ONLINE-EXTRA Nr. 171
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Abraham Geiger (geb. 1810 in Frankfurt am Main, gest. 1874 in Berlin) war einer der ersten und wichtigsten Vordenker des Reformjudentums sowie einer der bedeutendsten jüdischen Gelehrten im Bereich der Wissenschaft des Judentums im 19.Jahrhundert. Geiger setzte sich für eine Anpassung historisch bedingter religiöser Ritualgesetze an die Gegenwart ein, was auf den Widerspruch der jüdischen Orthodoxie stieß. Als sein Hauptwerk gilt "Urschrift und Übersetzungen der Bibel" (1857). Innerhalb der Reformbewegung vertrat Geiger eine gemäßigte Position und versuchte zwischen den radikaleren und konservativen Auffassungen zu vermitteln. Geiger setzte sich beispielsweise für den Gebrauch des Deutschen in der jüdischen Liturgie ein und empfand die meisten Speisegesetze als unangemessen. Weniger bekannt, aber nicht minder bedeutend sind zudem Abraham Geigers bahnbrechenden Ansätze zu einer historisch-kritischen Koranforschung.
Dr. Wolf-Rüdiger Schmidt, evangelischer Theologe und ehemals langjähriger Redaktionsleiter im Bereich Kultur und Wissenschaft des ZDF, hat im Oktober diesen Jahres bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, der Jüdischen Gemeinde und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Wiesbaden einen Vortrag über Leben und Werk Geigers gehalten, der nachfolgend als ONLINE-EXTRA 171 erscheint. Schmidt charakterisiert Geiger nicht nur als folgenreichen Reformer des jüdischen Denkens, sondern würdigt auch Geigers Bemühungen um ein Verständnis des Islam und insbesondere sein "gewaltiges Gesprächsangebot an die damalige evangelische Theologie", die außer "in vielfältiger Empörung so gut wie nicht reagiert" hat - ein "Schrei, der ins Leere ging", wie Schmidt demgemäß seinen Beitrag überschrieb.
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Online-Extra Nr. 171
Wenn es nicht an der Potsdamer Universität ein Abraham Geiger Kolleg gäbe, an dem Rabbiner studieren können und ausgebildet werden, würde an den großen Gelehrten und liberalen Lehrer des Judentums kaum noch irgendwo in Deutschland erinnert. Noch nicht einmal die Stadt, in der Abraham Geiger im Wesentlichen seine durchaus radikalen Positionen entwickelte, nämlich Wiesbaden, verweist an irgendeiner Stelle, mit irgendeinem Namen oder Platz auf diesen bedeutenden Vertreter einer Wissenschaft des Judentums, der wie kaum ein anderer die innere Entwicklung der jüdischen Gemeinden weltweit geprägt hat.
Wer ist dieser Abraham Geiger, der von 1810 bis 1874 lebte? Zunächst war er ein bedeutender Wissenschaftler und Gelehrter, der mit 22 Jahren bereits durch eine prämierte Forschungsarbeit unter dem Titel „Was hat Mohammed aus dem Judenthume aufgenommen?“ den Islamwissenschaften einen entscheidenden, bis ins 20. Jahrhundert ausstrahlenden Impuls gab. Geiger ist darüber hinaus so etwas wie ein radikaler theologischer Schrittmacher. Er verfolgte in seiner wissenschaftlichen Arbeit konsequent den Gedanken der geschichtlichen Entwicklung der Religionen, besonders auch des Judentums. Das trifft tief ins Herz jeder Religion, die ihre Texte als übergeschichtlich, geoffenbart und heilig verehrt.
Geiger – das lässt sich nicht übersehen - ist als Nachfolger der Haskala, der jüdischen Aufklärung, auch ein großer Provokateur, an dem sich das Judentum des 19.Jahrhunderts bis heute nachwirkend spaltet – ganz gegen seinen eigenen Willen. Geiger war zudem ein wortgewaltiger Prediger. Er wollte den beginnenden Kampf zwischen Reform und Treue zum Gesetz, zur Tora, zwischen Liberalität und Orthodoxie in seiner Person, in einer Gemeinde, der Einheitsgemeinde zusammen halten.
Kindheit und Jugend: Der Weg aus dem Frankfurter Ghetto
Woher kommt Geiger, was ist sein lokaler und geschichtlicher Hintergrund? Abraham, geboren im Mai 1810, ist zunächst einmal ein Frankfurter Kind. Er ist der jüngste Sohn des „Beglaubigten der Gemeinde und Vorsängers“ Michael Lazarus Geiger , der nach dem Tod der ersten Frau noch einmal vier Kinder mit der zweiten Frau Röschen geborene Wallau hatte. Die Familie ist mindestens zweihundert Jahre bereits in Frankfurt ansässig.
Frankfurts Geschichte wird nachweislich seit 1074 von Juden mitgeprägt. Trotz kaiserlicher Privilegienrechte kommt es in der Freien Reichsstadt immer wieder zu Pogromen, Feuersbrünsten, Zerstörungen, zum Teil vom Frankfurter Patriziat selbst angestoßen. Die Leidensgeschichte und Ausgrenzung der Frankfurter Juden ist umfassend im Museum zur Judengasse dokumentiert. Um 1460 wird vom Rat der Stadt zunächst für 500 Familien ein räumlich sehr enges Ghetto eingerichtet, das später von tausenden von Familien bewohnt wird, die Frankfurter Judengasse. Seit dem späten Mittelalter gilt eine Judenstättigkeit, die den Juden unter anderem jeglichen Grundbesitz und Gerichtsbarkeit verbietet. Die Frankfurter Judenordnung ist eine der schlimmsten in den deutschen Landen. Sie erlaubte bis in Geigers Zeit nur ganz wenige Hochzeiten im Jahr, verbot die Überschreitung der Ghettogrenzen, zwang die jüdische Gemeinde auf unveränderlich kleinstem Raum zusammen mit für uns heute unvorstellbaren hygienischen Zuständen.
Erst durch die französische Revolution angestoßen und beschleunigt in der teilweisen Zerstörung des Ghettos durch napoleonische Truppen endet 1796 der Ghettozwang. 1806, also kurz vor Abrahams Geburt, erzwang der von Napoleon gestützte Mainzer Kurfürst und Erzbischof Karl von Dalberg, der später dann auch Großherzog von Frankfurt wurde, die endgültige Befreiung aus der extrem engen Gasse. Im Geburtsjahr Geigers wurden den Juden endlich „gleiche Rechte, Besitz und Eigentum, gleiche Erwerbsmöglichkeitsfähigkeit“ zugesprochen, die nach Napoleons Niederlage 1813 freilich wieder eingeschränkt werden.
Der Weg aus dem meist qualvollen Ghetto in die bürgerliche Gesellschaft sollte in Deutschland noch weitere Jahrzehnte dauern. Letztlich erfüllte sich die volle rechtliche Emanzipation wirklich erfahrbar erst 1871 mit der Gleichheit aller, auch der Juden, vor dem Gesetz. Genau in dieser Zeit steigerte sich jedoch der alte Judenhass erneut, diesmal nicht mehr antijudaistisch als Hass der Christen gegen die bekehrungsunwilligen Juden, sondern rassistisch mit dem neuen biologischen Denken begründet als Antisemitismus gegen eine „Rasse“. Darüber ist viel geschrieben worden und als einer der Gründe für den neuen Antisemitismus des 19. Jahrhunderts gilt der bürgerliche Neid über den raschen gesellschaftlichen Aufstieg der Juden seit der Zeit der französischen Revolution.
