Deutsche Bibliothek
ISSN 1612-7331
04.12.2024 - Nr. 2089
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ACHTUNG:

Am Donnerstag, 12. Dezember 2024, verabschiedet sich Compass mit einer Doppelausgabe von ONLINE-EXTRA in die Winterpause. In ONLINE-EXTRA Nr. 358 schreibt der evangelische Theologe Ulrich Becke über »Vorweihnachten. Ausgabe 1943« - und ONLINE-EXTRA Nr. 359 enthält ein Gespräch mit Karl-Josef Kuschel über Stefan Zweig: «Unser Geist ist Weltgeist».


Guten Tag!

Nr. 2089 - 04. Dezember 2024



Nadav Eshcar ist israelischer Diplomat und leitet das Büro für Strategische Angelegenheiten im Außenministerium. Im Interview mit der TAZ warnt er davor, dass das iranische Regime in kurzer Zeit Atombomben entwickeln könnte, wenn es will - das Material dazu sei da. Er hofft auf eine friedliche Lösung, betont aber, dass Israel eine Fertigstellung der Bombe in jedem Fall verhindern wird:
"Das Hauptproblem für eine diplomatische Lösung ist die Entschlossenheit des Iran, seine nuklear-militärischen Fantasien weiter in die Tat umzusetzen. Man muss sie so stark unter Druck setzen, dass sie verstehen, dass es für sie das Beste ist, ihren Plan aufzugeben. Wir erklären der internationalen Gemeinschaft immer wieder, dass der Iran eine Bedrohung für die globale Sicherheit ist und dieses Problem gelöst werden muss. Wenn das nicht gelingt, kann das die ganze internationale Gemeinschaft auf schreckliche Weise verändern."

Als junger Mann war er Islamist - heute glaubt er an eine Aussöhnung in Nahost: Ahmad Mansour, Palästinenser und israelischer Araber. Sich vom Islamismus zu lösen, bekennt er in einem Essay für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG, habe lange gedauert, aber heute verstehe er,
"dass islamistischer Hass nicht 'revolutionär' ist, dass Befreiung nicht Terror, sondern Demokratisierung bedeutet. Wenn es heißt: 'Befreit Gaza!', ergänze ich: 'Von der Hamas!' Und staune über die Leute, die mitten in der liberalen Demokratie an mörderische Terrorgruppen glauben wollen."
Zum Frieden trage das nicht bei, eher im Gegenteil, denn diese Pro-Palästina-Bewegungen im Westen "verhindern das Umdenken, das mein Volk dringend braucht. Sie nähren Narrative, die uns in der Opferrolle festhalten, anstatt Verantwortung zu übernehmen und nach Lösungen zu suchen, die wirklich etwas verändern."

In der WELT kritisiert Frederik Schindler feministische Organisationen, denen es ihnen auch nach nunmehr 419 Tagen nach dem 7. Oktober schwerfalle, die geschlechtsspezifische Gewalt der Hamas am 7. Oktober anzuprangern:
"Wie man sich Frauenrechte auf die Fahne schreiben und gleichzeitig ein Massaker einer frauenverachtenden Mörder-, Vergewaltiger- und Terrorbande ignorieren kann; (...) kann ich mir zwar theoretisch herleiten. Ich kann es mit Antisemitismus erklären, dem andauernden Verrat identitätspolitischer und queer-aktivistischer Gendertheoretikerinnen an Jüdinnen, die diese als privilegierte und rassistische Weiße imaginieren sowie Palästinenser grundsätzlich als unterdrückte 'Andere' behaupten; mit israelfeindlichen Vordenkern des Postkolonialismus und dem Unvermögen vieler Vertreter dieser Theoriegebäude, Hass auf Frauen unter Muslimen zu kritisieren. Tatsächlich verstehen kann ich es nicht."

Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.


