Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
28.07.2015 - Nr. 1592

Die Armut der Holocaust-Überlebenden



So viele Freunde hatte Hitler in Großbritannien



Von Sven Felix Kellerhoff | Der Hitlergruß-Film aus der Kindheit der heutigen Queen Elisabeth II. hat Ärger in London ausgelöst. Denn die Kontakte hochgestellter Briten zu den Nazis sind noch längst nicht aufgearbeitet...

Ein Ort voller Wunden



Von Andreas Montag | Auf halbem Wege zwischen Dresden und Prag liegt Terezín. Das beschauliche Städtchen ist unter dem Namen Theresienstadt zu schrecklicher Bekanntheit gekommen...

Jetzt sucht auch das ZDF nach Hitlers Atombombe



Von Sven Felix Kellerhoff | Das Dritte Reich hatte weder Uran 235 noch Plutonium 239 in ausreichender Menge. Trotzdem geht die Legende vom deutschen Nuklearprogramm in die nächste Runde. Doch handfeste Indizien gibt es nicht. [siehe auch: Fernseh-Tipps] ...

Hitlers Traum vom Braunwerden



Von Michael Stürzer | Unter den größenwahnsinnigen Bauprojekten des "Dritten Reichs" ragt das KdF-Bad Prora heraus - weil es tatsächlich errichtet wurde. Andere Ostsee-Orte wehrten sich gegen den braunen Massentourismus...

Geschichtsrevisionismus in öffentlicher Symbolik



Von Paul Hilger | Geschichtsrevisionismus wird allgemein eher als gesellschaftliches Randphänomen wahrgenommen und behandelt. Allzu häufig wird dieser auf Anhieb mit rechtsradikaler Ideologie und Programmatik in Verbindung gebracht, was auch in den meisten Fällen Tatsache ist. Doch wie ist es um all die subtilen Elemente im öffentlichen Raum bestellt, die den meisten Menschen gar nicht auffallen? ...

Klaus Barbie unterstützte Kokainmafia in Bolivien



Der geflüchtete NS-Verbrecher Klaus Barbie soll während seiner Zeit in Bolivien Kokaingeschäfte im großen Stil unterstützt haben. Arte zeigt einen Dokumentarfilm mit neuen Erkenntnissen über das zweite Leben des "Schlächters von Lyon"...

Die Armut der Holocaust-Überlebenden



Von Lukas Hermsmeier | José Urbach ist als Kind dem Naziterror entkommen. Nun kämpft der 75-Jährige um jeden Penny. 60 000 Holocaust-Überlebende wohnen in New York – mehr als die Hälfte von ihnen in Armut...

Wo Hitler Familienanschluss hatte



Von Thomas Senne | Das Bayreuther Wagner-Museum rund um die Villa Wahnfried öffnet nach Renovierung und Umbau neu. Opernfreunde kommen auf ihre Kosten. Es wird aber auch nicht verschwiegen, wie tief der Grüne Hügel im Sumpf der NS-Diktatur steckte...




Letzte Botschaften aus dem Ghetto Theresienstadt: 70 Jahre alte Inschriften von Häftlingen erstmalig dokumentiert

Terezín (Theresienstadt), Tschechische Republik – 22. Juli 2015 * Zwischen 1941 und 1945 hinterließen Häftlinge des Ghettos Theresienstadt letzte Botschaften vor ihrem Tod: Namen, Jahreszahlen und Zeichnungen ritzten sie in Sandsteinmauern , um auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen. Doch die Inschriften sind durch Verwitterung bedroht. Das internationale Projekt ghettospuren.de hat die noch vorhandenen Reste jetzt erstmalig dokumentiert.

In einem düsteren Tunnel, dem ehemaligen Festungstor „Poterne III“, sind mehrere Quadratmeter Sandstein-Wände übersäht mit Spuren: Namen, Häftlingsnummern, aber auch ausdrucksstarke Zeichnungen wie zum Beispiel ein jüdischer Chanukka-Leuchter, ein Davidstern oder das Porträt eines Ghettowachmanns. Unübersehbar dazwischen immer wieder die Jahreszahlen 1943, 1942 und 1944.