Preußen war bei der Gewährung bürgerlicher Freiheitsrechte – zumindest in den Städten – schon ein bis zwei Generationen weiter. Aus der Freundschaft des aufgeklärten Pfarrersohnes Gottfried Ephraim Lessing mit Moses Mendelssohn, der als kleiner behinderter Sohn des Dessauer jüdischen Gemeindeschreibers 1743 nach Berlin kam, hatte sich in intellektuellen Kreisen der Stadt ein ausgesprochen judenfreundliches Klima gebildet. Ein preußischer Staatsrat namens Christian von Dohm gehörte zu diesen Kreisen und veröffentlichte 1781 eine Schrift , die dann für die Judenemanzipation eine unerwartet große Bedeutung bekam. „Über die bürgerliche Verbesserung der Juden“, hieß das Büchlein. Dohm sah die elende Situation der Juden nicht in deren Religion begründet, wie es die christliche Gesellschaft gerne über die Generationen hinweg behauptete, auch nicht in angeborenen Eigenschaften. Für ihn war das Elend Resultat der jahrhundertelangen Ausgrenzung und Verfolgung. Die Schrift rief sofort große Aufmerksamkeit hervor.
Der Preuße von Dohm spielte dann auch in der Judenpolitik der französischen Revolution eine besondere Rolle. Graf Mirabeau als Vertreter des Dritten Standes in der Nationalversammlung bezog sich in seinem leidenschaftlichen Plädoyer zur Judenemanzipation ausdrücklich auf die Schrift des aufgeklärten deutschen Beamten und dann auch auf Moses Mendelssohn. Während die Juden in Frankreich 1790 schon die volle bürgerliche Gleichberechtigung erhielten, sollte es in Preußen in der Nachfolge von Dohms noch bis 1812 dauern, bis ein Emanzipationsedikt verordnete: „Die in unseren Staaten jetzt wohnhaften, mit Generalprivilegien, Naturalisationspatenten, Schutzbriefen und Konzessionen versehenen Juden und deren Familien sind für Inländer und preußische Staatsbürger zu achten ….“. Damit waren mancherlei Rechte verbunden, darunter Grunderwerb, freie Wohnungs- und Niederlassungswahl, die Ausübung jeglicher Art von Verwaltungsberufen, aber nicht das Recht, Hochschullehrer zu werden. Unter dieser massiven Ausgrenzung aus der deutschen Wissenschaftslandschaft litt der wissenschaftlich sehr begabte Geiger erheblich.
Geiger war ungewöhnlich intelligent und neugierig. Als kleiner Junge lernt er natürlich bereits Hebräisch und Aramäisch, die Sprachen der Bibel und des Talmud, jenem großen, die Tora auslegenden Werk des rabbinischen Judentums der ersten Jahrhunderte. Abraham Geigers jüngster Sohn Ludwig berichtet ausführlich über diese frühe Phase seines Vaters in seiner Biographie, auf die ich mich hier auch beziehe.1 Die Frankfurter Geigers leben arm und streng observant, also gesetzestreu orthodox, dessen „tiefster Grund das Nichtnachdenken“ war, wie Sohn Ludwig meint schreiben zu müssen. Insofern verlief die Erziehung Abrahams durch den geliebten Vater auch in einer „gewissen Enge“. So durfte er nicht in das 1804 gegründete, später sehr renommierte Frankfurter Philanthropin eintreten. Diese Schule war zunächst eine Elementarschule, die für die damalige Zeit revolutionär jüdische und christliche Lehrer hatte und den jüdischen und christlichen Schülern ein systematisches Lehrangebot lieferte. Der Junge lernt schnell, hat Privatunterricht , liest viel, unter anderem Beckers Handbuch der Weltgeschichte, wie er in seinem Tagebuch festhält, dieses mit der Genehmigung der Eltern aber nur, wenn er das Kapitel über die jüdische Geschichte auslässt.
BÜCHER von Wolf-Rüdiger Schmidt
Schritte zum streng historisch denkenden Wissenschaftler
Mit dem Zeugnis eines Privatgelehrten, also ohne Abitur, beginnt Geiger in Heidelberg zu studieren, schwankt zwischen Orientalistik und Theologie, begegnet intensiv nun zum ersten Mal im Leben Nicht-Juden, besonders dann in Bonn, dem zweiten Studienort. Er liest begeistert allgemeine Philosophie, Herder und Lessing, Kants Kritik der reinen Vernunft, also den deutschen Bildungskanon. Zum ersten Mal auch taucht der Begriff von einer „Wissenschaft des Judentums“ auf, von einem Judentum, das sich den modernen Wissenschaften stellt, um „aus dem Judentum heraus die Judenheit neu und frisch belebt zu gestalten“. Aber darüber wagt der 19-jährige mit seiner Mutter – der Vater war gerade gestorben – nicht zu reden.
In Bonn kommt es dann zu einer Begegnung, ja zu einer Freundschaft, die für die Geschichte des Judentums im 19. Jahrhundert nicht unwesentlich ist. Geiger lernt Samson Raphael Hirsch kennen und gründet in Bonn mit ihm einen Rednerverein. Man übte das Predigen in deutscher Sprache und kritisierte sich anschließend gegenseitig. Hirsch, später Landesrabbiner in Emden und dann in Mähren, wird seit den 50er Jahren zum Antipoden des liberalen Geiger. Als sehr gebildeter Kopf der Neo-Orthodoxie, wie die „Reaktion“ auf die Neuerungen der Reformer besonders des Synagogengottesdienstes genannt wird, vertrat Hirsch gegen Geiger das jüdische Religiongesetz als geoffenbartes göttliches Wort, das unverändert und unberührt von jeder historisch-kritischen Relativierung bleiben muss.
Hirsch forderte nach 1850 zum Austritt aus den damals zunehmend liberal dominierten Einheitsgemeinden auf. Damit wurde die Gegnerschaft der beiden unüberwindbar. Hirschs neue Gemeinden nennen sich „Israelitische Religionsgemeinschaften“ . In einer der ersten von ihnen, in Frankfurt wird Hirsch Oberrabbiner. Ähnliche Austrittsgemeinden bilden sich dann auch in Darmstadt, Mainz und auch Wiesbaden. Aus Freunden wurden so Gegner. 2
In der Bonner Zeit schrieb Geiger in wenigen Monaten die bereits erwähnte Arbeit „Was Mohammed aus dem Judenthume aufgenommen hat“ und bekam dafür den Preis der Königlich-Preußischen Rheinuniversität. Er durchbricht in seiner Schrift die bis dahin übliche christliche Bewertung des Propheten als eines Scharlatans, Betrügers und Zauberers und zeigt in sehr exakter historischer Arbeit am arabischen Text, dass der Koran vielfältige Elemente aus jüdischer, auch rabbinischer Tradition übernommen hat. Damit war natürlich klar gesagt, dass diese „heilige“ Schrift nicht Gottes Offenbarung sei, sondern ein Werk des geschichtlichen Werdens. Die Preisarbeit des 21jährigen wurde in kurzer Zeit deutschlandweit bekannt und gelobt, besonders von der beginnenden Islamwissenschaft, die sich damals noch „Orientalistik“ nannte, aber auch innerhalb der protestantischen Theologie.
