Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
12.10.2021 - Nr. 1965

ACHTUNG:

Am Dienstag, 19. Oktober 2021, erscheint ONLINE-EXTRA Nr. 316 mit einer Buchvorstellung von Herbert Jochum: "Peter Schäfer: Kurze Geschichte des Antisemitismus".



Guten Tag!

Nr. 1965 - 12. Oktober 2021



Zum achten und mutmaßlich letzten Mal als Bundeskanzlerin hat Angela Merkel Israel besucht - ein Abschiedsbesuch. In Israel hoch geschätzt wird sie freundlich empfangen und mit der Einrichtung eines Ehrenstipendiums gewürdigt. Die israelische Wertschätzung geht maßgeblich auf ihre 13 Jahre alte Rede vor der Knesset zurück, in der sie die Sicherheit Israels als Teil der deutschen Staatsräson bezeichnete. Auch war sie dieses Mal erneut in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Vor dem Hintergrund zunehmender antisemitischer Vorfälle in Deutschland schrieb sie dieses Mal ins Gästebuch der Gedenkstätte:
„Dass jüdisches Leben nach dem Menschheitsverbrechen der Shoa in Deutschland wieder eine Heimat gefunden hat, ist ein unermesslicher Vertrauensbeweis für den wir dankbar sind. Dieses Vertrauen veranlasst uns dazu, täglich entschieden gegen Antisemitismus, Hass und Gewalt vorzugehen. Dies ist Verpflichtung für jede Bundesregierung.“
In der WELT mutmaßt Christine Kensche, dass es mit dem Ende der Kanzlerschaft von Angela Merkel freilich auch zu Änderungen hinsichtlich ihres Diktums von der Staatsräson kommen könne:
"Olaf Scholz, Armin Laschet und Annalena Baerbock stellten sich im Wahlkampf hinter Merkels Diktum. Allerdings: Die SPD-Spitze will Waffenlieferungen an Israel an Bedingungen knüpfen. Und Baerbock sprach sich gegen „Atom-U-Boote“ aus. Es könne keinen „Blankoscheck“ für Jerusalem geben."
Entgegen dem allgemeinen Tenor äußert sich Godel Rosenberg in der TAGESPOST besonders kritisch zu dem Merkel'schen Sicherheitsdiktum:
"Merkels Satz, 2008 vor dem israelischen Parlament wie so oft emotionslos ins Mikrophon gehaucht, „Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“, gehört zu den inhaltsleeren ihrer an Sinnlosigkeit nicht mangelnden Formulierungen („Wir schaffen das“). Die Bundeswehr kann nicht einmal mehr die eigenen Grenzen schützen, geschweige denn die im Nahen Osten."
Rosenberg, der von 1978 bis 1988 Pressesprecher von Franz Josef Strauß war, anschließend beim Bayrischen Rundfunk arbeitete und von 2009 bis 2018 als Repräsentant Bayerns in Tel Aviv wirkte, schaut auch grundsätzich mit Sorge auf das deutsch-israelische Verhältnis aufgrund der unterschiedlichen Mentalitäten in beiden Ländern:
"Und noch etwas ist auffallend: das kriegs- und terrorgeplagte Israel ist optimistisch, die reiche im Überfluss lebende Industrienation Deutschland eher pessimistisch. Der Optimismus findet Ausdruck in der höchsten Geburtenrate innerhalb der OECD-Länder – bei Orthodoxen ebenso wie bei Säkularen. Was ist das beherrschende Thema in Deutschlands Politiker-Kreisen und in den Medien? Die Welt geht morgen, spätestens übermorgen unter."
