ACHTUNG:
Guten Tag!
Die emiratische und die israelische Unterschrift unter den Abraham-Abkommen im September 2020 markierten den Beginn einer schnell wachsenden Freundschaft, die sich auf wirtschaftlichem Gebiet niederschlug, aber auch im touristischen Bereich und im Blick auf eine in den Emiraten wachsende Zahl von Juden. Seit dem Gaza-Israel-Krieg gerät diese Entwicklung jedoch teilweise in eine Zerreißprobe, berichtet Carmen Shamsianpur für Israelnetz:
"Während die Beziehungen zwischen den Staaten durch den Krieg kaum ins Wanken gekommen sind, sieht es im privaten Sektor anders aus. Auch hier bestehen viele Verträge weiterhin, aber das Wachstum stagniert und es kommt kaum zu neuen Abschlüssen. Das Hauptproblem scheint zu sein, dass die Zusammenarbeit mit Israel zunehmend rufschädigend ist."
Auch das zuvor aufblühende jüdische Leben in den Emiraten sei weitgehend zum Stillstand gekommen, denn seit Beginn des Krieges seien viele Isralis in ihre Heimat zurückgekehrt. Und dies obwohl die Emirate eine Sicherheit auf hohem Niveau gewährleisten. Und:
"Es gab dort keine Angriffe auf Synagogen, nicht einmal anti-israelische Schmierereien. Trotz aller Schwierigkeiten: Die Fundamente der emiratisch-israelischen Freundschaft sind gelegt und intakt."
Der Link zum Essay in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
Jonas Roth schildert in der NEUEN ZÜRCHER ZETUNG die bisherigen Bemühungen, die Verantwortung für das kolossale Versagen von Regierung und Militär am 7. Oktober 2023 aufzuklären. Sowohl die von Geiselangehörigen im Juli gegründete unabhängige, zivile Untersuchungskommission noch die Bemühungen Matanyahu Englmans, dem es in seiner Rolle als sogenannter Staatsprüfer obliegt, die Wirtschaftlichkeit, die Rechtmässigkeit und das ethische Verhalten des öffentlichen Sektors zu kontrollieren. Roth schildert die Gründe für das bisherige Versagen, eine Aufklärung der Ereignisse zu leisten, die nicht unwesentlich in der Unwilligkeit von Netanyahu und seiner Regierung zu finden sind. Nun jedoch scheint der Druck auf den Ministerpräsidenten zu steigen:
"Laut einem Bericht des israelischen Fernsehsenders Channel 12 hat auch die Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara den Regierungschef kürzlich dazu gedrängt, eine staatliche Untersuchungskommission einzusetzen, die sowohl die Versäumnisse des 7. Oktobers wie auch den Krieg im Gazastreifen aufarbeiten solle. Nur so liesse sich verhindern, dass der Internationale Strafgerichtshof (ICC) Haftbefehle gegen Netanyahu und Verteidigungsminister Gallant ausspreche."
Der 7. Oktober 2023 – ein Schreckenstag, dessen Ausmaß noch immer nicht abzusehen ist. In wenigen Tagen erscheint Marko Martins neues Buch "Und es geschieht jetzt", für das der Schriftsteller und Journalist mit Jüdinnen und Juden über ihr Leben nach dem 7. Oktober gesprochen hat. Auf der einen Seite die sich polarisierende Öffentlichkeit, die Relativerungen und Rechtfertigungen. Auf der anderen die Jüdinnen und Juden in Deutschland und Israel, in deren täglichen Leben nichts ist wie zuvor. Die furchtbaren Bilder, der Verlust von Freunden und Verwandten, die Angst auf der Straße hier in Deutschland, und immer wieder Frage: Was können wir tun – Jetzt? Die WELT bringt einen Vorabdruck auf dem Buch mit einem Gespräch, das Martin mit der jüdischen Israelin "Dana", einer Freundin Martins, geführt hat. Sie ruft die Israelis auf, gegen diese "entsetzliche Regierung" zu demonstrieren:
"Im Augenblick der schlimmsten Krise seit der Staatsgründung 1948 gehen erneut Millionen und Abermillionen an die Ultrareligiösen, ihre Schulen etc. Nur, damit sie in der Regierung bleiben und Netanjahu weiter vor den Korruptionsermittlungen schützen. ... Dazu Waffen für die Westbank-Siedler, mit denen Palästinenser traktiert werden, um die Situation weiter anzuheizen."
