Produktive Störung: Germans & Jews
Ein "sehr mutiger Schritt" vor 75 Jahren
75 Jahre jüdische Gemeinde: Zurück im Herzen der Stadt
Neue Synagoge: Baustart 2022
[SÜDDEUTSCHE ZEITUNG]Jüdisches Museum Frankfurt eröffnet im Oktober
Jüdischer Religionsunterricht muss in Sachsen geschützt werden
[NEWS4TEACHER]»Bedeutsame Stimme«
Typisch jüdisch?
Stromlinie vor 100 Jahren
Mit Shalva durch die Pandemie
Haus der Umkehr
Geregelte Nachfolge
Trauer um Rabbiner William Wolff
Schwerin: Stadt nimmt Abschied von William Wolff
Zum Tod von Landesrabbiner Dr. William Wolff
(Quelle: GCJZ Mecklenburg-Vorpommern)
Wenn William Wolff einen Raum betrat, veränderte sich sofort dessen Charakter. Dr. William Wolff, jahrelang Landesrabbiner in Mecklenburg-Vorpommern, eher klein von Gestalt, zog sofort alle Aufmerksamkeit auf sich. Mit wachem Blick, mit leuchtenden warmherzigen Augen, baute er Brücken über tiefe Gräben hinweg. Seine Klarheit in der Sprache, seine grenzenlose Sympathie für alle Menschen, seine Neugier und Begeisterungsfähigkeit veränderte nicht nur den Raum, den er betrat, sondern auch die Menschen, denen er begegnete. Ein Reichtum, den er verschwenderisch mit anderen zu teilen wusste.
Auch wer ihn nur einmal traf, mit seinem verschmitzten Humor, seiner Gabe Menschen zu begeistern, blieb er unvergesslich. Und erst recht für Menschen, die das Glück hatten, mit ihm zusammen gemeinsam zu arbeiten und zu denken, zu reden und zu feiern, war er eine Bereicherung. Güte, Freundlichkeit und Optimismus bestimmten sein Denken und Handeln. Als Kind aus Deutschland vertrieben, kehrte er im hohen Alter in das Land zurück, das für den millionenfachen Mord an Juden verantwortlich war. Als Landesrabbiner für die jüdischen Gemeinden in Rostock, Schwerin und Wismar begleitete und prägte er den Neuanfang jüdischen Lebens in Mecklenburg-Vorpommern. Mit seiner Herzlichkeit und seinem Elan machte er sichtbar, dass jüdisches Leben zu unserer Kultur und unserer Gesellschaft einfach dazugehört. Er war ein Mann des Dialogs, ein wahrer Menschenfreund.
Am 8. Juli 2020 ist William Wolff im Alter von 93 Jahren in London gestorben. Er wird uns fehlen. Wir vermissen seine Freundlichkeit, seinen Humor, seine Güte. Wir sagen „Danke!“, dass wir über Jahre mit ihm zusammen den jüdisch-christlichen Dialog in Mecklenburg-Vorpommern gestalten konnten. Von seiner Offenheit und seinem Wissen, seiner Begeisterungsfähigkeit, die er immer auf andere übertragen hat, werden wir noch lange zehren.
Heine-Preis 2020 für Rachel Salamander
(COPYRIGHT: Andreas Rehnolt,
Düsseldorf - Die Literaturwissenschaftlerin und Journalistin Rachel Salamander wird mit dem Heine-Preis 2020 der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet. Dies teilte die Stadt am Montag nach der Jury-Entscheidung mit. Der mit 50.000 Euro dotierte Heine-Preis zählt zu den bedeutendsten Literatur- und Persönlichkeitspreisen in Deutschland und wird seit 1972 verliehen. Er wird im Dezember in einem Festakt in Düsseldorf überreicht.
"Ich freue mich sehr über diese bedeutende Ehrung. Heinrich Heine und seine Literatur sind für mich schon immer Lebensbegleiter gewesen," so die neue Preisträgerin am Montag, als ihr die Jury-Entscheidung mitgeteilt wurde. Salamander hat nach Überzeugung der Jury "couragiert maßgeblich zum Wiederaufbau des jüdischen intellektuellen Lebens nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland beigetragen."