"Theoretisch" steht Israels Premier Netanyahu unter Druck: Gegen ihn läuft ein Prozess wegen Korruption und Amtsmissbrauch. Zudem ermittelt der Inlandsgeheimdienst wegen Geheimnisverrats. Und nicht zu vergessen, das Versagen von Israels Sicherheitsdiensten am 7. Oktober 2023, das noch nicht wirklich aufgeklärt ist. Aus all diesen Gründen hätte nach dem 7. Oktober niemand mehr auch nur einen Schekel auf das politische Überleben Netanjahus gesetzt. Heute jedoch, mehr als ein Jahr, zwei Kriege und einem Haftbefehl vom Internationalen Gerichtshof später ficht dies Netanjahu alles nicht mehr an. Er "schafft es immer wieder, Niederlagen in Siege zu verwandeln", schreibt Philip Volkmann-Schluck in der WELT - und zitiert Nadav Shtrauchler, einen früheren Berater Netanjahus und politischen Analysten: „Der Premierminister ist in der besten Stimmung seit Beginn des Krieges." Volkmann-Schluck beschreibt in seinem Beitrag das erstaunliche Comeback Netanjahus: "Er wacht morgens mit einem Lächeln auf.“

In einem ebenso bewegenden wie nachdenklichen, teilweise sehr persönlichen Essay gibt der israelische Autor und Psychologe Michael Tobin in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG seiner Hoffnung Ausdruck, dass der 7. Oktober zu einem "Mittel für die nationale Erneuerung und den Beginn eines realistischen Prozesses in Richtung Frieden" sein könne: Der
"Schmerz hört nicht auf. Die Verluste dauern an. Die Geiseln führen ein unvorstellbares Dasein. Dennoch, zum ersten Mal, so weit ich und die meisten Israeli zurückdenken können, scheint ein Ende in Sicht zu sein, zumindest eines, von dem wir uns eine Vorstellung machen können. Der 7. Oktober hat uns aus unserer Selbstgefälligkeit gerissen. Der Mythos des andauernden Status quo löste sich in dem Moment auf, als Barbaren die Tore stürmten und wehrlose Israeli massakrierten. [...] Und doch befinden wir uns hier am 421. Tag des Krieges, und ein unvollkommener Sieg scheint in Sicht. Die Hamas als Kampfeinheit ist vernichtet. Sinwar, Deif, Nasrallah und so viele andere wurden ins Paradies befördert. Der Hizbullah wurde geschwächt, und Iran scheint deutlich weniger bedrohlich. Aber unser grösster Feind muss noch besiegt werden. Sein Name ist Hybris. Sie führte zu der beinah fatalen Katastrophe des Jom-Kippur-Krieges. Und, wie wir feststellen werden, sobald wir das institutionelle Versagen aufrollen, sie ermöglichte den 7. Oktober. Die Hybris ist der Wurm im morschen Holz der Selbstgefälligkeit."

Der Link zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Vergangene Woche hat der Internationale Strafgerichtshof (ISG) Haftbefehle gegen den Ministerpräsidenten und den Verteidigungsminister von Israel, Benjamin Netanjahu, erlassen. Seitdem streitet man hierzulande über die brisante Frage: "Müsste Deutschland Netanjahu festnehmen, wenn er deutsche Boden beträte?". Und grundsätzlich: ist der Haftbefehl nun ein juristisch sauberer Akt - oder ein politisch motivierter? Eric Frey weist im STANDARD darauf hin, dass Israel den ganzen Ärger leich selbst hätte verhindern können:
"Hätte das israelische Parlament oder die Justiz des Landes eine entsprechende Untersuchungskommission eingesetzt, dann wäre auch der IStGH zu einem anderen Schluss gekommen."
Philipp Peyman Engel nennt die ganze Debatte um das Vorgehen des ISG schlich ein "absurdes Schauspiel" und fragt kritisch zurück:
"Ist der Strafgerichtshof überhaupt zuständig? Waren die Ermittlungen von Chefankläger Karim Khan rechtens? Und nicht zuletzt: Hätte die Bundesregierung nicht erkennen müssen, dass es sich um ein politisch motiviertes Verfahren handelte und eben nicht um ein möglichst objektives, unbeeinflusstes Vorgehen?"
Und für völlig entlarvend hält er den Aspekt, dass das Gericht "den terroristischen Hamas-Führer Mohamed Deif und den Ministerpräsidenten eines demokratischen Rechtsstaates auf dieselbe Stufe" stelle.
Und im FAZ-Interview konstatiert der Politologe Herfried Münkler trocken:
"Es geht natürlich überhaupt nicht, dass ein israelischer Premierminister auf deutschem Boden verhaftet wird. Das ist derart ausgeschlossen, dass man hier wirklich keine Fingerübungen auf dem normativen Klavier machen muss."

Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

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Wladimir Putin hat kürzlich mit seiner Relativierung und Rechtfertigung des Paktes zwischen Stalin und Hitler international für Aufsehen gesorgt. Für die Staaten Ostmitteleuropas und insbesondere für Polen sind diese Äußerungen alarmierend, zumal es erschreckende Parallelen zwischen der Propaganda Stalins und Hitlers von 1939 und dem heutigen Russland gibt, wie der Historiker und Slavist Matthäus Wehowski in einem Beitrag für GESCHICHTE DER GEGENWART deutlich macht: "Propaganda mit dem Pakt. Zur Aktualität der Allianz zwischen Hitler und Stalin".

Auch der Soziologe Harald Welzer sieht bedrückende Parallelen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. In einem Beitrag für die TAZ sieht er mit Trumps Wiederwahl und dem Aufstieg des Populismus in Deutschland das Jahr 1933 unserer Zeit angebrochen: "1933 lässt grüßen". Vieles erinnert ihn dabei an die Machtergreifung der Nazis und warnt, erneut tatenlos zuzuschauen, wenn sich die Geschichte wiederholt. Im "mächtigsten Land der Erde passiert eine autoritäre Revolution. Und wenn Deutschland in dieser historischen Situation keine geschichtsbewusste, verantwortungsbereite Regierung bekommt, wird das im Selbstgespräch vertiefte, klamaukhafte und letztlich orientierungslose 'Politische Berlin' die Abschaffung der offenen Gesellschaft weiter befördern."

Vor 150 Jahren am 30. November 1874 wurde der britische Jahrhundert-Premier Winston Churchill geboren. Mit seiner Entschlossenheit trug er dazu bei, Nazi-Deutschland in die Knie zu zwingen. U.a. in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG würdigt Werner Vogt die
"beispiellose Geschichte eines Mannes, der über sich selbst hinauswuchs, der in der dunkelsten Stunde der Geschichte des 20. Jahrhunderts die Vision, nein, die absolute Überzeugung hatte, dass Hitler zu schlagen sei. ... [Die] Hauptprobe für Churchills Vision, dass Deutschland geschlagen werden könne, folgte schon im Sommer 1940 in der Luftschlacht um England, in der die Royal Air Force die massiv überlegene deutsche Luftwaffe zurückschlug. Churchills Durchhalteparolen, brillant formuliert in seinen Reden im Unterhaus und am Radio, gehören zum Besten, was die Redekunst je hervorgebracht hat. 'Lasst uns darum unsere Pflicht tun', sagte er am 18. Juni 1940 vor dem britischen Unterhaus, 'und lasst sie uns so tun, dass sogar nach tausend Jahren, wenn es dann noch ein britisches Reich und sein Commonwealth gibt, die Menschen sagen werden: 'Das war ihre beste Stunde.' Die von ihm evozierte 'finest hour', die Größe der Aufgabe, Hitler zu besiegen, das war Churchills eigene größte Stunde."

Dieser Tage sind zwei Projekte gestartet, die vor dem Hintergrund des Todes vieler Zeitzeugen die Erinnerung via Film und Künstlicher Intelligenz am Leben erhalten wollen. Zum einen ist da "ZEUGNISSE", ein Interview-Projekt des ZDF in Zusammenarbeit mit der Claims Conference. Die Filmbeiträge mit den Berichten von 15 Überlebenden des Holocaust sind nun über die ZDFmediathek der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Auch die Claims Conference wird die Interviews für mediale Bildungszwecke einsetzen. Und zum anderen, wie der MDR berichtet, hat das Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Shoa Foundation ein interaktives Interview-Format entwickelt, bei dem die Nutzer zwei Zeitzeugen ganz persönliche Fragen stellen können – über ihre Verfolgung durch die Nationalsozialisten oder ihr Leben im Exil. Die passenden Antworten filtert eine KI aus 900 Videotracks, die im Rahmen ausführlicher Interviews entstanden sind.