Im Interview mit N-TV erklärt schließlich der israelische Historiker Moshe Zimmermann, wie Merkel im Land gesehen wird, welchen Stellenwert Deutschland in der israelischen Politik hat und wieso viele Israelis gerade eher ein Problem mit Polen als mit Deutschland haben. Auf die Frage, wie er das berühmte Sicherheitsdiktum Merkels verstehe, antwortet Zimmermann:
"Was genau die Absicht hinter dieser Formulierung war, weiß man ja nicht. Das wissen nur Merkel und ihre Berater. Entscheidend ist aber die Rezeption. Es ist sowohl in der deutschen als auch in der israelischen Öffentlichkeit so angekommen. Auf diese Weise wurde nie zuvor Verantwortung für die Sicherheit und Existenz Israels übernommen. So wurde das rezipiert. Und da kann man auch verstehen, weshalb man Angela Merkel in Israel so hoch schätzt. Und auch, warum in Deutschland manche Skeptiker Fragen stellen."
Links zum Thema in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG reflektiert Ulrich Schmid einmal mehr die Auswirkungen der "Abraham-Abkommen" und der damit verbundenen Normalisierungen zwischen den arabischen Golf-Staaten und Israel. Vor allem im Handel seien die Folgen bereits stark spürbar. Schmid beschreibt und analysiert die Kernmotive für das Abkommen auf beiden Seiten und stellt auch im Blic auf die Palästinenser fest:
"Die Pragmatiker werden gestärkt, die Extremisten geschwächt – doch das kann auf lange Sicht den geplagten Palästinensern zugutekommen, auch wenn es der Hamas und den Unversöhnlichen im Umkreis der BDS-Bewegung nicht gefällt."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Normalerweise ist es die Heimat von Steinböcken und Gazellen: der Machtesch Ramon im Süden Israels. Ab und an kommen hier eigentlich nur Wanderer und Ausflügler vorbei, um die archaische Landschaft des größten Erosionskraters auf der Erde zu bewundern. Jetzt aber laufen eine Handvoll seltsam gekleideter Forscher in der Gegend, sogenannte "Analog-Astronauten". Ihre Aufgabe: einen Aufenthalt auf dem Mars simulieren. Was genau dahinter steckt, berichtet Christian Meier für die FAZ: "Marsmenschen in Israel".
Der Link dazu in der Rubrik ISRAEL INTERN.

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Viel lag den Nazis daran, die Jugend Deutschlands in der Hitlerjugend für ihre Zwecke zu domestizieren. Dazu übte das Regime auch Druck aus: auf die Eltern, in Schulen und Betrieben. Und wer beispielsweise einem Sportverein angehören wollte, konnte das ab 1934 nur noch, wenn er zugleich der Hitlerjugend beitrat. Solche Winkelzüge, Überredung und sozialer Druck trugen dazu bei, dass Jugendliche den Beitrittsantrag irgendwann stellten oder Eltern ihre Kinder hineinschickten. Andererseits gab es allerdings auch viel Missmut und Desinteresse: in bäuerlichen Nestern oder Hochburgen der katholischen Kirche war die Hitlerjugend zeitweise eine Phantomtruppe. In einem Beitrag für den SPIEGEL beleuchtet André Postert die durchwachsene Bilanz der Hitlerjugend: "Wie die Nazipropaganda eine Generation im Gleichschritt zeigte".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Auf Einladung des "NS-Kronjuristen" Carl Schmitt, seinerzeit sogenannter Reichsgruppenwalter der "Reichsgruppe Hochschullehrer des nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes", kamen vor 85 Jahren über 100 Hochschullehrer sowie Gäste aus Partei, Ministerien, NS-Forschungsinstituten und "Deutschen Christen" im Haus der "Deutschen Rechtsfront" in Berlin zusammen. Anberaumt war die Tagung "Das Judentum in der Rechtswissenschaft. Die deutsche Rechtswissenschaft im Kampf gegen den jüdischen Geist". Ihr Ziel machte Carl Schmitt in seiner Eröffnungsansprache klar: "Mit einem nur gefühlsmäßigen Antisemitismus und der allgemeinen Ablehnung einiger besonders aufdringlicher und unangenehmer jüdischer Erscheinungen ist es nicht getan; es bedarf einer erkenntnismäßigen Sicherheit." 