Ebenso scharf verurteilt sie die Linken, die nach dem 7. Oktober schwiegen, um dann umso lauter zu brüllen:
"um Israel - oder sagen wir ruhig: die Juden - zu 'einer der beiden Seiten' zu erklären. Als wäre Besatzung im Westjordanland das Gleiche wie ein Massenmord aus dem nicht besetzten Gazastreifen heraus. Mehr noch: Jetzt sind es angeblich wir, die einen Genozid begehen, klassische Täter-Opfer-Umkehr."
Und untermauert werde dieses Argumentationsmuster all zu oft mit dem neuen "Zauberwort" Kontext:
"Wenn jedoch die Besatzung im Westjordanland, die ich heute so sehr ablehne wie eh und je, der Kontext sein soll – weshalb dann nicht die Ankündigung der Juden-Vernichtung in der offiziellen Hamas-Charta? Weshalb ist kein Kontext, dass der von den Nazis in den Nahen Osten importierte moderne Antisemitismus sich mit dem alten mischte und bis heute überlebt hat? Und die toxische Frauenverachtung dieser Typen, die mit den abgeschnittenen Brüsten der zuvor zu Tode vergewaltigten Frauen Ball spielten? Das alles also ist kein Kontext? Dann lasst uns auch ehrlich sein. Und all diesen kalten Leugnern und Relativierern ein Fuck off.“
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.
Deutsche Medien haben die Regierungen von Israel und Ägypten in einem Offenen Brief dazu aufgefordert, Journalistinnen und Journalisten ungehinderten Zugang zum Gazastreifen zu gewähren. "Der fast absolute Ausschluss internationaler Medien bei einer Krise dieser enormen weltweiten Tragweite ist in der jüngeren Geschichte beispiellos", heißt es in dem Aufruf, den unter anderem die Chefredaktionen von "Zeit", "Spiegel", "Stern, "Bild", Welt", "Süddeutscher Zeitung", "taz" sowie die Chefredakteure und Intendanten und Geschäftsführer von ARD, ZDF, RTL, NTV, Arte und der Deutsche Welle sowie die Nachrichtenagentur dpa unterschrieben haben: „Gewähren Sie uns Zugang zu Gaza“
Zuletzt Ende Juli hat Bundeskanzler Scholz Israel öffentlich zugesagt, weiterhin militärische Hilfe zu leisten. Dem steht freilich die Tatsache entgegen, dass seit März keine der nötigen Genehmigungen zur Lieferung von Waffen und militärischem Material an Israel erteilt wurden. Zuständig für dieses Genehmigungen ist der Bundessicherheitsrat – ein Gremium, dem mehrere Minister angehören, das geheim tagt und dem Scholz höchstselbst vorsitzt. Dieses allen öffentlichen Solidaritätsbekundungen widersprüchliche politische Agieren haben Anna Thalhammer und Uri Blau für das österreichische Nachrichtenmagazin PROFIL recht detailliert analysiert. Sie berichten auch von dem zunehmenden Unmut auf Seiten der Waffenproduzenten, die mit ihren Bestellungen in der Luft hängen:
"Aber in der Rüstungsindustrie rumort es, denn mit Anfang 2024 war trotz politischer Beteuerungen plötzlich alles anders: profil und das israelische Investigativmedium „Shomrim“ konnten mit mehreren Vertretern der Waffenindustrie sprechen, die nicht namentlich genannt werden wollen – das Bild, das sie zeichnen: Die Bücher für Bestellungen aus Israel sind voll, aber es scheitert derzeit an den nötigen Exportgenehmigungen für Waffenexporte und Rüstungsgüter. Oft gebe es gar keine Genehmigungen mehr – anderes warte ewig darauf."