Ärzte nahmen im Dritten Reich eine Schlüsselfunktion ein. Im Namen der sogenannten Rassenhygiene waren sie mitverantwortlich dafür, Menschen in „wertes“ und „unwertes“ Leben einzuteilen – und damit in den sicheren Tod zu schicken. Für Zwangsterilisationen und Krankenmorde zeichneten sie sich ebenso verantwortlich wie für Humanexperimente in Konzentrationslagern. Zudem wurden jüdische Ärzte verdrängt, vertrieben oder zunächst zu „Krankenbehandlern“ degradiert, sodass sie ausschließlich jüdische Patienten versorgen durften. Im Jahr 2018 hatte die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) das Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin mit der Erforschung der KVD-Geschichte beauftragt. Den Wissenschaftlern stand dafür das umfangreiche Kölner Archiv der KBV zur Verfügung. Seit dem 29. November 2024 werden jetzt in Berlin erstmalig die Ergebnisse dieser Aurarbeitung in einer Wanderausstellung „Systemerkrankung. Arzt und Patient im Nationalsozialismus“ der Öffentlichkeit präsentiert. Gezeigt werden verschiedenste Fallgeschichten – von Ärzten als auch Patienten, von Tätern als auch Opfern, wie u.a. das ÄRZTEBLATT berichtet: "Die Rolle der Ärzteschaft im Nationalsozialismus".

Die Links zu den Themen in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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Die Organisation "Coordination Intercommunautaire contre l’Antisémitisme et la Diffamation" (CICAD) aus der französischsprachigen Schweiz schlägt Alarm: Antisemitismus breitet sich in der Schweiz zunehmend aus, begleitet von einem besorgniserregenden Schweigen. Die Organisation prangert an, dass antisemitische Übergriffe teils bewusst marginalisiert würden, um politische Demonstrationen – insbesondere zur Unterstützung der palästinensischen Sache – nicht zu gefährden. Dazu passt ein Bericht von Daniel Gerny in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG, demzufolge zwei Schweizer Juristinnen kritisieren, dass antisemitisch unterfütterte Slogans leichtfertig toleriert würden: allgemein werde die Opferperspektive insbesondere vor Gericht zwar grossgeschrieben – nicht aber bei Jüdinnen und Juden. Ebenfalls in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG ist ein Interview mit Erik Petry zu lesen, der aus Kassel stammt und seit 26 Jahren in Basel forscht, wo er sich in dieser Zeit einen Namen als Experte für Antisemitismus und jüdische Geschichte gemacht hat. Der Professor ist Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Judaistische Forschung und sitzt im Vorstand der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA). Im Interview berichtet er von beängstigenden Vorfällen in seinem Vorlesungsbetrieb an der Universität und spricht über die Boykott-Bewegung sowie die Gründe und Ähnlichkeiten von linkem und rechtem Antisemitsmus. Auf die Frage, ob sich der Antisemitismusvorwurf nicht abnutzt, wenn man ihn zu viel benutzt und ihn besser nur für wirklich gravierende antijüdische Vorfälle reserviert, antwortet er:
"Ich würde nicht in gravierende und weniger gravierende Vorfälle unterteilen. Der Idee «weniger gravierend» liegt die Vorstellung zugrunde, antisemitisch sei ein Vorfall nur, wenn er höchst gewalttätige Formen annehme, im Grunde sei nur Auschwitz Antisemitismus. Das ist falsch. Ein antisemitischer Vorfall ist ein antisemitischer Vorfall, es gibt kein «ein bisschen antisemitisch»."

Am vergangenen Wochenende fand in Frankfurt am Main die Tagung »Antisemitismuskritische Antisemitismusforschung nach dem 7. Oktober 2023« statt. Die Veranstaltung wurde vom Tikvah Institut in Kooperation mit Julia Bernstein von der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS) organisiert. Die als interdisziplinärer Dialog angelegte Tagung sollte vor allem den »Stand der Antisemitismusforschung nach dem 7. Oktober 2023 aus verschiedenen Perspektiven« beleuchten und neuere Studien zum Antisemitismus behandeln. Die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG hat nun zwei Beiträge der Tagung dokumentiert. Zum einen die Eröffnungsrede von Julia Bernstein (»Antisemitismus wiederholt sich nicht, Antisemitismus setzt sich fort«) und zum anderen den Vortrag von Günther Jikeli, Professor am Institut für Germanistik und Judaistik der Indiana University Bloomberg. Er stellte in seinem Beitrag die Ergebnisse einer Studie zu Syrern in Deutschland vor: "Antisemitismus und 'Palästinensismus' unter syrischen Geflüchteten".