13 Referate wurden dann mit dem Ziel gehalten, den "jüdischen Geist" in der deutschen Rechtswissenschaft zu definieren, zu identifizieren und zu eliminieren. Auch der spätere Grundgesetz-Großkommentator Theodor Maunz war unter den Referenten. Für LEGAL TRIBUNE ONLINE erinnert Sebastian Felz, Referent in einem Bundesministerium (Bonn) und Vorstandsmitglied des Vereins Forum Justizgeschichte, an jene denkwürdige Tagung, die mit pseudowissenschaftlichen Mitteln den juristischen "Kampf gegen das Judentum" befördern wollte: "Das Gelöbnis".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Mit beißendem Spott zeigt Ariel Magnus in seinem Roman einen unbelehrbaren Menschen, dessen antisemitischer Irrglauben auch im argentinischen Versteck ungebrochen war und der dort bar jeder Reue und völlig unbehelligt von einer Rückkehr nach Deutschland träumen konnte – bis zu seiner Verhaftung 1960. Die Rede ist von Adolf Eichmann - und der Titel des Romans lautet "Das zweite Leben des Adolf Eichmann". Magnus, ein argentinischer Journalist und Schriftsteller, Nachfahre von Holocaust-Überlebenden, rekonstruiert in seinem Roman ziemlich faktengetreu Eichmanns Zeit in Argentinien. Das Bemerkenswerte darain: er erzählt die Geschichte aus der Perspektive des Massenmörders. Klaus Taschwer hat den Roman für den österreichischen STANDARD gelesen: "Wie Adolf Eichmann in Argentinien wirklich aufgespürt wurde".
Der Link dazu in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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Am 9. Oktober 2019 versuchte ein damals 27-jähriger Rechtsterrorist zu Jom Kippur, die Synagoge in Halle zu stürmen. Er scheiterte an der Eingangstür, erschoss aber die Passantin Jana L. und den Mittagsgast Kevin S. im benachbarten Kiezdöner. Mehrere weitere Menschen wurden teils schwer verletzt. Zwei Jahre nach dem judenfeindlichen Terroranschlag hat die Stadt Halle der Opfer und Hinterbliebenen gedacht. Auf dem Marktplatz hielten am Samstag Hunderte Menschen minutenlang inne, wie u.a. die JÜDISCHE ALLGEMEINE WOCHENZEITUNG berichtet. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte am Samstag im RBB-Inforadio, er hätte sich wirklich gewünscht, sagen zu können, Halle habe eine Wende bedeutet. Dem sei aber nicht so. Antisemitismus sei in Deutschland weiterhin in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt. Für die TAZ war Pia Stendera vor Ort und sprach mit Ismet Tekini, der seinerzeit gerade vom Einkaufen zurück zur Arbeit wollte, dem Kiez-Döner in Halle, als er die Schüsse hörte. Und ebenfalls ind er TAZ ein Interview mit Gemeindevorsteher Max Privorozki, der damals mit 50 weiteren Gläubigen in der Synagoge war, als der Attentäter an der Tür rüttelte. Er sagt:
"Ich werde diese Tat nie vergessen. Das ist wie mit meinen verstorbenen Eltern. Ich denke auch nicht täglich an sie, aber sie sind präsent, besonders an Jahrestagen. Und dieser Tag des Anschlags wird immer in meinem Gedächtnis bleiben, das wird nie weggehen."
Links zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Vergangene Woche hat Gil Ofarim von einem antisemitischen Vorfall in einem Leipziger Hotel berichtet. Nun erhält der Musiker laut eigenen Angaben Drohungen. Kürzlich musste ihn sogar die Polizei nach einem Auftritt begleiten, berichtet DIE WELT. Im Interview mit dem REDAKTIONSNETZWERK DEUTSCHLAND äußert sich Ofarim selbst und sagt u.a.:
"Der Antisemitismus war niemals weg – aber er ist in den vergangenen Jahren noch salonfähiger geworden. Ich bin säkularer Jude, ich bin weder streng gläubig noch fromm noch orthodox noch geh ich einmal die Woche in die Synagoge noch trage ich jeden Tag eine Kippa. Und trotzdem wurde ich verbal angegangen. Wie muss es erst Menschen gehen, die diese Religion leben, die beispielsweise Kippa tragen? Die ständig angefeindet und sogar körperlich angegangen werden?"
