ACHTUNG
Guten Tag!
Demonstrationen, Brandanschläge, Boykottaufrufe: Der Jerusalem-Beschluss von US-Präsident Trump hat weltweit Unruhen ausgelöst, die arabische Liga stellt sich gegen die USA, Jordanien stellt den Friedensvertrag mit Israel auf den Prüfstand. Auch die Kommentatoren überschlagen sich mit Analysen und durchaus gegensätzlichen Bewertungen von Trumps Entscheid und seinen Folgen. In der WELT etwa weist Gil Yaron darauf hin, dass die Palästinenser trotz allem auch Hoffnung und eine Chance in der Krise sehen:
„Die starke internationale Reaktion hat Hoffnung geweckt, dass die Welt sich nun für uns einsetzen wird“, sagt Politikanalyst Zananiri. „Ich finde die internationale Reaktion überwältigend“, meint auch Barghouti. „In jeder großen Stadt von den USA, über Europa und Arabien bis weit nach Asien hinein protestierten die Menschen gegen Trumps Politik und unterstützten uns.“ Er klingt fast optimistisch: „Alle dachten, die arabische Welt habe das Palästinenserproblem vergessen. Doch in den letzten Tagen haben die Massen mit Protesten in aller Welt bewiesen, dass unser Problem sie weiterhin beschäftigt.“ Das erzeuge frischen Druck auf Arabiens Regierungen, mehr zu tun. Zwar habe er von der Arabischen Liga „mehr erwartet. Aber wir werden dafür sorgen, dass den Worten Taten folgen, vor allem in der Form von Boykottmaßnahmen.“
Rainer Hermann meint in der FAZ, dass Trump mit der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt von Israel vor allem innenpolitische Ziele verfolgt. Doch dadurch führt er zwei andere Akteure im Nahen Osten näher zueinander: Die Türkei und den Iran: "Zerstörer Trump".
In der TAZ betont Matthias Hartwig, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, dass die geplante Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem den Status der Stadt neu definiert, was einen Völkerrechtsbruch darstelle. Clemens Wergin wiederum bemerkt spitz: "Die arabischen Staaten verurteilen die Anerkennung Jerusalems – dabei erkennen sie nicht einmal Israel an. Mit ihrer Kritik wollen sie vor allem von der Dysfunktionalität muslimischer Gesellschaften ablenken." Und im TAGESSPIEGEL schreibt der Historiker und Publizist Michael Wolffsohn, die weltweite Empörung ignoriere, dass Trump die Zwei-Staaten-Lösung nicht ausschließe und er bewusst offen lasse, ob er Ost-, West- oder Ganz-Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen will: "Übertriebene Empörung". Schließlich im KÖLNER STADTANZEIGER ein ausführliches Interview mit dem israelischen Historiker Tom Segev über die Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump und die daraus folgenden Konflikte. U.a. stellt er fest:
"Es zeigt sich sehr klar, dass der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern sich eigentlich um Identitäten dreht. Wenn es um Jerusalem geht, dann geht es um Symbolik, Emotionen, Glaube und viele Worte und Fiktionen, die nur im Glauben Wirklichkeit haben. Deshalb war die Trump-Rede auch kein Abbild der Realität der Situation in der Stadt. In dem Sinne ist es sehr typisch für ein Problem, das hauptsächlich in Emotionen, Worten und Symbolik besteht. Die Deklaration: Wir erkennen jetzt Jerusalem als die Hauptstadt von Israel an, sie ändert ja nichts an der Situation."
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.