Thalhammer und Blau schlussfolgern:
"Deutschland trifft also viele Einzelentscheidungen, die in der Summe ein Bild ergeben: Man distanziert sich militärisch von Israel."
Auch im US-Wahlkampf zieht sich der Krieg in Israel und im Gazastreifen als Konfliktlinie durch. Die zwei Kontrahenten Trump und Harris positionieren sich dabei allerdings sehr unterschiedlich. Während Harris versucht, eine recht differenzierte Haltung einzunehmen, will Trump mit immer heftigeren Attacken gegen Demokraten, die eben genau solche differenzierte Ansichten zu Israel haben, polarisieren, wie Steffi Hentschke in einem interessanten Beitrag für die ZEIT schildert und im Folgenden analysiert, warum Trumps Israel-Rhetorik so gefährlich ist. "Können Sie das glauben? Er ist ein stolzes Mitglied der Hamas geworden", sagte Trump etwa über Chuck Schumer, den ranghöchsten jüdischen Demokraten im US-Senat. Schumer hatte sich im März öffentlich für die Abwahl von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ausgesprochen. Im Juli sagte Trump in einem Radiointerview, dass sich Juden, die für die Demokraten stimmen, "am Kopf untersuchen" lassen sollten. Dazu zitiert Hentschke den Kommentar der Geschäftsführerin des überparteilichen Jewish Council for Public Affairs, Amy Spitalnick:
"Das ist zutiefst gefährlich, zutiefst beunruhigend, und es ist Teil dieser allgemeinen Normalisierung des Antisemitismus ... Trump glaubt, dass er ein Anrecht auf die jüdische Wählerschaft hat, ein Anrecht auf die Unterstützung von Juden, und wenn sie ihm diese nicht geben, verfällt er sofort auf diese Idee des untreuen oder schlechten Juden."
Ähnlich auch der jüdisch-amerikanische Historiker Adam Jortner, der eine Radikalisierung Trumps im Umgang mit Israel feststellt:
"Trumps Rhetorik ist ein Versuch, Evangelikale an seine starke Unterstützung für Israel zu erinnern, indem er die Schuld an der dortigen Krise auf die 'bösen Juden' schiebt. ... Mit anderen Worten: Trump sagt den Evangelikalen, dass man den Juden selbst die Sicherheit Israels nicht anvertrauen kann."
Kürzlich setzte die neue britische Labour-Regierung Waffenexporte nach Israel aus. Auch wenn der Anteil britischer Waffen in Israel nicht einmal ein Prozent ausmacht, war es ein in Israel viel beachteter Schritt mit symbolischer Bedeutung - und wirft ein Schlaglicht auf das bis heute heikle Verhältnis der beiden Länder. Anlass für den in Israel lebenden Schriftsteller mit deutschen Wurzeln, Chaim Noll, in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG die lange und belastende Geschichte zwischen Grossbritannien und Israel zu rekapitulieren, deren Grundtenor Noll so zusammenfasst:
"Trotz dem früh gegebenen Versprechen der Balfour-Deklaration suchten die Briten als Siegermacht im Nahen Osten die Gründung Israels lange zu verhindern."
Die Links zu den Themen in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.
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Denken wir an den Beginn des Zweiten Weltkriegs, kommt uns zumeist die Erinnerung daran, wie die Wehrmacht am 1. September 1939 Schlagbäume an der polnischen Grenze durchbricht oder wie das Schlachtschiff „Schleswig-Holstein“ in Danzig auf die Westerplatte schießt. In Osteuropa, namentlich in der Westukraine, erinnert man sich auch an eine andere Geschichte. Nämlich an die Besetzung durch die Sowjetunion ab dem 17. September und an den Terror, der dann folgte. Das ist nun fast auf den Tag genau 85 Jahre her. In der TAZ schildert Marco Zschieck, wie in der Westukraine, die damals zu Polen gehörte, an den Hitler-Stalin-Pakt erinnert wird, mit dem für diese Gebiete der Zweite Weltkrieg anfing, eben mit dem 17. September 1939, als der russische Einmarsch auch in Städten wie Lwiw begann. In der Folge wurden systematisch die Eliten ermordet:
"Wer noch am Leben war, wurde nach Sibirien deportiert. Insgesamt rund 1,1 Millionen Menschen aus den vormals polnischen Gebieten. Aber es gibt auch höhere Schätzungen. Bis Mitte 1941 Nazideutschland den Pakt mit Stalin brach, gab es vier Verhaftungswellen. Die letzte kurz vor dem Angriff der Wehrmacht. Als sich die deutschen Truppen der Stadt näherten, hatte der NKWD keine Zeit mehr für einen Abtransport der Gefangenen. Alle 1.681 Menschen wurden Ende Juni 1941 erschossen. Das ganze war kein Einzelfall. In der Region gab es 16 Massenerschießungen."
