ONLINE-EXTRA Nr. 265
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BDS: diese drei Buchstaben stehen für die englischsprachigen Begriffe Boycott, Divestment und Sanctions (Boykott, Investitionsentzug und Sanktionen). Erstmals formiert sich die Bewegung im Jahre 2005, als gut 170 palästinensische Organisationen zu einer internationalen Kampagne aufriefen, deren Ziel es war, Israel auf wirtschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Ebene zu boykottieren. Als Ziele wurden u.a. der Abzug der israelischen Truppen aus dem Westjordanland, der Abbau des Sicherheitszaunes und ein Rückkehrrecht für alle Palästinenser nach Israel formuliert. Seit 2007 wird die Kampagne vom "Palestinian BDS National Committee" koordiniert, dem auch radikale Organisationen wie die Hamas angehören. Was sich noch mit viel politischer Toleranz zunächst als mehr oder weniger legitimes Mittel im politischen Kampf interpretieren ließ, stellte sich jedoch schnell als mal offener, mal verdeckter, im Gewande des Antizionismus gekleideter Antisemitismus heraus.
Im Laufe des nun bald endenden Jahres geriet die BDS-Bewegung auch in Deutschland immer öfter in den Fokus der Öffentlichkeit. Zuletzt etwa durch die von einigen ARD-Sendern geplante Übertragung eines Konzerts des Pink Floyd Mitglieds Roger Waters, der als einer der agressivsten BDS-Aktivisten sich nicht scheut, bei seinen Konzerten auch mal Ballons in Schweineform mit Davidstern aufsteigen zu lassen (siehe Compass 28.11.2017). Im Sommer diesen Jahres begannen dann auch die ersten Städte in Deutschland - Frankfurt, München oder Berlin beispielsweise - offiziell auf Distanz zur BDS-Bewegung zu gehen und kündigten jegliche Zusammenarbeit mit der Bewegung auf. Berlins Bürgermeister Michael Müller fand in diesem Zusammenhang sehr deutliche Worte: "BDS steht mit antisemitischen Schildern vor jüdischen Geschäften. Das sind unerträgliche Methoden aus der Nazizeit. Wir werden ein rechtssicheres Raumvergabeverbot prüfen und die zwölf Bezirke auffordern, dabei mitzutun." (siehe Compass 14.07.2017 u. 07.09.2017).
Schaut man sich an, in welchen Kreisen die BDS-Bewegung in Deutschland eine starke Anhängerschaft aufweist, stößt man sehr schnell auf Christen und Gemeinden vor allem innerhalb der protestantischen Kirchen. Diesem Phänomen geht Sebastian Mohr, Mitarbeiter im Internationalen Institut für Bildung, Sozial- und Antisemitismusforschung in Berlin, in dem nachfolgenden Beitrag umfassend und systematisch auf den Grund. Er zeichnet die Entstehung und Ziele der Israel-Boykottkampagne nach, beschreibt wie die Kirchen zum Agitationsfeld der Israel-Boykottkampagne wurden und welche kirchlichen Hilfswerke und exponierten Fürsprecher dabei besonders ins Rampenlicht getreten sind: "Zur Aktualität der Israel-Boykottkampagnen in den deutschen Kirchen".
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in der verdienstvollen Zeitschrift "Kirche und Israel" (1/2017) und wird mit dessen freundlicher Genehmigung nachfolgend als ONLINE-EXTRA Nr. 265 an dieser Stelle online publiziert.
u. Verlag von "Kirche und Israel"
online exklusiv für ONLINE-EXTRA
Online-Extra Nr. 265
Auf höchster Ebene haben die großen christlichen Kirchen im 20. Jahrhundert eine Neuorientierung in Bezug auf das Judentum durchlaufen. Für diesen Paradigmenwechsel steht insbesondere die Erklärung Nostra aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils, aber auch der sog. Rheinische Synodalbeschluss der Evangelischen Kirche im Rheinland. Diese Neubesinnung erreichte jedoch bisher nur spärlich die Basis des Kirchenvolkes. Insbesondere der neue Antisemitismus in Gestalt des Antizionismus stellt eine Herausforderung dar, die gegenwärtig im deutschsprachigen Kirchenumfeld auch in Form von Israel-Boykottkampagnen auftaucht.
Die Israel-Boykottkampagne
Der im Juli 2005 erfolgte Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft zu BDS gilt als zentraler Referenzpunkt für die derzeit wohl weltweit aktivste Israel-Boykottkampagne. Das Akronym BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen. BDS wirbt für umfassende akademische, kulturelle und wirtschaftliche Boykotte sowie für eine politische Isolation Israels. Darüber hinaus verfolgt die Boykottkampagne drei zentrale Forderungen: Das Ende von Besatzung und Kolonisation allen arabischen Landes, Gewährleistung der vollen Gleichberechtigung der arabisch-palästinensischen Bürger Israels und das Festhalten an dem Recht der Rückkehr aller palästinensischen Flüchtlinge und deren Nachkommen.1 Diese drei Forderungen sind die sprichwörtliche DNA des Israelboykotts, die teilweise für sich allein genommen bereits die Existenz des jüdischen Staates fundamental bedrohen. Dass die Israelboykotteure zum Beispiel offenlassen, wie viel arabischen Landes sie für kolonisiert und besetzt halten - nur die Westbank oder doch ganz Israel -, ist kein Zufall, sondern hat System. Auch impliziert die Forderung nach dem Recht der Rückkehr stets die Abschaffung des Staates Israel als jüdische Nation, da palästinensische Flüchtlinge weltweit als einzige Flüchtlingsgruppe einen Sonderstatus genießen, nachdem auch ihre Nachkommen als Flüchtlinge gelten. Demnach würden bei einer Realisierung des Rückkehrrechts Juden eine Minderheit in Israel, und somit wäre Israel als jüdische Nation nicht mehr existente .Israelboykotteure versuchen durch öffentliche Informationsveranstaltungen, (Protest-)Versammlungen sowie das Initiieren von Protestbriefen und Petitionen, das Label BDS zuvorderst in Bündnisse mit antirassistischen und menschenrechtsorientierten Gruppen sowie mit LGBTIQ-Initiativen2 zu etablieren. Dabei argumentieren Protagonisten der BDS-Kampagne im Namen der Menschenrechte, des Antikolonialismus und Antirassismus, um auf diese Weise die Inhalte von BDS in anderen sozialen und zivilgesellschaftlichen Initiativen zu verankern. Das heterogene Unterstützerumfeld der Boykottkampagne besteht vorwiegend aus christlichen, jüdischen, anti-imperialistischen sowie Menschenrechts- und Friedensgruppen, aber auch aus palästinensischen Gruppen. Interessengemeinschaften des Israelboykotts wie zum Beispiel der Deutsche Koordinationskreis Palästina Israel oder die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München kommen dabei ohne direkten namentlichen Bezug auf die Boykottbewegung oder das Label BDS aus, initiieren jedoch israelfeindliche Boykottaktivitäten oder unterstützen diese in der Öffentlichkeit.
