Deutschlehrkräfte fordern obligatorische Einbindung der Holocaustliteratur in die Curricula
Als ihre Mütter starben, wurden sie zu Wolfskindern
Wie es zum berüchtigten „Morgenthau-Plan“ kam
Paderborn und Auschwitz
Deutschlehrkräfte fordern obligatorische Einbindung der Holocaustliteratur in die Curricula
(Quelle: holocaustliteratur.de)
Der KMK-Beschluss „Erinnern für die Zukunft. Empfehlungen zur Erinnerungskultur als Gegenstand historisch-politischer Bildung in der Schule“ (Beschluss vom 11.12.2014) berücksichtigt zahlreiche relevante Ziele, Grundsätze und Formen des Erinnerns, blendet allerdings aus, dass Erinnern und Erinnerungskultur nicht nur Teil historisch-politischer, sondern dezidiert auch Teil sprachlich-literarischer sowie medialer Bildung sind. Daher muss die Verpflichtung auf eine Beschäftigung mit Holocaustliteratur in den Kerncurricula und Lehrplänen für das Fach Deutsch in allen Schulformen schnellstmöglich Berücksichtigung finden.
Dringlichkeit und Eile sind geboten, weil zahlreiche erschreckende Ereignisse und Geschehnisse, nicht erst seit der Jahrtausendwende, die Gefahren von Verdrängen und Vergessen in bedrohlicher Deutlichkeit dokumentieren. Nicht zuletzt jüngere Studien zum Wissen um den Holocaust bei jüngeren Menschen (etwa von Salzborn/Kurth 2019) müssen in diesem Zusammenhang tief besorgen. Daher muss eine Beschäftigung mit dem Holocaust zukünftig breiter und anders aufgestellt werden durch eine Verknüpfung von historisch-politischen Lernprozessen mit Formen ästhetischer Bildung. In der Kombination von Erinnern und Erzählen, von multidirektionaler Erinnerung und der Auseinandersetzung mit literarischen Inszenierungsmustern liegen große Chancen für sprachlich-literarische, zugleich für persönlichkeits- und entwicklungsfördernde Lernprozesse.
Zudem macht es das „Ende der Zeitzeugenschaft“, das Sterben der Überlebenden des Holocaust, erforderlich, die Beschäftigung mit fiktionalen und faktualen Zeugnissen sowie neuen medialen Formen der Erinnerung verbindlich im schulischen Bildungsplan, vor allem auch für das Kernfach Deutsch, zu verankern. Denn der Sozialraum Schule ist der einzige, den alle Menschen durchlaufen, dessen Beiträge zu einer modernen Erinnerungskultur also nicht zu überschätzen sind.
Zu den Fragen curricularer Implementierung einer Beschäftigung mit Holocaustliteratur hat der Fachverband Deutsch im Deutschen Germanistenverband e. V. im Rahmen des 27. Deutschen Germanistentages an der Universität Paderborn im September 2022 namhafte Forscherinnen und Forscher sowie Schulpraktikerinnen und -praktiker versammelt, die Potenziale eines zeitgemäßen Zugangs diskutiert und modellhaft vorgestellt haben.
Ein zentrales Ergebnis lautet: Die Auswahl an Texten und weiteren Medien sollte multiperspektivische Zugänge eröffnen, wobei fiktionale (epische, dramatische sowie lyrische) und ‚authentische‘ Holocaustliteratur einzubeziehen sind. Daneben ist an Comics, Graphic Novels, Filme und digitale Angebote zu denken; zudem sollte die Beschäftigung mit „Zeitzeugen-Interviews“ (gerade in ihrer digitalen Form) im Deutschunterricht endlich gestärkt werden. Ein zentrales Ziel der Auseinandersetzung mit Holocaustliteratur muss es sein, einen reflektierten Umgang mit Erinnerung im Allgemeinen und mit der Dichotomie von Fakten und Fiktionen im Besonderen zu schulen. Diese Erkenntnisse sind auch hilfreich, um die Vielgestaltigkeit von Erfahrungen einer heterogenen Schüler:innenschaft zu berücksichtigen und die Erinnerung an den Holocaust, wie auch anderer Genozide, in einer sich wandelnden Gesellschaft wach und relevant zu halten.
Der Fachverband Deutsch im Deutschen Germanistenverband e.V. ist die Interessenvertretung für Deutschlehrer:innen in allen deutschen Bundesländern.
Initiatoren:
Prof. Dr. Sascha Feuchert
StD Dr. Torsten Mergen
StD Christian Plien
Warum?
Alfred Kantor und sein Bild-Tagebuch der Lagerzeit
Eine Stimme für die Vergessenen
Zweite Schuld: Strafvereitelung im Amt
[HUMANISTISCHER PRESSEDIENST]Erinnern oder nicht
[JUNGLE WORLD]Kontroversen um Hakenkreuze auf Kirchenglocken
Was wussten die Weimarer Bürger vom KZ Buchenwald?
Sie wollen unbedingt Nazi-Gold finden: weshalb ein Dorf in den Niederlanden von Schatzsuchern überrannt wird
Wien: Gedenken an Auschwitz-Deportationen vom Nordbahnhof
«Es war schwer, für das Buch so tief zu gehen»
"Wenn uns das gelingt, hat Hitler endgültig verloren"
Abo-Hinweis
Dann abonnieren Sie unsere Seiten oder testen Sie uns vorab mit einem kostenfreien Schnupper-Abonnement!
Abo bestellen
Sie sind bereits Abonnent?
Dann melden Sie sich bitte erst mit Ihrem Benutzernamen und Passwort an, um die Fundstelle inkl. Quellenangabe und Link sehen und nutzen zu können!
Anmeldung