"Mit Geiger erscheint einer der Großen des Judentums im noch ländlichen Wiesbaden"
Nach seinem kurzen aber sehr erfolgreichen Studium ist Geiger gezwungen, Geld zu verdienen. Er hat sich nun endgültig entschlossen, Rabbiner zu werden und bewirbt sich von Frankfurt aus auf die gerade in Wiesbaden frei gewordene Rabbinerstelle. Wiesbaden, das weiß der junge Geiger, ist nicht Frankfurt, auch keine Universitätsstadt, sondern eher ein größeres Dorf. Fast stimmt noch das etwas später von Heinrich Riehl formulierte Wort: „Wenn die Wiesbadener Bauern auf dem Feld sind ist kein Bürger in der Stadt“. Immerhin werden 1832, dem Jahr von Geigers Bewerbung, noch die Schafe durch die Stadt getrieben, was die Polizei allerdings zu verhindern sucht. Auch die beiden Schweinehirten sollen ihr Vieh nur noch frühmorgens oder spätabends durch die Kirchgasse, Saalgasse und Nerostraße führen dürfen.
Die am Badebetrieb gut verdiendende Bürgerschaft fühlt sich einerseits durch die übergeordneten staatliche Polizeibehörde eingeengt, andererseits glaubt sie in den Startlöchern zu sitzen, um vieles endlich selbst in die Hand nehmen zu können. Es ist auch hier die Zeit des bürgerlichen Aufbruchs , die für Wiesbaden der Frankfurter Professor Wolf-Heino Struck in seiner Monografie „Wiesbaden im Biedermeier“ sehr konkret und lesenswert beschreibt. 3 Der Kurbetrieb, der als ein „verjüngend“ beschriebenes Lebensgefühl nun weit über die Region hinaus immer bekannter wurde, war noch privat. 1832, dem Jahr von Geigers Bewerbung und Einstieg, kamen meist vom Mai bis September nach den unvollständigen Kurlisten 20.000 Gäste in die Stadt. Auch zwei Juden besaßen seit dem späten 18. Jahrhundert Badehäuser. Einer von ihnen, der Besitzer des Hauses „Zum Halben Mond“, Israel Sabel, war bis 1819 Vorsteher der Wiesbadener Gemeinde. Er und seine Söhne werden auch in den nächsten Jahrzehnten in der Gemeinde sehr präsent sein. Mit dem mehrfach vorgebrachten Hinweis, dass es „dem jetzigen Zeitgeist“ nicht mehr entspreche, in bürgerlichen Angelegenheiten den Glauben einer Person zu erwähnen, gelingt es Sabel 1810, dass sein Badehaus nicht mehr am Ende der Liste mit dem Hinweis „jüdisch“ steht. Es rückt nach vorne unter die anderen Wiesbadener Anschriften. Mit dem „Zeitgeist“ meinte der Badehausbesitzer die französische Revolution, die quasi in Mainz zehn Jahre lang vor der Haustür praktiziert wurde. Ich erwähne dies, um anzudeuten, dass kurz vor Geiger die Wiesbadener Juden so etwas wie ein frühbürgerliches Selbstbewusstsein hatten, mit dem sie bestimmte Rechte durchzusetzen wussten.
Aber der Wohlstand der Sabels und vielleicht auch der des jüdischen und in der Gemeinde sehr engagierten Ellenwarenhändlers Michael Windecker kann nicht überdecken, dass große Teile der Wiesbadener Judenschaft „blutarm“ waren, wie es das nassauische Oberamt festhält. Das gilt noch mehr für die Landgemeinden ringsum. Dort lebten bis ins frühe 17. Jahrhundert nachweisbar alteingesessene Judenfamilien, im Jahr 1806 etwa im nahe gelegenen Bierstadt 4 Familien, das sind gut 20 Personen, in Dotzheim 5, in Erbenheim und Kloppenheim je eine, und in der kleinen Residenzstadt Biebrich 14 Juden mit ihren jeweiligen Familien. Mit ihnen, auch mit ihrer meist geringen Bildung wird es der „Dokterrabbiner“ Geiger schnell zu tun bekommen.
Der Judenleibzoll war auch in Wiesbaden unter dem Druck der liberalen, durch den napoleonischen Kurfürst eingeleiteten Gesetzgebung 1806 abgeschafft worden. Dennoch mussten eingeborene Juden, wie es hieß, zu ihrem Schutz noch immer 500 Gulden Vermögen nachweisen, zur Abschreckung auswärtige aber 1500 Gulden. Anders als in Frankfurt gab es in Wiesbaden kein Ghetto. Jüdische Familien sind bis in 14. Jahrhundert nachweisbar4 , seit dem 17. Jahrhundert vermehrt. Sie legten 1750 einen eigenen Friedhof außerhalb der Stadtgrenzen an. Zu Geigers Zeiten umfasste die jüdische Bevölkerung über 200 Männer und Frauen. Trotz Napoleon, von Dalberg und Frankfurt kann von bürgerlicher Gleichberechtigung in Wiesbaden Anfang der 30-er Jahre nicht die Rede sein. Sie wird erst 1848 theoretisch und mit der Reichsgründung 1871 praktisch einklagbar durchgesetzt.
Als 1830 der Rabbiner Abraham Tendlau stirbt, entsteht in der Gemeinde über die Frage der Nachfolge ein Dissens. Einige wollen den wissenschaftlich gebildeten, als sehr sanftmütig geschilderten Dr. Salomon Herxheimer aus dem nahen Dotzheim, der später als Landesrabbiner in Bernburg-Anhalt durch ein weit verbreitetes Lehrbuch noch bekannter werden wird. Andere wünschen sich Samuel Salomon aus Igstadt, dessen Kenntnisse, wie es heißt, auf Bibel und Talmud „beschränkt“ sein sollen. Da man ihm mit dieser Beschränkung wohl nicht zutraut, Religionsunterricht zu halten, lehnt ihn die Gemeinde ab. Später, 1840, wird er wie andere, zum Beispiel jene mit dem Nachnamen Mosis, von der oberen Polizeibehörde gezwungen, seinen Nachnamen gegen einen deutsch klingenden auszutauschen und er nennt sich „Ickstädter“. Samuel Ickstädter spielt dann als älterer Mann auch bei der Spaltung in eine reformorientierte liberale und eine orthodoxe Gemeinde in den 70er Jahren eine Rolle.