Die Aktivisten des Israelboykotts geben sich entschieden gewaltfrei, jedoch kommt es im Zusammenhang mit BDS-Aktionen immer wieder auch zur Gewalt gegen politische Gegner und nicht zuletzt gegen Juden, die sich nicht offen gegen Israel aussprechen, werden durch BDS-Aktivitäten in ihrer Meinungsfreiheit beschränkt und zunehmend isoliert. Ein häufiger Schauplatz dabei sind Universitäten und deren Einrichtungen in den USA und Europa. Aber auch in anderen Milieus häufen sich antisemitische Vorfälle, die sich im Zusammenhang mit BDS-Aktionen ereignen. Empirische Untersuchungen aus den Jahren 2015 und 2016 der jüdisch-amerikanischen AMCHA-Initiative an über einhundert amerikanischen Hochschulen zeigen, dass dort, wo Israel-Boykottaktionen stattfinden, mit einer signifikant erhöhten Wahrscheinlichkeit auch antisemitische Vorfälle auftreten. 3 Entscheidend ist, dass BDS durch sein Auftreten zu einem Klima beiträgt, das gewaltsame und antisemitische Aktionsformen befördert.
Den antisemitischen Charakter der BDS-Kampagne hatte der Sozialwissenschaftler und Antisemitismusforscher Prof. Dr. Samuel Salzborn in seinem Beitrag 2013 für diese Zeitschrift bereits detailliert herausgearbeitet.4 Für Salzborn ist BDS „eine moralisch imprägnierte internationale palästinensische Interessenartikulation“, deren „Intention“ antisemitisch ist. Dies macht er u.a. anhand der “NS-Analogie der Kampagne“, der diskriminierenden und delegitimierenden Sprache und der „Kollektivierung von Juden“ fest, die ein Boykott Israels zweifelsohne hervorrufe. Es ist demnach nur folgerichtig, dass führende BDS-Aktivisten, wie der in Israel lebende Omar Barghouti, eine Zwei-Staaten-Lösung explizit ablehnen und Israel selbstredend das Existenzrecht absprechen. Bereits 2004 äußerte sich Barghouti in einem Artikel für die anti-zionistische Internetseite The Electronic Intifada wie folgt zur Zweistaatenlösung: „The two-state solution for the Palestinian-Israeli conflict is really dead. Good riddance! [...] and explore the more just, moral and therefore enduring alternative for peaceful coexistence between Jews and Arabs in Mandate Palestine: the one-state solution. [...] The current phase has all the emblematic properties of what may be considered the final chapter of the Zionist project. We are witnessing the rapid demise of Zionism, and nothing can be done to save it, for Zionism is intent on killing itself. I, for one, support euthanasia.“5
KIRCHE UND ISRAEL
Neukirchener Theologische Zeitschrift
Neukirchener Theologische Zeitschrift
Herausgegeben von:
Edna Brocke, Hans Hermann Henrix, Ekkehard W. Stegemann, Wolfgang Stegemann, Gabriele Oberhänsli-Widmer, Christina Tuor-Kurth (für die Schweiz), Regina Polak (für Österreich), unter Mitarbeit namhafter Fachgelehrter
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Kirchen als Agitationsfeld der Israel-Boykottkampagne
Für die Israel-Boykottkampagne sind Kirchen ein wesentliches Ziel ihrer Agitationsarbeit. Laut BDS verleihen insbesondere Kirchen und kirchliche Institutionen der Kampagne Legitimität und öffentliches Bewusstsein, aufgrund ihrer moralischen Integrität.6 So unterstützten einige, überwiegend englischsprachige Kirchen bereits kurz nach Veröffentlichung des BDS-Aufrufs Ziele der Boykottkampagne, wie die Kampagne gegen den Baumaschinenhersteller Caterpillar verdeutlichte. Jedoch erlangte die Debatte um Israelboykotte innerhalb der Kirchen erst durch das sogenannte Kairos-Palästina-Dokument eine größere Resonanz.
Mitte Dezember 2009 veröffentlichte eine Gruppe von Mitgliedern und Führungspersönlichkeiten palästinensischer Christen das Kairos-Palästina-Dokument Die Stunde der Wahrheit: ein Wort des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe aus der Mitte des Leidens der Palästinenser. Dieses stellte eine Zäsur in der Debatte um die Akzeptanz von israelfeindlichen Boykottaktivitäten innerhalb der Kirchen dar und richtete sich überdies im Kern gegen die kirchliche Grundordnung. Große Verbreitung fand das Dokument nicht zuletzt durch die Übersetzungstätigkeit des Sprachendienstes des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) sowie durch dessen Weiterleitung an seine über 300 Mitgliedskirchen. Das Kairos-Palästina-Dokument galt als ein Aufruf der palästinensischen Christenheit, der sich an Gläubige in der ganzen Welt richtet. Dem Papier nach sei es die Pflicht eines jeden Christen, den Kampf des palästinensischen Volkes zu unterstützen. Dazu müsse u.a. die Einleitung „eines Systems wirtschaftlicher Sanktionen und Boykottmaßnahmen gegen Israel“ angestrebt werden.7 An anderer Stelle heißt es, ein Gläubiger habe „sich für den Rückzug von Investitionen und für Boykottmaßnahmen der Wirtschaft und des Handels gegen alle von der Besatzung hergestellten Güter einzusetzen.“8 In den Folgejahren setzten sich Kirchen und kirchennahe Institutionen kontrovers mit den politischen Forderungen und theologischen Ausführungen des Dokumentes auseinander.9 Meistens wurde es insbesondere für seine bedenkliche Einseitigkeit kritisiert und dessen unkritische Parteinahme für die Forderungen der Verfasser. Bereits der Name Kairos-Palästina-Dokument lässt die Analogie zu dem 1985 in Südafrika veröffentlichten Kairos-Dokument offensichtlich werden, welches von einer Gruppe südafrikanischer Theologen zur Überwindung der Apartheid verfasst wurde. Der Staat Israel wird somit dem südafrikanischen Apartheidregime gleichgesetzt.
