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ISSN 1612-7331
08.05.2008 - Nr. 917
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60 Jahre Staat Israel - Ein Aufruf zur Solidarität



60 Jahre Staat Israel
Ein Aufruf zur Solidarität




Im Mai 2008 feiert der Staat Israel seinen 60. Geburtstag.

Die Idee zur Errichtung eines jüdischen Staates entstand im 19. Jahrhundert. Die Einsicht, dass Juden nicht nur eine verstreute Religionsgemeinschaft sind, sondern ein Volk und eine Nation mit Selbstbestimmungsrecht, das es in seiner historischen Heimat verwirklicht, wird heute noch von vielen Menschen bestritten. Wie einst in Europa das Lebensrecht der Juden, wird heute – mit fast den gleichen Argumenten – die physische Existenz des Staates Israel in Frage gestellt.

Mit viel Willenskraft und tiefer Überzeugung, mit Entschlossenheit und Intelligenz haben viele Juden durch ihrer Hände Arbeit vor über hundert Jahren damit begonnen, den Aufbau dieses Staates einzuleiten. Mit vielen Risiken und enormen Entbehrungen schafften es die Israelis, ab dem 15. Mai 1948 eine Heimat für mehr als die Hälfte des jüdischen Volkes aufzubauen und so auch den weiterhin in der Welt verstreuten Juden die Gewissheit eines sicheren Zufluchtsortes zu bieten. Sie setzten damit einen Beschluss der Vereinten Nationen vom 29. November 1947 um.

Heute blicken wir auf eine reiche und blühende israelische Kultur und Literatur sowie auf eine in den modernen Technologien international wettbewerbsfähige israelische Wirtschaft. Israel heute ist ein ganz normaler Staat westlich-demokratischer Prägung. Das verdient unsere Anerkennung und unseren Respekt.

Gleichwohl schiebt sich vor diese Wahrnehmung eines blühenden und kreativen Staates 60 Jahre nach seiner Entstehung immer wieder die seines langen Kampfes um Sicherheit, seiner Verteidigung gegen fortdauernde Angriffe. Wenn der Staat Israel den 60. Jahrestag seiner Gründung begeht, so kann er das auch dank seiner militärischen Stärke. Diese muss um des Überlebens willen sein und bleiben. Die Sicherung seiner Bürger – bis hin zu Wachpersonal vor jedem Supermarkt, vor Restaurants und in Stadtbussen, um Attentate zu verhindern – gehört zum alltäglichen Aufwand. In Europa schwindet, so scheint es, das Verständnis für diese Notwendigkeit, obgleich sogar in Deutschland und andernorts in Europa jüdische Einrichtungen wie Festungen gesichert und rund um die Uhr bewacht werden müssen – und dies keineswegs nur aus Furcht vor Rechtsradikalen!

Die Wahrnehmung des Staates Israel wird zunehmend durch eine klischeehafte Einschätzung des nahöstlichen Konfliktfeldes getrübt. Ursache und Wirkungen werden verwechselt. Doppelte Standards werden angelegt.

Im Nahen Osten ist der Antisemitismus zu einer religiös gestützten Ideologie aufgestiegen, im Gefolge des europäischen Wahns des 19. und 20. Jahrhunderts. Dies dient zur ideologischen Munitionierung bei der Aufrüstung mit Raketen im Süden Libanons und im Gaza-Streifen sowie in Syrien. Und nicht auszudenken ist, was geschehen wird, wenn dem Iran der Griff nach Nuklearwaffen gelingen sollte.

Der Staat Israel ist nach dem Holocaust, aber nicht wegen des Holocaust entstanden. Hingegen sind es die Holocaustleugner (wie etwa im Iran), die heute seine Existenz massiv und völlig unverhohlen bedrohen. Wer Auschwitz leugnet, will Auschwitz!

Die Hoffnungen, die viele mit dem Osloprozess verbunden haben, sind bitter enttäuscht worden. Der Terrorkrieg und die Korruption der PLO-Führung haben ihre unmittelbaren Folgen in der Machtergreifung der Hamas im Gazastreifen. Jene schwachen Kräfte unter den Palästinensern, die einen eigenen Staat an der Seite Israels anstreben, werden von denen in Schach gehalten, deren manifestes Ziel die Vernichtung des Staates Israel ist.

Wir anerkennen darum dankbar, dass sich die deutsche Bundesregierung in Wort und Tat zum Recht des Staates Israel bekennt, seine Bürger zu schützen und seine Sicherheit zu verteidigen. Sie tut das im Verbund mit Regierungen anderer europäischer Staaten und natürlich mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Dieselbe Entschlossenheit ist auch im Blick auf die bedrohlichen Nuklearaufrüstungsbemühungen im Iran festzustellen. Die Verantwortung, die der Staat Israel für sein politisches und sicherheitspolitisches Handeln trägt, kann ihm jedoch niemand abnehmen.