In der BERLINER ZEITUNG meldet sich der israelische Autor Arye Sharuz Shalicar zu Wort, der lange in Berlin gelebt hat. Die jetzige Solidarität mit Gil Ofarim lässt ihn kalt, er hält sie für unehrlich:
"Ich frage mich: Wie ehrlich ist die jetzige Empörung wirklich? Was wäre denn bitte passiert, wenn Gil Ofarim auch nur ein unbekannter Mann von nebenan, wie der Herr in Hamburg, gewesen wäre? Oder wenn der Täter, wie im Falle Hagen und Hamburg, ein Araber, ein Migrant gewesen wäre? Würde Deutschland dann ähnlich empört, erschüttert, schockiert sein?"
Und im CICERO kritisiert Ahmad Mansour die fragwürdige Haltung in der deutschen Öffentlichkeit, die sich nur dann solidarisch gegen den Antisemitismus zeige, "wenn die Täter in unser ideologisches Feindbild passen". Er schreibt:
"Nach jedem antisemitischen Vorfall beobachtet man in den sozialen Medien, wie die meisten ihre Empörung am deutlichsten und am klarsten äußern, wenn die Täter in ihr eigenes Feindbild passen. Die einen sehen nur Rechtsradikale als Täter und schweigen, wenn die Täter muslimisch sind bzw. aus der linksextremen Ecke kommen und die anderen nutzen antisemitische Taten, um das Feindbild des Muslims bestätigt zu sehen. Keinen interessiert das Opfer, sein Schmerz, seine Erfahrung, sein Trauma oder seine Trauer. Wichtiger scheint die Einordnung, war es nun rechter Antisemitismus? Oder linker? Oder islamisch motivierter?"
Dem hält er entgegen und betont:
"Antisemitismus schadet nicht nur Juden, sondern der gesamten Gesellschaft und ist ein Anschlag auf alle, auf die Fundamente der Demokratie. Werden Juden angegriffen, ist es ein Symptom der Gesellschaft, das einen tiefgreifenden Nationalismus und eine Radikalisierung offenlegt, und es ist das Resultat jahrzehntelang vermiedener Konsequenzen im Umgang mit Antisemiten."
Links zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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"Der Gottesglaube, der stärkste Indikator für die Religionszugehörigkeit, ist in der Schweiz innerhalb von fünf Jahren von 46 auf 40 Prozent gesunken. Ein Viertel der Befragten glaubt aber an eine höhere Macht. Der Anteil derer, die spirituelle Angebote wie Yoga oder Tai-Chi nutzen, ist von 19 auf 24 Prozent gestiegen. Ebenso der Anteil von Mitgliedern einer Landeskirche, die sich als atheistisch bezeichnen. Gleichzeitig ist die auf 30 Prozent angewachsene Gruppe der Konfessionslosen nicht zwingend atheistisch. Und: Mehr als die Hälfte aller Befragten erachten Religion und Spiritualität in schwierigen Lebensmomenten als eher oder sehr wichtig. Die moderne Medizin trägt dieser Entwicklung zu wenig Rechnung."
So Dorothee Vögeli in einem Essay für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, in dem sie fordert, dass "Spiritual Care" im Gesundheitswesen Fuss fassen müsse:
"Die spirituelle Unterstützung am Lebensende, die der Patient ablehnen kann, heisst im Fachjargon «Spiritual Care». Deren Inhalte treten auch bei all jenen in den Vordergrund, die über lebensverlängernde Massnahmen entscheiden müssen. Oder in der Neonatologie, wo junge Paare manchmal von einem Neugeborenen für immer Abschied nehmen müssen. In den meisten Spitalabteilungen ist Spiritual Care trotzdem kein Thema. Viele Gesundheitsfachleute kennen den Ausdruck nicht."