So kritisierte beispielsweise das Mitglied des Exekutivkomitees der amerikanischen ökumenischen Organisation Christians for Fair Witness on the Middle East, Rev. Monsignore Dennis L. Mikulanis, das Kairos-Palästina-Dokument kurz nach dessen Veröffentlichung wie folgt: „I understand that it comes from a place of deep Palestinian suffering. But we will not advance peace by placing all the blame on Israel's shoulders, or by promoting the false idea that boycotting Israel will solve this conflict.“10 Die Central Conference of American Rabbis (CCAR) kam im Frühjahr 2010 u.a. zu dem Beschluss, dass das Kairos-Palästina-Dokument „eindeutig enterbungstheologisch“ und „antisemitisch“ ist, weshalb es für den inter-religiösen Dialog unbrauchbar sei.11 Trotz dieser deutlichen Kritik stellten sich seit der Veröffentlichung des Dokuments dutzende Kirchen und kirchliche Vereine teilweise oder ganz hinter die als Hilfeaufruf kaschierte Boykottaufforderung gegen den jüdischen Staat. Darunter befinden sich u.a. die United Church of Canada, die methodistische Kirche in Kanada oder der Südafrikanische Kirchenrat. Im europäischen Kontext sind es mittlerweile insbesondere Kirchen sowie christliche Hilfsorganisationen in Skandinavien und der Schweiz, die Israelboykotte ganz oder in abgeschwächter Form unterstützen.
In Deutschland blieb diese brisante Entwicklung im Kirchenumfeld bisher aus. So positionierte sich die katholische Kirche nicht öffentlich zu dem Dokument, und die großen evangelischen Verbände kritisierten darüber hinaus den Aufruf aufgrund seiner bereits erwähnten Einseitigkeit und forderten eine Überarbeitung. Jedoch stieß der Aufruf auch im deutschsprachigen Raum auf zum Teilbereitwillige, öffentliche Zustimmung, besonders in deutschen Protestantenkreisen. Überwiegend kleinere, konfessionelle Vereine wie u.a. der alteingesessene Jerusalemsverein des Berliner Missionswerk, die Solidarische Kirche im Rheinland oder das Nürnberger Evangelische Forum für den Frieden gehören zu denen, die dem Kairos-Palästina-Dokument weitestgehend oder in seiner Gesamtheit zustimmen.
Im Verlauf der Debatte um das Kairos-Palästina-Dokument konstituierte sich das sogenannte KAIROS Palästina-Solidaritätsnetz, das sich laut eigener Erklärung u.a. zur Unterstützung von „Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS)“ gegen Israel verpflichtet.12 So heißt es in ihrem Aufruf Kairos Palästina 2017. 50 Jahre israelische Besatzung – Wir dürfen nicht schweigen – Appell von Christinnen und Christen für einen Frieden durch Gerechtigkeit in Palästina und Israel: „verpflichten wir uns: […] zur Unterstützung des gewaltlosen Widerstands gegen die israelische Politik der Besatzung, Kolonisierung und Blockade palästinensischer Gebiete – einschließlich Maßnahmen wie Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS)“.13 In dem Aufruf werden zudem antisemitische und sekundär-antisemitische Topoi verwandt wie „jüdische Kolonisierung“ und dass „[…] die Erinnerung an den Holocaust bis heute dazu missbraucht (werde), die Vertreibung und Unterdrückung des palästinensischen Volkes zu rechtfertigen.“14 Verantwortlich für diesen Appell ist - im Sinne des Presserechts - der Heidelberger Prof. Dr. Ulrich Duchrow. Er ist zugleich Mitbegründer und Vorsitzender des als ökumenischen Basisnetzwerks agierenden Vereins Kairos Europa e.V. und Professor für Systematische Theologie an der Universität Heidelberg. Duchrow ist ebenfalls Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des globalisierungskritischen Netzwerks Attac. Auch gehört er zu den Unterzeichnern eines Offenen Briefes der Hamburger BDS- Gruppe an die Akademie der Weltreligionen und die Grünen-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft.15 In dem Schreiben solidarisieren sich die Unterzeichner mit dem damaligen Gastprofessor der Akademie der Weltreligionen, Prof. Dr. Farid Esack, der zugleich Vorsitzender von BDS Südafrika ist und aufgrund seiner BDS-Aktivitäten vonseiten eines Teils der Hamburger Politik im Frühjahr 2017 unter erheblichen Druck geriet.16 In seiner Funktion als Vorsitzender des Kairos Europa e.V. ist Duchrow ein wesentlicher Akteur bei dem anhaltenden Versuch, das antisemitische Boykott-Label BDS im deutschsprachigen Kirchenkontext populärer zu machen.
Laut einem Bericht auf der Internetpräsenz von Kairos Palestine trat Duchrow im Oktober 2015 in Bethlehem bei der Konferenz Mission in the Context of Empire: A Call for Global Theological Resistance for Palestine als Redner auf. Hauptinitiator der mehrtägigen Konferenz, an der ebenfalls Autoren des Kairos-Palästina-Dokuments teilnahmen, war der christliche Verband Council for World Mission.17 Im Ankündigungstext sowie im darauf folgenden Konferenzbericht waren beispielsweise folgende, drastische Sätze zu lesen: „The heavy hand of the Zionist state has ensured that the lives and livelihood of Palestinian Muslims and Christians have been all but destroyed. The continual land expansion, arbitrary arrests, including the arrests of children and the building of the separation wall has resulted in an apartheid state“. Außerdem werden Christen weltweit dazu aufgerufen, „to act concretely for the liberation of the Palestinian people“ und die „Kollaboration der christlichen Kirchen mit dem Zionismus“ aufzukündigen, die auf „die Sünde des Holocaust“ fußt.18 Dabei bleiben zentrale Äußerungen in den Konferenzdokumenten wie „Palestinian struggle for justice“ oder „liberation of the land of the Palestinian people“ bewusst mehrdeutig.