Am Donnerstag empfing Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) die 102-jährige Mélanie Berger-Volle, eine bedeutende Figur des antifaschistischen Widerstands, im Wiener Rathaus und verlieh ihr die Goldene Ehrenmedaille der Stadt Wien. Berger, die 1921 geboren wurde, wuchs in einer jüdischen Familie in der Leopoldstadt auf. Bereits als Teenager engagierte sie sich wehrhaft gegen den Faschismus. Mit gerade einmal sechzehn Jahren und 70 Schilling im Rucksack machte sie sich auf die Flucht - nach Frankreich und in den Widerstand. Am 8. Oktober feiert Melanie Berger-Volle ihren 103. Geburtstag. Die österreichischen Medien würdigen ihre Lebensgeschichte und im STANDARD erfährt man anhand einer neuen Veröffentlichung über Berger-Volle: "Wie Melanie Berger Widerstand gegen die Nazis leistete – und ihnen rechtzeitig entwischte".
Am heutigen Mittwoch wird im Haus der Geschichte in Bonn eine neue Ausstellung mit mehr als 500 Objekten eröffnet: "Nach Hitler" - und wie es präziser dann im Untertitel heißt: „Die deutsche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus“. Es geht also um die Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit seit 1945 – allerdings nicht aus der Warte der großen Politik, sondern aus Sicht der Generationen. „Wir glauben, dass das Thema sehr relevant ist – dass es leider in der letzten Zeit noch mehr Relevanz erhalten hat durch den Aufstieg rechtsextremer, rechtspopulistischer Parteien“, sagt Museumschef Harald Biermann. Christoph Driessen hat sich die Ausstellung für MIGAZIN bereits angesehen und meint: "Die Exponate überraschen - und schockieren."
Lee Miller wurde in den 1920er-Jahren als Model berühmt, im zweiten Weltkrieg arbeitete sie als Kriegsreporterin an der Front. Das nun in unseren Kinos zu sehende Biopic "Die Fotografin" mit Kate Winslet in der Hauptrolle ist ein Porträt über eine eindrucksvolle Frau, die als einzige Fotografin an der Front von Saint-Malo den ersten Einsatz von Napalm in der Geschichte dokumentierte, die die Befreiung von Paris festhielt und Fotos in den Konzentrationslagern Buchenwald und Dachau machte. Im Mittelpunkt des Films stehen die Jahre des Zweiten Weltkriegs, in denen Miller als Kriegsfotografin arbeitete: "Lee-Miller-Biopic: Die Frau in Hitlers Badewanne."
