Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
18.10.2023 - Nr. 2044

ACHTUNG:

Am Mittwoch, 24. Oktober 2023, erscheint ONLINE-EXTRA in einer Doppelausgabe mit einem Beitrag von Stephan Grigat über den Antisemitismus des iranischen Regimes und einem Beitrag von Armin Pfahl-Traughber über den Antisemitismus in der Charta der Hamas.


Guten Tag!

Nr. 2044 - 18. Oktober 2023



Mehr als eine Woche nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel hat es gedauert, bis von Palästinenserpräsident Abbas eine Distanzierung vom Terrorakt erfolgte. Die amtliche palästinensische Nachrichtenagentur Wafa zitierte Abbas nun mit den Worten, Taten und die Politik der Hamas "repräsentieren nicht das palästinensische Volk". Der Satz soll in einem Telefonat mit Venezuelas Staatspräsidenten Nicolas Maduro gefallen sein. Eine offizielle Verurteilung des Anschlags ist das freilich immer noch nicht. Warum tut sich Abbas damit so schwer? Wie läßt sich seine Rolle in der akutellen Lage beschreiben? In einer Analyse für TAGESSCHAU.de beschreibt Jan-Christoph Kitzler die Faktoren und politischen Dilemmata, mit denen sich Abbas konfrontiert sieht: "Warum Abbas unter Druck steht".

Die fehlende Solidarität arabischer Staaten gegenüber den Palästinensern gründet in der Furcht vor der Hamas, urteilt der deutsch-ägyptischer Politikwissenschafter und Buchautor Hamed Abdel-Samad in einem Essay für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. Zudem seien die Palästinenser überall im arabischen Raum nicht willkommen:
"Nirgendwo sind die Palästinenser so unerwünscht wie in den arabischen Staaten. Und die Palästinenser, die fliehen können, wollen überallhin, nur nicht in ein arabisches Land. Im Westen und in Israel sind Palästinenser längst Staatsbürger, in den arabischen Staaten aber bleiben sie entrechtet und staatenlos, selbst wenn sie dort geboren wurden."
Und so nutzten arabische Monarchen, Islamisten, israelische Hardliner und westliche Linke den Nahostkonflikt lediglich für ihre Propaganda:
"Die meisten arabischen Länder wissen, dass die Hamas das eigentliche Problem ist, und haben ein Interesse daran, dass Israel die Hamas vernichtet. Doch sie fürchten den Zorn ihrer eigenen Bevölkerung, die sie selbst zum Hass auf Israel erzogen haben und die das Leiden der Zivilisten in Gaza nicht ertragen kann. Deshalb machen die politischen Führer dieser Länder allein Israel und den Westen verantwortlich und halten sich mit ihrer Kritik an der Hamas zurück. Damit lenken sie die Aufmerksamkeit von innenpolitischen Problemen ab und schüren die Wut ihrer eigenen Bevölkerung gegen den Westen und Israel."

Auf einen ähnlichen Aspekt verweist die deutsch-jüdische Schriftstellerung Mirna Funk ebenfalls in einem Essay für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. Sie macht für die verheerende Lage der Palästinenser vor allem den von ihnen gepflegten Opfer- und Feindbildmythos verantwortlich. Es sei eben leichter "immer für alles Israel die Schuld zu geben." Sie schreibt:
"Juden abschlachten, ihnen den Tod wünschen und gleichzeitig von ihnen Essen, Wasser und Elektrizität fordern entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Seit Jahren ruhen sich die Palästinenser auf ihrem Opferstatus aus und lassen sich vom verhassten zionistischen Staat Israel mit allem versorgen, was sie brauchen, anstatt eine dicke, fette Mauer um ihr 400 Quadratkilometer grosses Land zu ziehen. Sie hätten sich das Abu Dhabi der Levante an diesen Strandabschnitt hinsetzen können. Dafür wäre es notwendig gewesen, diplomatische Beziehungen zu Ägypten aufzunehmen, schliesslich teilen die beiden eine Grenze. Längst würde die Wirtschaft florieren. Vielleicht hätten sie sogar einen Flughafen. Von 1998 bis 2000 gab es nämlich schon einmal einen. Sie wären verschont von diesen ekelhaften Zionisten."

