ONLINE-EXTRA Nr. 234
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Die Flüchtlingsdebatte dominiert seit Monaten die öffentliche Diskussion - und hat für die etablierten Parteien auch bei den gestrigen Landtagswahlen teils dramatische Auswirkungen gezeitigt. Ebenso ein Aspekt, der in diesem Kontext immer wieder diskutiert wird, ist die Frage nach einem möglicherweise "importierten Antisemitismus", den die überwiegend aus dem nahöstlichen Raum kommenden Flüchtlinge mit nach Deutschland bringen. Und im Hintergrund spielt dabei natürlich auch die Rolle des besonderen Verhältnisses Deutschlands zu Israel eine wichtige Rolle.
All diese Themenfelder, die nicht zuletzt - insbesondere was die Flüchtlingspolitik betrifft - auch in der Unionsfraktion von Kanzlerin Merkel nicht unumstritten sind - standen im Mittelpunkt eines Interviews mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Thomas Feist aus Leipzig. Seinen Gedanken und Positionen ist anzumerken, dass Feist die Fragen und Probleme in diesem Kontext nicht nur besonders am Herzen liegen, sondern dass er auch einen persönlichen Hintergrund mitbringt, der ihn von vielen anderen Abgeordneten doch unterscheidet: Feist ist seit Jahren Mitglied in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V., dazu versteht er sich als gläubiger Christ evangelisch-lutherischer Prägung und engagiert sich in der evangelischen Landeskirche in Sachsen.
COMPASS dankt den beiden Interviewern für die Genehmigung zur Wiedergabe des Interviews, das an dieser Stelle erstmals veröffentlicht wird!
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Online-Extra Nr. 234
Herr Dr. Feist, Ende Dezember letzten Jahres haben Sie scharfe Kritik an Aiman Mazyek, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, geübt. Worum ging es bei Ihrer Kritik?
Feist: Ich habe die Einladung des Imams Ali al-Qaradaghi zu einer vom Zentralrat organisierten Konferenz kritisiert. Bei dieser Veranstaltung in Bochum sollte es eigentlich um die Themen Toleranz und friedliches Miteinander in der multireligiösen Gesellschaft gehen. Al-Qaradaghi, ein in Katar lehrender Geistlicher, wurde als Ehrengast von Herrn Mazyek eingeladen und als eine Art Friedensengel vorgestellt. Das ist er aber keineswegs. Ich halte ihn für einen ganz schlimmen Finger. Wenn man sich einmal anschaut, was dieser Imam so alles von sich gibt, dann wird klar: Al-Qaradaghi ist jemand, der gerade nicht für Frieden im Nahen Osten steht. Insbesondere was Israel betrifft. Darauf wollte ich hinweisen und das habe ich in Form eines Posts bei Facebook auch gemacht. Dafür sind soziale Netzwerke da. Herr Mazyek ist ja auch nicht irgendjemand. Er sitzt dem Zentralrat der Muslime, einer seriösen und weithin geachteten Institution vor. Die Hintergründe von eingeladenen Gastrednern sollten gerade deshalb genau überprüft werden.
Ali al-Qaradaghi ist sunnitischer Prediger und Generalsekretär der „Internationalen Union Muslimischer Gelehrter“ in Doha. Deren Vorsitzender ist der bekannte Islamist und Muslimbruder Yusuf al-Qaradawi. Am Beginn der jüngsten Terrorwelle in Israel im Herbst 2015 hatte al-Qaradaghi Muslime weltweit zur Unterstützung einer „dritten Intifada“ gegen den jüdischen Staat aufgerufen. Diese Informationen sind mit ein paar Klicks im Internet zu finden. Dieser Imam wird vom Zentralratsvorsitzenden der Muslime in Deutschland hofiert und als idealer Redner auf einer Diskussionskonferenz mit dem Titel „Ja zur Mitte und Nein zum Extremismus“ präsentiert…
Feist: Ja. Ein Unding. Wenn der Chef des Zentralrates der Muslime einen solch üblen Burschen als Friedensengel feiert, möchte man die anderen "Muslimführer der Mitte und des Ausgleichs" gar nicht erst kennenlernen. Wenn dieser Prediger dazu bereit ist, unter einem Veranstaltungstitel wie diesem zu sprechen, ist das ja grundsätzlich begrüßenswert. Aber: Wenn unter dem plakativen Slogan „Ja zur Mitte und Nein zum Extremismus“ jemand eingeladen wird, der zu Hass und Gewalt aufruft, muss das doch kritisiert werden! Warum passiert das so selten? Warum haben wir so oft diese Beißhemmung im politischen Diskurs? Das liegt an der politisch korrekten Schere im Kopf. Viel zu schnell sieht man sich als Kritiker dem Vorwurf der Islamophobie ausgesetzt. Und wenn einmal so ein Vorwurf im Raum steht, kann der Betroffene argumentieren, wie er will.
