Deutsche Bibliothek
ISSN 1612-7331
06.11.2018 - Nr. 1800
Anmeldung Abonnement Online-Extra Pressestimmen Leserstimmen Über COMPASS Archiv


Editorial
Israel und Nahost
... aktuell
... Hintergrund
... Israel intern
... und die Welt
Vergangenheit ...
Antisemitismus
Interreligiöse Welt
Jüdische Welt
Christliche Welt
Online-Rezensionen
Fernseh-Tipps



anzeige


Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Deutscher Koordinierungsrat

Über 80 Gesellschaften haben sich im DKR zusammengeschlossen.

Besuchen Sie unsere Homepage:

Koordinierungsrat




"So viel Zukunft war nie seit der Schoah"



Seit Jahren geplant



Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam wird 80 Jahre nach den NS-Novemberpogromen eine neue Synagoge bekommen. Das teilte die Staatskanzlei am Montag mit. Das Land Brandenburg wird den Bau unterstützen... 

Thüringen eröffnet die 26. Jüdisch-Israelischen Kulturtage

[JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG]
Im Mittelpunkt stehen der 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels und die Erinnerung an die Novemberpogrome...

Rendsburg: Jüdisches Museum wird 30 Jahre alt



Mit einem Festakt feiert das Jüdische Museum in Rendsburg am Montag (12. November) sein 30-jähriges Bestehen. Bis heute ist das Museum nach eigenen Angaben die einzige Institution dieser Art in ganz Norddeutschland...

Jetzt auch noch Mutter



Von Marina Mai | Sergey Lagodinsky kam als Flüchtling nach Deutschland, machte als Bester seines Jahrgangs Abitur und will nun für die Grünen ins Europaparlament...




»Blick nach vorn«

[JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG]
Junge Juden aus ganz Deutschland treffen sich in Berlin. Auf dem Programm stehen Workshops, Diskussionen und Zeitzeugengespräche...

Erster Jüdischer Zukunftskongress startet in Berlin



Von Christoph David Piorkowski | Der Jüdische Weltkongress in Berlin soll verschiedene Perspektiven jüdischen Lebens zeigen. Es geht auch um den Weg als Deutscher und Jude...

"So viel Zukunft war nie seit der Schoah"

[DOMRADIO]
In Berlin ist der erste Jüdische Zukunftskongress offiziell eröffnet worden. Zu der bis Donnerstag andauernden Tagung unter dem Motto "Weil ich hier leben will" haben sich nach Veranstalterangaben mehr als 1.000 Teilnehmer angemeldet...

Forum für ein neues Miteinander



Von Steffen Zimmermann | Kurz vor dem 80. Jahrestag der Reichspogromnacht findet ab Montag in Berlin ein "Jüdischer Zukunftskongress" statt. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte soll der Blick dabei auf die Gegenwart und Zukunft des Judentums in Deutschland gerichtet werden...

Deutschland mitgestalten



Zukunft und Gegenwart jüdischen Lebens in Deutschland stehen ganz oben auf der Agenda des jüdischen Zukunftskongresses. Kurator und Buchautor Dimitrij Belkin über Verständnis und Selbstverständnis von in Deutschland lebenden Juden. Ein Gespräch...

"Ich möchte, dass Juden sagen: Es ist gut, hier zu leben"



Unter dem Titel "Weil wir hier leben wollen" startet am Montag ein erster Jüdischer Zukunftskongress in Berlin. Der liberale Rabbiner Walter Homolka hat ihn mitorganisiert. Im Interview sagt er, wo genau er Gesprächsbedarf sieht...

Mein Freund Deutschsein



Von Igor Mitchnik | Die Identität, die Politik, das Schweigen – und das Patchwork-Judentum. Der Sozialwissenschaftler Igor Mitchnik über sein Jüdischsein...

Rabbinerin in Odessa



Von Sabine Adler | Es gibt auch Orte, wo sich etwas zum Guten verändert. Juden in Odessa sagen, Antisemitismus sei heute weniger ausgeprägt als zu Sowjetzeiten...

Lob der Umkehr

[JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG]
Von Rabbiner Raphael Evers | Warum Awraham seine geschiedene Frau Hagar später erneut heiratete ...




Das jüdische Leben in Philadelphia hat sich verändert



Von Jasper Barenberg | Das Attentat auf eine Synagoge in Pittsburgh hat auch das Leben der Juden in Philadelphia verändert – einschüchtern lassen wollen sie sich aber nicht. Für US-Präsident Donald Trump haben sie eine deutliche Botschaft...