Unterdessen hat Netanjahu die EU-Staaten aufgefordert, in der Jerusalem-Frage dem Beispiel von Donald Trump zu folgen - was von der EU-Außenbeauftragten prompt mit Ablehnung beschieden wurde, wie u.a. HANDELSBLATT und DIE ZEIT über das Zusammentreffen von Netanjahu und den EU-Staatschefst in Brüssel berichten. Und während Frankreichs Präsident Macron Israels Regierungschef Netanjahu im Gegenzug zu Trumps Aktion zu "mutigen Gesten" gegenüber den Palästinensern aufgefordert hat, bezichtigt der türkische Präsident Erdogan Israel als "terroristischen Staat", der "Kinder tötet". In einer lesenswerten Analyse von Gil Yaron und Hannelore Crolly in der WELT beleuchten die beiden Autoren vor dem Hintergrund der europäischen Reaktionen und erkäutern, warum die Israelis in Europa keinen fairen Makler mehr sehen können: "Warum Netanjahu sich selbst nach Brüssel einladen muss".
Die Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.
Schließlich die wirklich hässliche Seite der ganzen aufgeregten Debatte: Auf drei Kundgebungen am Freitag und am Sonntag nahe dem Brandenburger Tor sowie im Bezirk Neukölln hatten insgesamt 3700 Demonstranten ihrer Wut gegen die Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump und dem Hass gegen Israel freien Lauf gelassen: Sie verbrannten israelische Fahnen und Transparente mit Davidsternen, riefen „Tod den Juden“. Es sind Bilder, "die wir nie wieder sehen wollten in unserem Land. Parolen, die wir nie wieder hören wollten", kommentiert Philippe Debionne im BERLINER KURIER. Die Vorfälle in Berlin riefen schließlich auch die Politiker und auch die Bundesregierung auf den Plan: "Man muss sich schämen, wenn auf den Straßen deutscher Städte so offen Judenhass zur Schau gestellt wird", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit sei "kein Freibrief für antisemitische Entgleisungen, für Hetze und für Gewalt". Sabine Menkens, Philip Kuhn und Marcel Leubecher schildern in ihrer Reportage für die WELT u.a., wie sehr in der Polizei Unmut über die eigene Machtlosigkeit in solchen Situationen herrscht und zitieren den Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, der WELT: „Die markigen Statements der Politiker gegen Antisemitismus helfen uns nicht“. Er forderte eine Verschärfung des Demonstrationsrechts. Die Polizei müsse vorher eingreifen dürfen, wenn die Demonstrationen noch im Planungsstadium sind. „Wenn die Israel-Feinde erst mit 1000 Leuten auf der Straße sind, können wir ihr Treiben nicht mehr verhindern, ohne dass es zu Straßenschlachten kommt.“
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.
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In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG porträtiert Robert Probst den Richter Jan-Robert Renesse, der sich nicht damit abfinden wollte, dass deutsche Gerichte NS-Opfern keine Rentenzahlung zugestehen wollten. Er beauftragte stattdessen Gutachter, führte Gespräche mit Betroffenen und konnte letztlich das Bundessozialgericht 2009 von den Ansprüchen der Opfer überzeugen. In Juristenkreisen galt er deshalb als Nestbeschmutzer. Nach dem "Preis der Menschlichkeit" erhält er nun eine weitere Auszeichnung, den Dachau-Preis für Zivilcourage: "Diesem Richter verdanken Zehntausende NS-Opfer eine Rente".
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Dass auch die Ärzte sich nicht nur mit dem NS-Regime arrangierten, sondern darüber hinaus aus eigener Initiative für den Mord an Kranken eintraten, davon kann man sich nun anschaulich am authentischen Ort in der Ausstellung „Die Charité im Nationalsozialismus und die Gefährdungen der modernen Medizin“ einen Eindruck verschaffen. Zu sehen ist die Ausstellung im Eingangsbereich der Psychiatrie und Nervenklinik auf dem Campus in Berlin-Mitte. In zwei parallelen Gängen begegnen Besucher Opfern, Tätern und Mitläufern. Das Projekt verwirklichte das medizinhistorische Institut der Charité in Zusammenarbeit mit der Universität der Künste und dem Berliner Medizinhistorischen Museum, wie Michaela Koller für die TAGESPOST berichtet: "Massenmord an Behinderten".