Selbstverständlich machte Israel in den vergangenen 60 Jahren auch Fehler. Kein Mensch, kein Staat in der Welt, ist fehlerfrei. Wir halten es jedoch für entscheidend, dass Israel nicht mit anderen Maßstäben als andere Staaten oder gar mit doppelten Standards beurteilt wird.

Wir lehnen die verbreitete selbstgerechte und besserwisserische Kritik sowie einseitige Schuldzuschreibungen ab. Wir beobachten mit Sorge wachsende Tendenzen zur Delegitimierung des jüdischen Staats. Diese schließen an alteuropäische judenfeindliche Traditionen an und werden über den Nahostkonflikt instrumentalisiert.

Wir stehen dafür ein, dass die Aufbrüche zu einem neuen, humanen und moralischen Verhältnis zu den Juden, wie sie nach 1945 gesellschaftlich und kirchlich stattgefunden haben, bewahrt und verteidigt werden. Dies gilt auch und besonders für unsere gesellschaftlichen Diskurse über den jüdischen Staat.

Kritiker Israels sehen in der Siedlungspolitik, im Verlauf des Sperrwalls (hierzulande absichtlich „Mauer“ genannt) und in den Straßensperren das Grundübel des Nahostkonflikts. Jene Kritiker vergessen, dass Israel in drei Kriege verwickelt war, ehe die erste Siedlung in den besetzten Gebieten errichtet wurde, dass es bis 1987, bis zum Ausbruch der ersten Intifada, nicht eine einzige Straßensperre im ganzen Land gab und dass erst in der Folge von grausamen Attentaten auf die Zivilbevölkerung der Sperrwall als Schutzmaßnahme gebaut wurde. Wir erkennen, dass spätestens seit dem Abzug Israels aus dem Sinai im Rahmen des Friedensvertrages mit Ägypten und einer Auflösung seiner Siedlungen dort sowie seit dem einseitigen Abzug aus Gaza 2005 klar ist, dass Siedlungen kein Hindernis sein müssen und dass Grenzen verschoben werden können.

Wir plädieren darum mit Nachdruck
* für eine gerechte und faire Beurteilung der Ursachen und Folgen des Nahostkonfliktes,

* für eine neue Friedensinitiative der Staatengemeinschaft, die zu einem Ende der Gewalt und schließlich zu einer Zweistaatenlösung führt,

* für eine uneingeschränkte Unterstützung des Staates Israel in seinem Überlebenskampf gegen Fundamentalisten und Extremisten, die diesen Staat zerstören wollen.

Erstunterzeichner:

Elfriede Begrich,
Pröpstin zu Erfurt – Nordhausen
Dr. Johannes Gerster, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Mainz
Albrecht Lohrbächer, Freundeskreis Kirche und Israel in Baden, Weinheim
Ricklef Münnich, evangelischer Präsident des deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GcjZ), Erfurt
Prof. Dr. Ekkehard W. Stegemann, Theologisches Seminar, Basel


Mitunterzeichner:

Hans-Helmut Eickschen,
Mitglied des Vorstands des Deutschen Koordinierungsrates der GcjZ; Moers
Anke Eymer, MdB, CDU, Lübeck
Henry H. Faktor, Geschäftsführer, Frankfurt
Prof. Dr. Hubert Frankemölle, katholisches Mitglied im Vorstand des DKR und Mitglied der "Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum bei der Deutschen Bischofskonferenz”
Michael Frieser, CSU-Fraktionsvorsitzender, Nürnberg
Dr. Lukrezia Jochimsen, MdB, Die Linke, Berlin
Helmut Klotz, Kammersänger, Leipzig
Claudia Korenke, Public Relations GmbH, Frankfurt
Prof. Drs.h.c. Manfred Lahnstein, Bundesminister a.D., Hamburg
Dr. Hans Maaß, Mitglied des Vorstands des Deutschen Koordinierungsrates der GcjZ; Karlsruhe
Dirk Niebel, MdB, stellv. Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe!
Iris Neu, Journalistin, Saarbrücken
Dr. Christoph Münz, Mitglied des Vorstands des Deutschen Koordinierungsrates der GcjZ; Hrsg. COMPASS-Infodienst; Greifenstein
Prof. Dr. Abi Pitum, Mitglied des Vorstands des Deutschen Koordinierungsrates der GcjZ, München
Prof. em. Dr. Dr. h.c. Peter von der Osten-Sacken, Berlin
Prof. em. Dr. Rolf Rendtorff, Heidelberg
Dr. Eva Schulz-Jander, katholische Präsidentin des Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Kassel,
Franz-Helmut Schürholz, Präsident des LKA Baden-Württemberg, a.D., Stuttgart
Kirsten Serup-Bilfeldt; Journalistin, Köln
Prof. Dr. Wolfgang Stadje, Osnabrück
Prof. Dr. Klaus Wengst, Bochum
Prof. Dr. Michael Wolffsohn, München



Dem Aufruf schlossen sich inzwischen an (Stand 6.5.2008)