Duchrow scheint diese offenkundige Ablehnung gegenüber dem jüdischen Staat nicht abzuschrecken, im Gegenteil. Sein Beitrag in der 2016 veröffentlichten Festschrift Armut und Ausgrenzung überwinden – Impulse aus Theologie, Kirche und Diakonie für den evangelischen Theologen und Pastor Dr. Wolfgang Gern verleiht dieser Annahme Plausibilität. Sein Beitrag „Unterdrückung über Ausbeutung hinaus – Das Beispiel Palästina/Israel in theologischer Perspektive“ ist dabei der einzige von insgesamt 25 Beiträgen, der sich explizit mit einem Themenkomplex außerhalb des in der Festschrift vorzufindenden Schwerpunkt von nationaler sowie europäischer Sozialpolitik auseinandersetzt. Der Text verwischt oftmals die Grenzen zwischen einer kritischen Perspektive gegenüber Israel und antisemitischen Ressentiments. Duchrow beschuldigt beispielsweise Israel schlimmster humanitärer Verbrechen gegenüber den Palästinensern und spricht unverblümt vom „[…] Missbrauch der Bibel im Interesse des Siedlerkolonialismus mit seinen ethnischen Säuberungen und der Apartheid [...].“19 Weiter schreibt er, dass Israel versuche, „Menschen minderen Rechts komplett loszuwerden und die Übrigbleibenden zu gettoisieren wie in Gaza.“20 Auch bedient sich Duchrow in seinem Beitrag eines weiteren antisemitischen Topos, indem er anhand eines Auszugs aus 5 Mose 7, 1-11 versucht aufzuzeigen, woher womöglich das Agieren des Staates Israel gegenüber den Palästinensern stamme, das sich durch „Landraub, Schikanieren oder Töten von Menschen“ ausdrücke.21 Der Beitrag strotzt vor Einseitigkeit, Halbwahrheiten und Tiraden gegenüber Israel. Zum Schluss seines Pamphlets kommt Duchrow auf die „effektivste gewaltfreie“22 Lösungsstrategie der von ihm attestierten Unterdrückung der Palästinenser zu sprechen, die in einer aktiven Unterstützung des Israelboykottlabels BDS liege. Selbstredend klärt der Heidelberger Theologe nicht über das Boykottlabel auf, sondern verklärt und verharmlost es. Dem Boykott attestiert Duchrow dann noch ein „erzieherisches Mittel“23 für den Staat Israel, und es drängt sich die Frage auf, wie dieser Beitrag unkommentiert den Weg in diese Festschrift finden konnte.
Ignorierte die katholische Kirche offiziell das Kairos-Palästina-Dokument, so steht die katholische Friedensorganisation pax christi beinahe geschlossen hinter dessen Forderungen. So betonte Pax Christi International in ihrem Ende 2016 veröffentlichten Appell für einen neuen israelisch-palästinensischen Friedensprozess ihre konsequente Unterstützung der antisemitischen BDS-Kampagne.24 Bereits 2012 initiierte pax christi die Aktion Besatzung schmeckt bitter. Diese hatte zum Ziel, Konsumenten zum Kaufverzicht von Produkten zu bewegen, die aus jüdischen Siedlungen im Westjordanland stammen, was eine größere Kontroverse auch innerhalb von pax christi zur Folge hatte. Zu sehr erinnerten die forcierten Boykottaktivitäten an eine Neuauflage der Parole Deutsche, kauft nicht bei Juden, dem Leitgedanken der antisemitischen Boykottbestrebungen im frühen Nationalsozialismus. Trotzdem blieb sich pax christi in seinem Engagement gegen Israel treu. So organisierte pax christi beispielsweise Ende April 2017 in Kooperation mit ihrer Bethlehemer Partnereinrichtung, das Arab Educational Institute (AEI), eine Ausstellung im Ruhrgebiet mit dem Titel „Mauer Museum Bethlehem“. Das AEI gehört zu den Erstunterzeichnern des 2005 erfolgten BDS-Aufrufs, dessen Direktorin Rania Murra den Boykott Israels vehement befürwortet und laut Interviewaussage ihre Kinder auch in diesem Geiste erziehe. Laut Murra solle man Hebräisch lernen, „um besser zu verstehen, wie der Feind denkt.“25
Eine weitere wichtige ökumenische Initiative beim Bewerben der BDS-Kampagne ist das 2002 durch den ÖRK gegründete Ecumenical Accompaniment Programme in Palestine and Israel (EAPPI), das sich auf eine dreimonatige Entsendung von christlichen Freiwilligen aus aller Welt nach Israel und in die Westbank spezialisiert hat. Laut dem EAPPI-Verhaltenskodex wird für niemanden in dem Konflikt Partei ergriffen noch diskriminiert. Jedoch sei man nicht neutral, „[...] wenn es um die Einhaltung der Menschenrechts-Grundsätze und der Prinzipien des humanitären Völkerrechts geht.“26 EAPPI möchte „alle Parteien in diesem Konflikt auf faire, unvoreingenommene Weise in Wort und Tat unterstützen.