Nach diesem Dissens und dem Verzicht Herxheimers auf eine weitere Kandidatur kommt Geiger ins Spiel. Ein wenig stolz schreibt Wolf-Heino Struck in seiner Geschichte „Wiesbaden im Biedermeier“ über Geiger: „: Mit ihm erscheint hier einer der großen Männer aus der Geschichte des deutschen Judentums im 19. Jahrhundert. Man hat ihn als Baumeister des modernen Judentums bezeichnet“. 5
Nach einer wohl sehr gelungenen Vorstellungspredigt im November 1832 konnte Geiger sofort einen Vertrag mit dem Vorstand der Gemeinde abschließen, der ihm ein schmales Gehalt von 400 Gulden im Jahr und eine möblierte Wohnung gewährte. Geiger sollte „vorzüglich“, wie es hieß, predigen, Religionsunterricht halten, die Synagogenaufsicht übernehmen, alle „Kopulationen“ und Eidesleistungen unter Israeliten durchführen. Die 400 Gulden erlaubten Geiger nicht, zur Übergabe seiner Doktorarbeit nach Bonn zu fahren. Auch konnte er mit dem geringen Gehalt nicht Emilie Oppenheim heiraten, allerdings auch nicht, weil es die „grausamen Bestimmungen, unter denen die Frankfurter Juden litten“ (Ludwig Geiger) nicht zuließen, dass jährlich mehr als zwei „jüdische Familianten“ heiraten durften. Emilie, die er 20jährig bei Verwandten kennen gelernt hatte, traf er bis zur Heirat acht Jahre später nur einmal in Bonn zur Verlobung und einmal flüchtig 1836 im Sommer in Koblenz.
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Für eine Erneuerung und Fortentwicklung des Judentums
Geigers Zeit in Wiesbaden soll nicht einfach gewesen sein. Während Susannah Heschel, amerikanische Professorin für Jüdische Studien, die sich wie kein anderer jahrelang mit Geiger befasste6 , von einer nicht glücklichen Zeit spricht, schreibt Sohn Ludwig von einer durchaus angenehmen Zeit in Wiesbaden. Geiger wurde neben seiner Gemeindearbeit jedenfalls sehr schnell wissenschaftlich und auch politisch aktiv. So machte er bei der Regierung in Nassau für das Judentum Vorschläge zur Errichtung des jüdischen Kultur- und Schulwesens, gründete eine israelitischen Männergesangverein, entwarf ein Konzept für ein jüdisches Hospital, das erst 1855 genehmigt wird.
Wichtiger jedoch für die Wiesbadener Zeit sind einige andere Initiativen. So sind es zunächst Geigers Bemühungen, den Synagogengottesdienst zu reformieren. Er schafft z.B. die Rezitation mittelalterlicher Klagegebete ab, formuliert Anstandsregeln für die Synagogen und versucht insgesamt „innerhalb bescheidenster Grenzen“ für Ruhe und Wohlanständigkeit im Gotteshaus zu sorgen. Geiger ist damit in Wiesbaden noch weit entfernt von dem, was in dieser Zeit in anderen deutschen Städten an Reform begann. Zu erwähnen wäre der viel beachtete und kritisierte Synagogenbau in Seesen am Harzrand 1810, dem Geburtsjahr Geigers. Diese Synagoge besaß eine Orgel, eine Glocke, einen deutsch singenden Chor, der Rabbiner trug einen Talar und predigte ganz nach dem Vorbild protestantischer Pfarrer. Auch gab es keine Trennwand mehr zwischen Männern und Frauen. Israel Jabobson, der sein Modernisierungsprogramm später in Hamburg mit der Gründung eines Tempelvereins und dann in Berlin fortsetzte, wurde hier von der preußischen Regierung gestoppt, die damals in wachsender Furcht vor jeglichem Wandel lebte, ob religiös oder politisch.
Geiger ging voran, aber er litt wohl heftig daran, dass die Fortentwicklung nicht schnell genug möglich war. Das wird auch in seinen Wiesbadener Texten deutlich. Ein Schreiben dieser Art findet sich in Ludwig Geigers Dokumentensammlung , einen Brief vom 25. Januar 1836 an den Gemeindevorstand, wo man den schönen Satz lesen kann: „Ich segne den Zeitpunkt, da ich nicht mehr bei einer jeden kleinen Verbesserung unseres Gottesdienstes, der leider sehr oft bis jetzt den Namen eines knechtischen Dienstes … trägt, und sich nicht der freien würdigen Verehrung des einzigen heiligen Gottes und Allvaters zu erheben vermag, auf engherzigen oder böswilligen Widerspruch aus ihrer Mitte selbst zu stoßen fürchten muss“ 7
Die „Verehrung des Heiligen Gottes“, das war für Geiger der Kern, alles andere war geschichtliche Entwicklung und damit reformfähig. Es sollte der Monotheismus sein, der Glaube an den einen, einzigen Gott, der das Geschenk des Judentums an die Menschheit bildet, wohingegen er in den Gebeten der Liturgie die scharfe Abhebung Israels gegenüber den übrigen Völkern der Welt zurück zu drängen versuchte. 8.
In der Wiesbadener Zeit muss es gewesen sein, in der Geiger das moderne Bild des Doktorrabbiners weiterentwickelte. Die Verbindung zum allgemeinen Wissen und Denken der Zeit sollte in den „allsabbatlichen Predigten“ nicht zu kurz kommen, womit er auch die „Durchdringung des Judentums mit den Ansichten des allgemeinen Menschentums“ in den Vordergrund zu stellen versuchte9 . Und so gründete Geiger auch in Wiesbaden die weltweit allererste „Wissenschaftliche Zeitschrift für jüdische Theologie“ 1835. 10
Geiger war in den ersten Jahren voller Enthusiasmus, dass es gelingen könnte, die christliche Seite in ein Gespräch mit dem Judentum hineinzuziehen. Er bewunderte damals noch die Liberalität und Wissenschaftsoffenheit des Protestantismus. Auch war er mit dem Wiesbadener Pfarrer Robert Haas befreundet und verfasst in seiner Zeitschrift regelmäßig Rezensionen über christliche Werke. Wöchentlich las er intensiv, wie es einer der Freunde beobachtete, die von dem konservativen Protestanten Wilhelm Hengstenberg herausgegeben Evangelische Kirchenzeitung. Diese frühe Bewunderung schlug später, wie noch zu zeigen sein wird, in heftige Polemik um. Sein Rabbinat mit seinem aufgeklärten wissenschaftlichen Denken zu verbinden, war für Geiger kein Problem. Auch gegenüber der Praxis gab er nicht die Überzeugung auf, dass „alles was sich vorfindet, keine bindende Kraft habe“ – und deshalb reformiert werden kann. Ich vermute, dass wir heute die dahinter stehende Radikalität nicht mehr voll verstehen können. Sie war bereit, vieles Gewachsene gegen erheblichen Widerstand aufzugeben in der Hoffnung, den innersten, man kann auch sagen: den spirituellen Ursprung freizulegen. Fromm zu sein und das Motto Kants, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, waren für die Maskilim, die aufgeklärten Juden, keine Gegensätze. „Durch Wissen zum Glauben“, nannte Geiger das. Christen wie sicher auch Juden kommt das im 21. Jahrhundert nicht mehr so optimistisch über die Lippen.