Glaubensbrüder im Krisenmodus



Von Pierre Heumann | Politik, Riten und Religion: Warum sich Amerikas und Israels Juden auseinanderleben...

»Heute wird gebetet, morgen kämpfen wir«



Von Jo Frank | Wie unser Autor die USA nach dem Anschlag auf die Synagoge »Tree of Life« erlebt hat. Notizen aus einem zerrissenen Land...




Das Wort spielt die Hauptrolle in Bochums "Jüdin von Toledo"

Die Premiere des Stücks war zugleich die erste Regiearbeit des neuen Intendanten Johan Simons und wurde vom Publikum begeistert aufgenommen.





Bochum - Die Bühne im Großen Haus des Bochumer Schauspiels ist grau und gänzlich ohne Requisite. Einzig eine riesige weiße Styropor-Wand hängt von der Decke. Sie wird im Verlauf der knapp dreistündigen von Dramaturg Koen Tachelet bearbeiteten Inszenierung nach dem 1954 erschienen Roman von Lion Feuchtwanger mehr und mehr ans Routieren kommt. Mal ist sie Palastwand, mal Straßenecke, dann Klagmauer. Premiere von "Die Jüdin von Toledo" am vergangenen Donnerstagabend. Es ist zum Spielzeitauftakt die erste Regiearbeit des neuen Intendanten am traditionsreichen Haus, Johan Simons. Für die Bühne verantwortlich: Johannes Schütz.
 
Toledo ist eine alte Stadt auf einem Hügel über dem Flachland von Castilla-La Mancha in der Mitte Spaniens. Die Zeit wird gut 800 Jahre zurück gedreht, es herrscht das 12. Jahrhundert. Eine Zeit, in der die iberische Halbinsel geteilt ist. Im Süden regieren die muslimischen Mauren, im Norden, in Kastilien herrscht der christliche König Alfonso VIII. Während die Juden im Süden sich dem Islam unterordnen müssen können sie im Einflussbereich von Alfonso ihren Glauben ungestört ausüben.
 
Die Zerrissenheit Spaniens wird ganz am Anfang deutlich, als die schwarzen Tücher, die die weiße Mauer ummanteln, abgestreift und von den Akteuren auf der Bühne minutenlang zerfetzt werden. Dann herrscht vor allem eines vor: Das Wort. Und zwar ganz gewaltig. Es wird kaum gehandelt bei Simons. Vielmehr wird berichtet. Alfonso (anfangs zart, oft ein bißchen bockig-tumb und kindisch: Ulvi Erkin Tek) ist begeistert vom Krieg machen. Natürlich gegen die Mauren, doch die letzten Kämpfe haben sein Land viel Geld und viele Ritter gekostet.
 
Seine Frau Leonor (eitel, herrisch und dann wieder unterwürfig: Anna Drexler" rät dem König, den weisen und verschlagenen Juden Jehuda (glaubwürdig, intensiv und echt: Pierre Bokma) als Finanzberater an den Hof zu holen, um die königlichen Truhen wieder voller zu machen. Erstaunlich: Man vermisst als Zuschauer weder den fehlenden Schlachtenlärm, noch die klirrenden Waffen oder die klingenden Münzen. Alles spielt sich im Kopf des Publikums ab und die Akteure auf der Bühne von Toledo sind dafür ständig in Bewegung.
 
Jehuda plädiert gebetsmühlenhaft für den Frieden, der katholische Priester Rodrigues (Michael Lippold) gibt sich tolerant und ist weder für, noch richtig gegen den Krieg gegen die Ungläubigen, aber da ist auch der stets stänkernde und kriegslüsterne Don Martin, der den radikalen Glaubenskrieger böse und fordernd gibt. Er verbündet sich später mit Königin Leonor, die ihren Alfonso schließlich in den Krieg hetzt, um ihn als Ehemann wieder zu bekommen.
 
Denn, den hat sie tatsächlich verloren. Und zwar in dem Moment, als Alfonso sich in die blutjunge Raquel (herrlich, Hanna Hilsdorf, die anfangs mädchenhaft und unschuldig, später als exzessiv Liebende die Gespielin des Königs gibt) verliebt. Ja, verlieben muss, denn Leonor ist vor allem eins: kalt und berechnend und der junge König will mit Raquel alles, nur eben keinen Krieg. Nach dem alten 1968er Motto "Make love, not war" verbringt er die Monate im heißen Toledo zusammen mit seiner Mätresse in einem Lustschloss.
 
