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Erinnerungszeichen "Grafenberger Allee 78-80" eingeweiht
(COPYRIGHT: Andreas Rehnolt;
Düsseldorf - Ein Erinnerungszeichen wird zukünftig an der Grafenberger Allee 78 in Düsseldorf auf die besondere Historie des Ortes hinweisen: Auf diesem Grundstück waren ab den 1920er-Jahren die Düsseldorf-Loge der jüdischen Organisation "B’nei Brith", ein Kindergarten und ab 1939 unter anderem die Jüdische Volksschule und ein Altersheim, aus dem Menschen deportiert wurden, in einem Gebäude untergebracht. Dieses Haus war ab 1939 das Zentrum des jüdischen Lebens in Düsseldorf.
Im Auftrag der zuständigen Bezirksvertretung erarbeitete die Mahn- und Gedenkstätte im Rahmen eines Schülerprojektes mit dem Albert-Einstein-Gymnasium inhaltlich die Geschichte des Hauses und Gestaltungsideen für ein Erinnerungszeichen. Es soll künftig an die Historie des Ortes und an die Menschen erinnern, die dort gelebt, gefeiert, gearbeitet und gebetet haben, zur Schule gegangen sind und später deportiert wurden.
Das Erinnerungszeichen wurde jetzt offiziell an der Grafenberger Allee 78-80 enthüllt. Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) und Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und Vorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, sprachen Worte des Gedenkens.
"Mit der Einweihung weisen wir nicht nur auf die besondere Geschichte dieses Ortes hin. Wir setzen damit auch ein Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und Gleichgültigkeit in der Gesellschaft. Das Schülerprojekt zeigt, wie lebendige und aktive Erinnerung funktionieren kann." Oberrabbiner Raphael Evers sprach über die Bedeutung für die Gemeinde, Kantor Aron Malinsky sang das Gebet "El Male Rachamim". Im Anschluss daran gab es eine Gedenkminute.
Der Korpus des Zeichens besteht aus Cortenstahl, links ist ein kurzer Text zum Haus, eine Zeichnung der ersten Hausfassade und ein bildlicher Hinweis auf die Düsseldorf Loge der Organisation "B’nei Brith". Rechts stehen zwei fast lebensgroße Figuren: der Junge Kurt Lubascher, der 15 Jahre alt wurde, stellvertretend für die Schülerinnen und Schüler sowie Kindergartenkinder aus dem Haus Grafenberger Allee 78.
Kurt wurde mit seiner Mutter in das Ghetto Litzmannstadt deportiert und in Chelmno ermordet. Kurt Lubascher hatte auch von 1928 bis 1938 in dem Haus gewohnt, weil seine Eltern dort ein Restaurant betrieben haben. Die zweite Figur zeigt Ida Sostheim, die 1942 als 82-jährige von den Nationalsozialisten aus dem Altenheim Grafenberger Allee 78 nach Theresienstadt deportiert wurde. Ida Sostheim ist im Ghetto Theresienstadt gestorben.
Sie steht stellvertretend für die alten Menschen, die in diesem Haus untergebracht waren. Die Geschichte ihrer Enkelin Ruth wird in der Dauerausstellung der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf dargestellt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde unter der heutigen Adresse Grafenberger Allee 78 ein Wohnhaus mit Gartenhaus und Stall erbaut. Das Grundstück gehörte dem berühmten Landschaftsmaler Andreas Achenbach.
1921 erwarb die Düsseldorf-Loge der jüdischen Organisation "B’nei B’rith" das Haus und nutzte es fortan für Versammlungen, Veranstaltungen, Feiern etc. Auch ein Restaurant, das von der Familie Lubascher betrieben wurde, war in dem Haus untergebracht. Die Loge von "B’nei B’rith" war 1901 in Düsseldorf gegründet worden und kümmerte sich vor allem um wohltätige Zwecke.
1926 eröffneten die Ehefrauen der Logenmitglieder einen Kindergarten und Kinderhort für bis zu 30 Kinder in diesem Haus. Sie veranstalteten auch Treffen für junge Mädchen. Viele jüdische Vereine Düsseldorfs, und auch die Gemeinde, nutzten das Logen-Haus für Feiern, Abschlussbälle oder Versammlungen. 1934 übertrug die Loge das Haus der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, die es als Gemeindehaus nutzte. Nur drei Jahre später wurde die Loge vom NS-Staat aufgelöst und ihr Besitz eingezogen.
Nach dem Novemberpogrom 1938, bei welchem die Synagoge an der Kasernenstraße und die angrenzenden Gebäude schwer beschädigt wurden, mussten die dort beheimateten Einrichtungen an anderen Orten untergebracht werden. Die Private Jüdische Volksschule zog an die Grafenberger Allee 78 um. Hier im Gemeindehaus fanden nun auch die Gottesdienste statt, Bar Mitzwa Feiern unter andere Veranstaltungen.
Das Haus diente als Ort kultureller Veranstaltungen für Filmvorführungen und Lesungen, weil der jüdischen Bevölkerung der Besuch von Kinos, Theatern und anderen Einrichtungen verboten worden war. Offiziell war die Private Jüdische Volksschule bis Ende Juni 1942, des offiziellen Verbots des Schulbesuchs jüdischer Schüler und Schülerinnen, im Haus an der Grafenberger Allee 78 untergebracht.
1941 war die Schülerzahl bereits unter 100 gesunken. Im Frühjahr 1942 wurden einige älteren Menschen, die zuvor im Gemeindebüro Bilker Straße 25 untergebracht waren, ins Haus Grafenberger Allee 78 einquartiert. Im Juli 1942 wurden die meisten älteren Männer und Frauen von dort in das Ghetto Theresienstadt (Terezin) deportiert.
Ein Bombenangriff zerstörte 1942 das Haus Grafenberger Allee 78 zu großen Teilen. 1952 übernahm die "Jewish Trust Corporation for Germany" das Grundstück. 1955 erfolgte der Verkauf an die "Telefonbau und Normalzeit Lehner GmbH" aus Frankfurt, die ein neues Haus und neue Hofgebäude errichten ließ. 1993 kauften die jetzigen Besitzer das Haus und bauten die Gebäude aus den 1950er-Jahren um.
Microtext-Journalistenbüro)
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