Das hat Gründe, die ebenfalls bis in Geigers Zeit zurückgehen. 1835 war gerade eines jener Bücher erschienen, das radikal zu Ende gedacht, den Abschied vom Glauben, dem christlichen zunächst, bedeutete. Ich meine „Das Leben Jesu – kritisch betrachtet“ von David Friedrich Strauß, das seinerzeit unerhörtes Aufsehen erregte. Strauß versuchte mit Hilfe der damals gerade in den Altertumswissenschaften entwickelten Methodik alle neutestamentlichen Erzählungen als Mythos und als Produkt des dichtenden urchristlichen Gemeindegeistes zu verstehen. Dies gelangte über Feuerbach bis zu Karl Marx und wirkte bei der Entstehung des historischen Materialismus und dessen bis in unsere Zeit virulenten Atheismus mit. Eine wilde Zeit waren die 30er und 40er Jahre des 19. Jahrhunderts und Geiger wirkte kräftig aus seiner kleinen möblierten Wiesbadener Wohnung mit. Natürlich lehnte er in einer sehr frühen Rezension Strauß ab, besprach ihn aber doch sehr wohlwollend in seiner Zeitschrift, und auch ein wenig schadenfroh, wie Susanna Heschel meint 11.
Ja, er war mit seiner historisch-kritischen Methodik gar nicht so weit von Strauß‘ Radikalität weg, wenn er gegen die äußere Gestalt religiöser Texte sehr missverständlich formulierte: „Der Talmud muss weg, die Bibel (muss weg) – jener Komplex von meistens sehr schönen und erhabenen, vielleicht den erhabensten menschlichen Büchern, muss als Göttliches weg“ 12 . Gemeint ist nicht die Abschaffung der Texte, sondern die historische Betrachtung quasi „von unten“, von dem Ort her, an dem sie entstanden sind, mit allen Risiken der Entzauberung.
Die Opposition der Wiesbadener Landgemeinden
Solche Überlegungen verstanden natürlich in Wiesbaden um 1835 nicht viele. Viele wussten es gar nicht, wie radikal, wie modern ihr Rabbiner dachte. Man bewunderte ihn und spürte, dass es ihm um eine wirkliche Erneuerung ging. Und man sah, dass er über die kleine Residenzstadt Nassaus hinaus wirkte, wenn er 1837 die erste moderne Rabbinerkonferenz nach Wiesbaden einberief. Geiger glaubte, die einzuführenden Erneuerungen gründlich mit anderen diskutieren zu müssen. Vierzehn renommierte, meist promovierte Rabbiner folgten dem Ruf des 27jährigen und reisten von Stuttgart, Fürth, Brilon und so fort damals noch sehr umständlich und kostspielig in die kleine nassauische Residenzstadt. Trotz konkret wenig greifbarer Ergebnisse gilt diese erste Rabbinerkonferenz als bedeutender Meilenstein der Geschichte des deutschen Judentums.
Erstaunlich ist die Toleranz der damaligen jüdischen Gemeinde. Diese ist wohl auch eine Antwort auf die Fähigkeit Geigers, trotz „klarer Kante“ eher kleinbürgerliche orthodoxe Landflüchtige und liberalere städtische Gemeindemitglieder zusammen zu halten (So sieht es der Biograf H. Bomhoff). Man schätzte den jungen „Herrn Rabbiner“. Viele hätten es sogar gerne gesehen, wenn die Landesregierung, die ja direkt in die innere Verwaltung der Gemeinde eingreifen durfte, Geigers Antrag stattgegeben hätte, Landesrabbiner zu werden. Die Opposition gegen ihn kam eher aus den umliegenden Landgemeinden. So wollte zum Beispiel 1835 die Dotzheimer Gemeinde sich von der Hauptgemeinde trennen, weil sie sich von dem Wiesbadener Rabbiner in „ihrem Gewissen bedrückt fühlte“ 13 . Das Anliegen der acht Familien, fünf davon sollen einigermaßen bemittelt gewesen sein, wird zurück gewiesen.
Heftiger und folgenreicher ging es bei einer weiteren Petition 1838 zu, die von dreizehn Landgemeinden im Ministerium vorgetragen wurde. Geiger entferne sich von den jüdischen Religionsgebräuchen, hieß es da, feiere den Sabbat nicht in gehöriger Weise, verrichte nicht gebührlich die Wochengebete, ja, wolle das Judentum „bis auf die Wurzeln ausrotten“ 14 . Das war natürlich eine schlimme Verzerrung, ja Diffamierung. Dahinter standen die Vorsteher von Biebrich, Mosbach, Bierstadt, Hochheim, Hattersheim, Niederhofheim und Breckenheim. Das schien Geiger zu reichen. Er kündigte am 17. Juni 1838, wohl auch, weil die dürftigen Wiesbadener Gulden nicht reichten, um endlich eine Familie zu gründen. Seinem Antrag wird mit Bedauern stattgegeben, versehen mit dem Zeugnis der Wiesbadener Gemeinde, dass man ihn schmerzlich vermissen werde und wünsche, „dass das innige Band, welches uns an Sie geknüpft, durch einen bleibenden Ausdruck bezeugt werde“ 15.
In der Tat hielt dieses Band. Geiger kam gelegentlich wieder nach Wiesbaden zurück, empfahl den Religionslehrer Benjamin Hochstädter als Nachfolger, der dann als Rabbiner das Ziel aufstellte, für Wiesbaden eine neue, moderne Synagoge zu bauen. Unter und gegen Hochstädters Nachfolger , dem eher konservativen Dr. Samuel Süßkind, bildet sich 1852 eine kleine Nebensynagoge mit zunächst 11 Personen und dem bereits erwähnten Samuel Ickstädter an der Spitze. Diese Gruppe, so schildert es Wolf-Heino Struck, gilt 1869 als „Grundstock“ der neugebildeten orthodoxen jüdischen Religionsgesellschaft16.
Hochstädters Ziel einer neuen Synagoge lässt sich schließlich in den 60 Jahren noch mit direkter Unterstützung des nassauischen Herzogs und mit den Plänen des Wiesbadener Architekten Baurat Philipp Hoffmann realisieren. Diese Synagoge stand, wie wir alle wissen, Ecke Michelsberg und Schulberg. Sie ist mit ihrem orientalischen Schmuck, der sich zunehmend in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck auch des wachsenden Selbstbewusstseins im Synagogenbau durchsetzt, versehen mit klassizistischen Elementen, „das liebste Werk“, wie er sagte, des Baurats Hoffmann, der kurz vorher, 1862, die Marktkirche gebaut und vollendet hatte. – Abraham Geiger war es, der bei der Einweihung dieser repräsentativen Synagoge am 14. August 1869 die „große Sabbatpredigt“ hielt, die mit dem Satz endete: „Israel ist“ – „ist weise, voll hingebender Tatkraft“ 17 . Am 10. November wurde dieses Gebäude wie hunderte andere in Deutschland von nationalsozialistischen Bürgern Wiesbadens niedergebrannt und zerstört, ohne dass andere Bürger dieser Stadt oder gar die Kirchen gegen diesen barbarischen Akt einschritten.