František R. Kraus (1903–1967) war Schriftsteller, Journalist und Redakteur. Er gehörte dem sog. Prager Kreis an, schrieb u. a. für das berühmte Prager Tagblatt, die Prager Presse und Bohemia. Er war mit Franz Kafka, Jaroslav Hašek, Jan Masaryk und E. E. Kisch bekannt und arbeitete u.a. für den tschechoslowakischen Rundfunk. Ab 1933 wandte er sich in Rundfunkreportagen gegen das NS-Regime, das im tschechischen Sudentenland viele Anhänger fand. Nach der Besetzung Böhmens und Mährens wurde Kraus im November 1941 mit dem allerersten Transport von Juden nach Theresienstadt deportiert und von dort am 1. Oktober 1944 nach Auschwitz. Nach der Liquidierung der Lager gelang ihm auf einem Todesmarsch die Flucht. Noch 1945 schrieb er seine bewegenden Erinnerungen nieder, die unter dem Titel "Gas, Gas, … und dann Feuer" erst jetzt bei einem deutschen Verlag erschienen sind. Aus diesem Anlass sprach die JUNGLE WORLD mit Tomáš Kraus, dem Sohn des Schriftstellers und Auschwitz-Überlebenden. Einer der Gründe für die bisherige Nichtbeachtung dieses autobiographischen Überlebendenberichts hat auch mit der politischen Entwicklung der Tschechoslowakei zu tun, wie Tomáš Kraus in dem Interview erläutert:
"Bis 1948 konnte das Buch in der Tschechoslowakei erscheinen, es gab sogar drei Auflagen. Nachdem die Kommunisten an die Macht gekommen sind, war das nicht mehr möglich. Wenn in dieser Zeit über den Zweiten Weltkrieg gesprochen wurde, musste es immer um den kommunistischen Widerstand gehen. Das war aber nicht das Thema von 'Gas, Gas, … und dann Feuer'. ... In den sechziger Jahren wurde ihm dann gesagt: 'Das ist doch jetzt schon 20 Jahre her. Was interessiert uns die Vergangenheit? Wir bauen den Sozialismus auf!' Unter diesen Umständen wäre es ein großes Risiko gewesen, Kontakt zu einem westdeutschen Verlag aufzunehmen."
Die Links zu den Themen in der Rubrik VERGANGENHEIT...
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"Es wurde ein musikalisches und wortgewaltiges Fest gegen das Schweigen, das nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel in ganz Deutschland auffällig laut wirkte." Mit diesen Worten beginnt Anne Klees ihren Bericht in der WELT über das vor zweit Tagen in der Elbphilharmonie stattgefundene Solidaritätskonzert gegen Antisemitismus. Unter den Auftretenden waren die Jazz-Sängerin Efrat Alony, Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow, Liedermacher Wolf Biermann und die Hip-Hopper der Antilopen Gang. Redebeiträge kamen u.a. von „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und Michel Friedmann. Initiator des Konzerts war der Pianist Igor Levit, der sowohl als Solist als auch als Liedbegleiter und Kammermusiker auftrat. Zudem fungierte er als Redner und Gastgeber des Abends. Das Konzert wurde aufgezeichnet und ist auf frei verfügbar: „Unsere heile Welt wird von allen Seiten bedroht“
Eine knappe Stunde lang hatte der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck am Montagnachmittag in der Bibliothek der Technischen Universität (TU) und der Universität der Künste in Berlin eine juristische Frage erörtert: Sollen in Berlin an nichtchristlichen Feiertagen, etwa jüdischen, die Anhänger der jeweiligen Religionen die Möglichkeit zur Freistellung am Arbeitsplatz oder in Schulen beziehungsweise Hochschulen erhalten? Doch dieses nicht-öffentliche und auch für Journalisten nicht zugängliche Fachgespräch musste draußen von der Polizei geschützt werden: etwa 170 Demonstranten hatten sich vor der TU eingefunden. Viele trugen Kufiyas, einige schwenkten Palästina-Fahnen, im Hintergrund waren vereinzelte „Stop the genocide“-Plakate zu sehen. Auf Transparenten wurde Israel vorgeworfen, für „Völkermord“ verantwortlich zu sein, und Deutschland wurde als rassistischer Staat bezeichnet. Die Demonstranten skandierten „Shame on you“ und „Free, free Palestine“. Die Polizei war mit etwa 60 Einsatzkräften vor Ort. Erst am Donnerstagabend war Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) bei einer Veranstaltung von aggressiven Demonstranten mit sogenannten Palästinensertüchern bedrängt und beleidigt worden. Er musste das Gelände unter Polizeischutz verlassen: "Wenn radikale Palästina-Unterstützer einen Grünen beschimpfen."