Was treibt eigentlich junge Männer dazu an, sich der Hamas anzuschliessen und solch fürchterliche Greueltaten zu begehen? Das ist eines der Themen, über das die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG mit dem Psychologen und Experten für Deradikalisierung Ahmad Mansour führte. Der Deutsch-Israeli mit palästinensischen Wurzeln lebt in Berlin. Im Alter von dreizehn bis zwanzig Jahren war er selbst Mitglied der Hamas-nahen «Islamischen Bewegung» in seinem Heimatort Tira in Zentralisrael. Im Unterschied zu den einfachen Mitgliedern sagt er zur Führungsriege der Hamas:
"Diejenigen, die manipulieren und in der Regel in den Führungsebenen sitzen, haben eine ganz andere Persönlichkeitsstruktur. Wir sprechen in der Psychologie von der «dunklen Triade der Persönlichkeit». Erstens: Selbstverliebtheit, auch Narzissmus genannt. Zweitens die Psychose, bei der es im Fall Hamas um die Empathielosigkeit geht, die man braucht, um andere in den Tod zu schicken. Und drittens der Machiavellismus, der hier die Fähigkeit meint, andere zu manipulieren. Die Leute mit dieser Persönlichkeitsstruktur sind nie diejenigen, die sich selbst mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft jagen."
Und auf die Frage, wie es aber sein könne, dass die Hamas-Kämpfer hingehen und sogar Babys in den Kopf schiessen, wie es also zu einer solchen völligen Entmenschlichung komme, antwortet er:
"Es sind Psychopathen. Wie andere eben Pornos gucken, geilen sie sich an Schmerzen, Folter, Vergewaltigung und Mord auf. Sie empfinden Lust daran, andere Menschen zu enthaupten. Es sind zerstörerische, psychopathische Kräfte, die da entfesselt wurden. Die Hamas-Terroristen handeln nicht aus irgendeiner Not heraus, sondern aus purem Hass."

Alle Links zu den Themen in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Josef "Jossi" Beilin, Jahrgang 1948, war in der Regierung von Ministerpräsident Jitzchak Rabin stellvertretender Außenminister. Nach dessen Ermordung 1995 wurde Beilin Außenminister. Er war ein enger Vertrauter von Ministerpräsident Schimon Peres. Beilin war ein Architekt des Oslo-Friedensabkommens und setzte sich bis heute für den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern ein. Jetzt ist er für die Bodenoffensive, wie er im Interview mit dem ZDF sagt:
"Ich kann nicht viel sagen, es ist immer noch schrecklich. Verrückt. Schwarzer Schwan, was auch immer Sie verwenden können, um etwas zu beschreiben, mit dem Sie überhaupt nicht gerechnet haben. Es ist wirklich unglaublich. Deshalb glaube ich, dass eine Bodenoffensive die einzige Möglichkeit ist, die wir jetzt haben, um die Hamas-Führung zu stoppen und zu ersetzen. Ich meine, ich war die ganzen Jahre gegen eine Bodenoffensive wegen des Preises für beide Seiten. Aber wenn ich jetzt danach gefragt werde und weiß, was die Hamas-Jugend getan hat, habe ich keine andere Antwort. Ich habe keine bessere Antwort und weiß, dass eine Antwort gegeben werden muss."
Auf die Frage, ob Netanjahu versagt habe, antwortet er:
"Ja, kein Zweifel, niemand zweifelt daran. Ich hoffe, nicht einmal er selbst. Es ist ein riesiges Versagen, etwas, an das man sich für immer erinnern wird. Sich zu brüsten und zu sagen, ich bin Mister Sicherheit, ist Quatsch. Es war Netanjahu, der die Hamas gestärkt hat. Nicht unterstützt, natürlich. Aber zwischen PLO und Hamas hat er immer die Hamas bevorzugt, weil sie keine Zwei-Staaten-Lösung will."

Yagil Levy, Professor für Politische Soziologie an der Offenen Universität Israel, verweist in einem Interview mit der TAZ auf ein grundsätzliches Problem des Militärs hin, das er auch als Teil ihres aktuellen Versagens an der Grenze zu Gaza betrachtet:
"Die Armee sorgt sehr dafür, dass sich der Irrglauben hält, für jedes politische Problem gebe es eine militärische Lösung, sei es eine technische, eine nachrichtendienstliche oder Truppen. Wieder und wieder müssen wir erleben, dass die andere Seite diese Spielregeln nicht akzeptiert, und jedes Mal versucht Israel etwas Neues, baut Sicherheitsanlagen, unterhält ein unglaubliches nachrichtendienstliches Netz innerhalb des Gazastreifens. Die Hamas hat uns jetzt bewiesen, dass sie damit umgehen kann und den israelischen Nachrichtendienst sogar mit falschen Informationen in die Irre führen kann. Wir müssen endlich einsehen, dass uns der Einsatz von Gewalt nicht weiterbringt."

Der israelische Historiker mit deutschen Wurzeln Tom Segev zeigt sich im Interview mit dem REDAKTIONSNETZWERK DEUTSCHLAND tief schockiert über die Ereignisse. Der Terrorangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel wecke in ihm Erinnerungen an den Holocaust, sagt er. Unumwunden sieht er einen Hauptgrund für den Ausbruch der Gewalt sowie das Versagen von Nachrichtendiensten und Militär in der Politik Netanjahus. Auch spricht er sich gegen eine Bodenoffensive im Gazastreifen aus, die nicht weiter führe. Befragt nach einer politischen Einschätzung jenseits der aktuellen Auseinandersetzung sagt er:
"Die Zwei-Staaten-Lösung ist eine diplomatische Fiktion, die sehr bequem ist für alle Länder, damit sie irgendetwas sagen können. Tatsächlich gehen wir rückwärts. Der Konflikt dauert schon 100 Jahre an, und er wird immer schlimmer, meistens für die Palästinenser, weil sie schwächer sind. Es handelt sich um zwei Völker, die ihre Identität definieren durch jeweils das ganze Land. Ein Kompromiss würde bedeuten, dass beide Seiten einen Teil ihrer Identität aufgeben. Offenkundig haben wir noch nicht genug gelitten, um so weit zu kommen."

Eva Illouz, die durch ihre Veröffentlichungen auch hierzulande bekannte Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität Jerusalem, erläutert in einem Essay für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, wovon sie zutiefst überzeugt ist:
"Das Verbrechen, das sich in Israel ereignet hat, ist nicht wie andere Massaker. Der Feind, der tief in die Privatsphäre der Zivilbevölkerung eindrang, und die Tatsache der anhaltenden Lähmung des gesamten Systems haben eine traumatisierende Erfahrung des Terrors bewirkt. Die Hamas hat bewiesen, dass sie in ihrer Fähigkeit zu Terror und Meuchelmord sogar den Islamischen Staat übertrifft. Dieses Trauma wird die politische Kultur Israels wahrscheinlich auf unumkehrbare Weise verändern. Israel wird nicht mehr sein, was es bis zum 7. Oktober 2023 gewesen ist."
Der offenbar gewordene Zusammenbruch des gesamten Sicherheitsapparats ist für sie nicht ein "punktueller, einmaliger Unfall..., sondern das Ergebnis eines grossen Systemversagens" auf drei Ebenen, die sie näherhin erläutert: der Regierung, der Armee und des israelischen Gesellschaftsvertrags. Das Versagen der Politiker wurde für sie vor allem in deren Reaktionen nach dem Anschlag deutlich:
"Selbst als das Ausmass des Grauens am 7. Oktober im Verlauf des Tages bekanntwurde, konnten er [Netanyahu] und seine Minister sich nicht dazu durchringen, menschliche Worte der Entschuldigung und des Trostes zu formulieren. Netanyahus Auftritt bei der Erklärung des Kriegszustands war geradezu beängstigend. Seinem roboterhaften Tonfall fehlte es an Menschlichkeit und Empathie. [...] Man erinnere sich an Begins Depression angesichts der vielen Todesopfer, die der erste Libanonkrieg gefordert hatte. Unsere Politiker hingegen lieferten uns das Schauspiel ihrer narzisstischen politischen Kämpfe um eine Regierung der nationalen Einheit."

