INTERNATIONALE PRESSESCHAU
14. Februar 2008
Stimmen nach dem Super Tuesday
Das elfte Gebot für Juden laute: “Du sollst ein liberaler Demokrat sein”, so der Analyst Hank Sheinkopf im Gespräch mit dem Forward.1 Und da jüdische Wähler besonders häufig ihre Stimme abgeben, trugen sie überproportional zum Sieg der Demokraten bei. In New York stellten sie sogar 17 Prozent der demokratischen Wählerschaft (und nur 4 Prozent des republikanischen Elektorats, darunter viele Orthodoxe). Die genauen Wahlergebnisse für die einzelnen Bevölkerungsgruppen, darunter auch die jüdische, findet sich auf MSNBC.2
Mittlerweile steht fest: Clinton hat die Mehrheit der jüdischen Wähler in New York, New Jersey und Arizona überzeugen können, während Obama bei den Juden in Massachusetts, Connecticut und auch Kalifornien (entgegen erster Prognosen) Erfolg hatte.3
Gleichwohl, die Rolle der jüdischen Wähler scheint im Wandel begriffen zu sein. In der Jewish Week kündigt James D. Besser ein “neues Zeitalter ethnischer Politik” an. Das jüdische Votum bleibe zwar wichtig, die eigentliche Neuigkeit sei jedoch der zunehmende Einfluss der lateinamerikanischen und afroamerikanische Wählerschaft. In Kalifornien etwa trugen 29 Prozent der Lateinamerikaner zu dem demokratischen Wahlergebnis bei, die Juden nur 5 Prozent.4
Spekuliert wird weiterhin, für was für eine Nahostpolitik Obama steht. Ron Kampeas nimmt sich zwei Facetten aus Obamas Rede am Super Tuesday vor: Zunächst einmal Obamas Bekenntnis, dass er im Gegensatz zu Clinton bereit sei, sich mit Amerikas Feinden, darunter Iran, zu treffen. Clinton hat diesen Vorstoß damit pariert, dass sie sich mittlerweile ebenfalls dazu bekennt, mit Iran und Syrien sprechen zu wollen, wenn auch nicht gleich im ersten Amtsjahr. Der zweite Punkt gilt Obamas Ablehnung einer Gesetzesänderung, mit der die iranische Revolutionsgarde als terroristische Organisation eingestuft wurde – begründet aus dem Verdacht, dies könnte ein Freibrief sein, den Iran anzugreifen. Clinton rechtfertigt ihre Zustimmung dazu mit dem Hinweis, das Gesetz sei so formuliert, dass dies ausgeschlossen werden könne.5
In der New York Times fasst Roger Cohen noch einmal die bekannten Pros und Kontras von Obamas bisheriger Israel- und Nahostprofil zusammen und versucht, ein ausgewogenes Bild zu zeichnen.6
In der Jerusalem Post plädiert Amotz Asa-El dafür, dass die traditionelle Frage „Who will be best for the Jews“ ersetzt wird durch die nüchterne Frage, welcher Kandidat die besten Chancen hat, Amerikas geopolitischen Status wieder herzustellen.
„To us, the right candidate should not be judged by what he or she says or doesn't say about us. Even if Henry Ford and Charles Lindbergh now became US president and VP, what would they do to us? Assemble an Evian Conference, like Roosevelt did, where all the nations of the world would compete in explaining why they wouldn't welcome Hitler's intended victims? There are no oppressed Jewish communities anywhere in the world anymore. Make us retreat from Sinai, the way Eisenhower did in '57? We already left Sinai, Lebanon and Gaza, too. Threaten to cut US aid to us, the way Gerald Ford did in 1975? The days when that aid was 20 percent of our national product are prehistory; we live in the times of Ben Bernanke, when the dollar is about as popular as Amir Peretz, the shekel is as strong as the Rock of Gibraltar, and US aid to Israel hardly 2% of our GDP, and even that is in America's interest - as it keep thousands of Americans employed - no less than it is in ours.“7
Auch in der Rückschau auf den Super Tuesday spielen die Republikaner eine nur sehr untergeordnete Rolle. In vielen Staaten ist das jüdische Votum für die Grand Old Party nicht einmal prozentual messbar. Die Jewish Press bedauert immer noch das Ausscheiden von Rudy Giuliani als dem ehemals beliebtesten republikanischen Kandidaten unter jüdischen Wählern und hadert mit dessen erfolglosen Strategie, seinen Wahlkampf auf Florida fokussiert zu haben.8 Ben Harris diskutiert die Möglichkeit, dass der Demokrat Joe Lieberman in der Mannschaft von McCain zum Vizepräsidenten avancieren könnte, doch kommt er zu dem Ergebnis, dass dies eher unwahrscheinlich sei. Lieberman habe bereits dementiert und McCain diene eine solche Partnerschaft angesichts seiner Probleme mit dem konservativen Flügel auch nicht.9