Als Unternehmerin holte sie laut Jury "mit ihren Literaturhandlungen all die jüdischen Autorinnen und Autoren, deren Bücher einst verbrannt worden waren, in den Kanon deutscher Literatur zurück." In Zeitungen und Zeitschriften diskutiere Salamander zudem öffentlichkeitswirksam über die Bedeutung von Literatur und setze sich ganz im Sinne Heinrich Heines für Völkerverständigung und gegen Antisemitismus ein.
Der Heine-Preis wird an Persönlichkeiten verliehen, die durch ihr geistiges Schaffen im Sinne der Grundrechte des Menschen, für die sich Heinrich Heine eingesetzt hat, den sozialen und politischen Fortschritt fördern, der Völkerverständigung dienen oder die Erkenntnis von der Zusammengehörigkeit aller Menschen verbreiten.
Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) erklärte, mit Rachel Salamander habe man eine würdige Preisträgerin gefunden – "gerade in Zeiten, in denen sich die hässliche Fratze des Antisemitismus wieder zeigt." Er freue sich, "dass die Jury ein Zeichen gesetzt hat, dass jüdisches Leben, Kultur und Literatur selbstverständlich zu Deutschland gehören."
Rachel Salamander wurde am 30. Januar 1949 in Deggendorf, in einem Displaced Persons Camp für Überlebende des Holocausts geboren. Sie ist das zweite Kind von Samuel und Rywa Salamander. Nachdem Samuel und Rywa Salamander den Holocaust in der Sowjetunion überlebten, planten sie ursprünglich mit ihren Kindern nach Israel auszureisen. Dies wurde ihnen jedoch aufgrund der Erkrankung der Mutter nicht gestattet - sie verstarb 1953.
Die Familie lebte bis 1956 im Displaced Persons Camp Föhrenwald. Anschließend zog der Vater mit den beiden Kindern nach München. In der Familie wurde ausschließlich Jiddisch gesprochen. An der Ludwig-Maximilian-Universität München studierte Rachel Salamander Germanistik, Philosophie und Romanistik. Hierbei legte sie immer einen Fokus auf die deutsch-jüdische Literatur und Geschichte. Anschließend promovierte sie in Germanistik.
1982 eröffnete Rachel Salamander in München-Maxvorstadt unter dem Namen "Literaturhandlung" eine Fachbuchhandlung für Literatur zum Judentum. Hiermit konnte sich erstmals seit der Zeit des Nationalsozialismus in München wieder eine Fachbuchhandlung für jüdische Literatur etablieren. Mittlerweile gibt es einige Zweigstellen in anderen deutschen Städten, das Stammhaus der "Literaturhandlung" ist in das Jüdische Museum München gezogen.
Rachel Salamander war ab 2001 fast zwölf Jahre Herausgeberin der Literaturbeilage der Zeitung Welt, "Literarische Welt". 2013/2014 war sie zudem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung in der Literaturredaktion tätig und dort Leiterin des "F.A.Z.-Literaturforums". Zudem führte sie die Frankfurter Anthologie nach dem Tod von Marcel Reich-Ranicki in veränderter Form fort. Seit 2015 ist Salamander zudem Aufsichtsratsmitglied im Suhrkamp Verlag AG.
Für ihr Schaffen wurde Rachel Salamander bereits mehrfach ausgezeichnet. So erhielt sie unter anderem 1999 den Kulturellen Ehrenpreis der Stadt München, 2009 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen, 2013 wurde sie mit dem Schillerpreis ausgezeichnet. Seit 2019 ist sie zudem Ehrenbürgerin der Stadt München. Zu ihren Werken zählen unter anderem: "Die Jüdische Welt von gestern 1860–1938" (1990) und "Hans Jonas: Erinnerungen. Nach Gesprächen mit Rachel Salamander" (2003).
Der Preis, den Düsseldorf als Vaterstadt zu Ehren des 1797 geborenen Heinrich Heine gestiftet hat, wird zum 22. Mal vergeben. Bisherige Heine-Preisträger waren unter anderem Carl Zuckmayer, Sebastian Haffner, Walter Jens, Max Frisch, Richard von Weizsäcker, Wolf Biermann, Hans Magnus Enzensberger, Elfriede Jelinek, Amos Oz oder Jürgen Habermas.
Microtext-Journalistenbüro)
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