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ISSN 1612-7331
28.05.2014 - Nr. 1501
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Rezension: "Zweite Generation - Was ich meinem Vater nie gesagt habe"



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Original-Beitrag


Nachfolgend lesen Sie einen Original-Beitrag
des Journalisten Andreas Rehnolt.

COMPASS dankt dem Autor für die Genehmigung zur Wiedergabe
seiner Rezension an dieser Stelle.


"Zweite Generation - Was ich meinem Vater nie gesagt habe"


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Graphic-Novelle schildert die Situation eines jungen Juden, dessen Vater das Konzentrationslager überlebt hat 


Im Verlag Egmont Graphic Novel ist jetzt das Buch "Zweite Generation - was ich meinem Vater nie gesagt habe" erschienen. Geschrieben und gezeichnet hat es Michel Kichka - Ulrich Pröfrock hat es aus dem Französischen übersetzt. Im Vorwort erklärt der Autor, "Deutsch, Französisch und Hebräisch - in diesen drei Sprachen sollte meine grafische Erzählung unbedingt erscheinen. Auf französisch, weil es meine Muttersprache, auf hebräisch, weil ich vor vierzig Jahren entschieden habe, mein Leben in Israel zu leben und auf deutsch, weil in Deutschland die Weichen für das weitere Schicksal meiner gesamten Familie gestellt wurden.

Kichka's Vater ist Überlebender der Shoah, der 31 Monate im Konzentrationslager gewesen war. Dessen Vater und seine ganze Familie wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Der eindrucksvoll gezeichnete Band mit kurzen Texten, oft Gesprächen mit den Eltern, ist auch eine Auseinandersetzung mit dem Vater Henri, der auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in seiner Heimat Belgien immer noch ständig "vom Lager" sprach, Hitler imitierte und unendlich viele Bücher über die NS-Zeit und die Gräuel der Vernichtungslager hatte. 

Die Tränen kann man beim Lesen kaum zurückhalten. Besonders, wenn der Junge erzählt, er habe seinen Vater nie weinen sehen. "Er muss alle Tränen die er hatte im Lager geweint haben", heißt es da. Und als ob die Lagererfahrungen nicht schon genug gewesen wären. Der Bruder von Michel Kichka nimmt sich das Leben - ein weiteres Opfer der Shoah? Nach dem Ende seiner Berufstätigkeit verwendet der Vater einen Großteil seines Lebens darauf, in Schulen von dem Leben und Sterben in den Lagern zu berichten und Besuchergruppen in Auschwitz zu begleiten. 

"Alles, was er seinem Vater nicht gesagt hat, sagt er mit seinen Zeichnungen den Lesern", erklärt Dominique Bourel in seinem Vorwort. Bourel ist zur Zeit Gastprofessor des Walter-Benjamin-Lehrstuhls für deutsch-jüdische Kulturgeschichte am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität Berlin. Der in weiten Teilen traurige, oft aber auch wehmütige Band beginnt damit, dass der kleine Michel den Arm seines Vaters betrachtet und sich fragt, "wer hat ihm denn diese Nummer zwischen die Haare geschrieben?"

Der Vater wurde oft - vielleicht sogar ständig an das Lagrer erinnert. Beim Suppe essen etwa. "Die Suppe erinnert mich ans Lager, im Lager gab es so etwas nicht." Der kleine Michel wurde im Internat erzogen. Der Vater sagte immer zu ihm, er selbst habe die Schule wegen der Nazis nicht beenden köönnen. "Also sei du immer der Klassenbeste, versprochen?" Wenn Michel dann mit einem Topzeugnis nach Hause kam, antwortete der Vater: "Ich bin stolz auf Dich, Michel. Du bist meine Vergeltung an Hitler."

Und immer wieder hat der Junge Alpträume, sieht die Stacheldrahtverhaue um das Lager, fühlt sich von Hitler verfolgt. Als er die gebrochenen Zehen seines Vaters - eine Folge des Todesmarsches nach Auschwitz in Holzschuhen bei tiefsten Minustemperaturen - sieht, muss er sich abwenden. Und als der Vater ihn Jahre später in Israel besucht und er ihm im Gästezimmer zwei Handtücher aufs Bett legt, sind sie auch nach Tagen immer noch unbenutzt. Und der Leser erfährt, dass die Familie nach dem Zweiten Weltkrieg 20 Jahre lang in Belgien ohne Badezimmer gelebt hat.  

Noch mit 70 Jahren begleitet er dreimal jährlich Besuchergruppen von Brüssel nach Auschwitz. Ein Museum der Deportation in Vielsalm ist nach dem Vater benannt und er schrieb sogar ein Buch über seine Erlebnisse im Lager. "Die Gläubigen in den Lagern, die zu Gott gefleht haben, haben mich geärgert. Denn wenn es Gott gäbe, dann hätte es die Lager nie gegeben", sagt der alte Mann in der Graphic-Novelle. Und ganz am Ende, umgeben von seinen Enkeln in Israel, erzählt der Vater sogar selbst Shoah-Witze. Für den Autor Michel Kichka ist es eine lebenslange Aufgabe geworden, sich mit der Biographie seines Vaters und mit dem durch die Shoah verursachten Trauma seiner Eltern auseinanderzusetzen. 

Michel Kichka:
"Zweite Generation - Was ich meinem Vater nie gesagt habe"
Verlag Egmont-Graphic-Novel, 2014
Gebunden, 111 Seiten
ISBN: 978-37704-5505-8 - Euro: 19,99
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© Andreas Rehnolt
Microtext-Journalistenbüro




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