Maria Sterkl berichtet für den STANDARD über Studierende in Israel, die über Monate gegen die Regierung protestierten und nun ein Hilfsnetzwerk für Soldaten und Angehörige der Opfer – auch auf Seiten der Palästinenser - organisieren. Mit einer der herausragenden Stimmen der israelischen Demokratiebewegung, der 43-jährigen Physikerin Shikma Bressler vom Weizmann-Institut für Wissenschaften in Rechovot, sprach wiederum die TAZ. In dem ungemein engagierten Gespräch erläutert Bressler, wie sie auf den Terror blickt und was sie von der Zukunft erwartet. Auf die Frage, ob Sie Netanyahu die Schuld an dem Massaker gebe, sagt sie:
"Ich mache die Hamas für den Terrorangriff verantwortlich. Von Anfang bis zum Ende. Sie sind die Ungeheuer hier, die uns in IS-Manier angegriffen haben. Aber darüber hinaus denke ich, dass wir uns ansehen müssen, wie wir reagiert haben, also das Militär und die Geheimdienste. Die gesamte Vorstellung davon, wie man diese Gebiete im Süden verteidigen kann, ist im Grunde zusammengebrochen. Wir hatten eine eigene Ministerin für Nachrichtendienste, Gila Gamliel – aber was war ihre Rolle? Sie hat nichts mit Geheimdiensten zu tun, verfügt über keinerlei Fachwissen. Wie zum Teufel konnte Netanjahu sie für diese Rolle nominieren? Und wo bleibt die interne Kritik daran, wenn niemand diese Fragen stellt?"

Es waren und sind Männer, die im Nahen Osten seit jeher die Politik bestimmen. Es waren Männer, die in den Kibbuzims an der Gaza-Grenze die jüngsten Gräueltaten verübten. Und es war ein Mann, der alle Palästinenser kürzlich pauschal als «human animals» abqualifizierte. Die linksliberale israelische Zeitung HAARETZ wollte dem etwas entgegensetzen und gab vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse vier Frauen das Wort: einer in Israel lebenden palästinensischen Journalistin, zwei israelischen Journalistinnen und einer Jüdin aus den USA. Das schweizer Journalistenportal INFOSPERBER hat Auszüge dieser Frauenstimmen ins Deutsche übersetzt: "Israelische und jüdische Frauen zum männerdominierten Krieg".

Alle Links zu den Themen in der Rubrik ISRAEL INTERN.

In der TAZ klagt Klaus Hillenbrand in einer Mischung aus Zorn und Bitterkeit, dass die Solidaritätsbekundungen der Politik in der Bevölkerung auf nur wenig Resonanz stoßen:
"Die größte deutsche Demonstration für Israel zählte 2.000 Teilnehmer. Selbst das wurde schon als Erfolg gewertet. Eine Versammlung von gerade einmal 350 Menschen, die sich in Solidarität mit deutschen Juden vor einer Synagoge versammelt hatten, schaffte es bis in die Hauptnachrichtensendungen. Zur Erinnerung: Als Russland 2022 die Ukraine mit einem Krieg überzog, waren es Hunderttausende, die aus Protest auf die Straße gingen. Aber da fürchteten viele Deutsche auch, dass ihnen eine Atombombe auf den Kopf fallen könnte."
Ähnlich auch Benjamin Graumann, Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, der in der FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt:
"Neben den fürchterlichen Bildern des Kriegs in Israel beschäftigt uns aber noch etwas anderes: das eiskalte, ohrenbetäubende Schweigen so vieler Menschen in Deutschland. Wo ist die Zivilgesellschaft? Wo bleibt der kollektive Aufschrei, wo sind die Lichterketten, wo sind die Kirchen, die Gewerkschaften, die Wirtschaftsverbände? Wo ist Fridays for Future, wo sind die Influencer, die Künstler, die Sportler und Vereine, die Schulen, die Universitäten und die Intellektuellen? Wo sind die Musiker, die sich mit den 260 jungen Israelis solidarisieren, die heimtückisch auf einem Musik-Festival ermordet wurden? Diese Gleichgültigkeit und Ignoranz sind beschämend."
Die Hamas muss zerstört werden
Auch Ariane Lemme fordert in der TAZ vehement, dass Israel ebenso wie bereits die Ukraine internationale Rückendeckung verdient - und dies ausdrücklich im Blick auf das definierte Ziel, die Hamas zu zerstören. Lemme schreibt:
"Der Hamas geht es auch einen Scheiß um die Palästinenser, einen Scheiß um einen palästinensischen Staat. Ihr Ziel ist laut eigener Charta die Vernichtung des jüdischen Staats. Dafür ist sie gewillt, die Hölle auf Erden zu entfesseln und alle – Israelis, Oppositionelle in Gaza und die ganze Welt – in Angst zu versetzen. Wer Israel also ein Existenzrecht zuspricht, der muss den jüdischen Staat in seinem Kampf gegen die Hamas unterstützen."