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS Berlin) dokumentierte von Januar bis Juni 2024 insgesamt 1.383 antisemitische Vorfälle. In den ersten sechs Monaten hat die Meldestelle bereits mehr Vorfälle erfasst als jemals zuvor in einem gesamten Jahr seit Beginn der Dokumentation 2015. Der Antisemitismus erreicht damit in Berlin einen dramatischen Höchststand. Kevin Culina zitiert in der WELT Sigmount Königsberg, Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin:
"'Es gibt faktisch kein offenes jüdisches Leben ohne Polizeischutz', bedauert Königsberg. Man ziehe sich zurück. Neben jüdischen Gemeinden und Schulen brauchten zunehmend auch Amateursportler von TuS Makkabi oder ein Puppentheater jenen Schutz. 'Wir wollen offen und in Frieden jüdisches Leben in dieser Stadt haben. Ohne Angst, ohne Furcht.' Von Politik und Gesellschaft erwartet Königsberg ein Aufstehen: 'Diese Passivität, die ich hier antreffe, kann ich nur als Ermutigung für die Terrorunterstützung ansehen'."

Die Links zu den Themen in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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Die evangelikalen Gemeinden, vor allem in den USA, zählen nicht erst seit dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel zu den vehementesten Unterstützern Israels. Seit der Zeit von Theodor Herzl gibt es christliches Engagement für den Zionismus. Heute sind es vor allem fundamentalistische Christen, die sich aus unterschiedlichsten Motiven massiv für Israel einsetzen. Katherina Stourzh erläuter für das österreichisch-jüdische Magazin NU Entstehung und Hintergründe dieser engen Verbindung und auch, wie sie sich aktuell vor allem in den USA auf politischem Feld niederschlägt: "Christlicher Zionismus".

Stolze 75 Jahre alt ist sie geworden: Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Berlin wird 75 Jahre alt. Am vergangenen Sonntag sollte gefeiert werden. Als Festrednerin war Gesine Schwan eingeladen. Ihre Rede freilich verdarb so manchen Anwesenden die Feierlaune. »Wir bitten um Entschuldigung für diese unpassende Rede und distanzieren uns von ihr«, teilte die Gesellschaft schließlich am Dienstag in einer Stellungnahme mit. Schwan selber wehrt sich und verweist darauf, dass die Inhalte ihrer Rede mit dem Veranstalter abgesprochen worden seien. Und worum geht es bei alledem? Die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG erläutert die Hintergründe: "Veranstalter stuft Vortrag von Gesine Schwan als unpassend ein".

Die Links zu den Themen in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

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Seit ziemlich genau zehn Jahren ist der Würzburger Arzt Josef Schuster Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Der 70-Jährige stammt aus einer Familie mit langer fränkisch-jüdischer Tradition. Für sein Engagement als Mahner gegen Menschenfeindlichkeit jeder Art ist Schuster vielfach ausgezeichnet worden, zuletzt mit der Ehrendoktorwürde der Uni Würzburg. In einem langen Interview mit der AUGSBURGER ALLGEMEINEN spricht er über die Verunsicherung in der jüdischen Gemeinschaft, zu milde Gerichtsurteile im Umgang mit antisemitischen Straftätern, Fernsehbilder als Brandbeschleuniger des Israelhasses - und die wenigen Lichtblicke für jüdische Exitenz in schwieriger Zeit:
"Viele Menschen erklären im Internet, in Mails ihre Solidarität mit der jüdischen Community. Diese Stimmen sind meist leiser als die negativen, aber sie machen Hoffnung. Ich freue mich auch, wenn ich beispielsweise sehe, wie viele Leute zur Gedenkstunde am Jahrestag der Reichspogromnacht hier in Würzburg gekommen sind. Vor wenigen Wochen haben wir Richtfest der Jüdischen Akademie gefeiert, die in Frankfurt entsteht. Das sind Lichtblicke."