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Er war von 1920 bis 1928 Chefredakteur der Münchner Neuesten Nachrichten; dann wurde er Chefredakteur der katholischen Zeitung "Der gerade Weg", die laut und eindringlich vor Hitler warnte: Fritz Gerlich. Gerlich tat das unter anderem mit dem prophetisch-düsteren Satz: "Nationalsozialismus heißt Lüge, Hass, Brudermord und grenzenlose Not." Gerlich wurde sofort nach deren Machtergreifung von den Nazis gefangen genommen, gefoltert und in der Nacht zum 1. Juli 1934 ermordet. Jetzt will ihn die katholische Kirche sogar selig sprechen. Heribert Prantl erinnert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG an den mutigen Mann: "Fritz Gerlich - ein journalistischer Märtyrer".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...
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Ádám Schönberger und Eszter Susán Guerrero sind Mitbegründer von "Marom", einer in Budapest ansässigen jüdischen Organisation, die in Anliegen sozialer Gerechtigkeit arbeitet und junge Juden wieder an ihre Traditionen heranzuführen hilft. In einem gemeinsam verfassten Beitrag, der ursprünglich in "The Independent" erschien und nun in Übersetzung im BUSINESS INSIDER zu lesen ist, geben sie ein wenig optimistisches Stimmungsbild von der gegenwärtigen Lage in Ungarn und beschreiben, wie die umfassend dokumentierte Regierungskampagne gegen George Soros mit unübersehbar antisemitischen Darstellungen aus den 1930ern spielt: "'Stinkender Jude': Ungarns antisemitische Kampagne hat beängstigende Folgen".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Israelfeinde zündeten bei ihren Demonstrationen in Berlin Fahnen an und skandierten beängstigende Parolen, siehe die bereits erwähnten Berichte in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT. Aber waren die "Tod Israel"-Rufe strafbar? Und wer demonstriert eigentlich bei diesen Veranstaltungen? Wie reagiert die jüdische Gemeinschaft? Bei wem stoßen die Proteste auf Zustimmung? Welche Forderungen gibt es an Politik und Justiz? Der TAGESSPIEGEL gibt die wichtigsten Fragen und Antworten: "Wie gefährlich sind die muslimischen Antisemiten?". In der WELT hat zum gleichen Thema Philip Kuhn mit der Berliner Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, Sawsan Chebli (SPD), gesprochen. Sie appelliert an Muslime in Deutschland, mehr Engagement gegen Antisemitismus zu zeigen. „Genauso wie Muslime als Minderheit erwarten, dass andere sich für sie einsetzen, wenn sie diskriminiert oder angegriffen werden, müssen sie ihre Stimme viel lauter erheben, wenn Juden in unserem Land bedroht werden. Der Kampf gegen Antisemitismus muss auch ihr Kampf sein“, sagte sie. Ebenfalls in der WELT lässt Marcel Leubecher noch einmal den Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Wendt zu Wort kommen, der feststellt: „Dieselben Politiker, die das Einreise- und Abschiebedrama fortsetzen, indem sie immer weitere Ausländer aus der antisemitischsten Weltregion unerlaubt einreisen lassen und nicht einmal die Straftäter unter ihnen abschieben, verkünden dann, sie würden alles gegen Antisemitismus tun“.
Die Links zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Vor dem Hintergrund der wieder aufflammenden Debatte über Judenhass unter Migranten sind vielleicht zwei Fragen von besonderem Interesse: Welches Bild haben die gerade nach Deutschland Geflüchteten von Juden und Israel? Was wissen sie über Antisemitismus und den Holocaust? Der renommierte Antisemitismusforscher Günther Jikeli (Indiana University/ Universität Potsdam) hat im Auftrag des American Jewish Commitee Berlin Ramer Institutes eine Umfrage unter 68 Männern und Frauen* (18 bis 52 Jahre) aus Syrien und dem Irak durchgeführt, über deren Ergebnisse die BILD-ZEITUNG exklusiv berichtet:
"Die Studie zeigt: Die meisten Befragten haben ein gutes Bild von den Deutschen und schätzen vor allem die Freiheit und Sicherheit in Deutschland. Jedoch empfinden sie es fast alle als normal, negative Einstellungen gegenüber Israel zu haben, teilweise bis zur völligen Ablehnung der Existenz des jüdischen Staates."