Luai Ahmed ist ein aus dem Jemen stammender schwedischer Aktivist, Buchautor und Journalist. Er ist ein vehementer Kritiker eines radikalen Islam und autoritärer Regime im Nahen und Mittleren Osten. Auf seinen Social-Media-Plattformen kämpft er gegen islamischen Extremismus, Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Sexismus. Freilich:
"Das war nicht immer so. Früher habe ich Juden gehasst. Ich glaubte nicht, dass es den Holocaust gegeben hat. Ich glaubte an die Auslöschung Israels. Ich war homophob, obwohl ich selbst schwul war und es geheim hielt. Und ich war überzeugt, dass alle Welt den Islam und die Muslime hasst und ich als Muslim dafür sorgen soll, dass die Welt komplett muslimisch wird."
In einem bemerkenswerten Beitrag, der in der ZEIT zu lesen ist, schildert Ahmed auf beeindruckende Weise die Geschichte seiner Radikalisierung - und Entradikalisierung, die sich in Schweden über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren hinziehte. Gegen Ende seines Beitrags heißt es u.a.:
"Heute arbeite ich mit Arabern und Juden zusammen. Mit gut durchdachten Inhalten wollen wir den Extremismus bekämpfen, den wir im Netz erleben. Wir setzen unsere Geschichten der Propaganda des islamischen Regimes entgegen, das den Iran okkupiert, gegen Hamas, Huthis, Hisbollah und andere Terrororganisationen im Nahen Osten, die es darauf abgesehen haben, Israel zu vernichten und den Westen zu destabilisieren. Denn eines der obersten Ziele dieser Terrororganisationen ist es, die Wahrheit zu verdrehen und den freien Westen zu entmenschlichen."
Die Links zu den Themen in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
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Religiöse Traditionen schwinden allerorten. Vor diesem Hintergrund wird die die Frage, wie Traditionen von Generation zu Generation weitergegeben werden, in der Begabtenförderung besonders relevant. Das trifft auch die Kirchen und Religionsgemeinschaften mt ihren Förderungswerken, in denen künftige Eliten herangebildet werden sollen. Wie wird die Weitergabe der Tradition dort praktiziert und rezipiert? Und welche Rolle spielt die Kenntnis der Tradition für die Lehrer und Absolventen religiöser Bildungseinrichtungen? Um die Traditionspflege in der religiösen und konfessionellen Begabtenförderung ging es Anfang September bei einem Diskussionsabend der Katholischen Akademie Berlin, die Oliver Gierens für die TAGESPOST verfolgt hat: "Auf der Suche nach Traditionen".
Auch die christliche Theologie ist durchzogen von Antisemitismus, was der christlich-jüdische Dialog seit Jahrzehnten aufzuarbeiten versucht. Um dies zu unterstützen und zu verstärken, will die Evangelische Akademie zu Berlin in einer Podcastreihe mit dem Titel "Bildstörungen" die alte christliche Judenfeindschaft benennen und unschädlich machen, schildert Mechthild Klein in einem längeren Beitrag für EVANGLISCH.de. Sie hat ausführlich mit der evangelischen Theologin Karoline Ritter von der Universität Greifswald gesprochen, die es immer wieder verstörend findet, "welche brutalen Bilder das Christentum gefunden hat, um die jüdische Tradition, von der das Christentum eigentlich zehrt, zu negieren und abzuschlagen". Und Ritter führt dazu eine Reihe von Beispielen an. Dem allen will sie mit dem Projekt "Bildstörungen" entgegenwirken. Dieses Engagement führt auch in die unmittelbare Gegenwart, denn:
"Dazu braucht es aber die Auseinandersetzung und die komme leider nie an ein Ende. Im Israel-Gaza-Konflikt wird derzeit ein Bild tradiert, dass Israel als Kindermörder rahmt. Im Bild des Jesuskindes im Palästinensertuch, das in Gaza ermordet wird. So gibt es immer wieder neuen antijudaistischen Stoff. Die Theologinnen zeigen wie solche Bilder funktionieren."