Vier Jahre war Judith Poppe für die TAZ Korrespondentin in Nahost. Nun ist sie mit der Familie nach Berlin geflohen - und zieht in bewegenden Worten eine persönliche Bilanz, gepaart mit politischen Reflektionen. So etwa über die Verantwortung Netanyahus an dem gegenwärtigen, blutigen Desaster:
"In unserem Wohnzimmer, das sich in den vergangenen Tagen in einen Treffpunkt für ausgeflogene Israelis verwandelt hat, hängen Freund*innen über einem Video, das gerade in den sozialen Medien kursiert. 'Mein geliebter Bruder wurde ermordet von hasserfüllten Terroristen', sagt ein Mann in dem Video mit erstickter Stimme auf der Beerdigung seines Bruder, eines Soldaten: 'Aber diejenigen, die ihnen die Tür geöffnet haben, sind die israelische Regierung, vom Minister für nationale Sicherheit und seinen messianischen, unverantwortlichen Clown-Freunden […] bis hin zum Ministerpräsidenten, der alles zu tun scheint, um den Staat Israel zu zerschlagen'.“

Die Bundesregierung behauptet, schon immer ganz genau gewusst zu haben, was mit ihren Millionenzahlungen an die Palästinenser passiert. Erst vor wenigen Tagen hat Außenministerin Anna-Lena Baerbock ausdrücklich abgestritten, dass mit deutschen Geldern Terror gegen den jüdischen Staat finanziert werde. Marc Felix Serrao zweifelt in seinem Beitrag für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG daran und berichtet von einem Antrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aus der vergangenen Legislaturperiode, der doch einige Fragen aufwerfe: "Wie deutsche Steuerzahler Hass auf Israel finanzieren".

Der Krieg in Israel beschäftigt auch die AfD. Es herrscht offenbar mehr Uneinigkeit über den Umgang mit dem Hamas-Terror, als es die scheinbare Einmütigkeit bei der Verurteilung des Terrorangriffs kürzlich im Bundestag vermuten ließ. Ausgangspunkt des internen Zwists ist einmal mehr eine als unpassend empfundene Äußerung von AfD-Chef Chrupalla. Nun soll ein Positionspapier der Fraktion helfen, das der BERLINER ZEITUNG vorliegt und über das Maximilian Beer berichtet: "Nach Chrupalla-Äußerung: Die AfD streitet über Israel-Politik".

In einem lesenswerten Beitrag für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG erinnert Peter Bollag an die Zeit des Jom-Kippur-Krieges von 1973, bei dem sich die Schweizer Öffentlichkeit ganz im Gegensatz zum Sechstagekrieg von 1967 gegenüber den Konfliktparteien auffällig zurückhaltend-neutral verhielt. Einen viel beachteten und seinerzeit Schlagzeilen machenden Kontrapunkt setzte damals der Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt mit einer Rede, die heute wieder "unheimlich aktuell" anmutet: «Ich stelle mich hinter Israel».