Kommen wir zur Arbeit des Zentralrats im Allgemeinen. Arbeitet der Dachverband der Muslime in Deutschland energisch genug gegen fundamentalistische Tendenzen in den eigenen Reihen?
Feist: Ich glaube schon, dass der Anspruch zum Engagement gegen islamischen Extremismus und für Toleranz vorhanden ist und dass sie sich bemühen. Würde ich das nicht glauben, hätte ich keine Kritik an Herrn Mazyek geübt, sondern würde ihn gar nicht ernst nehmen. Darum bin ich auch so enttäuscht, wenn ein Etikettenschwindel wie im Falle dieser Konferenz im vergangenen Dezember stattfindet. Der Zentralrat muss darauf achten, wem er bei öffentlichen Veranstaltungen seine Stimme gibt. Ein großer Dachverband ist gegenüber denjenigen Organisationen, die mit Geldern ausländischer Regierungen finanziert werden, ich denke da zum Beispiel an den von der Türkei gesponserten Islam-Verein DITIB, zu stärken.
Gerade jetzt in Zeiten der Flüchtlingskrise braucht Deutschland einen muslimischen Dachverband, der sich gegen Islamismus stark macht. Wo wir bei dem momentan heißesten politischen Eisen wären: Dem Thema Flüchtlinge. Herr Feist, haben Sie in letzter Zeit alles geschafft, was Sie sich vorgenommen haben?
Feist: Allerdings. Alles, was ich mir vorgenommen habe, habe ich auch geschafft. Sogar, dass ich jetzt in der Fastenzeit nicht rauche und keinen Alkohol trinke.
…und die Kanzlerin? Hat sie auch alles geschafft?
Feist: Die Kanzlerin ist auf dem besten Weg, ihr Ziel zu erreichen. Auch wenn das nicht allein von ihr abhängt.
Teilen Sie also Kanzlerin Merkels berühmt-berüchtigtes Credo vom „Wir schaffen das!“ in der Flüchtlingsfrage?
Feist: Ich finde es überhaupt nicht kritikwürdig, zu sagen, dass wir das in Europa mit der größten Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg meistern werden. Und wenn jemand bei diesem Thema voran gehen sollte, dann sind das wir Deutschen. Das ergibt sich nicht zuletzt auch aus unserer Geschichte. In diesem Sinne stehe ich voll und ganz hinter der Kanzlerin. Ich sehe nicht, wie man sich angesichts der humanitären Notlage an den europäischen Außengrenzen und auf der sogenannten Balkanroute anders hätte verhalten können, als die Dublin-Verordnungen vorläufig außer Kraft zu setzen. Vor Krieg, Verfolgung und Tod fliehende Menschen müssen wir aufnehmen und ihnen Obdach geben. Anerkannte Asylbewerber müssen wir dauerhaft in unsere Gesellschaft integrieren. Menschen, die primär aus wirtschaftlichen Gründen hierher kommen und weder den Status eines Flüchtlings noch eines Asylbewerbers haben, können kein Recht auf einen dauerhaften Aufenthalt für sich beanspruchen. Das betrifft sicherlich auch einen Teil derer, die sich von Schleppern nach Europa bringen lassen und dann, wie etwa im Sommer letzten Jahres geschehen, nicht in Ungarn bleiben wollten, sondern Deutschland als Zielland vor Augen hatten. Selbstverständlich bedarf es für eine wirklich nachhaltige Lösung eines gesamteuropäischen Ansatzes. Das ist ja auch ein ganz wesentlicher Teil des Aktionsplans der Kanzlerin.