“27 Wie diese selbsterklärte Überparteilichkeit konkret aussieht, lässt sich anschaulich der EAPPI Publikation Glaube unter Besatzung von 2012 entnehmen.28 Dort befindet sich neben einer unkommentierten Zusammenfassung des Kairos-Palästina-Dokuments ebenfalls eine halbseitige Passage zur BDS-Kampagne, die als Strategie für „rechtschaffene Menschen“ angepriesen wird, anhand derer man eine „effektive Rolle im palästinensischen Kampf um Gerechtigkeit“ übernehmen könne. Des Weiteren werden in der Publikation EAPPI-Teilnehmer unter der Überschrift 50 Wege zum Handeln für Frieden und Gerechtigkeit u.a. dazu ermutigt, sich an Kampagnen für Wirtschaftsboykotte oder für einen kulturellen und akademischen Boykott gegen den Staat Israel zu beteiligen. Ebenfalls wird der Leserschaft nahegelegt, eine „klare und unmissverständliche Sprache“ zu verwenden, die gegen „Apartheid und Kolonisierung“ protestiert. Es verwundert daher nicht, dass auch der katholische Priester Manuel Musallem in der Publikation zu Wort kommt. Musallem wird dort als Priester vorgestellt, der über 30 Jahre in Gaza tätig war und u.a. Mitglied der islamisch-christlichen Kommission der palästinensischen Dachorganisation PLO ist. Jedoch wird gleichzeitig ausgespart, dass er in seinen Schriften und Reden andauernd Politik und Theologie vermischt, Beziehungen zur islamistischen Terrororganisation Hamas pflegt und sich für eine Aufhebung der Oslo-Verträge und die Abschaffung der Palästinensischen Autonomiebehörde ausspricht.29 Dem Palestine Chronicle zufolge kritisierte Musallam in seiner Osteransprache 2010 außerdem die „Judaisierung Jerusalems“.30
Glaube unter Besatzung verdeutlicht auf anschauliche Weise, weshalb dem EAPPI insgeheim die Funktion eines Durchlauferhitzers für christliche Boykottbefürworter zuteilwird. Nur schwerlich lässt sich nach einer Lektüre der Publikation weiterhin das Bild der Überparteilichkeit aufrecht halten. Koordinator der deutschen EAPPI-Sektion ist das Evangelische Missionswerk. Auch sind pax christi, der Jerusalemverein des Berliner Missionswerks sowie das Hilfswerk Brot für die Welt beim EAPPI involviert. Gilt EAPPI dem ÖRK trotz der eklatanten, anti-israelischen Ausrichtung weiterhin als ein prestigeträchtiges Projekt, so verweist die israelische Organisation NGO Monitor, die Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen (NRO) in Israel beobachtet, in mehreren Berichten auf die problematischen Aktivitäten von EAPPI hin. Gilt NGO Monitor in Kreisen der Boykottbefürworter als quasi inquisitorisches Instrument der israelischen Regierung, so sind dessen Berichte über das anti-israelische Engagement von EAPPI erdrückend.31 Auch wurde dem EAPPI bereits 2012 attestiert, ein „Klima der Feindschaft gegenüber Israel“ innerhalb der Kirche von England zu kreieren.32
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Kirchliche Hilfswerke, Israelboykotte und ihre exponierten Fürsprecher
Neben den bereits genannten Organisationen kommt insbesondere den beiden konfessionellen Hilfswerken Misereor sowie Brot für die Welt eine wesentliche Rolle bei der finanziellen und logistischen Unterstützung von israelischen sowie palästinensischen Organisationen zu, die Israelboykotte unterstützen und/oder aktiv propagieren. So unterstützt beispielsweise das katholische Hilfswerk Misereor die kirchliche NRO Society of St. Yves mit Sitz in Jerusalem, die sich u.a. an Kampagnen für das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und deren Nachfahren sowie an Nakba Kampagnen beteiligte. Punktuelle Projektförderungen erfolgen jedoch auch im Inland, so machte der emeritierte Professor Dr. theol. habil. Wolfgang Stegemann im Winter 2014/15 auf die skandalöse Förderung der deutschsprachigen PalästinaIsraelZeitung für Völkerrecht und Menschenrechte durch Brot für Welt aufmerksam.33 Laut Stegemann handelt es sich bei diesem „Druckerzeugnis“ um „antiisraelische Propaganda mit deutlichen antisemitischen Untertönen.“ Brot für die Welt erklärte daraufhin, die von Stegemann zitierte Ausgabe nicht finanziert zu haben, jedoch wurden ältere Publikationen unterstützt, die nicht minder antisemitische Ressentiments beinhalten. Trotz massiver Kritik erschien die PalästinaIsraelZeitung halbjährlich bis spätestens September 2016. Auch sind deren Veröffentlichungen weiterhin online einsehbar.
2014 brachte Misereor und Brot für die Welt gemeinsam die Broschüre „Kommt und seht! Reisen und Pilgern im Heiligen Land“ heraus, die für einen „fairen Tourismus“ im Heiligen Land wirbt.34 „Israel und Palästina (sollen) als ein zusammenhängendes Reiseziel“ betrachtet und so „authentische Begegnungen mit allen Seiten“ gewährleistet werden. Denn, so heißt es an anderer Stelle, „meistens werden die Ausflugsprogramme und Reiserouten jedoch einseitig von den Interessen der israelischen Tourismusbranche bestimmt.“ So gilt auch in dieser Broschüre abermals das Diktum, Israel sei das Friedenshindernis. Auch hier wird die historische Komplexität der Situation zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten durch anti-israelische Rhetorik übergangen. Unter dem Broschürenbeitrag „Pilgerfahrt der Veränderung“ wird dem Kairos-Palästina-Dokument ein eigenes, wohlwollendes Kapitel eingeräumt. Empfohlene Reisedienstleister sind beispielsweise das Israelische Komitee gegen die Hauszerstörungen oder die christlich-palästinensische Institution Sabeel – allesamt Akteure, die BDS unterstützen. Auch findet das bereits ausführlich erwähnte EAPPI als Kooperationspartner für die Vermittlung von Referenten Erwähnung.