Ach ja, da ist - an der Seite von Jehuda und auch als Vertrauter von Raquel noch der aufgeklärte, muslimische Gelehrte Musa (die dunkelhäutige Gina Haller ist wohl die modernste Figur des Stücks und spielt überzeugend die Rolle von Musa, der in seiner Weltoffenheit auch nicht für Kampf und Krieg ist. Alle drei Religionen also in Kastilien, in Toledo - es scheint alles gut zu gehen.
 
Als Raquel dann einen Jungen zur Welt bringt, ist die Freude anfangs groß. In dem Moment, als Alfonso verlangt, den Jungen christlich taufen zu lassen, kippt die Stimmung um. Die weiße Wand dreht sich zunehmend schneller, es knirscht hörbar von der Bewegung und man spürt förmlich, dass es jetzt bald erstmal vorbei sein wird, mit dem Erzählen.
 
Nach der Pause ist klar: Die Scharfmacher und Befürworter des Kriegs gegen die Mauren setzen sich durch. Wie, um langsam in Stimmung zu kommen, wird ellenlang wie wild kopuliert auf der Bühne. Männer mit Männern, mit Frauen und Frauen mit Männern und Männern liegen da zuckend und sich windend. Für den Zuschauer fast bis zur Schmerzgrenze - und doch gibt es grade bei dieser Szene auch einige Lacher aus dem Publikum. Dann plötzlich kurze Stille, wie die Stille vor dem Sturm.
 
Der bricht mit Eisenstangen los, die von allen Akteuren mit Vehemenz und Wut in die weiße Mauer geschlagen werden. Die Mauer wird rissig, brüchig. Große Stücke fallen zu Boden, es staubt gewaltig. Die Zuschauer in den ersten Reihen halten sich Tücher vor den Mund, einige halten die Hände vor die Augen. Mancher hustet. Ist Styropor-Staub eigentlich gesundheitsschädlich? Dazu gibt es auch aus dem Off Geräusche wie von Panzerfahrzeugen und man denkt unweigerlich an aktuelle kriegerische Auseinandersetzungen im Nahen und Mittleren Osten.
 
Die Mauren siegen und zwar auf ganzer Front. Leichen bedecken die Bühne zwischen den weißen Mauerresten. In Toledo werden schnell - auch durch die Hetzreden von Königin Leonor und Don Martin die "Schuldigen" ausgemacht. Jehuda und seine Tochter Raquel. Die sollen - so wird dem Volk von Toledo eingetrichtert - die Pläne Alfonsos an die Mauren verraten haben. Wie im Mordrausch schlägt der gedungene Diego (Risto Kübar) eine halbe Ewigkeit mit Mauerstücken auf Jehuda ein. Wieder wirbelt minutenlang der weiße Staub auf und in die Zuschauerreihen. Dann wird Raquel geschändet und ebenfalls ermordet.
 
Zu spät kommt Alfonso aus der Schlacht zurück. Am Grab gesteht er seiner toten Geliebten, falsch und "wie ein Kind gehandelt" zu haben. Krieg ist eben vieles. Bloß halt kein Kinderspiel. Das Publikum in Bochum feierte die Schauspieler, die politische Inszenierung und den Intendanten mit langem, ehrlichen Applaus. Die Botschaft von Simons an die Zuschauer ist so klar, wie beklemmend: Es hat wohl kaum einen Sinn, auf eine gerechtere, friedlichere und menschlichere Welt zu setzen. Oder etwa doch?

Andreas Rehnolt
Microtext-Journalistenbüro
(Fotos: Jörg Brüggemann / Ostkreuz,
Schauspielhaus Bochum
)




Abo-Hinweis

 Die Information, in welchem externen Medium Sie den vollständigen Text kostenfrei lesen können sowie einen Link dorthin ist angemeldeten Abonnenten vorbehalten!
Sie möchten die Information über die Fundstelle inkl. Quellenangabe und Link zum Artikel sehen und nutzen, um den angegebenen Artikel zu lesen?
Dann abonnieren Sie unsere Seiten oder testen Sie uns vorab mit einem kostenfreien Schnupper-Abonnement!
Abo bestellen

Sie sind bereits Abonnent?
Dann melden Sie sich bitte erst mit Ihrem Benutzernamen und Passwort an, um die Fundstelle inkl. Quellenangabe und Link sehen und nutzen zu können!

Anmeldung


» Home | » Impressum | » Online-Extra | » Pressestimmen | » Leserstimmen | » COMPASS-Service | » Archiv
   
   

 

 




Stichwort ...

... Judentum


Schnell und günstig
bei amazon bestellen: