Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
15.06.2015 - Nr. 1583

ACHTUNG

Die nächste Tagesausgabe erfolgt am Donnerstag, 18. Juni 2015.



Guten Tag!

Nr. 1583 - 15. Juni 2015



Die Verzweiflung vieler Menschen in Gaza ist immer noch groß: Eine Umfrage des Palestinian Center for Policy and Survey Research (PSR) in der vergangenen Woche zeigte,dass jeder zweite der 1,8 Millionen Einwohner des Küstenstreifens nur noch weg will, wenn er könnte. Kaum verwunderlich, denn die Arbeitslosigkeit ist nach Angaben der Weltbank auf 43 Prozent gestiegen, unter den jungen Einwohnern sogar auf mehr als 60 Prozent - und von den ausländischen Hilfsgeldern ist bisher nur ein Bruchteil eingetroffen, berichtet Hans-Christian Rößler für die FAZ: "Die Menschen wollen nur noch weg".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Gleichwohl gibt es auch Zeichen der Ermutigung, wie Evelyn Bartolmai für DEUTSCHLANDRADIO berichtet: In Erinnerung an den vor einem Jahr eskalierenden Konflikt zwischen Israel und Gaza, der in der Folge zu 2200 Opfern auf beiden Seiten forderte, fand dieser Tage an der Grenze zum Gaza-Streifen ein Friedenskonzert statt. Und weitere Aktionen sind schon in Planung: "Ein Konzert als Zeichen der Annäherung".
Der Link zur Reportage in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Wer macht so etwas: In den Sanddünen von Herzliya joggen und in der Hitze Sandsäcke schleppen? Es sind Jugendliche, die an einem Trainingskurs teilnehmen mit dem Ziel, körperlich und mental derart fit zu werden, um bei der anstehenden Aufnahmeprüfung für die israelische Armee so gut wie möglich abzuschneiden. Warum? Weil ihnen dann der Zugang zu Elite-Einheiten und eine Erfolg versprechende Karriere offensteht. Christian Wagner hat für DEUTSCHLANDRADIO eine dieser Trainingseinheiten besucht: "Karrierevorbereitung am Strand".
Der Link zu seiner Reportage in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Harte Zeiten für arabische Künstler und Kulturschaffende in Israel: Israels Bildungsministerium kappt die Gelder z.B. für ein arabisches Theater in Haifa und das jüdisch-arabische Kindertheater "Almina" in Jaffa, wie ISRAELNETZ und TAZ berichten. In Reaktion darauf bahnt sich jedoch Widerstand an: Wie der ÖSTERREICHISCHE RUNDFUNK berichtet, haben sich gestern Abend Hunderte prominenter israelischer Künstler und andere führende Vertreter der Kulturszene versammelt, um über Reaktionen auf die harte Linie der neuen rechtsgerichteten Regierung im Kulturbereich zu diskutierten - und sie drohen mit mit Streik.
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Was in der Schweiz schon seit Tagen heftig diskutiert wird (siehe Compass 11. Juni 2015), führte jetzt auch in Köln zum Eklat: Eine umstrittene Ausstellung der israelkritischen Organisation "Breaking the Silence", die auch in Köln gezeigt werden sollte, ist nun vom Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters höchstselbst nach Protesten der israelischen Botschaft abgesagt worden. "Eine Entscheidung ohne Plan B", kommentiert Joachim Frank kritisch in der BERLINER ZEITUNG. Und an gleicher Stelle äußert sich im Interview sehr viel deutlicher der israelische Historiker Moshe Zimmermann: "Kölns Kapitulation ist haarsträubend".
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