Ebenfalls 2014 organisierten beide Hilfswerke gemeinsam eine international gestaltete Tagung in Berlin mit dem mächtigen Titel The ICJ’s Wall Opinion Revisited: Towards its Effective Implementation.35 Als Gastredner war der Palästinenser Shawan Jabarin eingeladen, den der Oberste Gerichtshof Israels im Jahr 2007 sehr treffend als „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ bezeichnete, da er als Akteur der in Ramallah beheimateten, alteingesessen NRO Al-Haq auftritt und gleichzeitig als wichtiger Teil der Palästinenserorganisation Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP) aktiv ist.36 Die PFLP hat seit ihrer Gründung in den 1960er Jahren durch zahlreiche Flugzugentführungen und verheerende Terroranschläge in Israel auf sich aufmerksam gemacht. Aufgrund dessen wird sie gegenwärtig von Israel, Kanada, den USA sowie der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft. Die PFLP gehört zu den palästinensischen Fraktionen innerhalb der PLO, die sich vehement für einen umfassenden Boykott Israels aussprechen und jegliche Normalisierungsbestrebungen zwischen Israel und der arabischen Staatenwelt kategorisch ablehnt. Dennoch sahen die Veranstalter von einer Ausladung Jabarins ab. Verbindungen und personelle Überschneidungen zwischen Akteuren der PFLP und BDS-Unterstützern sind jedoch keine Einzelfälle, was durchaus an der Beteiligung der PFLP am sogenannten Council of National and Islamic Forces in Palestine liegen mag. Dieser gehörte u.a. zu den damaligen Erstunterzeichnern des BDS-Aufrufs 2005, dessen Gründung durch den damaligen Palästinenserpräsidenten Yassir Arafat nach dem Ausbruch der Zweiten Intifada autorisiert wurde, um gemeinsam effektiver gegen Israel agieren zu können. Der Dachorganisation gehören u.a. nach wie vor die Fatah, die Demokratische Front zur Befreiung Palästinas, die islamistische Terrororganisation Hamas, der Palästinensische Islamische Jihad sowie die PFLP an. Darüber hinaus existiert seit 2007 eine institutionalisierte Koordinierungsinstanz der internationalen Israel-Boykottkampagne mit Sitz in Ramallah, die sich BDS National Committee (BNC) nennt und die alljährliche Strategiekonferenzen ausrichtet, auf denen potenzielle Kampagnenziele und Strategien ausgegeben werden. Dies alles lässt das wohlklingende Label Zivilgesellschaft, mit dem sich die Befürworter der Israelboykotte so gerne schmücken, mehr als suspekt erscheinen.
Ebenfalls zwielichtig sind die häufigen Reisen und Auftritte exponierter, palästinensischer Kirchenvertreter in die Bundesrepublik, die maßgeblich am Zustandekommen des Kairos-Palästina-Dokuments beteiligt waren. Zu ihnen gehören der Erzbischof Theodosios Atallah Hanna von Sebastia vom orthodoxen Patriarchat von Jerusalem sowie insbesondere Dr. Mitri Raheb, lutherischer Pastor der Weihnachtskirche in Bethlehem. Letzterer ist u.a. Träger des Aachener Friedenspreises und erhielt 2011 durch den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog den Deutschen Medienpreis, woran sich jedoch heftiger Protest entzündete. So protestierten beispielsweise die Deutsch-Israelische Gesellschaft e.V. und der Deutsche Koordinationsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit gegen die Preisverleihung, die unter dem Motto Für herausragende Symbole der Menschlichkeit stand, auf Schärfste. Die Kritik entzündete sich an Rahebs delegitimierenden und dämonisierenden Äußerungen gegenüber Israel. So sagte er in einem Interview im Mai 2010 gegenüber der öffentlich-rechtlichen Schweizer Nachrichtenplattform swiss.info, das „unsere Situation (die der Palästinenser, Anm.) heute in Israel und den besetzten Gebieten schlimmer ist als die einstige Apartheid in Südafrika.“37 „Israel“, so Raheb in seiner Rede auf der ersten Christ at the Checkpoint Konferenz in Bethlehem 2010, repräsentiere „das Rom der Bibel, nicht das Volk des Landes.“38 Nicht Israel, sondern „unsere Vorfahren waren (es), die die Bibel geschrieben haben“, ihnen wurde „die Offenbarung zuteil“.39 Laut Pressemitteilung des Deutschen Medienpreises erhielt Raheb den Preis trotz derartiger Äußerungen, da sein Wirken die Alternative zu Gewalt und Radikalisierung sei und aufgrund seines Einsatzes für die „Verständigung von Christen, Moslems und Juden“.40 Kritiker seiner unredlichen und diffamierenden Bemerkungen bezeichnete der Aachener Friedenspreisträger in einem Beitrag des Deutschlandfunks als „rechtsradikale christliche Zionisten.“41 Geht es Raheb um eine Umdeutung der bleibenden Erwählung, so beschwört der griechisch-orthodoxe Erzbischof Theodosios unentwegt die Einheit von palästinensischen Christen und Muslimen in ihrem Widerstand gegen den jüdischen Nationalstaat. Theodosios bezichtigte Israel bereits im Jahr 2000 „ethnischer Säuberungen gegenüber den Palästinensern“42 und bejubelte laut der anti-israelischen Medienplattform „Middle East Monitor“ die palästinensische Einheit in ihrem Widerstand gegen die israelische Besatzung und deren Bemühung Jerusalem zu „judaisieren“.43
In einem Interview mit dem russischen Nachrichtensender RT stellt er die Palästinenser als indigenes Volk der Region dar, wohingegen Israel „out of the blue“ entstanden sei.44 Trotz solcher ahistorischer und zugleich diskriminierender Äußerungen durfte Theodosios sich 2015 in das Goldene Buch der Stadt Dortmund eintragen und im März 2017 erneut in die Ruhrgebietsmetropole reisen, um als Referent auf der im Dortmunder Rathaus durchgeführten Tagung Christliche und muslimische Araber gemeinsam gegen Rassismus und Terror teilzunehmen. Der Hannoverschen Allgemeinen galt Theodosios 2013 während seines Besuches in Hannover sogar als „Brückenbauer“ zwischen den Religionen in der Heiligen Stadt.45
Es bleibt zu wünschen, dass die deutsche Ökumene beherzter und konsequenter gegen Israelboykotte und deren Fürsprecher in ihren eigenen Reihen agiert. Dem Anschein nach geht es allzu oft um die Wahrung des Burgfriedens innerhalb der Kirchen, statt entschlossen gegen BDS vorzugehen. Das Label BDS will Israel nicht besser machen, es will Israel abschaffen. Und auch der palästinensischen Bevölkerung ist wenig mit dem Festhalten an der Israel-Boykottkampagne geholfen, verstetigt diese doch die Viktimisierung und Infantilisierung der Palästinenser, die mit solchen Mechanismen nie mehr sein können als ein Opfer, bei gleichzeitiger Dämonisierung Israels. Diese fatalen Denkmuster aufzubrechen sollte integraler Bestandteil einer christlichen Solidarität mit dem jüdischen Volk sein. Dazu gehört auch, die Boykottaufforderungen gegen Israel zu boykottieren, denn ein gerechter Frieden kann nur mit Verhandlungen erreicht werden, und BDS steht diesen diametral entgegen.