Alle Links zu den Themen in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

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Wozu eine restriktive Flüchtlingspolitik führen kann, zeigt eine sechsteilige TV-Dokumentation aus den USA, die ARTE an zwei Abenden ausstrahlt und die vollständig auch in der Mediathek greifbar ist: "Die USA und der Holocaust". Die Dokumentation zeichnet die Abschottung der USA in den 1930er Jahren und die Konsequenzen für die europäischen Juden nach. Das ARTE-Magazin, die Medienzeitschrift PRISMA und die Münchner TZ stellen den Sechsteiler näher vor: "Rettung streng nach Quote".

2020 hat der Vatikan seine Archive zum Pontifikat von Papst Pius XII. (1939-58) für die Forschung freigegeben. Gut 16 Millionen Dokumente können neue Erkenntnisse zur umstrittenen Rolle von Pius XII. während des Holocausts liefern. Erste Ergebnisse wurden diese Woche bei einer internationalen Konferenz in Rom präsentiert - und kontrovers diskutiert. Zwei Beiträge in den VATICAN NEWS geben erste Einblicke in die laufende Konferenz. Zum einen gibt Kirchenhistoriker Hubert Wolf Auskunft über die gut 6.000 Bittschriften an Pius XII., die er und sein Team inzwischen gelesen haben. Zum anderen sprach VATICAN NEWS mit der US-Historikerin Suzanne Brown-Fleming, seit 2001 Leiterin der internationalen akademischen Programme des Holocaust Memorial Museums in Washington, über ihre Sicht der Konferenz und den Stand der Forschung: "Papst Pius XII. und die Shoah: Forschung braucht noch Zeit".

Berlin, Anfang der Dreißigerjahre. Erich Kästner befindet sich auf dem Höhepunkt seines Erfolgs: «Pünktchen und Anton» und «Das fliegende Klassenzimmer» begeistern international, «Emil und die Detektive» wird 1931 verfilmt (Drehbuch Billy Wilder). Dann die Zäsur: Als die Nazis die Macht übernehmen, entscheidet sich Kästner, in Deutschland zu bleiben. Tobias Lehmkuhl beleuchtet in seiner nun vorliegenden Biografie "Der doppelte Erich: Kästner im Dritten Reich" dieses Kapitel im Leben des großen deutschen Erfolgsautors. Wie weit passte Kästner sich im Dritten Reich an, wo bekannte er Farbe? Wie schmal war der Grat, auf dem er wandelte? Gisela Trahms hat das Buch für den TAGESSPIEGEL gelesen: "Ein Autor der Ebene: Erich Kästner während des Nationalsozialismus".

Theodor Heuss, Heinrich Lübke, Gustav Heinemann, Walter Scheel, Karl Carsten und Richard von Weizsäcker: die Bundespräsidenten der Bonner Republik, Repräsentanten des demokratischen Nachkriegsdeutschlands, die alle zugleich Zeitzeugen und Zeitgenossen des Nationalsozialismus waren. Wie gingen sie mit Schuld und Scham, Vergessen und Vergegenwärtigung um? Bundespräsident Steinmeier hat erstmals untersuchen lassen, wie die Bundespräsidenten mit der NS-Geschichte und früheren NSDAP-Mitgliedern umgegangen sind. Seit Mittwoch letzter Woche liegen die Ergebnisse vor, bei deren Präsentation auch der gegenwärtige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine nach-lesenswerte Rede. Verfasst hat die Studie, die nun auch als Buch vorliegt, der Historiker Norbert Frei. Eines seiner Ergebnisse, so erläuterte er, mache auch deutlich, dass für dieses Amt gelte, was auch für bereits untersuchte Bundesbehörden gelte: "Je höher der Dienstrang, desto dichter die Reihen der Ex-Parteigenossen."

Alle Links zu den Themen in der Rubrik VERGANGENHEIT...

