Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
04.05.2015 - Nr. 1572

ACHTUNG

Die nächste Tagesausgabe erfolgt am Donnerstag, den 07. Mai 2015. 



Guten Tag!

Nr. 1572 - 04. Mai 2015



Bei einer Demonstration äthiopischstämmiger Juden gegen Rassismus und Polizeigewalt ist es in Tel Aviv zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Auslöser war offenbar ein Video, auf dem Misshandlungen der Polizei zu sehen waren, heißt es in den Berichten u.a. in der WELT und der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG: "Mindestens 23 Polizisten und sieben Demonstranten verletzt".
Die Links zu den Berichten in der Rubrik ISRAEL INTERN.

In den Koalitionsgesprächen mit den Ultra-Religiösen ist Premier Netanjahu offenbar auf alle Forderungen seines Wunsch-Partners eingegangen. Netanjahu will zufriedene Partener, eine stabile Koalition und eine eine klare rechte Mehrheit, berichtet u.a. Inge Günther in der BERLINER ZEITUNG: "Netanjahu kapituliert vor den Frommen".
Der Link dazu in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Die Attraktivität deutscher Produkte in Israel schlägt sich mittlerweile in allen Konsum- und Lebensbereichen nieder. Innerhalb der Europäischen Union ist die Bundesrepublik mit einem Handelsvolumen von 6,5 Milliarden US-Dollar (2013) zu Israels wichtigstem Wirtschaftspartner geworden, nach China und den USA weltweit die Nummer drei. Freilich war das nicht immer so: Nach dem Holocaust waren deutsche Erzeugnisse im jüdischen Staat verständlicherweise verpönt. Wie es zu dem Wandel und einem neuen Blick auf deutsche Produkte kam erzählt Thore Schröder in der WELT: "Wie 'Made in Germany' in Israel cool wurde".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