Der Link zum Bericht in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
Und schließlich noch ein sehr bemerkenswertes und lesenswertes Gespräch zum gleichen Thema zwischen der französischen Philosophin Elisabeth Badinter und der deutschen Publizistin Alice Schwarzer, das in der FAZ zu lesen ist. Die beiden Frauen loten die Unterschiede und GEmeinsamkeiten des Antisemitismus in Frankreich und Deutschland aus und setzen sich mit der Frage auseinander, inwieweit der Antisemitismus dem Islam originär ist. Zu dem letztgenannten Punkt sagen die Beiden u.a.:
"Schwarzer: ... Natürlich gibt es im Islam einen traditionellen Antisemitismus, aber – mit Verlaub – auch im Christentum. Es ist an den Muslimen selbst, selbstkritisch zu sehen, was sie bei sich ändern müssen. Doch ich bleibe dabei: Das Phänomen des Antisemitismus bei Muslimen ist in dieser Virulenz bei uns neu und geschürt vom politischen Islam.
Badinter: ... In jedem Fall erleben wir heute eine islamische Radikalisierung, die den Antisemitismus zu einer Art religiösen Pflicht erhebt. Das Beunruhigende dabei ist, dass in Frankreich zugleich der gesellschaftliche Konsens bröckelt, nach der Schoa nie wieder Antisemitismus – in welcher Form auch immer – zu dulden. Ein Teil der Linken bei uns jedoch lehnt es ab, den neuen Antisemitismus als solchen zu benennen, geschweige denn zu verurteilen. Es sind die gleichen Leute, die sich auf den Antizionismus berufen. Auch ich halte Kritik am Staat Israel für notwendig, aber Kritik kann nicht bedeuten, das Existenzrecht Israels zu leugnen. Antizionismus läuft aber im Kern genau darauf hinaus."
Der Link zum Gespräch in der Rubrik ANTISEMITISMUS.
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Ein dänisches Künstlerkollektiv zeigte kürzlich in Berlin-Kreuzberg beim durchaus renommierten Festival Nordwind eine Ausstellung mit dem Titel „Martyr Museum“. In der Schau hängen unterschiedslos Bilder von Menschen wie Martin Luther King oder Maximilian Kolbe neben Fotos von islamistischen Attentätern, darunter denjenigen, die vor zwei Jahren das Gemetzel unter Konzertbesuchern im Pariser Bataclan veranstalteten. Matthias Heine nimmt dies in der WELT zum Anlass die Begriffsgeschichte von "Märtyrer" im christlichen und islamischen Denken darzulegen und anhand einiger Beispiele aus der Geschichte die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Märtyrergedankens in beiden Religionen herauszuarbeiten: "Was muslimische Märtyrer von christlichen unterscheidet".
Der Link zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Im Berliner Martin Gropius Bau ist zur Zeit eine Ausstellung zu sehen, die sich mit dem Dialog zwischen Religion und Wissenschaft beschäftigt: „Juden, Christen, Muslime im Dialog der Wissenschaften 500 - 1500“. Arno Widmann hat sie für die BERLINER ZEITUNG angesehen und Sigrid Hoff war für die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG vor Ort. Letztere merkt u.a. kritisch an:
"Die Ausstellung dokumentiert eindrucksvoll die Bedeutung des interkulturellen Dialogs für die Entwicklung der Wissenschaften seit dem Mittelalter. Die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben allerdings ausgeblendet. Von Kriegen, Pogromen und religiösen Fanatikern, nicht zuletzt in der Zeit der Kreuzzüge, erfährt man nichts. So bleibt das Bild der mittelalterlichen Wissensgesellschaft unvollständig."
