter Polizeischutz. Aus Sicht des Wiener Dogmatikers Jan-Heiner Tück häufen sich derart antireligiöse Provokationen. "Es ist gewiss falsch, reflexhaft auf antichristliche Provokationen zu reagieren und so die affektive Polarisierung in der Gesellschaft zu steigern", schreibt Tückin einem Beitrag für COMMUNIO. Genauso falsch sei es jedoch, einen "Habitus des Wegsehens" zu kultivieren und "jede Verunglimpfung hinzunehmen". Es brauche eine Debatte darüber, wie mit religionsfeindlichen Provokationen in einer offenen Gesellschaft umgegangen werden könne.
Die Links dazu in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.
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Mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist auch für den Schriftsteller Dror Mishani, der durch Bestseller wie "Drei" international bekannt wurde, mit einem Schlag alles anders. Zwischen Luftalarm, Diskussionen mit den Teenagerkindern am Küchentisch, Freiwilligenarbeit auf Salatfeldern und dem Versuch, auch in Kriegszeiten Alltag zu leben und zu schreiben, hält Dror Mishani in seinem Tagebuch "Fenster ohne Aussicht" fest, wie der Gaza-Krieg die israelische Gesellschaft und seine Familie verändert. Sandro Serafin stellt das Buch für ISRAELNETZ näher vor: "Ein israelischer Schriftsteller verarbeitet den 7. Oktober".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.
Einen angenehmen Tag wünscht
Dr. Christoph Münz
redaktion@compass-infodienst.de
(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)
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