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Es ist noch gar nicht so lange her, da teilten sich deutsche Schulklassen zum Religionsunterricht in evangelisch und katholisch. Dann wurden nach und nach auch Alternativfächer entwickelt für alle, die nicht am christlichen Unterricht teilnehmen wollten oder mussten: Fächer wie „Werte und Normen“, „Ethik“ oder „Lebenskunde“. Inzwischen gibt es aber auch einige religiöse Alternativen: jüdischen Religionsunterricht, alevitischen und buddhistischen – und vor allem islamischen. Welche Herausforderungen und Probleme damit verbunden sind und inwiefern ausgerechnet das Grundgesetzt einer fortschrittlichen Entwicklung Grenzen setzt, schildert Christian Röther in einem Beitrag für DEUTSCHLANDRADIO: "Vielfalt oder Verwirrung?"
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Als erste Hochschule der Schweiz bot Luzern vor 50 Jahren Judaistik als eigenes Fach an. 1981 wurde dann mit dem Institut für Christlich-Jüdische Forschung (IJCF) das erste Judaistik-Institut in der Schweiz gegründet, eines der allerersten im deutschsprachigen Raum, seit nunmehr rund 20 Jahren Teil der Universität Luzern. Zu verdanken ist das alles auch dem ersten Professor für Judaistik in Luzern: Clemens Thoma (1932-2011). Der Steyeler Missionar kämpfte zeitlebens für eine faire Sicht auf das Judentum. Seit 2001 ist Verena Lenzen Institutsleiterin. Der Professorin gelingt es immer wieder, bedeutende Gastdozierende an den Vierwaldstättersee zu locken: Tom Segev sowie Rabbinerinnen und Rabbiner wie Elisa Klapheck oder Aleida und Jan Assmann gehören dazu. Über die Feierlichkeiten zum Doppeljubiläum und über den Vortrag des Festredners Kardinal Kurt Koch berichten der SCHWEIZER RUNDFUNK, die schweizer-jüdische Wochenzeitung TACHLES und KATH.ch: "Heilung des Ur-Risses zwischen Kirche und Synagoge".
Die Links dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Die Entscheidung der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, dass die Moscheen zum Freitag den Muezzinruf erschallen lassen dürfen, stößt auf sehr gemischte Reaktionen. In einem Beitrag für den HUMANISTISCHEN PRESSEDIENST kritisiert die SPD-Politikern Lale Akgün die Entscheidung sehr scharf:
"Die Ditib-Moschee ist inzwischen ein Symbol für den politischen Islam, eine politische Institution mit Gebetsmöglichkeiten. Um das nicht zu erkennen, muss man politisch blind und taub sein. Man denke nur mal kurz an die Eröffnung der Moschee 2018, bei der Erdogan das große Wort führte und zu der nicht einmal der ehemalige OB Fritz Schramm eingeladen war, der sich über Jahre für den Bau dieser Moschee eingesetzt hatte. Die Erlaubnis für den Muezzinruf von der Ehrenfelder Moschee ist also ein Knicks vor dem politischen Treiben Erdogans, auch in Deutschland. Ein Schlag ins Gesicht aller politischen Dissidenten, die in Deutschland politisches Asyl bekommen haben. Übrigens auch in Köln."
Wenn freilch hierzulande Kirchenglocken läuten dürfen, dann müssen auch Muezzinrufe erlaubt sein meint dagegen Malte Lehming im TAGESSPIEGEL:
"Auch der Verweis auf die religiöse Prägung einer Gesellschaft, ihre Tradition und Akzeptanz von Vielfalt kann Freiheitsrechte nicht außer Kraft setzen. Der Gebetsruf mag auf Nicht-Muslime zunächst fremd wirken, auf einige gar bedrohlich, und er kündet von einer Realität, vor der manche am liebsten die Ohren verschließen. Er eckt an und verstört. So ist das nun mal. Kein Grund zur Panik."