Nach fünf Jahren hat der Zentralrat der Juden einen neuen Gemeindebarometer herausgegeben. Das "Gemeindebarometer 2024" basiert auf einer Umfrage, die der Zentralrat der Juden nun beim unabhängigen Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) in Auftrag gegeben hat. Im Zeitraum vom 14. Dezember 2023 bis 31. März 2024 nahmen insgesamt 2.574 Befragte teil. Die Befragung richtete sich ausdrücklich nicht nur an Mitglieder, sondern auch an ehemalige Mitglieder jüdischer Gemeinden sowie Jüdinnen und Juden, die noch nie einer Gemeinde angehört haben. Auf diese Wiese ist ein beeindruckendes Stimmungsbild jüdischen Empfindens in Deutschland entstanden, das - kaum verwunderlich - maßgeblich geprägt ist vom Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 und dessen verheerende Folgen für Jüdinnen und Juden weltweit und so auch in Deutschland. In der JÜDISCHEN ALLEGMEINEN WOCHENZEITUNG fasst Christine Schmitt die wichtigsten Ergebnisse zusammen - und der "Gemeindebarometr 24" selbst steht ebenfalls zum Download bereit: "So geht es uns".

Zeitlebens hat es Franz Kafka nie ins Gelobte Land geschafft. Erst als sein engster Freund es schaffte, vor Einmarsch der Nationalsozialisten in Prag mit einem Koffer von Kafkas Schriften nach Tel Aviv zu flüchten, gelangte Kafka doch noch nach Palästina, vor Gründung des jüdischen Staates. Nun zeigt die Israelische Nationalbibliothek die letzte der drei großen Ausstellungen zum hundertsten Todestag Franz Kafkas unter dem Motto: "Kafka: Metamorphose eines Autors". Die umfangreiche Ausstellung beleuchtet unterschiedliche Aspekte in Kafkas Leben: Seinen familiären Hintergrund, zwischenmenschliche Beziehungen, Freund- und Liebschaften und sein literarisches Werk sowie insbesondere eine eingehende Untersuchung seiner Haltung zum Judentum und Zionismus. ISRAELNETZ und FAZ haben die Ausstellung besucht: "Heimkehr in ein Land, von dem er träumte".

Immer wiede ein strittiges, schwieriges und existenziell jeden angehendes Thema, das für viele immer noch nicht zufriedenstellend geregelt ist: Sterbehilfe. Darüber wird aktuell auch in Großbrittanien verhandelt. Zur Zeit liegt ein Gesetzentwurf vor, der die Sterbehilfe weitgehend ermöglichen soll. Das führt zu Diskussionen auch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft, wie Daniel Zylbersztajn-Lewandowski für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG berichtet: "Über den eigenen Tod selbst bestimmen?"

Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT

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Von viel medialer Aufmerksamkeit begleitet startete vor wenigen Tagen in unseren Kinos der Film "Konklave" von Oscar-Preisträger Edward Berger ("Im Westen nichts Neues"). Der Film folgt weitgehend seiner literarischen Vorlage von Robert Harris und schildert die Papst-Wahl als eine Art Kriminalstück: Hundert Kardinäle, eingeschlossen in einem Kloster, ringen um die Nachfolge des verstorbenen Papstes. Dabei wird die Abgeschlossenheit und die Dynamik innerhalb des Konklaves dargestellt. Die ersten Kritiken sind überwiegend positiv. In der WELT schreibt Elmar Krekeler:
"Rituale interessieren Edward Berger, Räume, Gesten, die Beobachtung von Gesichtern in Bewegung, Choreografien von Gruppen, das Reiben des Profanen am Sakralen. In klassischer Hollywood-Manier bringt er den Vatikanfilm auf den neuesten Diskursstand. „Konklave“ ist Pulp und Politik. Und sehr großes Kino."
Und in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG lobt Thomas Ribi, der Film sei "packend inszeniert. Als Cocktail, gemixt aus grosser Oper und intimem Kammerspiel. Und zugleich als finsterer Thriller mit Machtkämpfen, Intrigen und unheiligen Allianzen."
Einzig José Garcia liefert in der katholischen TAGESPOST einen regelrechten Verriß:
"Der Versuch, Kardinäle als korrupte Machthaber darzustellen, scheitert an der plakativen Umsetzung. Die dargestellten Korruptionsmechanismen wirken konstruiert und realitätsfern. Den Autoren mangelt es erkennbar an Verständnis für die Komplexität vatikanischer Politik und die realen Herausforderungen der Kirche. Die Dialoge kranken an ihrer lehrbuchartigen Künstlichkeit, während die moralischen Botschaften in ihrer Plumpheit kaum überzeugen können. Die laute, bombastisch-nervöse Musik verstärkt diesen Eindruck zusätzlich."
Neben den Kritiken lesenswert das Interview mit dem allerorten als überragend beurteilten Hauptdarsteller Ralph Fiennes in der SCHWEIZER ILLUSTRIERTEN («Die Kirche kommt nur voran, wenn sie sich Fragen stellt») oder der "Faktencheck" auf KATHOLISCH.de: "Was im 'Konklave'-Film stimmt und was nicht".