Aber in Europa bröckelt die Unterstützung für Deutschlands Flüchtlingspolitik. Immer mehr Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) kritisieren die Kanzlerin. Droht das europäische Projekt an den Themen Asyl und Migration zu scheitern?
Feist: Ein Scheitern der EU sehe ich zurzeit tatsächlich als reale Möglichkeit. Davon würde die Welt aber nicht untergehen. Es gab auch ein Leben vor EU und Schengenabkommen. Ich bin in einem Europa groß geworden, in dem es verschiedene Währungen gab und in dem man an der Grenze seinen Pass zeigen musste. Europa ist eben nicht nur das politische Gebilde der Europäischen Union, sondern in erster Linie ein geographisch-kultureller Raum. Deutschland hat innerhalb der EU eine besondere historische Verantwortung für geflüchtete Menschen. Wenn einzelne Staaten sich nicht an einer humanitären Flüchtlingspolitik beteiligen wollen, können sie dies als souveräne Länder selber entscheiden. Damit muss dann aber auch ein Ende europäischer Entwicklungszahlungen und Beihilfen verbunden sein. Sich nur die Rosinen rauspicken zu wollen, das geht nicht. Die frei gewordenen Gelder könnten dann zum Beispiel an die Nachbarländer Syriens transferiert werden, die die meisten Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland versorgen. Sowohl die Europäische Kommission als auch das Europaparlament müssten diese Position viel energischer vertreten und den jeweiligen Regierungen klar machen. Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang auch, dass Europa sich politisch geschlossen gegen die antieuropäische Politik Russlands stellt. Es kann nicht sein, dass Präsident Putin durch die Unterstützung des Diktators Assad und der gezielten Bombardierung Aleppos momentan die Grundlagen für die nächste große Flüchtlingswelle schafft.
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In der jüdischen Gemeinde ist die Furcht vor einer neuen Welle des Antisemitismus groß. Eine Mehrheit der Flüchtlinge ist muslimisch und stammt aus Ländern, in denen der Hass auf Israel und die Juden tief in den Gesellschaften verwurzelt ist.
Feist: Jedem Menschen, egal ob Flüchtling oder nicht, der dauerhaft in Deutschland leben will, muss klar gemacht werden: Antisemitismus ist in jeder Form zu ächten. Unter den Geflüchteten gibt es aber in der Tat viele, die in ihrer Jugend und in ihrer Bildung ausschließlich ein verzerrtes Bild von Israel eingetrichtert bekommen haben. Ich denke da nur an das furchtbare Bild, das im palästinensischen Fernsehen vom jüdischen Staat und von den Juden allgemein gezeichnet wird. So ist das zum Beispiel auch in Syrien. Hier wird wohlfeile Propaganda, nicht die Wahrheit, verbreitet. Das ist ein großes Problem, das die Politik hierzulande wahrnehmen muss. Um diese Bildungsdefizite beheben zu können, müssen wir politische Bildungs-Nachhilfe geben. Da sind wir auch wieder bei der wichtigen Rolle, die der Zentralrat der Muslime leisten kann. Wobei ich in diesem Zusammenhang auch immer deutlich zwischen Judenfeindschaft und Israel-Hass unterscheiden würde. Die Idee einer Integrationsvereinbarung, wie sie die CDU-Vorsitzende aus Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, vorgeschlagen hat, finde ich sehr unterstützenswert. Dadurch verpflichten sich alle, das Grundgesetz und die darin verbriefte Religionsfreiheit anzuerkennen.
Sollte in so einer Integrationsvereinbarung auch die Anerkennung des Existenzrechts Israels unterschrieben werden?
