Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
15.04.2019 - Nr. 1832

ACHTUNG

Die nächste Tagesausgabe erfolgt am Mittwoch, 17. April 2019.




ONLINE-EXTRA Nr. 285

April 2019

In vielfacher Hinsicht stand im vergangenen Jahr 2018 das Ende des Ersten Weltkriegs 1918 im Fokus der Öffentlichkeit. Durch vielerlei Publikationen, Filme, Ausstellungen und öffentlichen Debatten gedachte man auch schon in den Jahren zuvor dieses einhundert Jahre zurückliedenden Ereignisses, das man bei allen Unterschieden in der Bewertung im Detail übereinstimmend als eines der einschneidendsten Ereignisse nicht nur in der Geschichte Europas, sondern der Moderne überhaupt einstufte. Eines der zentralen Merkmale dieses ersten Weltkriegs war ohne Frage die beinahe alle gesellschaftlichen Schichten übergreifende Begeisterung für den "großen Krieg" (Herfried Münkler), die sich u.a. auch aus der spätestens seit der Jahrhundertwende epochebestimmenden Kraft des Nationalismus speiste. Im Kontext dieses verstärkt wirkenden nationalistischen Denkens ist dabei auch die Enstehung des Zionismus zu sehen, der mit dem ersten zionistischen Weltkongress 1897 in Basel die Bühne der Geschichte betrat.

Vor diesem Hintergrund ist es höchst interessant, wie sich jüdisches Denken in jenen Jahren gewissermaßen zwischen pseudoreligiösem Nationalismus und jüdischer Selbstfindung im Zionismus positionierte. Besonders deutlich wurden die dabei enstandenen Herausforderungen, Probleme, Widersprüche und Visionen auf jüdischer Seite gerade auch im Zusammenhang mit der nationalistischen Begeisterung für den Ersten Weltkrieg. Dies und die einschneidenden Konsequenzen, die das Kriegserlebnis selbst nicht zuletzt im Blick auf den Zionismus jüdischerseits zur Folge hatten zu beschreiben, unternimmt in nachfolgendem Beitrag der Theologe und Judaist Christian Wiese, seines Zeichens Inhaber der Martin-Buber-Professur an der Universität Frankfurt.

Wiese diskutiert die genannten Zusammenhänge beispielhaft anhand der intellektuellen Geschichte dreier bedeutender jüdischer Persönlichkeiten, die nicht nur alle in Verbindung zu Martin Buber und dessen Denken standen, sondern auch ihre gemeinsame Herkunft aus Prag miteinander teilten: der Journalist, Politiker und spätere Leiter des Leo-Baeck-Instituts in London Robert Weltsch; Hans Kohn, zionistischer Aktivist, später Professor in Amerika und namhafter Nationalismusforscher; und Shmuel Hugo Bergmann, Philosoph und zwischen den 1920er Jahren und seinem Tod 1975 eine prägende Gestalt der Hebräischen Universität Jerusalem.

Wieses Beitrag ist nicht nur ein spannendes Stück von den Anfängen zionistischer Kulturgeschichte in bewegter Zeit, sondern gibt darüber hinaus einen tiefen und - etwa im Blick auf Buber - für manche überraschenden Einblick auf die Wirkungen des Ersten Weltkriegs für die Entwicklung des Kulturzionismus sowie der zentralen Frage, die sich für die genannten Denker späterhin stellte: ob und wie nämlich ein in Palästina/Israel zu realisierender jüdischer Nationalismus möglich sein könne ohne die blutgetränkten Verwerfungen eines in zwei Weltkriegen wütenden europäischen Nationalismus.

Christian Wieses Beitrag geht auf einen im Oktober 2014 anlässlich der Mitgliederversammlung der "Freunde und Förderer des Leo Baeck Instituts" im Jüdischen Museum Frankfurt am Main gehaltenen Vortrag zurück. Ein wesentlich erweiterter Aufsatz zum Thema erschien unter dem Titel „Martin Buber und die Wirkung des Ersten Weltkriegs auf die Prager Zionisten Hugo Bergmann, Robert Weltsch und Hans Kohn” in: Galili Shahar (Hg.), Texturen des Krieges: Körper, Schrift und der Erste Weltkrieg (Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, 43), Göttingen 2015, 181-222. Dort finden sich auch die Nachweise der zitierten Quellen. Die nachfolgend als ONLINE-EXTRA Nr. 285 wiedergegebene Fassung folgt der Publikation im Bulletin der "Freunde und Förderer des Martin-Buber-Hauses" (FuF), 2/2018, Heppenheim.

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Online-Extra Nr. 285




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