Die Links zu den Berichten in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
Nur wenige Tage nach der umstrittenen Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump läuft im Jüdischen Museum in Berlin eine Ausstellung an, die den jahrhundertealten Konflikt zwischen Juden, Christen und Muslimen um die Heilige Stadt einfühlsam und verständlich erläutert. Aufgrund der aktuellen Zuspitzung um die Trump-Erklärung zu Jerusalem sah sich Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museumus, gar genötigt zu erklären: „Unsere Ausstellung hat mit Herrn Trump nichts zu tun.“ Aus den vielen Strängen, die in der Summe das Knäuel dieser Stadt bilden, haben die beiden Kuratorinnen Cilly Kugelmann und Margret Kampmeyer den dicksten ausgesucht und zum roten Faden der Ausstellung gemacht: Die Heiligkeit, die – so Kugelmann – "hier alles kontaminiert und metaphysisch überlagert". BERLINER ZEITUNG, TAGESSPIEGEL, SPIEGEL, TAZ und JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG berichten über die Ausstellung: "Die Stadt, die allen heilig ist".
Die Links dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.
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Vor 200 Jahren gründeten 65 jüdische Hausväter in einer feierlichen Prozedur den Hamburger Tempelverein. Sie seien "von dem Wunsche beseelt, den fast erkalteten Sinn für die ehrwürdige Religion der Väter zu beleben", heißt es in der Urkunde vom 11. Dezember 1817. Der Tempelverein gilt als Wurzel des Liberalen Judentums, zu dem sich heute etwa 1,7 der weltweit 14 Millionen Juden zugehörig fühlen. Trotz Schnee und Kälte hatten sich nun zahlreiche Teilnehmer der Feierlichkeiten zu „200 Jahre Hamburger Israelitischer Tempel in der Poolstraße“ zu Gebeten und Gesängen versammelt, wie die SCHLESWIG-HOLSTEINISCHE ZEITUNG berichtet. Auch JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG und DOMRADIO würdigen das Ereignis und machen die Bedeutung des Tempelvereins transparent. Die TAZ ergänzt den historischen Teil des Ereignisses durch einen ausführlichen Blick auf die aktuelle Situation der Liberalen Gemeinde in Hamburg, der es trotz beträchtlichem Wachstum nicht gerade gut geht: "Im Clinch mit den Orthodoxen".
Die Links zum Thema in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Er zum Beispiel war auch Reformjude und Mäzen: Der Hamburger Bankier Salomon Heine, der am 19. Oktober 1767, vor 250 Jahren, geboren wurde und seinen Neffen Heinrich Heine sowie die Stadt Hamburg zeitlebens unterstützte. Petra Schellen widmet ihm in der TAZ ein ausführliches und lesenswertes Porträt, in dem sie auch darauf hinweist, wie wenig angemessen Hamburg diesen Mäzen vergangener Tage würdigt: „Geld geben machte ihm Spaß“.
Der Link zum Porträt in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
„Weil es Schabbat war, musste ich das Auto vor dem Lager stoppen. Vor mir erblickte ich ein jüdisches Schtetl, wie es vor zwanzig bis dreißig Jahren existierte. Hier gab es noch Jiddischkeit, wirklich ein Stück jüdisches Leben, wie aus einem Buch entsprungen, wie in einer Fantasie.“
Dies schrieb der jüdische Dichter und Wilnaer-Ghettokämpfer Schmerke Kaczerginski als er kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges ins bayrische Pocking kam. Hier in einem Lager für Displaced Persons lebten an die 500 Lubawitscher Chassidim, Strenggläubige aus tiefster Seele, die Krieg und Vernichtung überlebt hatten. An diese kaum mehr bekannte Geschichte, wie das bayrische Pocking nach dem Krieg zu einem Zentrum der Chassidim wurde, erinnert Jim G. Tobias in einem lesenswerten Beitrag für HAGALIL: "Jüdische Orthodoxie in Niederbayern".