Feist: Zur deutschen Geschichte gehört ein besonderes Verhältnis zu Israel. Ob ein „Bekenntnis“ vom Einzelnen nur auf der Grundlage seiner Unterschrift auf dem Papier von Relevanz ist, ist fraglich. Ich würde da aber auch erstmal bei unseren eigenen Landsleuten anfangen. Ich glaube nicht, speziell mit Blick auf das Israel-Bild in der ehemaligen DDR, das so ein Bekenntnis dort von jedem unterschrieben würde.
Seit Jahren engagieren Sie sich für Israel. Im Bundestag in der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe und privat in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V., deren Vorsitzender Sie in Ihrer Heimatstadt Leipzig lange Zeit waren. Woher kommt Ihr Engagement für den jüdischen Staat?
Feist: Ich sage allen, ob sie es hören wollen oder nicht, dass ich ein Freund Israels bin. Das, was die Menschen in Israel aufgebaut haben, halte ich für eine große und hochachtungsvolle Leistung. Der Staat Israel ist die Verwirklichung der Träume Theodor Herzls. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch zu sagen, dass es ohne die Schoah womöglich nicht zur Staatsgründung in diesem Teil der Welt gekommen wäre. Vielleicht hätte man sich dann doch für Uganda oder Argentinien entschieden. Die jüdischen Menschen sind aber ganz bewusst in dieses Land gekommen, weil es eine historische und religiöse Legitimation für Israel gibt. Es ist schlicht und ergreifend ein Fakt: Das Gebiet war schon einmal in der Geschichte von Israel besiedelt. Dass die Israelis aufgrund dieser Tatsache von so vielen Seiten angefeindet werden und so wenige Freunde haben, ist traurig. Ich sage: Jeder Freund, den Israel hat, ist gut für das Land und seine Menschen. Und jeder Freund Israels setzt dem zunehmend anti-israelischen internationalen Klima etwas entgegen.
Israel ist auch einfach ein schönes Land mit vielen fleißigen und klugen Menschen. Als ich noch in der evangelischen Jugendarbeit aktiv war, habe ich viele Jugendaustauschprogramme von Deutschland nach Israel und umgekehrt organisiert. Über die Jahre habe ich dadurch viele Freunde gefunden. Übrigens auch in den palästinensischen Autonomiegebieten. Das eine schließt das andere ja überhaupt nicht aus.
Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson. Das hat Kanzlerin Merkel immer wieder betont. Erst kürzlich bei den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen im Februar in Berlin. Welche politischen Konsequenzen leiten Sie als Bundestagsabgeordneter aus diesem Satz ab?
Feist: Aus dem Begriff der Staatsräson ergibt sich zunächst einmal eine privilegierte Partnerschaft und eine besondere Verantwortung. Im vergangenen Jahr haben wir mit diversen Veranstaltungen und mit viel Geld 50 Jahre Deutsch-Israelische Beziehungen gefeiert. Das machen wir mit anderen Ländern nicht. Eine besondere Verantwortung schließt aber auch eine enge Zusammenarbeit in den sensiblen Bereichen Sicherheit und Rüstung mit ein. Auch diese Kooperation geht weit über die Zusammenarbeit hinaus, die wir mit anderen Ländern pflegen. Wir liefern nach Israel Technologie, die das Überleben des Staates garantiert. Die Existenz Israels wird nicht nur durch das sehr hilfreiche Abwehrsystem „Iron Dome“ gesichert, sondern auch durch U-Boote aus Deutschland, die mit Atomwaffen bestückt werden können. Deutschland muss alles dafür tun, dass Israel sein Existenzrecht verteidigen kann. Neben dem wichtigen Partner USA braucht Israel Verbündete in Europa. Und wo sollen die Israelis die denn bitte schön finden? Etwa in Schweden? In Frankreich? Wir in Deutschland sorgen dafür, dass Israel einen verlässlichen Partner in Europa hat.
Und wo sehen Sie die Grenzen dieser Staatsräson?