Jörg und Ursula Baden, Goch; Dagmar Barth, Kauffrau, Mannheim; Johannes Barth, Journalist, Mannheim, Richard und Franziska Dietz, Ulm; Michael Dorsch, Rektor i.R., Jena; Dr. Ulrike Eggeling, Ärztin, Heidelberg; Ulrike Eichweber, Duisburg; Wolfgang Fath, Studiendirektor, Hirschberg; Rolf und Hedwig Emmerich, Laupheim; Traute Feisel, Apothekerin, Heidelberg; Hans-Joachim Föller, Journalist, Meiningen; Manfred Froese, Diakon, Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Rhein-Neckar; Heinrich Gehring, Stadtsuperintendent i.R., Essen; Cornelia Gönner-Gaub, Laupheim; Elisabeth Gönner, Laupheim; Siegfried Graumann, Diakon, Braunschweig; Hannes Greiling, Bundesgeschäftsführer RKB Solidariät, Mannheim; Dr. Beate Großklaus, Pfarrvikarin, Heidelberg; Volker Heidmann, Hamburg; Christoph Helbig, Pfarrer, Nettetal; Burghardt Heller, Journalist, Neubrandenburg; Helmut Hempfling, Pädagoge, Bamberg; Irene Hahn, Studienrätin, Langenau; Christel Heinemann, Braunschweig; Heiner Herbst, Braunschweig; Andrea Hering, Hamburg; Marion Hofmann, Hessdorf; Jasmina Huber, Musikwissenschaftlerin, Düsseldorf;  Marion Jablonski, Pastorin, Göttingen; Lucian Jacobi, Pastor i.R., Erfurt; Meggie Jahn, wiss. Mitarbeiterin im Bundestag, Berlin; Walter Jäger, Braunschweig; Dr. Anton Maria Keim, Bürgermeister a.D., Mainz; Daniel Kempin, Musiker, Frankfurt; Rosemarie Kerres, Mediengestalterin, Krefeld; Prof. Dr.-Ing. Johannes-Henrich Kirschner, Braunschweig; Beate Kirschner, Braunschweig; Karl-Heinz Klein-Rusteberg, Geschäftsführer GcjZ, Essen; Maria KlupschNeumann, Gemeindereferentin, Krefeld; Joachim Klupsch, Geschäftsführer der GcjZ, Krefeld; Dr. Andrea M. Kluxen, Kulturreferentin, Bezirk Mittelfranken; Dr. Gertraud Koellner, Chemikerin, Neu Ulm; Dr. Klaus Kreppel, Studiendirektor, Bielefeld; Dr. med. Karlgeorg Krüger, Essen; Tobias Krull, Kreisvorsitzender der Jungen Union, Magdeburg; Henning Kühner, Braunschweig; Dr.-Ing. Carsten Liesenberg; Universität Rostock; Susanne von Loeffelholz, Psychotherapeutin, Königswinter; Christof Maihoefer, Ulm; Dr. Peter Meves, Augenarzt, Stade; Suzan Meves, Übersetzerin, Stade; Dr. Erhard Michel, Zahnarzt, Osnabrück; Dieter Münker, IHK-Hauptgeschäftsführer a.D., Augsburg; Wolfgang Müller, Ulm; Stefan Georg Murk, Industriekaufmann, Baiersdorf; Hiltrud Neidhardt, Oldenburg; Manfred Oelsen, Kassel; Andreas Oetjen, Journalist, Cuxhaven; Heide Padberg, Berlin; Gerd und Brigitte Pfitzner, Mannheim; Dr. Egbert Richter, Baukaufmann, Weinheim; Rudolf Schneeberger, Angestellter, Neustadt a.d. Aisch; Kai Schweigmann-Greve, Justitiar, Hannover; Horst Selbiger, Journalist, Nentershausen; Rudolf W. Sirsch, Generalsekretär  des Deutschen Koordinierungsrates der GcjZ, Bad Nauheim; Felicitas Sommerfeldt, Arzthelferin, Weinheim; Bernhard Speller, Pfarrer, Minden; Mo-nika Stadje, Osnabrück; Prof. Dr. Wolfgang Stegemann, Augustana-Hochschule; Neuendettelsau; Dieter Steil, Gießen; Michael Striss, Pfarrer, Willich-Anrath; Dr.Lisl Strzelewicz, Hannover; Univ.Prof. Claudius Tanski, Salzburg; Günter Tiemann, Bielefeld; Dr. Elke Tönges, Bochum; Dr. Werner Transier, Hist. Museum der Pfalz, Speyer; Werner Trutwin, Bonn; Siegfried Vergin, langjähriges SPD-MdB, Mannheim; Dr. Peter und Inge Vogel, Hemsbach; Stefan Voß, Pfarrer, Karlsruhe; Prof. em. Dr. Gordon Wassermann, Bochum; Rita Weiler, Braunschweig; Alfred Wittstock, Lehrer, Uni Mainz, Mainz; Lothar Klein, Dresden; Maya Zehden, Geschäftsführerin der GcjZ, Berlin




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