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
Yuval Cherlow ist ein modern-orthodoxer Rabbiner und leitet die Jeschiwa Hochschule “Yeshivat Amit Orot Shaul” in Raa’nana und ist Mitbegründer von “Tzohar”, einer Rabbinervereinigung von über 800 Rabbinern, welche versucht, zwischen religiösen und säkulären Juden in Israel Brücken zu schlagen. Die Organisation wurde einst als Reaktion auf den Mord an Jitzchak Rabin im Jahr 1995 gegründet. Auf dem schweizer Portal AUDIATUR ist von ihm nun ein längerer Beitrag zu lesen, in dem Cherlow darlegt, wie aus der hohen Stellung der Menschenwürde im Judentum sich eine Medienethik entwickelt hat, die insbesondere auch der Öffentlichkeit das Recht auf Information zugesteht.
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.
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Viel Wirbel hat Papst Franziskus mit seiner Äußerung entfacht, die Vater-Unser-Bitte "Und führe uns nicht in Versuchung" sei im Deutschen theologisch nicht korrekt übersetzt. „Lass mich nicht in Versuchung geraten“ wäre besser, so Franziskus. „Ich bin es, der fällt, aber es ist nicht er, der mich in Versuchung geraten lässt.“ Ein Vater mache so etwas nicht. „Ein Vater hilft, sofort wieder aufzustehen. Wer dich in Versuchung führt, ist Satan.“ Thomas Ribi meint dazu in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG:
Auch wenn der Wortlaut des Vaterunsers glasklar ist: Gründe, an der Authentizität einzelner Stellen zu zweifeln, gäbe es durchaus. Nur, für einen Papst, der immer wieder betont, die Bibel sei das Wort Gottes, dürften sie eigentlich kein Gewicht haben. Kommt hinzu, dass Gottes Rolle bei der Verführung zum Bösen nicht so eindeutig ist, wie Franziskus suggeriert. Der Gott des Neuen Testaments ist ja auch der Gott des Alten. Und man muss sich nur den Anfang des Buches Hiob in Erinnerung rufen, damit das Bild vom treusorgenden Vater ins Wanken gerät. Natürlich ist es Satan, der Hiob peinigt. Aber Gott gibt ihm dazu ausdrücklich freie Hand. Er lässt auch zu, dass Jesus vom Satan versucht wird. So steht es bei Matthäus.
Der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück und die Salzburger Bibelwissenschaftlerin Marlis Gielen können sich ebenfalls nicht der Einschätzung des Papstes anschließen, wie KATHPRESS berichte. Ihr gemeinsamer Tenor: Gott ist nach dem Zeugnis der Bibel für Versuchungssituationen letztverantwortlich; dies dem Satan zuzuweisen würde in einen Gut-Böse-Dualismus führen, den das Christentum ablehnt. Und in der WELT befassen sich Lucas Wiegelmann und Matthias Heine auf informative Weise mit der Übersetzungsgeschichte des Vater-Unser: "Das Vaterunser umdichten? Schon die Goten wussten es besser".
Die Links zum Thema in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.
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Nicht nur in Deutschland werden immer mehr Ehen zwischen Juden und Christen geschlossen – mehr als 50% der Juden heiraten Nichtjuden. Nach dem halachischen Religionsgesetz gelten nur Kinder jüdischer Mütter als jüdisch, während Kinder jüdischer Väter konvertieren müssen. Die jüdische Gemeinschaft, vor allem traditionellere Gruppierungen, die seit den 1990er-Jahren in Deutschland die Mehrheit bilden, steht interreligiösen Ehen oft ablehnend gegenüber, da sie befürchtet, dass das Judentum in solchen Familien nicht weitergegeben wird. Für interreligiöse Paare, die ihre Kinder jüdisch erziehen wollen und für Kinder, die ihre Identität suchen, sind damit Probleme und Verletzungserfahrungen vorprogrammiert. Der von Lea Wohl von Haselberg herausgegebene Konferenz-Sammelband "Hybride jüdische Identitäten. Gemischte Familien und patrilineare Juden" beleuchtet diese und damit zusammenhängende Probleme. Lydia Heiss hat den Band für LITERATURKRITIK gelesen: "Wer darf sich eigentlich als Jude bezeichnen?"
Der Link zu Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.
Einen angenehmen Tag wünscht
Dr. Christoph Münz
redaktion@compass-infodienst.de
(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)
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