Feist: Die Grenze wäre für mich zum Beispiel an dem Punkt erreicht, wenn die israelische Regierung Deutschland auffordern würde, den Iran zu bombardieren. Wir unternehmen alles, damit Israel sich verteidigen kann. Was wir nicht tun dürfen, ist zum Mitgestalter israelischer Außenpolitik zu werden. Auf der anderen Seite könnte ich mir aber auch nicht vorstellen, dass eine israelische Regierung die Verlegung deutscher Bundeswehrsoldaten nach Israel zur Verteidigung der Landesgrenzen verlangen würde. Dafür ist die Geschichte einfach noch zu frisch.
Thema Bürgerkrieg in Syrien. Dieser Krieg ist nicht nur eine große humanitäre Katastrophe, sondern eben auch ein blutiger Konflikt unmittelbar vor den Grenztoren des jüdischen Staats. Erklärte Israel-Feinde wie die die Islamisten der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) und die libanesische Hisbollah mischen munter mit. Gefährdet der Bürgerkrieg Israels Sicherheit?
Feist: Selbstverständlich. Das wird auch in Israel selbst so eingeschätzt. Das Erstarken der vom Iran unterstützten schiitischen Hisbollah-Miliz ist das gefährlichste Produkt des syrischen Bürgerkriegs für Israel, weil es auch Auswirkungen auf den Libanon hat. Hinzu kommt, dass der Bürgerkrieg die Kräfte der Staaten bindet, die Israel eigentlich nicht so feindlich gesonnen sind. Ich denke da in erster Linie an Ägypten und Jordanien. Die Syrien-Krise raubt den Ländern der Region jede Möglichkeit, auf dem Weg der Verständigung weiterzukommen. Und wir brauchen dringend diese arabischen Stimmen, die sagen, dass die Israelis keine Todfeinde sind. Andere Themen, wie zum Beispiel das weiterhin ungelöste Problem der palästinensischen Flüchtlinge, verschwinden von der Agenda. Neben dem akuten Sicherheitsrisiko ist das die größte Gefahr für den Nahen Osten.
Der sogenannte Nahostkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist hierzulande ein politischer Dauerbrenner. Sehen Sie noch Chancen, dass Israel in absehbarer Zukunft auf palästinensischer Seite einen Partner für neue Friedensverhandlungen findet?
Feist: Nein, das sehe ich leider überhaupt nicht. Angesichts der gigantischen Herausforderungen in der Region erscheint das Problem mit den Palästinensern als kleines. Man lebt in einer mehr oder weniger friedlichen Koexistenz. In einer Wirtschafts-und Währungsunion. Das muss man ganz deutlich betonen: In den Palästinensischen Autonomiegebieten beziehen die Menschen israelischen Strom, kaufen mit Schekel ein und trinken israelisches Mineralwasser. Und auch wenn viele palästinensische Politiker das niemals öffentlich zugeben würden, sagen sie doch im persönlichen Gespräch, das man mit dem jetzigen Status Quo eigentlich ganz gut leben kann.
Herr Dr. Feist, vielen Dank für das Gespräch.
THOMAS FEIST
Dr. Thomas Feist sitzt seit 2009 für die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Zwei Mal in Folge gewann der 50-Jährige das Direktmandat für den Wahlkreis Leipzig II. Seine politische Heimat hat er 2007 bei den Christdemokraten gefunden. In dieser 18. Legislaturperiode ist Feist stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates aktiv.
Zudem engagiert sich der promovierte Musik-und Kulturwissenschaftler in der Deutsch-Israelischen, der Deutsch-Indischen sowie der Deutsch-Iranischen Parlamentariergruppe. In seiner Geburtsstadt Leipzig ist er seit Jahren Mitglied in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V. Feist ist gläubiger Christ evangelisch-lutherischer Prägung und in der Landeskirche in Sachsen organisiert. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
DIE INTERVIEWER
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Martin Jehle, geb. 1982 in Berlin, Rechtsanwalt, gelegentliche journalistische Tätigkeit.
Jérôme Lombard studiert z.Zt. Judaistik an der Universität Potsdam.
Die Interviewer freuen sich über
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