ANMERKUNGEN
1 Vgl. das „Gründungsdokument“ der BDS-Kampagne: Palästinensische Zivilgesellschaft ruft zu Boykott, Investitionsentzug und Sanktionen gegen Israel auf, bis es internationalem Recht und universellen Prinzipien der Menschenrechte nachkommt, 09.07.2005, in: https://bdsmovement.net/call.
2 LGBTIQ steht für Lesbians-Gay-Bisexual-Trans-Intersex-Queer.
3 Vgl. Z.B. AMCHA-Initiative: „Antisemitism: At the Epicenter of Campus Intolerance - Antisemitic Activity 2016 at U.S. Colleges and Universities - With the Largest Jewish Undergraduate Populations“ 04/2016, in: http://www.amchainitiative.org/wp-content/uploads/2017/04/Antisemitism_At-the-Epicenter-of-Campus-Intolerance_Report-2016.pdf.
4 Vgl. S. Salzborn: Israelkritik oder Antisemitismus? Kriterien für eine Unterscheidung. Kirche und Israel, Neukirchener Theologische Zeitschrift, 28. Jahrgang, Heft 1/2013, 5-13. in: http://www.salzborn.de/txt/2013_Kirche-und-Israel.pdf.
5 Vgl. O. Bargouthi: Relative Humanity: The Fundamental Obstacle to a One-State Solution in Historic Palestine (1/2). The Electronic Intifada, 06.01.2004, in: https://electronicintifada.net/content/relative-humanity-fundamental-obstacle-one-state-solution-historic-palestine-12/4939.
6 Vgl. BDS-Movement: Faith Based. 06.2016, in: https://web.archive.org/web/20160105152738/http://bdsmovement.net/2008/faith-based-125.
7 Vgl. Kairos-Palästina-Dokument: Stunde der Wahrheit: Ein Wort des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe aus der Mitte des Leidens der Palästinenser und Palästinenserinnen. Ökumenischer Rat der Kirchen, 11.12.2009, in: https://www.oikoumene.org/de/resources/documents/other-ecumenical-bodies/kairos-palestine-document.
8 Ebd.
9 Siehe dazu z.B. die Beiträge von M. F. Lowe: Das palästinensische „Kairos“-Dokument: eine Hintergrundanalyse sowie R. Schieder: EKD regt Diskussion über Wirtschaftsboykott Israels an. Beide Beiträge erschienen in Kirche und Israel, Neukirchener Theologische Zeitschrift, 25. Jahrgang, Heft 1/2010, 184-190 und 191-194.
10 Vgl. C. Schaeffer-Duffy: Palestinian Christians urge nonviolent resistance. National Catholic Reporter, 27.01.2010, in: https://www.ncronline.org/news/peace-justice/palestinian-christians-urge-nonviolent-resistance.
11 Vgl. S. Meißner: A Rebuttal to the Kairos Document – Erklärung zum Kairos Document (2009). Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit-Pfalz, in: http://www.christen-und-juden.de/html/kairos_rebuttal.htm.
12 Vgl. U. Duchrow: Kairos Palästina 2017. 50 Jahre israelische Besatzung – Wir dürfen nicht schweigen. Appell von Christinnen und Christen für einen Frieden durch Gerechtigkeit in Pa-lästina und Israel. KAIROS EUROPA e.V. , 18.10.2016, in: http://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2016/10/KPS-Appell-final.pdf.
13 Vgl. U. Duchrow: Kairos Palästina 2017. 50 Jahre israelische Besatzung – Wir dürfen nicht schweigen. Appell von Christinnen und Christen für einen Frieden durch Gerechtigkeit in Pa-lästina und Israel. KAIROS EUROPA e.V., 18.10.2016, in: http://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2016/10/KPS-Appell-final.pdf.
14 Ebd.
15 Vgl. BDS-Gruppe Bonn: Kampagne gegen Farid Esack: Offener Brief an die Akademie der Weltreligionen und die Grüne-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, 13.02.2017, in: https://bdsgruppebonn.wordpress.com/2017/02/19/kampagne-gegen-farid-esack-offener-brief-an-die-akademie-der-weltreligionen-und-die-gruene-fraktion-in-der-hamburger-buergerschaft/.
16 Vgl. J. Koch: Israelkritik beschäftigt Hamburgische Bürgerschaft. Die Welt, 28.02.2017, in: https://www.welt.de/regionales/hamburg/article162456285/Israelkritik-beschaeftigt-Hamburgische-Buergerschaft.html.
17 Vgl. Mission In The Context Of Empire: A Call For Global Theological For Palestine, 10/2015, in: http://www.cwmission.org/events/mission-in-the-context-of-empire-a-call-for-global-theological-resistance-for-palestine/.
18 Vgl. Mission In The Context Of Empire: A Call For Global Theological Resistance For Palestine, 10/2015, in: http://www.cwmission.org/wp-content/uploads/2015/10/Programme-Brief-Mission-in-the-Context-of-Empire-A-Call-for-Global-Theo-Resistance.pdf.
19 Vgl. A. Dietz / S. Gillich (Hrsg.): Armut und Ausgrenzung überwinden - Impulse aus Theolo-gie, Kirche und Diakonie, Leipzig 2016, S. 128.
20 Ebd. S. 117.
21 Ebd. S. 127.
22 Ebd. S. 135.
23 Ebd. S. 136.
24 Vgl. BDS-Kampagne: Pax Christi International: Appell für einen neuen israelisch-palästinensischen Friedensprozess: Zeit zur Neuverpflichtung. The International Catholic Peace Movement, 01.12.2016, in: http://bds-kampagne.de/2016/12/01/pax-christi-international-appell-fuer-einen-neuen-israelisch-palaestinensischen-friedensprozess-zeit-zur-neuverpflichtung/.
