Hans Keilson ist tot: Nachrufe und eine Rezension
Einmal Weltbild verändern, bitte
[SÜDDEUTSCHE ZEITUNG]
Jüdische Sportler aus aller Welt messen sich in Wien
Läufer trugen die Fackel durch Wiens Innenstadt
Werke von jüdischen Komponistinnen
Die zweibändige Ausgabe unter dem Titel „Miriam’s Song“ (Das Lied der Mirjam) ist jüdischen Komponistinnen des 19. und 20. Jahrhunderts gewidmet. Sie beinhaltet Viola- Bearbeitungen der Werke von Fanny Hensel geb. Mendelssohn, Vally Weigl, Lena Stein-Schneider und Ruth Schonthal (Band 1). Das von Schonthal aufgenommene Allegro moderato ist eine Originalkomposition für Viola und Klavier. Das Repertoire romantischer Konzertliteratur für Viola ist recht begrenzt. Den Herausgebern ist es ein Anliegen, den im Original für Violine, Violoncello oder Klarinette geschriebenen Werken durch die Bearbeitung zu größerer Verbreitung zu verhelfen. Gleichzeitig hoffen sie, mit dieser Auswahl die Aufmerksamkeit der Musikwelt für das kompositorische Schaffen der jüdischen Komponistinnen gewinnen zu können. Hinter jedem Namen verbirgt sich ein eindrucksvolles Schicksal und ein bemerkenswertes kompositorisches Schaffen, das – mit wenigen Ausnahmen – bisher unbekannt ist oder das es noch zu entdecken gibt.
Miriam’s Song Bd. 1
für Viola und Klavier
ISMN: 979-0-50012-839-7 € 18,00
Miriam’s Song Bd. 2
für Viola und Klavier
ISMN: 979-0-50182-064-1 € 16,00
Furore Verlag
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34127 Kassel/Germany
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Zu Gast bei ...
Nachfolgend lesen Sie einen Original-Beitrag der Politologin und
freien Redakteurin Soraya Levin.
Sie betreibt u.a. eine eigene Internetseite, auf der sie regelmäßig neue Bücher zum Schmökern, Entspanen und Nachdenken vorstellt:
LIPOLA - LITERARISCHE UND POLITISCHE AKZENTE
Lipola
COMPASS dankt der Autorin für die Genehmigung zur Wiedergabe
ihrer Rezension an dieser Stelle.
Hans Keilson: Da seht mein Haus
© Soraya Levin
Diese Lebensskizzen des 1909 in Freienwalde an der Oder geborenen Autors sind gedankliche Notizen eines Überlebenden der Shoah, dessen Skizzen mit der Zeit einen anderen Blick freigeben. Dessen Skizzen zeigen, hier ist lebenslanges Leiden.
Bad Freienwalde, ein Kurort, ein Erholungsort, bald entdeckt als Ausflugsziel für die Berliner Avantgarde, darunter auch viele Juden. Sonntägliche Treffen, begleitet vom Spiel der Kurkapelle, von Spaziergängen unter den Kastanien, vom Bestaunen dekadenten Autoluxus, von Gewitterregen und Füßen in den Rinnsalen. In den Ferien ab zur Großmutter, ins Riesengebirge oder an die Ostsee, im Winter im Oderbruch Schlittschuhlaufen.
Noch spüren sie nicht das schwül warme Wetter und die bereits heranziehenden kräftigen Gewitter des Antisemitismus. Schließlich sind sie Deutsche und gehören dazu. Der Vater hat im Ersten Weltkrieg an der Front gekämpft, die Eltern betreiben ein gut gehendes Textilgeschäft, Festtagswünsche der Bewohner Bad Freienwaldes zu den jüdischen Feiertagen.
Es brodelt und wird finster. Jetzt ist die Zeit für den christlichen Antisemitismus. Die Lehrerin spricht von dem jüdischen Verräter Judas und ruft zur Konvertierung auf. Im Chor der protestantischen Nikolaikirche haben Juden nichts mehr zu suchen. Hans Keilson fliegt hinaus. Jetzt ist die Zeit für einen erweckten unbegrenzten Judenhass. Sie schreien "Juda verrecke". Jetzt ist die Zeit für die Hetze gegen die Judenrepublik, für die radikalen Wehrverbände.
Jetzt ist die Zeit Hans Keilson mit anderen Augen zu sehen. Seine Mitschüler prahlen ihre antisemitischen Gedanken gegen ihn frei heraus.
Während Hans Keilson 1928 zum Medizin- und Sportstudium nach Berlin geht, taumelt die Weimarer Republik bereits. Mit der Weltwirtschaftskrise 1929 gerät sie immer mehr ins Wanken. Auch die Eltern von Hans müssen ihr Geschäft drei Jahre später schließen. Sie verlassen Bad Freienwalde und ziehen zu Hans und seiner Schwester Hilde nach Berlin.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten legt sich der Antisemitismus endgültig frei. Hilde emigriert 1934 nach Palästina, Hans darf nur noch an einer jüdischen Schule unterrichten. Um dem sich ankündigenden Tod auf Abruf zu entgehen, flieht er in die Niederlande, die nach der Reichspogromnacht auch zum Zufluchtsort der Eltern werden. Doch auch hier wird die Familie vom Naziterror eingeholt. Dank einiger Freunde überlebt Hans. Aber nicht seine Eltern. Sie werden in Auschwitz-Birkenau ermordet. Der Autor bleibt nach dem Krieg in den Niederlanden und ist als Psychotherapeut tätig.Der Tod der Eltern ist für Hans Keilson auch nach einem Dutzend Jahren immer noch ein tiefer Schmerz. Das erlebte Leiden während der Shoah hat sein Leben zerstört und große Narben hinterlassen. "Mein Leben und meine Erinnerungen sind verätzt".
Die Erinnerung an die Verluste von Verwandten und Freunden wiegen so schwer, dass sie selbst den Hass nicht mehr tragen.
Es sind nicht die Details, sondern Fundstücke eines zerbrochenen Lebens der Vergangenheit, die bei Hans Keilson die Zeit in der Fremde überdauert haben.
Hans Keilson:
Da steht mein Haus. Erinnerungen.
Mit einem Gespräch zwischen Hans Keilson und dem Herausgeber Heinrich Detering.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011
€ (D) 16,95 | € (A) 17,50 | SFR 25,90
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