Quellennachweise
1 Jennifer Siegel, Jews Follow Trend, Split Vote for Dems, Forward, Wed. Feb 06, 2008, http://www.forward.com/articles/12623/
2 http://www.msnbc.msn.com/id/21660890/
3 Shmuel Rosner, Think Clinton won the Jewish vote in California? Think again, Ha’aretz, 10/02/2008, http://www.haaretz.com/hasen/pages/rosnerBlog.jhtml?itemNo=952844&contrassID=
25&subContrassID=0&sbSubContrassID=1&listSrc=Y&art=1
4 James D. Besser, Jewish Vote Eclipsed By Hispanics, Jewish Week, 6.2.2008, http://www.thejewishweek.com/viewArticle/c37_a4415/News/National.html#
5 Ron Kampeas, Obama highlights differences on Iran, JTA, 02/06/2008, http://www.jta.org/cgi-bin/iowa/news/print/2008020620080206obamairan.html
6 Roger Cohen, No Manchurian Candidate, New York Times, February 11, 2008, http://www.nytimes.com/2008/02/11/opinion/l11cohen.html?ei=5070&en=1588fcbe1aa54eba&ex=
1203397200&emc=eta1&pagewanted=print
7 Amotz Asa-El, Middle Israel: Who do we want in the White House?, THE JERUSALEM POST Feb. 7, 2008, http://www.jpost.com/servlet/Satellite?cid=1202246343016&pagename=JPost%2FJPArticle
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8 Harry Eisenberg, The Campaign That Wasn’t, Jewish Press, February 6, 2008, http://www.jewishpress.com/print.do/29745/The_Campaign_That_Wasn%27t.html
9 Ben Harris, Will McCain tap Lieberman?, 5.2.2008, http://www.jta.org/cgi-bin/iowa/news/print/2008020520080205liebermanmccain.html
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14. Februar 2008
Israel in der Debatte
Elon lobt Olmert als den “pragmatischsten israelischen Führer seit 1967” und schließt sich der Sicht von Bernard Avishai an, der dem Ministerpräsidenten die Worte in den Mund legt: “you can’t be another Singapore while fighting a Serbian-style civil war”.I
Und auch Peter Berkowitz zeichnet ein überraschend optimistisches Bild des gegenwärtigen Israel in einem lesenswerten Beitrag für den Weekly Standard:
The unlikeliness of a political agreement with the Palestinians is to be regretted, but by no means is it cause for despair. Chastened by 40 years of occupation and committed to a two-state solution the moment circumstances permit, a significant majority of Israelis are more than ready to turn their back on the Palestinians, to continue to orient their economy globally, and to contain the Palestinians without solving the conflict that divides them. This builds on the consensus forged by Prime Minister Ariel Sharon in the wake of the Second Intifada.II
Weitere Diskussionen wird in den nächsten Wochen sicher der akribisch recherchierte Bericht von Seymour H. Hersh im New Yorker nach sich ziehen, in dem er der Frage geht, warum Israel im September 2007 in einer geheimen Aktion ein Objekt auf syrischem Terrain bombardierte. Die Widersprüchlichkeit der unterschiedlichen Versionen zu diesem Geschehen sind bemerkenswert, und Hersh sammelt alle bis heute vorliegenden Fakten und Aussagen der Beteiligten in Israel, Syrien und den USA zusammen.III Politisch pointiert finden sich seine Erkenntnisse aus seinen Recherchen in einem Interview mit Al Jazeera.IV
Quellennachweise
I Amos Elon, Olmert & Israel: The Change, New York Review of Books, Volume 55, Number 2 • February 14, 2008, http://www.nybooks.com/articles/21015
II Peter Berkowitz, Ehud Olmert's Israel. It's doing better than you've heard, Weekly Standard, 4.2.2008, Volume 13, Issue 20, http://www.weeklystandard.com/Content/Public/Articles/000/000/014/654jkvqr.asp
III Seymour M. Hersh, A Strike in the Dark, What did Israel bomb in Syria?, New Yorker, 11.2.2008, http://www.newyorker.com/reporting/2008/02/11/080211fa_fact_hersh?printable=true
IV Interview: Seymour Hersh on Israel's bombing of the Syrian facility last year, Al Jazeera, 7.2.2008
http://english.aljazeera.net/NR/exeres/ED0FEEAA-BA97-47ED-99B2-06A653CBB82B.htm
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