Jochen Zenthöfer berichtet in der FAZ, dass Historiker nun neues Quellenmaterial entdeckt haben, die eine Kollaboration Luxemburgs mit den Nazis sehr deutlich nachweisen, insbesondere dass Luxemburg seine jüdischen Bürger an die Nazis verraten hat: "Der Mythos vom Unschuldsland ist dahin".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Unter den sechs Millionen Opfern des Holocaust sind etwa 1,5 Millionen Kinder. Etwa 5000 polnisch-jüdische Kinder überlebten – weil ihre Eltern Menschen fanden, die die Kinder versteckten und sie u.a. auch als ihre eigenen ausgaben. Die Motive der Retterfamilien waren unterschiedlich: Einige leisteten schlicht einen Freundschaftsdienst oder hatten Mitleid mit dem Schicksal ihrer jüdischen Mitbürger, andere ließen sich für das Verstecken der Kinder bezahlen. Im Museum der Geschichte der polnischen Juden in Warschau stehen nun ihre Schicksale bis Ende Juni im Mittelpunkt einer Ausstellung mit dem Titel "Meine jüdischen Eltern, meine polnischen Eltern". Eva Krafczyk hat die Ausstellung für die WELT besucht: "Ich werde immer nur ,Name unbekannt' sein"
Der Link zu ihrem Bericht in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Einer aktuellen Studie zufolge sind heute noch 12,5 Prozent aller Österreicher der Meinung, "die Juden" seien verantwortlich für den Tod von Jesus Christus. Vorurteile und antisemitische Klischees wie dieses haben eine lange Geschichte - sie kamen teils bereits in antiken Texten vor, wie der Judaist Armin Lange auf einer Konferenz an der Uni Wien kürzlich erläuterte, wie in der schweizer-jüdischen Wochenzeitung TACHLES zu lesen ist: "Vorchristlichen Wurzeln des modernen Antisemitismus auf der Spur".
Der Link zum Bericht in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Im Bezirksgericht Johnson County in Kansas/USA soll voraussichtlich am 17. August ein Prozess gegen einen bekennenden Antisemiten und Rassisten beginnen. Dem schwer kranken Angeklagten wird vorgeworfen, am 13. April 2014 sein Haus in Aurora, Bundesstaat Missouri, mit dem Ziel verlassen zu haben, vor seinem angeblich baldigen Ableben noch möglichst viele Juden zu töten. Und tatsächlich: im Umfeld von jüdischen Einrichtungen ermordete er am gleichen Tag im US-Bundesstaat Kansas drei vermeintlich jüdische Bürger. Anton Maegerle wirft für BLICK NACH RECHTS einen Blick in den dunklen Abgrund einer nazistisch verseuchten Seele: "US-Neonazi droht die Todesstrafe".
Der Link zu seiner Reportage in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Sie legen sich gerne das Image von Saubermännern zu, die sich für Recht und Ordnung einsetzen: Neonazis. Nun aber zeigt sich, dass sie nicht nur durch ihre politischen Straftaten eine Bedrohung darstellen, sondern auch auf nahezu jedem Kriminalitätsfeld aktiv sind: Drogen, Einbrüche oder Sexualdelikte. Belegt wird dies durch die jüngste Kriminalstatistik des Landes Nordrhein-Westfalen: 955 Straftaten der Allgemeinkriminalität begingen Neonazis im vergangenen Jahr im bevölkerungsreichsten Bundesland. Dazu kamen noch einmal 3286 Straftaten mit einem explizit rechtsradikalen Hintergrund. Das bedeutet freilich: Mehr als 22,5 Prozent aller Straftaten aus diesem Täterkreis sind unpolitisch - und schlicht und ergreifend kriminell, so berichtet Stefan Laurin in der WELT: "Jede fünfte Straftat von Neonazis ist unpolitisch".
Der Link zum Bericht in der Rubrik ANTISEMITISMUS/RECHTSRADIKALISMUS.