Links zum Thema in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

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In Dresden hat sich eine neue jüdische Gemeinde gegründet. Ihr gehören nach eigenen Angaben 72 Frauen und Männer an. Rabbiner der Jüdischen Kultusgemeinde Dresden sei Akiva Weingarten, teilte die Gemeinde am Freitag mit. Weingarten war bis August Rabbiner der Jüdischen Gemeinde in Dresden und wollte ursprünglich als Oberrabbiner in die Israelitische Kultusgemeinde nach Nürnberg wechseln. Eigentlich sind Jüdische Gemeinden in Deutschland nach dem Prinzip der Einheitsgemeinden organisiert. Verschiedene Strömungen versammeln sich unter einem Dach. Eine neu gegründete Dresdner Gemeinde weicht nun von dieser langjährigen Praxis ab. Die Vertreter der bisher allein existierenden Gemeinde zeigen sich "erstaunt", wie man den Berichten in der SÄCHSISCHEN ZEITUNG und des MDR entnehmen kann: "Kritik nach Neugründung von Jüdischer Gemeinde in Dresden".
Die Links dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

"Ich bin Jude. Was bedeutet das?", fragt sich Daniel Cohn-Bendit in einem begegnungsreichen Film. Der Alt-68er, redegewandter Anführer der spätere Frankfurter Spontiszene und Ex-Europa-Parlamentarier der Grünen bricht auf nach Israel und beginnt eine persönliche Suche nach seinem eigenen Judentum. Die Menschen und Orte, denen er auf seiner Reise begegnet, könnten unterschiedlicher kaum sein, und doch kreist die Diskussion immer um die zentrale Frage dieses Films: Was ist "Jüdische Identität"? Auf seiner Reise wird er – immer wieder von Neuem – auf sein Verhältnis zum eigenen Judentum zurückgeworfen und gezwungen, es zu überprüfen. Cohn-Bendit diskutiert mit liberalen und ultrafrommen Juden, mit einer Siedlerin in der Westbank, einem Palästinenser in Ost-Jerusalem und sogar mit einem besatzungskritischen Ex-Geheimdienstchef, der zugibt: Wäre er ein Palästinenser, würde er zu den Waffen greifen. Die eindrucksvolle Dokumentation, die aller Orten hoch gelobt wird, ist in der ARD-Mediathek zu sehen. Nils Minkmar charakterisiert sie in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG wie folgt:
"Der Film ist eine Illustration des Spruchs von Willy Brandt, der zum Thema der Religion sinngemäß erklärte, das sei ein langer Flur mit lauter Türen, von denen jede in einen weiteren Flur mit lauter Türen führt."
Und vielleicht besonders trefflich bringt Jendrik Walendy den Grundtenor des Films auf den Punkt, wenn er schreibt:
"Vor allem aber zeigt er (Cohn-Bendit) sich als ein Suchender, der das erfüllt, was im Film wiederholt als zentrales Merkmal jüdischer Identität beschrieben wird: Der unbedingte Wille, den Dingen auf den Grund zu gehen, was bedeute, morgens mit einer Frage aufzuwachen und abends mit einer anderen ins Bett zu gehen."
Im Interview mit der JÜDISCHEN ALLGEMEINEN WOCHENZEITUNG erzählt Cohn-Bendit u.a. auch, was es mit dem Film-Titel "Wir sind alle deutsche Juden" auf sich hat:
"Ich bin im Sommer 1968 als Folge der Studentenunruhen aus Frankreich ausgewiesen worden. Damals hatte ich einen deutschen Pass. Gegen meine Ausweisung gab es eine Demonstration von mehr als 100.000 Menschen, die diese Parole skandiert haben: »Wir sind alle deutsche Juden.« Das war wunderschön, aber es hat mich gleichzeitig auch stutzig gemacht. Plötzlich war ich nicht mehr der Linke, der libertäre Dany, sondern der Jude. In diesem Moment wurde ich damit zum ersten Mal konfrontiert. Es gab auch eine große Gegendemonstration 1968, und an der Spitze der Bewegung gab es Parolen wie »Cohn-Bendit nach Dachau« und »Frankreich den Franzosen«."