BÜCHER von und über Abraham Geiger
Von der Wiesbadener Enge in die weite Welt der Breslauer Konflikte
Mag Wiesbaden „zu eng“ gewesen sein, wie Geiger in einem Brief später schreibt, so war der Weg aus der Enge in die Weite doch schwierig. Geigers Programm der „Ausgrabung des fast erdrückten Geistes des Judentums“, wie er es auf der 1. Rabbinerkonferenz in Wiesbaden vorgetragen hatte, war nicht überall gewünscht, was er besonders auch bei seiner Frankfurter Familie erfahren musste. Nach einer kleinen Verschnaufpause erfährt er von einer freien Stelle in Breslau. Die Reise mit einem hölzernen Koffer von Frankfurt dorthin dauerte seinerzeit fast 8 Tage. Vier Tage nach der Ankunft soll er bereits einen gottesdienstlichen Vortrag halten.
Die Breslauer jüdische Gemeinde ist jung und mit über 5400 Mitgliedern sehr groß. Sie war 1838 gespalten zwischen einer Gruppe um den betagten und angesehenen orthodoxen Rabbiner Salomon Tektin und einem jüngeren Gemeindevorstand, der einen „Gottesgelehrten“ von „umfassend biblischer und talmudischer Gelehrsamkeit“ verbunden mit einer gründlichen wissenschaftlichen Bildung suchte. Gegen Geigers Predigt, die einen „ganz außerordentlichen Eindruck“ hinterlassen haben soll, protestierte der Tiktinflügel sofort. Mehr noch: Er zeigte Geiger beim Breslauer Polizeipräsidenten und der Breslauer Regierung an. Geiger habe deutsch gepredigt, die Hände beim Gebet flach gehalten und den Blick nach oben gerichtet. Die Beschwerde wurde abgelehnt, aber nun kommt es zu einem monatelangen Streit, der bis zu „Seiner Majestät“ geht, auch mit der Verleumdung verbunden, Geiger habe „in Nassau in sehr zweideutigen politischen Verbindungen“ gelebt18 . Das Gefährliche für Geiger war eine Kabinettsorder vom Dezember 1823, einer Zeit bereits, in der das fortschrittliche preußische Emanzipationsedikt von 1812 fast schon wieder vergessen war. Danach durften Synagogengottesdienste „nur nach hergebrachtem Ritus und ohne die geringste Neuerung in der Sprache und den Zeremonien“ durchgeführt werden19 . Nach sehr unerfreulichem Hin-und-Her, bei dem offensichtlich auch Alexander von Humboldt ein positives Votum abgab, wird Geiger endlich zweiter Rabbiner der Breslauer Gemeinde. Kurz danach fährt er zunächst einmal nach Frankfurt um zu heiraten.
Obwohl er von einem Teil der Gemeinde gefeiert wird, arbeitet die Opposition weiterhin heftig gegen den neuen Rabbiner. Andererseits ergreifen Breslauer Bürger Partei für ihn, so zum Beispiel sowohl der protestantische Hauptgeistliche als auch der Domkapitular. In der Breslauer Zeitung schrieb der Katholik, wie sehr ihn eine Predigt Geigers beeindruckt habe, ja, dass Geiger ihn an die alten Kirchenväter erinnere und wie eng und harmonisch der Rabbiner „Erbauliches“ und „Belehrendes“ zusammenbringe.
Neben der vorsichtigen Fortsetzung der Gottesdienstreform und vielfältiger wissenschaftlicher Arbeit, über die hier zu berichten den Rahmen sprengen würde, verfolgt Geiger weiterhin seine Forderung nach der Einrichtung einer Jüdisch-Theologischen Fakultät an einer deutschen Universität. Tatsächlich gelingt es ihm mit Hilfe der Stiftung des wohlhabenden Gemeindemitgliedes Fränkel 1854 eine Jüdische Hochschule Breslau in Gang zu setzen – und muss dann erfahren, dass man ihn bei der Stellenbesetzung übergangen habe. Die Enttäuschung war riesengroß, wie der Sohn und auch andere schreiben. Der Oberrabbiner von Sachsen, Zacharias Frankel, bekam die Stelle, ein Reformer zwar auch und gelehrter Mann, der sich aber mit seinem „positiv-historischem Judentum“ von Geiger vielfältig absetzte, nicht zuletzt im Festhalten an der hebräischen Gebetssprache. Mit Zacharias Frankel taucht im Leben Geigers nach dem erwähnten großen Samson Raphel Hirsch, dem Begründer der Neo-Orthodoxie, eine weitere herausragende Orientierungsgestalt des 19.Jahrhunderts auf, der mit seiner starken Bindung an das traditionelle jüdische Leben die Entwicklung einer dritten Richtung des Judentums einleitet, nämlich die konservative Richtung 20.
In die Breslauer Zeit fällt auch der frühe Tod seiner Frau Ottilie 1860, die ihm vier kleine Kinder hinterlässt. Er soll ihnen ein liebevoller Vater gewesen sein. Einige Briefe aus etwas späterer Zeit an die Kinder sind bekannt, etwa einer an den Sohn Ludwig als dieser das Studium der jüdischen Theologie abbricht. Der mehrseitige Brief, abgedruckt in der Biographie, ist das Dokument feinfühligster Annäherung an die innere Lage des 18-jährigen Sohnes, ein Ruf, den eigenen Weg zu gehen („Die Rücksicht auf mich darf Dich nicht bestimmen“) 21 , sich nicht irritieren zu lassen durch „die Annahme eines 1800 Jahre zurückliegenden zum Abschluss gekommenen Ideals“, stattdessen die freie Gestaltung des Judentums zuzulassen. Ich kann nicht verhehlen, dass Texte wie dieser Brief, mögen sie unter dem Aspekt des bewahrenden Umgangs mit Religion noch so riskant sein, bis heute zu den besten Zeugnissen eines aufgeklärten Glaubens gehören.
Der historische Jesus gehört zum Judentum
Die Breslauer Zeit Geigers wird unter dem wissenschaftlichen Aspekt besonders von der Erarbeitung eines herausragenden Werkes bestimmt, das den Titel „Urschrift“ trägt22 . Die Urschrift gilt als Geigers Meisterwerk, als ein Meilenstein, der ein völlig neues Licht auf die Zeit der Entstehung des Christentums wirft und zahlreiche bisherige Urteile und christliche Vorurteile etwa über die geschichtlichen Pharisäer und Sadduzäer zerstört. Geigers Opus Magnum wird von allen wissenschaftlichen Zeitschriften Europas gewürdigt, von den Orientalisten sogar bejubelt, von den orthodoxen Juden geschmäht, von protestantischer Seite meist zutiefst empört und zunehmend auch beleidigt zurückgewiesen.
Aus traditioneller christlicher Perspektive kann man diese Zurückweisung durchaus verstehen. Geiger als geschulter Historiker greift tief in die Geschichte, um den Anfang eines misslungenen Verhältnisses von Judentum und Christentum zu erhellen. Er wird damit zum ersten, der konsequent Jesus als Juden darstellt, als pharisäischen Juden, als einen Rabbi, der von machthungrigen Aposteln verraten wird, besonders von Paulus. Aus Geigers Sicht waren die von der christlichen Überlieferung geschmähten Pharisäer die eigentlich fortschrittliche Bewegung der Zeit um Jesus. Der historische Jesus habe lediglich gegen pharisäische Halbherzigkeiten gekämpft und erst die Evangelien hätten die Pharisäer als Heuchler, Verräter, engstirnige Gesetzesvertreter gegenüber der „Herrlichkeit Jesu“ in der Geschichte installiert. Und diese heuchlerischen und engstirnigen Pharisäer schleichen dann im christlichen Bewusstsein durch die weitere europäische Geschichte: Als die geborenen Verräter, späte Juden, deren Geschichte bereits ans Ende gekommen ist, so dass ihnen nichts als nur noch die Bekehrung zum Christentum übrig bleibe.