Binationale Liebesbeziehungen sind heutzutage beinahe Alltag geworden. Doch im Falle einer nicht-jüdisch-deutschen und jüdisch-israelischen Beziehung ist das immer noch etwas Besonderes - und mit mancherlei Hürden versehen dazu. In der WELT erzählt Katharina Höftmann auf sehr persönliche Weise von ihrem Lebensweg und wie sie sich, geboren im Sozialismus der DDR, in Indien in einen Israeli verliebte und diesen heiratete:
"Am zweiten Abend waren wir verliebt und ich die Frau Deines Lebens, die nur einen klitzekleinen Makel hatte. "Ich bin Jude", sagtest Du: "Meine Kinder sollen auch Juden sein. Im Judentum wird die Religion über die Mutter weitergegeben. Das wärst dann Du." Gut, dachte ich mir, dann werde ich eben Jüdin. Vielleicht war das die Naivität einer Anfang Zwanzigjährigen oder der andauernde Durchfall, der mich in Indien plagte und meine geistigen Kapazitäten entscheidend geschwächt hatte. Vielleicht war mir, geboren im Sozialismus der DDR, auch gar nicht klar, was so eine Religion wirklich bedeutete."
Der Link zu ihrer Geschichte in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat an der Gedenkveranstaltung zur Befreiung des Konzentrationslagers Dachau vor 70 Jahren teilgenommen. Sie gedachte gemeinsam mit Überlebenden sowie Soldaten der amerikanischen Armee der Opfer des Nazi-Regimes. Sehr bewegt schilderten Überlebende des Konzentrationslagers ihre Erfahrungen. Ihnen sprach die Bundeskanzlerin ihren tief empfundenen Dank aus. In ihrer Rede kam sie auch auf die anhaltende Welle jüngerer antisemitischer und fremdenfeindlicher Vorfällt zu sprechen:
"Regelmäßig ergeben Studien, wie weit antisemitische Ansichten hierzulande und weltweit verbreitet sind. Aber wir brauchen dafür auch gar nicht immer Studien heranzuziehen, sondern müssen einfach nur hinsehen und hinhören. Denn niemand von uns kann die Augen zum Beispiel davor verschließen, dass Synagogen, jüdische Schulen, Geschäfte und andere Einrichtungen eben nicht ohne massiven Polizeischutz auskommen, und auch nicht davor, welche antisemitischen Hassparolen und Übergriffe zum Beispiel auf Demonstrationen gegen Israel zu hören sind, oder davor, dass Rabbiner mitten in Deutschland in Großstädten angegriffen werden. [...] Deshalb sind wir alle unablässig dazu aufgerufen, niemals unsere Augen und Ohren vor denen zu verschließen, die heute Menschen anpöbeln, bedrohen und angreifen, wenn sie sich irgendwie als Juden zu erkennen geben oder auch, wenn sie für den Staat Israel Partei ergreifen. Wir alle sind unablässig dazu aufgerufen, unmissverständlich klarzumachen, dass jüdisches Leben Teil unserer Identität ist, dass Diskriminierung, Ausgrenzung und Antisemitismus bei uns keinen Platz haben dürfen, dass sie entschlossen und mit der ganzen Konsequenz rechtsstaatlicher Mittel bekämpft werden müssen. Das ist unsere staatliche, aber auch unsere bürgerliche Pflicht."
Der Link zur Rede Merkels sowie Links zu Berichten über die Gedenkveranstaltung in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Vierzig Jahre debattierte München, bis es endlich das bekam, was in Köln, Nürnberg und mit der Berliner Topografie des Terrors bereits existiert: Ein Dokumentationszentrum, in dem die Verflechtungen der Stadtgesellschaft mit dem Terror, der Widerstand, die Leiden der Opfer gezeigt werden - und die Verdrängung der Nazi-Zeit nach dem Krieg. TAGESSPIEGEL, BERLINER ZEITUNG und SÜDDEUTSCHE ZEITUNG werfen einen ersten Blick auf das nun eröffnete Dokumentationszentrum und rekapitulieren seine Entstehungsgeschichte: "Endlich erinnern".
Die Links dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Experten sind so empört und zugleich entsetzt über die antisemitischen Ausfälle des Philosophen Martin Heidegger, dass inzwischen schon sein ganzen Werk in Frage gestellt wird. So auch auf einer jüngst in Siegen stattgefundenen, internationalen und hochkarätig besetzten Tagung, wie u.a. DIE WELT und die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG berichten:
"Zur Diskussion über Martin Heidegger hatten Marion Heinz und Sidonie Kellerer geladen – nach der Publikation der ersten Jahrgänge der «Schwarzen Hefte» des Philosophen, nach der Enthüllung seiner ekelhaften antisemitischen Äusserungen. Dies war nicht irgendeine Tagung, sondern wohl die philosophische Tagung dieses Frühjahrs mit Vortragenden aus vier Kontinenten vor grossem Publikum."
Die Links zu den Tagungsberichten in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Antijüdische Beleidigungen gehören an Schulen mit hohem Migrantenanteil all zu oft bereits zum gängigen Umgangston. Manch ein Lehrer hört bei den Beschimpfungen weg, doch einige der Pädagogen können sie nicht einfach ignorieren - weil sie jüdisch sind. Jens Rosbach beschreibt für DEUTSCHLANDRADIO, wie jüdische Lehrerinnen udn Lehrer die antisemitische Haltung ihrer Schüler und Schülerinnen erfahren und wie sie mit ihnen umzugehen versuchen. Ein schwieriges Unterfangen, das nicht zuletzt von der Unterstützung der Lehrerkollegen abhänge, betont etwa die jüdische Lehrerin Lea Feynberg. Dabei gibt es leider auch sehr enttäuschende, bittere Erfahrungen, wie etwa Hannah Kushnir schildert. Die 32-jährige Berlinerin hatte im vergangenen Herbst einen Brandbrief an mehrere Zeitungen und Politiker verschickt zum migrantischen Antisemitismus an den Schulen. Enttäuscht bilanziert sie, kein Redakteur und kein Politiker habe ihr geantwortet: "Sie haben keine Ahnung, wie es hier wirklich aussieht, was auf der Straße sozusagen wirklich abgeht und ich hatte das dringende Bedürfnis, denen das mal mitzuteilen. Aber ich habe den Eindruck, es hat niemanden interessiert."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Kürzlich machte der evangelische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates, der evangelische Theologe Friedhelm Pieper, auf einen bislang ignorierten Skandal in der evangelischen Kirche aufmerksam, nämlich den Versuch des in Berlin lehrenden Theologen Notger Slenczka, das Alte Testament aus der Heiligen Schrift zu verbannen (siehe Compass 23.04.2015). Ziel des DKR war es, hier endlich eine Debatte in Gang zu bringen, was offensichtlich auch nun endlich erreicht wurde, wie etwa Claudius Prösser in der TAZ feststellt. Und in der FAZ hat sich der Theologe Friedrich Wilhelm Graf zu Wort gemeldet, der einerseits dem Unterfangen Slenczkas ebenfalls widerspricht, aber in offenbar akademischem Hochmut ausgerechnet jenen beleidigt, der den Skandal namhaft gemacht hat. Auf KATHOLISCH.de wiederum ist eine ausführliche Stellungnahme zur Problematik aus der Feder von Christoph Dohmen zu lesen, seines Zeichens Professor für Exegese und Hermeneutik des Alten Testaments an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg. Und im Interview mit DEUTSCHLANDRADI beurteilt der jüdische Denker Micha Brumlik die Problematik: "Eine Aussage gegen das Judentum".
Die Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