Links zu den Filmkritiken in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Religiöse Erziehung hat oft einen schlechten Ruf. Lange Zeit ließen Eltern oder Lehrkräfte im Namen Gottes besondere Strenge walten. Aber es geht auch anders. Positive Erziehung – so heißt eine Strömung in der jüdischen Pädagogik, die zurückgeht auf den israelischen Kinderpsychologen Haim Ginott. An ihm orientiert sich auch Gaby Schrijver in ihrem Bar- und Bat-Mitzwa-Unterricht. Positive Erziehung, erklärt sie, stehe für fünf Punkte: Sicherheit, Lob, Aufmerksamkeit, realistische und flexible Erwartungen. In einem Feature für DEUTSCHLANDRADIO schildert Milena Reinecke genauer, worum es sich bei diesem Konzept handelt: "Jedes Kind soll sich willkommen fühlen".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Berlin, 1935. Als erste Frau weltweit wird Regina Jonas zur Rabbinerin ordiniert – bis heute eine Ausnahme. Allein deshalb ist Jonas, die später im KZ Auschwitz getötet wird, für viele ein Vorbild geblieben. Gerade junge Frauen hat sie inspiriert, so auch Helene Shani Braun. Sie möchte in Jonas’ Fußstapfen treten und Rabbinerin werden. Sie wäre die bisher jüngste. Dafür studiert sie an der Universität Potsdam Jüdische Theologie und macht parallel dazu eine Ausbildung für ihr religiöses Amt am Abraham Geiger Kolleg. Pia Benthin porträtiert die junge Anwärterin in der FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Queer, feministisch, jüdisch: Für die angehende Rabbinerin Helene Shani Braun ein Selbstverständnis".
Der Link zum Porträt in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

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Einen seltenen Einblick in die Gehirnwindungen konservativer Bischöfe beschert uns ein bemerkenswertes Interview der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG mit Rudolf Vorderholzer, Bischof von Regensburg. Er zählt zu den schärfsten Kritikern des synodalen Wegs, erteilt der Hoffnung auf das Priesteramt für Frauen eine Absage und findet homosexuelle Partnerschaften fragwürdig. Und er behauptet, niemand habe in Deutschland so viel für Prävention und Aufarbeitung sexueller Missbrauchsfälle getan wie die katholische Kirche. Im O-Ton hört sich das beispielsweise so an:
"Die meisten Reformforderungen, die der Synodale Weg aufstellt, sind in der evangelischen Kirche bereits verwirklicht – ein Mitgliederboom bleibt dort dennoch aus. Die Austritte sind vielleicht auch auf eine mangelnde Plausibilität der Glaubensinhalte zurückzuführen. Und übrigens: Keine Institution in Deutschland hat so viel für Prävention und Aufarbeitung sexueller Gewalt getan wie die katholische Kirche. Das ist ein Faktum."
Der Link zum Interview in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

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Am Abend ein Anruf aus dem Hospiz: Yigal, ein Kindheitsfreund, den Lizzie Doron vierzig Jahre lang nicht gesehen hat, bittet sie, sein letzter Besuch zu sein. Aber warum ausgerechnet sie? Yigals Erfahrungen in der israelischen Armee machten ihn zum Aktivisten gegen die Politik seines Heimatlandes. Als Tochter einer Holocaust-Überlebenden hielt auch Lizzie ihn für einen Verräter und wandte sich von ihm ab. Jetzt stellt sie sich der Frage, wer damals wen verraten hat. In den frühen Morgenstunden macht Lizzie sich auf den Weg. In der Hoffnung, den Kindheitsfreund noch ein letztes Mal sehen zu können. Dies in Kürze ist das Setting des neuen Buches von Lizzie Doron "Was wäre wenn". Annemarie Stoltenberg hat es für den NDR gelesen: "Ein ungelebtes Leben in Israel".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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