Für Geiger hat Paulus den jüdischen Monotheismus zwar übernommen, aber durch heidnische Philosophie verfälscht und verraten. Es sind, so seine zutreffende Sicht, historisch hingegen die fortschrittlichen Prinzipien der Pharisäer gewesen, die dem Judentum nach der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 durch die Römer in einer rabbinischen Theologie einen neuen starken Überlebenswillen, eine neue theologische, philosophische und poetische Lebendigkeit einpflanzten. 23 Über diese Entwicklung sehen die Kirchen, nicht zuletzt auch das Studium der christlichen Theologie sogar heute noch gerne großzügig hinweg.
Was Geiger in seinem sehr gelehrten, von großer Sprach- und Textkenntnis getragenen Buch „Urschrift“ und dann auch in seinen Vorlesungen „Das Judentum und seine Geschichte“ (1863) vortrug, war eine „unerhörte Umkehrung des herkömmlichen Blickwinkels: „Abraham Geiger“ – so sein Biograf Bomhoff - „ist der erste Jude, der christliche Texte einer detaillierten Analyse aus explizit jüdischer Perspektive unterzieht“ 24 . Geiger wollte damit nicht nur die Dominanz des Christentums brechen und die Gleichwertigkeit des Judentums dokumentieren, sondern auch dem liberalen Reformwillen des Judentums im 19.Jahrhundert eine Spitze geben.
Aus heutiger Sicht ist bereits methodisch gesehen die Umkehrung des Blickwinkels äußerst anregend, wenn natürlich auch für das Christentum nicht ohne Untiefen. Vieles lässt sich aus der anderen Perspektive zwar neu bewerten und manches – siehe etwa das Bild Geigers von Paulus – geht aus christlicher Sicht entscheidend an die Substanz. Aber das war von Geiger ja auch geplant. Es sollte eine „Gegengeschichte“ werden. Für das christliche Denken des 19. Jahrhunderts war es unabhängig von der historischen Faktizität her klar, dass das Judentum die unterlegene Religion bleiben muss. Gleichwertigkeit, die Geiger anstrebte, war ein Sakrileg. Bereits die Aussage, das Judentum sei die Quelle des Christentums und dann auch die des Islam, war, so ein Rezensent, „eine Unverschämtheit“. Noch bedrohlicher schien es, wenn Geiger auf den pharisäischen Rabbi Hillel, den weitherzigen Prediger der Nächstenliebe hinwies, der wenige Jahre vor dem historischen Jesus sehr ähnliches wie die Bergpredigt verkündete. Hillel als einen der Begründer der rabbinischen Theologie auf die gleiche Stufe zu stellen wie den christlichen Erlöser, konnte offensichtlich nur als tiefe „Beleidigung“ der Christen aufgenommen werden25.
Ein neuer Dialog über die Grenzen hinweg ist zwingend
Natürlich ergeben sich aus Geigers zunehmend konfrontativerem Kurs, den auch sein Sohn in der großen Biografie des Vaters beklagt, einige Fragen: Was etwa wäre geschehen, wenn die durchaus historisch-kritisch wie Geiger gebildete evangelische Theologie des 19. Jahrhunderts mit ihren Bataillonen von Pfarrern, Religionslehrern, Professoren etc. sich intensiver mit Geiger befasst hätte, wie es dieser erwartet hatte und verdient hätte? Geiger, den Protestanten anfangs zugeneigt, hätte vermutlich Überspitzungen vermieden, sich vielleicht auf eine Diskussion der Methodik des Dialogs eingelassen, die ihm natürlich noch ebenso fremd war wie dem christlichen Gegenüber. Was wäre geschehen, wenn die Kirchen früher begriffen und es zugelassen hätten, dass ihr Jesus tatsächlich zunächst dem Judentum gehört, dass der in der Bibel so wohlfeil gescholtene Pharisäer, der zum Negativbild des europäischen Anti-Juda-ismus wurde, historisch gesehen der Startpunkt eine respektablen Reformbewegung des nachbiblischen Judentums war, mehr noch: dass sich das Neue Testament nur aus den Kontexten des Judentums vor und zur Zeit Jesu historisch adäquat verstehen lässt? Wäre dann der Widerstand der Kirche gegen den mörderischen Antisemitismus des 20. Jahrhunderts vielleicht etwas kräftiger ausgefallen?
Gefragt werden müsste allerdings auch, ob Geigers früher Versuch eines Dialogs über die eigenen Grenzen hinaus vom Ansatz her erfolgreich sein konnte. Es ist eine Frage, die aus dem Wissen und den Katastrophen des 20.Jahrhunderts kommt: Kann ein Dialog damit beginnen, dass man dem Gegenüber ein Stück seiner eigenen Identität wegnimmt? Das haben die Christen über Jahrhunderte mit den Juden gemacht. Und das versucht Geiger dann auch, durchaus als „Gegengeschichte“ verständlich, umgekehrt mit dem Innersten des Christentums - mit seiner historisch durchaus begründeten Entzauberung des christlichen Jesus. Insofern ist der große aufgeklärte jüdische Theologe, Rabbiner und Reformer auch eine tragische Gestalt, die darauf aufmerksam macht, dass ein neuer Dialog über die Grenzen hinweg irgendwann doch wieder sinnvoll sein könnte.
Geigers weiterer Lebensweg nach der Breslauer Zeit sei noch kurz angedeutet: Er bleibt ein leidenschaftlicher Vertreter der Einheitsgemeinde und wird so sowohl ein Gegner des in Frankfurt gegründeten Reformvereins als auch der neuorthodoxen Bewegung um Samson Raphael Hirsch. Jeden Schein einer Spaltung will er vermeiden Nach Breslau und einer kurzen Zeit als Rabbiner der liberalen Hauptsynagoge in Frankfurt wird Geiger nach Berlin berufen. Er zögert und will endgültig Zusagen für die Errichtung einer Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Die bekommt er und wird der Direktor der ersten zentralen Schule des liberalen Judentums weltweit. Diese findet dann nach den bekannten Abgründen und Untiefen des 20. Jahrhunderts seit 1999 an der Potsdamer Universität nun als „Abraham-Geiger-Kolleg“ eine würdige Nachfolge. - Leider kann Geiger seine Forschungs- und Vorlesungstätigkeit nur wenige Jahre ausüben: er stirbt 1874 mit 64 Jahren durch einen Hirnschlag.