In Wien feiert man 150 Jahre Ringstraße, die mit Prachtbauten vesehene Straße rund um den Stadtkern. Offenbar erst jetzt entdeckt man und macht sich bewußt, wie sehr die Ringstraße von einer viel zu kurzen Blütezeit des jüdischen Bürgertums zeugt, wie Renate Just in der WELT beschreibt:
"Dass diese kaiserliche via triumphalis einst wesentlich mit jüdischem Geld erbaut wurde, war lange in Vergessenheit geraten. Mit der Ausstellung Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard erinnert das Jüdische Museum nun erstmals daran – und eröffnet einen ganz anderen Blick auf die kakanische Avenue."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Am 7. Mai wird im Vereinigten Königreich ein neues Parlament gewählt. Die meisten Wähler interessiert vorrangig, was die Kandidaten von Europa und dem strengen Sparkurs halten. Die jüdischen Wähler möchten freilich auch wissen, wie die Parteien zu Israel stehen. Dieser Frage widmete sich Daniel Zylbersztajn in seiner Reportage aus dem Königreicht für die JÜDISCHE ALLGMEINE WOCHENZEITUNG: "Auf dem Weg nach Westminster".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Die Darstellung der jüdischen Geschichte in deutschen Schulbüchern ist nach Einschätzung einer Expertengruppe zu einseitig. Juden würden sehr häufig zu sehr als wehrlose Opfer dargestellt, ihre Leistungen zu wenig gewürdigt, monieren die Wissenschaftler in einem Fachbuch, das im Georg-Eckert-Institut für Schulbuchforschung in Braunschweig vorgestellt wurde. So komme jüdischer Widerstand im Nationalsozialismus zu kurz, sagte der Herausgeber Martin Liepach vom Pädagogischen Zentrum des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt. Die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG sprach mit einem weiteren Herausgeber, dem Historiker und Judaisten Dirk Sadowski über jüdische Geschichte im Schulbuch, gute Doppelseiten und einen neuen Fokus: "Ein historischer Kurzschluss".
Der Link zum Interview in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Vor dem Hintergrund der am Wochenende stattgefundenen Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland beschreibt Matthias Kaman in der WELT, warum und wodurch der EKD eine Zeitenwende bevorstehe. Er bezieht sich dabei vor allem auf einen Vortrag des Berliner Historikers Paul Nolte, der vor der Synode deutlich machte, dass die Kirche zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik nicht mehr von einer gesellschaftlichen Umwälzung profitieren könnte: "Warum die EKD vor einer Zeitenwende steht".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

Alwin Meyer hat Geschichten von Menschen zusammengetragen, die als Kinder in Auschwitz waren. Ihre Berichte ergeben ein großes trauriges Gedächtnisbuch. Meyer baut dabei die autobiographischen Passagen in eine Überblicksdarstellung der Vernichtung des europäischen Judentums ein, wie Christiane Liermann beschreibt, die das Buch für die FAZ gelesen hat: "Gegen das Vergessen und Vergessenwerden".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag und eine gute Woche wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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