Zu dieser Zeit war Theresienstadt von der Außenwelt abgeriegelt, die Stadt mit jüdischen Häftlingen überfüllt. Eine jüdische „Selbstverwaltung“, überwacht von der SS, organisierte das Lagerleben – dazu gehörten auch eigene Sicherheitskräfte wie die „Ghettowache“, rekrutiert aus Häftlingen. Auch an der Poterne III waren diese Wachmänner eingesetzt, um Flucht aus dem Ghetto und Schmuggel zu verhindern. Einige von ihnen sind die Urheber der Inschriften und Ritzzeichnungen, die in der Poterne III zu sehen sind. Die meisten überlebten Auschwitz und das Kriegsende nicht.

Für Jahrzehnte waren diese Spuren vergessen. Erst 2005 kamen sie wieder ans Tageslicht, als nach jahrzehntelanger militärischer Nutzung die Poterne III öffentlich zugänglich wurde.

Die Stadtplanerin und Autorin Uta Fischer hat im Rahmen des Projektes „Theresienstadt 1941-1945 – Materielle Zeugnisse und Spuren“ jetzt erstmals die Ritzungen entschlüsselt und zahlreiche Personen identifiziert, von denen diese außergewöhnlichen Zeugnisse des Holocaust stammen. Die Ergebnisse sind bereits online und über zwei interaktive Karten auf www.ghettospuren.de abrufbar.

„Es war wie Detektivarbeit: Stück für Stück wurden Daten gesammelt und wie in einem Mosaik zusammengesetzt. Außer den Fragmenten eine Namens und ein paar Jahreszahlen gab es keine weiteren Anhaltspunke“, berichtet Uta Fischer. Einige Ritzungen sind durch Vandalismus und Verwitterung bereits so stark zerstört, dass sie kaum noch lesbar sind.

Erst ein Foto aus dem Jahr 1945 half weiter: Der ehemalige Häftling Jiri Lauscher hatte die Inschriften kurz nach der Befreiung des Ghettos festgehalten. Inzwischen sind ein Dutzend Namen und Schicksale von Häftlingen identifiziert. „Sie haben gemeinsam aus einem düsteren Tordurchgang einen kollektiven Erinnerungsort geschaffen – in der Hoffnung, dass die Nachwelt auf diese Weise von ihrem Schicksal erfährt“, sagt Uta Fischer. Seit 2012 hat ihr internationales Team bereits zahlreiche Überbleibsel der Ghettozeit im heutigen Terezín gefunden und dokumentiert.Die Ergebnisse der Dokumentation sind bereits online und über zwei interaktive Karten abrufbar.

Die Zukunft des Erinnerungsortes Poterne III ist bedroht: Besonders exponierte Bereiche sind bereits in den wenigen Jahren seit der Freilegung verloren gegangen. „Wir können anhand neuer Aufnahmen bereits den dramatischen Zerfall einiger Details dokumentieren. In drei, spätestens in fünf Jahren ist es zu spät, deshalb sind wir jetzt gefordert präventive Maßnahmen einzuleiten“, sagt Prof. Dr. Thomas Danzl von der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Danzl, Partner von ghettospuren.de, leitet die restaurierungswissenschaftliche Untersuchung der Poterne III zusammen mit Prof. Karol Bayer von der Universität Pardubice, Fakultät für Restaurierung in Litomyšl.

Die Dokumentation ghettospuren.de wird fortgesetzt. „Wir sind gespannt, was wir im Rahmen des Projektes noch alles entdecken werden“, sagt Roland Wildberg, der als Projekt-Fotograf bereits zahllose Spuren auf Dachböden, in Kellern und Festungsanlagen im Bild festgehalten hat.

Informationen zum Projekt

Das Projekt „Ghetto Theresienstadt 1941–1945. Materielle Zeugnisse und Spuren“ (www.ghettospuren.de) startete im Mai 2012 und wird seit Mai
2014 gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes (BKS), die Stiftung „Erinnerung Verantwortung Zukunft“ (EVZ), den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds in Prag sowie weitere Partner in Deutschland und Tschechien. Offizieller Träger ist der „Verein der Freunde und Förderer von Theresienstadt e.V.“.

Projektleitung: Uta Fischer, Büro WILDFISCH.

Zu den Projektpartnern zählen die Stadtverwaltung Terezín (CZ), der Militärhistorische Verein Festung Terezín (CZ), die Hochschule für Bildende Künste Dresden, Studiengang Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei und Architekturfarbigkeit (D), die Univerität Pardubice, Fakultät für Restaurierungswissenschaften, Litomyšl (CZ) sowie die Initiative Terezín (CZ).

www.ghettospuren.de




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