Die Links dazu in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

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Haïm Ouizemann wanderte 1989 mit seiner Frau Myriam nach Israel aus. Dort unterrichtet er biblisches Hebräisch und ist Autor von Büchern und Artikeln über den TaNaKh, die hebräische Bibel. Gemeinsam mit seiner Frau hat er eine neuartige Methode zum Studium des biblischen Hebräisch entwickelt. Ihr Ziel ist es dabei vor allem, jedem zu ermöglichen, den biblischen Text zu entschlüsseln und ihn besser zu verstehen und insbesondere den Dialog zwischen Juden und Christen zu stärken. Nun liegt sein Band "Die Wochenlesungen der Thora: Auslegungen der fünf Bücher Mose" vor, den sich Nicolas Dreyer für ISRAELNETZ angesehen hat: "Einstieg in das jüdische Tora-Studium".

Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik
ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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EDITORIAL HIGHLIGHTS

04. Dezember 2024

* „Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“ ... mehr

 * Ahmad Mansour: Frieden ist möglich ...
mehr
 
 * Das dröhnende Schweigen vieler Feministinnen zur Vergewaltiger-Bande Hamas ... mehr

 * Netanjahus erstaunliches Comeback ...
mehr
 
 * 421 Tage Krieg – Ungeschminkter Blick in den Spiegel ... mehr
 
 * Deutschland: Streit um Haftbefehl für Netanjahu ... mehr
 
 * Zur Aktualität der Allianz zwischen Hitler und Stalin ...
mehr
 
 * 1933 lässt grüßen ...
mehr
 
 * 150. Geburtstag von Winston Churchill ...
mehr
 
 * ZEUGNISSE – Interviews mit Holocaust-Überlebenden ...
mehr
 
 * Rolle der Ärzteschaft im Nationalsozialismus ... mehr
 
 * Antisemitismus in der Schweiz auf dem Vormarsch ...
mehr
 
 * Antisemitismus und »Palästinensismus« unter syrischen Geflüchteten ...
mehr
 
 * Höchstzahl antisemitischer Vorfälle in Berlin ... mehr
 
 * Christlicher Zionismus ...
mehr
 
 * Ärger zum 75-jährigen: GCJZ Berlin ... mehr
 
 * Josef Schuster im Interview ...
mehr
 
 * Gemeindebarometer 2024 ...
mehr
 
 * Kafka: Heimkehr in ein Land, von dem er träumte ...
mehr
 
 * Über den eigenen Tod selbst bestimmen? ... mehr
 
 * Paranoia-Thriller "Konklave": Hinter den Türen des Vatikan ... mehr
 
 * Buch-Tipp: Haïm Ouizemann - Die Wochenlesungen der Thora ... mehr

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EDITORIAL



ACHTUNG:
Am Donnerstag, 12. Dezember 2024, verabschiedet sich Compass mit einer Doppelausgabe von ONLINE-EXTRA in die Winterpause. In ONLINE-EXTRA Nr. 358 schreibt der evangelische Theologe Ulrich Becke über »Vorweihnachten. Ausgabe 1943« - und ONLINE-EXTRA Nr. 359 enthält ein Gespräch mit Karl-Josef Kuschel über Stefan Zweig: «Unser Geist ist Weltgeist»