Unabhängig von den Auseinandersetzungen, die mit dem Namen Geiger in den aktuellen Diskussionen zwischen Neoorthodoxie, Liberalem und Konservativem Judentum verbunden sind, sehe ich in Abraham Geiger einen ungewöhnlich modernen, aufgeklärten Zeitgenossen. Wie nur wenige versuchte er radikal die Prinzipien der Aufklärung und damit dem Primat des eigenen Denkens zu folgen und dennoch dem Kern der historisch gewachsenen Religion, bei ihm dem innersten Kern des Judentums treu zu bleiben. Das war nicht wenig und es konnte nicht unbedingt immer gut gehen. Geiger hatte erkannt, dass die Kraft der alten, traditionsbildenden Texte der Religionen, die Kraft der Bibel und des Talmud einschließlich der dazu gehörigen gewachsenen Rituale und Alltagsgesetze nicht in der Behauptung ihres Offenbarungscharakters liegt. Wohl aber in ihrer Fähigkeit, das menschliche Leben und Zusammenleben einzigartig und tiefgründig zu verstehen und zu regeln. Das macht Geigers Ansatz einerseits ungewöhnlich geeignet, mit der modernen religionsfernen Szene ins Gespräch zu kommen. Dass dieser Perspektivenwechsel andererseits für viele bis heute ein Schritt zu weit nach vorne ist und sogar als Verrat an einem gesetzestreuen Leben verstanden werden kann, hat er jedoch schwerwiegend unterschätzt. Das ist und war wohl seine Schwäche.
Insofern könnte es stimmen, was der jüdische Religionsphilosoph Gershom Scholem beklagte: „Geigers Schrei ging in die Leere“ – und dennoch, so sieht es aus, ist seine Stimme bis heute nicht verhallt.
ANMERKUNGEN
1 Ludwig Geiger, Abraham Geiger. Leben und Lebenswerk. Berlin 1910; ebenfalls biografisch: Hartmut Bomhoff, Abraham Geiger. Durch Wissen zum Glauben. Berlin 2006; umfassend der Hintergrund Geigers: Susannah Heschel, Der Jüdische Jesus und das Christentum, Berlin 2001.
2 Mehr zu diesem komplexen geschichtlichen Prozess der Aufspaltung des Judentums in zwei oder auch drei Gruppierungen – es bildete sich noch eine sogenannte „Gemeindeorthodoxie“ – ist bei Michael Brenner/Michael Meyer u.a. im 2. Band der „Deutsch-Jüdische(n) Geschichte in der Neuzeit“, Berlin 1996 nachzulesen. Siehe auch Michael Brenner, Kleine Jüdische Geschichte, München 2008; zur theologischen Entwicklung im 19. Jahrhundert: Karl Erich Grözinger, Jüdisches Denken , Band 3, Berlin 2008(???); ein Porträt der jüdisch-deutschen Epoche 1743-1933 in: Amos Elon, Aus einer anderen Zeit, München 2002; Dokumente auch in: Iris Pollatscheck/Wolf-Rüdiger Schmidt, Der Brennende Dornbusch, Glanz und Elend der Juden in Europa, Gütersloh 2004
3 Wolf-Heino Struck, Wiesbaden im Biedermeier, Wiesbaden 1981
4 Struck S.47 ff
5 Struck S. 73. Um zu zeigen, dass ein bedeutender Historiker Wiesbadens bereits vor über 40 Jahren der Stadt klar zu machen versuchte, welch überragende Gestalt sie mit Geiger in ihren „Mauern“ hatte, zitiere ich weiter: „Geiger hatte die geistige Situation seiner Zeit mit ihrer Neigung zum religiösen Indifferentismus und die Problematik des Judentums in dieser Lage voll erfasst. Er war selbst von den damaligen Freiheitsbestrebungen voll ergriffen und rüttelte an den herkömmlichen Institutionen. Seine Lebensaufgabe sah er darin, durch wissenschaftliche Erkenntnis die Werte der Tradition zu läutern und zu beleben. Getragen von dem entschiedenen Willen, das geistige Wesen des Judentums zu erkennen und in seiner dauernden Bedeutung festzuhalten, reformierte er veraltete Formen und bahnte eine jüdische Theologie an….“.
6 Siehe Anm. 2
7 Ludwig Geiger S.37
8 Brenner/Meyer S. 131
9 Ludwig Geiger S.29
10 Heschel S.186; Brenner/Meyer S. 156
11 Ludwig Geiger S. 29f
12 Ludwig Geiger S. 32
13 Ludwig Geiger S. 34
14 Ludwig Geiger S.35
15 Struck S.75
16 Struck S. 76
17 Ludwig Geiger S. 59
18 Ludwig Geiger S. 52
19 Brenner/Meyer S. 146 ff
20 Ludwig Geiger S. 181
21 Genauer: Urschrift und Übersetzung der Bibel in ihrer Abhängigkeit von der inneren Entwicklung des Judentums, Breslau 1857.
22 Die Sadduzäer, die Partei des Priesteradels hingegen, die im Neuen Testament besser da steht, konnte nach Geiger dann im Christentum ihren Platz finden, was etwa der Hebräerbrief mit der dortigen Vorstellung des ewigen Hohenpriesters belegt.
23 Bomhoff S. 16
24 Heschel S. 317. Susannah Heschel hat in ihrem Buch „Der jüdische Jesus und das Christentum“ die riesige Abwehrwelle, die Geiger in seinen letzten Lebensjahren und dann nach seinem Tod auch seine Schriften überrollte, akribisch erforscht und belegt. Es finden sich dort zahlreiche Namen der offiziellen evangelischen Theologie, etwa Franz Delitzsch, Heinrich Holtzmann, Julius Wellhausen, Wilhelm Bousset, später Adolf von Harnack, Ritschl, Kähler und so fort: Es durfte einfach nicht sein, dass die negative Folie aller christlichen Predigten und Reden, dass nämlich die Pharisäer die heuchlerischen Götzendiener und Gesetzesversessenen sind, von denen sich Jesus um so heller als Gottessohn abhebt, historisch in Frage gestellt wird. Und so gab man um die Jahrhundertwende der Frage nach dem Jüdischen in der Bibel lieber überhaupt keinen Raum mehr, ja, es wurde sogar ernsthaft darüber diskutiert, wie es der große Adolf von Harnack, vorschlug, ob das jüdische Alte Testament wegen seiner „niedrigen religiösen Ansichten“ nicht ganz aus dem Kanon zu entfernen sei (Heschel S.365). Da ist es dann auch nicht verwunderlich, wenn bedeutende neutestamentliche Historiker des 20 Jahrhunderts mit dem Begriff „Spätjudentum“ das endgültige Ende des Judentums in den ersten Jahrhunderten immer noch assoziierten, ja, dass eine durchaus nicht geringe Zahl derer, die sich mit rabbinischer Theologie aus Evangelischer Sicht im 20. Jahrhundert befassten, handfest in die antisemitische Propaganda verstrickt waren , wie Fiebig, Kuhn, Leipold und auch Otto Michel, Chef des nach dem Krieg gegründeten Tübinger Institutum Judaicum und späterer Israelfreund, dessen frühe NSDAP - Vergangenheit erst in den letzten Jahren bekannt wurde.
Der Autor
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Dr., Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, AG Wiesbaden; Redaktionsleiter bis 2002 im ZDF-Bereich Kultur und Wissenschaften;
Redakteur zahlreicher TV-Dokumentationen zu Israel/Judentum; Autor v.Büchern, u.a.: „Der Mann aus Galiläa,“ (Gütersloh 1991). „ Der brennende Dornbusch. Glanz und Elend der Juden in Europa"(Gütersloh 2003, zus. mit Iris Pollatscheck).
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