Die Grabeskirche in Jerusalem befindet sich nach christlicher Überlieferung an jener Stelle, wo Jesus gekreuzigt, begraben und auch wiederauferstanden ist, weshalb sie auf Arabisch "die Kirche der Auferstehung" (Kanisatu al-Qiyamah) heißt. In Jerusalem ist sie das wohl wichtigste Heiligtum im Christentum und wird von den unterschiedlichsten christlichen Konfessionen gemeinsam benutzt. Doch der Schlüssel für das Tor der Kirche befindet sich im Besitz zweier muslimischer Familien. Warum das so ist, erläutert Elias Feroz in einem Beitrag für EVANGELISCH.de: "Warum Muslime den Torschlüssel hüten".
Die Links zu den Themen in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
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In Berlin ist der diesjährige Ehrenamtspreis für jüdisches Leben in Deutschland vergeben worden. Ausgezeichnet wurden das „EDA-Magazin“, in dem sich die Vertretung jüdischer Studierender zu aktuellen Ereignissen äußert, und der Verein „BeReshit“ aus Sachsen-Anhalt, in dem sich seit 20 Jahren jüdische Frauen ehrenamtlich engagieren. Für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG hat Katrin Richter die Preisverleihung verfolgt. Und in der TAZ spricht der Chefredaktuer von "EDA" über das Magazin, die Arbeit und was sich nach dem 7. Oktober geändert hat: „Wir schreiben unser Narrativ“
Die Universität Potsdam und die vom Zentralrat der Juden neu gegründete Nathan-Peter-Levinson-Stiftung haben eine Kooperation zur Ausbildung liberaler und konservativer Rabbinerinnen und Rabbiner vereinbart. Damit, so heißt es in einer Pressemitteilung, solle die Ausbildung jüdischer Geistlicher auf ein neues Fundament gestellt werden. Die Stiftung wird in Forschung und Lehre eng mit der School of Jewish Theology und den Jüdischen Studien der Universität Potsdam zusammenarbeiten. Imanuel Marcus berichtet für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG von der Vertragsunterzeichnung und erläutert weitere Hintergründe: »Herausragender Moment für das jüdische Leben in Deutschland«
Das jüdische Dilemma zwischen Anpassung und Autonomie, zwischen religiöser und säkularer Identität konnte seit der Aufklärung nicht aufgelöst werden. Ein Dilemma, das Juden in der Diaspora ebenso wie den Staat Israel betrifft. Letztlich ein Widerspruch, der nie verschwinden wird. So der in Mannheim geborene, in Israel lebende emeritierter Professor für Soziologie Natan Sznaider in seinem jüngsten Buch: "Die jüdische Wunde: Leben zwischen Anpassung und Autonomie". Till Schmidt stellt das Buch für die TAZ näher vor: "Eine Wunde, die nicht heilt".
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
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Die jüngsten Äußerungen von Papst Franziskus zu den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen am 5. November spiegeln die Spaltung innerhalb der katholischen US-Kirche wider. Und tragen offenbar wenig dazu bei, diese zu überbrücken, wie Bernd Tenhage in einem Hintergrundbericht für KATHPRESS erläutert: "Papst macht es Katholiken in den USA nicht leichter".
Die Links dazu in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.
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Mit dem dem souveränen Wissen des Historikers und dem scharfen Auge des Romanciers, der das tief Menschliche begreift, schildert Jeremy Eichler in seinem Buch "Das Echo der Zeit: Die Musik und das Leben im Zeitalter der Weltkriege", wie Richard Strauss, Arnold Schönberg, Dmitri Schostakowitsch und Benjamin Britten die Weltkriege und den Holocaust durchlebten. Die vier Komponisten verwandelten ihre Erfahrungen in zutiefst bewegende Musikwerke. Anhand vieler Zeugnisse von Schriftstellern, Philosophen, Musikern und einfachen Bürgern zeigt der Autor, wie sich das Wesen eines ganzen Zeitalters in diese Klänge und Geschichten eingeschrieben hat. Andreas Meyer hat das Buch für die FAZ gelesen: "Der Moment, als sie zu singen begannen."
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.
Einen angenehmen Tag wünscht
Dr. Christoph Münz
redaktion@compass-infodienst.de
(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)
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