Seit einem Jahr trifft sich in Berlin die sogenannte Sunday Assembly - eine Versammlung nichtreligiöser Menschen. "Religion spielt keine Rolle", sagt Sue Schwerin von Krosigk. „Dafür aber die Frage nach dem Sinn des Lebens.“ Schwerin von Krosigk, Mitte 50, hauptberuflich Autorin, ist eine der ehrenamtlichen Organisatorinnen der Berliner Sunday Assembly, der so genannten Sonntagsversammlung, die jedem offen steht - und die ernstgenommen werden will. Philipp Fritz hat sie für die BERLINER ZEITUNG besucht: "Ein Gottestdienst für Ungläubige".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Die Religion bestimmt das Menschenbild - zumindest bei religiösen Menschen. Diese Selbstverständlichkeit wird dann dramatisch, wenn es zu Deformationen kommt. Der Buddhismus ist dafür ein Beispiel, wie bei der Abendveranstaltung „Die Frage nach dem Bösen in Buddhismus und Christentum“ vergangene Woche in der Katholischen Akademie in München deutlich wurde. Alexander Riebel hat die Tagung für den TAGESSPIEGEL verfolgt: "Wer keine Identität hat, tut nichts Böses".
Der Link zum Tagungsbericht in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Jeder Knall in Nahost hat im englischen Bradford einst ein Echo gefunden. Und dann das: Erst retten Muslime die letzte Synagoge der englischen Stadt und dann wählt die jüdische Gemeinde einen von ihnen - einen Muslim! - in ihren ständigen Rat. Ein Wunder, wie die britische Presse urteilte. Wie es dazu kam und dass alles mit einem Curry-Restaurant begann, schildert Deike Diening im TAGESSPIEGEL: "Schalom Aleikum - das Wunder von Bradford".
Der Link zur Reportage in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Um das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen geht es unter anderem auch in einem neuen Grundlagentext, den die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nun der Öffentlichkeit vorgestellt hat: "Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt in evangelischer Perspektive". Das Dokument präsentiert die evangelische Sichtweise auf unterschiedliche Glaubensüberzeugungen, so der Vorsitzende der Kammer für Theologie der EKD, Christoph Markschies, am Freitag in Berlin. Man begrüße religiöse Vielfalt und ziele letztlich "auf eine Stärkung evangelischer Identität, die sich im Dialog und nicht in der Abkapselung entwickelt". Dabei grenzt man sich allerdings auch deutlich etwa vom Islam ab, wie Matthias Kamann in der WELT erläutert:
"Von 'abrahamitischen Religionen' sprechen versöhnungsfreudige Christen, wenn sie Gemeinsamkeiten mit Juden und Muslimen suchen. Schließlich seien sich ja alle drei Religionen in der Wertschätzung des biblischen Stammvaters einig und könnten sich entsprechend verbunden fühlen. Aber da spielt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nicht mit. ... Abraham sei für Christen der 'Vater des Glaubens, der sich dem Wort der Verheißung anvertraut'. Für Muslime aber sei er derjenige, 'der sich von allen Göttern seiner heidnischen Herkunftsreligion abgewendet hat'. Es gehe auch nicht um denselben Gott. Der habe sich für Christen in Jesus offenbart, für Muslime im Koran. Daher sei die Ansicht, dass alle drei monotheistischen Religionen an denselben Gott glauben würden, 'eine Abstraktion'."
Links zu ersten Berichten über den EKD-Grundlagentext sowie Links zu Online-Versionen und pdf-Version des Textes in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Der jüdische Rechtskodex, die Halacha, regelt in vielerlei Hinsicht das Leben gläubiger Juden - und dazu gehört auch das Sexleben der Strenggläubigen. Vor diesem Hintergrund betreibt Natan Alexander, ein orthodoxer Rabbiner, einen Online-Sesxshop im Westjordanland, dessen Hauptangebot aus koscheren Sexspielzeugen besteht. "Mein Angebot soll religiösen Paaren ermöglichen, sich Lust zu verschaffen, ohne religiöse Vorschriften zu brechen", sagt Rabbi Alexander. Der TAGESSPIEGEL hat sich den Shop und den Rabbi näher angesehen: "Rabbi Alexanders Online-Sexshop hilft Strenggläubigen".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Und dann gibt es noch viel zu Martin Buber, dessen 50. Todestag am vergangenen Samstag gedacht werden konnte. Die TAZ etwa porträtiert ihn als "utopischen Realisten", DEUTSCHLANDRADIO als "Philosoph des Dialogs" und als "Anti-Dogmatiker und Religionskritiker". Die JÜDISCHE ALLGMEINE WOCHENZEITUNG legt den Akzent wiederum auf Buber als Experte des Chassidismus. Martin Buber sah in der ersten Generationen chassidischer Zaddikim das, worum es ihm letztlich ging: »Urjüdisches«. Aber trifft dieses Verständnis tatsächlich zu, fragt Micha Brumlik in seinem Beitrag. Und in einem Interview mit dem Religionswissenschaftler Karl E. Grözinger geht es ebenfalls um Bubers Sichtweise des Chassidismus, aber auch um sein Verständnis von Dialog: »Ein Dialog schien das Leichteste auf der Welt«
Die Links zu den Beiträgen über Buber in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

"Burnout" - ein Problem und eine Krankheit, von der viel die Rede ist - und von der auch Seelsorger und katholische Priester in Deutschland betroffen sind, wie Stephanie Geiger in ihrer Reportage für die WELT deutlich macht:
"Fast ein Viertel von ihnen ist psychosomatisch belastet. Bei den Pastoralreferenten sind es 16 Prozent. Und wie in anderen Berufen auch, so hängt auch bei Priestern und Diakonen, Pastoral- und Gemeindereferenten die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit von der Wertschätzung ab, die die Seelsorger erfahren. Ein Drittel hat gute seelische Ressourcen und kann Stress problemlos bewältigen. Mindestens jeder zwanzigste, der in der Seelsorge arbeitet, ist aber Burn-out gefährdet. Das sind zwar weniger als in vergleichbaren Berufsgruppen. Aber es zeigt: Auch Seelsorger kann es treffen."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

Oliver Sacks gehört zu den bekanntesten Neurologen der Welt. Das ist nicht allein seinem medizinischen Fachwissen geschuldet, sondern vor allem seinem Talent, zuzuhören und die Geschichten seiner Patienten in spannende Bücher zu verpacken (etwa "Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte"). Jetzt liegt seine Autobiografie «On the Move» auch in deutscher Sprache vor, die eine völlig neue Seite des Arztes und Schriftstellers zeigt. Sacks wurde als Sohn eines jüdisch-orthodoxen Ärztepaares in London in eine Familie geboren, in der man u.a. streng auf koschere Ernährung achtete. Sacks gehörte einem jüdischen Sportverein an und ging Freitagabends in die Synagoge. Als junger Erwachsener fühlte er sich auf seinem Motorrad wohl - und wurde Mitglied der Hells Angels, nahm Drogen, begann Gewichte zu stemmen, zog herum. Nach langen Jahren der Wanderschaft ist New York schliesslich zu Oliver Sacks neuer Heimat geworden - und die Psychologie zu seinem Lebenswerk. Letzten Winter verkündete er jedoch, dass er nicht mehr lange zu leben habe: Er leidet an unheilbarem Leberkrebs. Seine Autobiografie ist mithin vielleicht auch schon sein Abschiedswerk, das Ludger Heid in der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG näher vorstellt: "Ein Leben auf der Überholspur".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag und eine gute Woche wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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