25 Vgl. A. Feuerherdt: Pax Christi: Im Namen des Friedens gegen Israel. MENA Watch, 25.04.2017, in: http://www.mena-watch.com/mena-analysen-beitraege/pax-christi-im-namen-des-friedens-gegen-israel/.
26 Vgl. Über EAPPI. in: http://www.eappi-netzwerk.de/uber-eappi/.
27 Ebd.
28 Vgl. M. Nseir et al.: Faith under occupation. The Plight of Indigenous Christians in the Holy Land. EAPPI/JIC/WCC, 02/2012, in: http://eappi.org/en/resources/publications/faith-under-occupation-2012. (Alle weiteren Zitate der EAPPI Publikation nach dieser Quelle).
29 Vgl. Middle East Monitor: Palestinian priest: Oust PA and start civil disobedience. Middle East Monitor, 07.03.2017, in: https://www.middleeastmonitor.com/20170307-palestinian-priest-oust-pa-and-start-civil-disobedience/.
30 Vgl. S. Littlewood: Palestine's 'Turbulent Priest' Delivers Blistering Easter Message. The Pales-tine Chronicle, 31.03.2010, in: http://www.palestinechronicle.com/palestines-turbulent-priest-delivers-blistering-easter-message/.
31 Vgl. NGO Monitor: Ecumenical Accompaniment Programme in Palestine and Israel (EAPPI). NGO Monitor, 09.02.2017, in: http://www.ngo-monitor.org/ngos/ecumenical_accompaniment_programme_in_palestine_and_israel_eappi_/.
32 Vgl. J. Frazer: Church Synod vote in support of EAPPI motion. The Jewish Chronicle, 09.07.2012, in: https://www.thejc.com/news/uk-news/church-synod-vote-in-support-of-eappi-motion-1.34272.
33 Vgl. W. Stegemann: „Brot für die Welt“ und „archaische Tötungsbefehle in der Hebräischen Bibel“. Audiatur Online, 26.01.2015, in: http://www.audiatur-online.ch/2015/01/26/brot-fuer-die-welt-und-archaische-toetungsbefehle-in-der-hebraeischen-bibel/.
34 Vgl. K. Betz et al.: Kommt und seht! - Reisen und Pilgern im Heiligen Land. Orientierungen für einen fair gestalteten Tourismus in Israel und Palästina unter Berücksichtigung des Völkerrechts. Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, 12/2014, in: https://shop.brot-fuer-die-welt.de/images/Kommt%20und%20seht!%20-%20Reisen%20und%20Pilgern%20im%20Heiligen%20Land .pdf.
35 Vgl. Brot für die Welt, 07.07.2014, in: https://info.brot-fuer-die-welt.de/sites/default/files/termine/conference-berlin-07072014.pdf.
36 Vgl. H. Evans: Alleged Terror Activist Lands Human Rights Post. The Daily Beast, 02.15.2011, in: http://www.thedailybeast.com/articles/2011/02/15/shawan-jabarins-controversial-appointment-to-human-rights-watch-board.html.
37 Vgl. S. Schanda: Palästinenser boykottieren jüdische Siedlungen. swissinfo.ch, 12.05.2010, in: Swissinfo.chhttp://www.swissinfo.ch/ger/gesellschaft/palaestinenser-boykottieren-juedische-siedlungen/8866912.
38 Vgl. Mitri Rahebs Rede an der „Christ-at-the-Checkpoint“ Konferenz 2010. Übersetzt von Hartmut Lenhard, in: http://www.kirche-und-israel.de/index.php?option=com_content&view=article&id=170&Itemid=63.
39 Vgl. Redaktion Audiatur: „Palästinensischer Theologe“ demontiert „Palästinensische Theolo-gie“. Audiatur Online, 24. 11. 2011, in: http://www.audiatur-online.ch/2011/11/24/palaestinensischer-theologe-demontiert-palaestinensische-theologie/.
40 Vgl. Pressebüro Deutscher Medienpreis: Deutscher Medienpreis 2011 für herausragende Sym-bole der Menschlichkeit (mit Bild). 13.01.2012, in: http://www.presseportal.de/pm/59327/2180648.
41 Vgl. T. Klatt: Pfarrer Mitri Raheb erhält Deutschen Medienpreis. Deutschlandfunk, 23.02.2012, in: http://www.deutschlandfunk.de/pfarrer-mitri-raheb-erhaelt-deutschen-medienpreis.886.de.html?dram:article_id=127763.
42 Vgl. S. Brown: Church leader accuses Israel of „ethnic cleansing“ of Palestinians. PCUSA News, 20.10.2000, in: http://archive.wfn.org/2000/10/msg00178.html.
43 Vgl. Middle East Monitor: Jerusalem Archbishop: Israelis aggression on Al-Aqsa targets Mus-lims and Christians. Middle East Monitor, 04.09.2014, in: https://www.middleeastmonitor.com/20140904-jerusalem-archbishop-israeli-aggression-on-al-aqsa-targets-muslims-and-christians/.
44 Vgl. N. Kevorkova: „We Palestinian Christians say Allahu Akbar“. RT, 30.01.2015, in: https://www.rt.com/op-edge/227871-palestinian-orthodox-christian-bishop/.
45 Vgl. D. Alexander Schacht: Erzbischof Theodosius Attaöah Hanna zu Gast in Hannover. Hannoversche Allgemeine, 19.02.2013, in: http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Erzbischof-Theodosius-Attalah-Hanna-zu-Gast-in-Hannover
Der Autor
vom Internationalen Institut für Bildung, Sozial- und Antisemitismusforschung in Berlin befasst sich mit internationalen Aspekten der Sozial- und Antisemitismusforschung und hat sich insbesondere mit der Gründungsgeschichte, den Statuten und der Praxis der sog. BDS-Bewegung, die zum Boykott israelischer Waren aufruft, auseinandergesetzt. Kontakt zum Autor und/oder COMPASS:
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