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Am vergangenen Freitag, für den die Hamas-Terroristen zu weltweiten Demonstrationen und Angriffen auf jüdisches Leben aufgerufen hatten, sind zahlreiche Schüler des Jüdischen Gymnasium Moses Mendelssohn und der Rabbiner-Regina-Jonas-Schule in Berlin nicht zum Unterricht erschienen – aus Angst um ihre Sicherheit, wie der TAGESSPIEGEL berichtet. In einem Brandbrief an den Regierenden Bürgermeister kritisieren zwei Lehrkräfte, dass der deutsche Staat die Sicherheit von Juden nicht ausreichend gewährleiste. U.a. schreiben sie:
„Im Gegensatz zu dem in den letzten Jahren von weiten Teilen der deutschen Politik vertretenen Narrativ zeigt die bittere Realität, dass Deutschland den Herausforderungen, einerseits viele Menschen aus vorwiegend arabischen Ländern aufzunehmen und gleichzeitig Antisemitismus und Israelhass wirksam zu bekämpfen, nicht gewachsen ist.“
Auch insgesamt ist zu beobachten, dass an den Schulen manche muslimische Kinder den Angriff als Verteidigung Palästinas feiern - und Lehrer mitunter hilflos versuchen, aufzuklären, wie Nina Schmedding für das schweizer Portal AUDIATUR berichtet. Und Christian Wolf schildert in einem Beitrag für den WDR, wie man in Nordrhein-Westfalen nach Ende der Herbst-Ferien mit den Kindern und Jugendlichen in der Schule über den Terror und den Nahost-Konflikt zu sprechen versucht: "Schulstart in NRW: Wie im Unterricht über den Hamas-Terror gesprochen wird".

Ted Deutch, Vorstandschef des American Jewish Committee, fordert im Gespräch mit der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG von den Regierungen der westlichen Welt ein entschlossenes Vorgehen gegen die Sympathisanten der Hamas. Im Blick auf die Demonstrationen in Deutschland sagt er:
"Es ist entsetzlich, dass Menschen, die in Freiheit und in Demokratie leben, diese Monster und ihre barbarischen Taten bejubeln. Es handelt sich nicht um Demonstranten, die politische Rechte für die Palästinenser fordern. Sie feiern die Ermordung von Juden. Und sie identifizieren sich mit einer Bewegung, einem militarisierten Todeskult, der den Palästinensern die grundlegenden Menschenrechte im Gazastreifen verweigert. Es gibt hier keine zwei Seiten. Wir haben es mit einer Terrororganisation zu tun, die keine Rechte und Freiheiten für niemanden will, weder Israeli noch Palästinenser. Wir sehen eine Perversion des islamischen Glaubens, die viel zu lange ignoriert worden ist, insbesondere in Europa und in Deutschland. Ich denke, diese Probleme müssen die demokratischen Parteien in Deutschland deutlich stärker angehen."
Im Blick auf die Debatte, dass diese Demonstrationen ein Beleg für den importierten Antisemitismus von Migranten in den muslimischen Gemeinschaften seien, gibt er zu bedenken:
"Ich bin nicht sicher, ob all diese Menschen kürzlich in EU-Staaten migriert oder geflohen sind. Ich denke – und das sehen wir auch in den Daten –, dass viele der Demonstranten in Europa aufgewachsen sind und Staatsbürger sind und dass sie die Region, um die es geht, vielleicht nie besucht haben. Wir müssen auch über sie sprechen. Sie leben in Sicherheit und ohne Mangel an grundlegenden Bedürfnissen, ganz im Gegenteil. Ich betone das, weil wir oft Erklärungen hören, dass die Hamas und andere Terrorgruppen wegen der Lebensumstände existierten. Die jungen Leute in Deutschland oder Frankreich zeigen, dass das Problem viel komplexer ist; wir hatten diese Diskussion schon, als junge Männer aus Europa dem Islamischen Staat beitraten. Daher sollten wir vorsichtig sein und das Ganze nicht nur als ein Problem der Migration behandeln."

Die schweizer Jüdin Sonja Rueff-Frenkel (Jhg. 1972) ist Rechtsanwältin und Kantonsrätin der FDP. Die Stadtzürcherin war mehrere Jahre Vorstandsmitglied des Israelitischen Frauenvereins Zürich (IFVZ), ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. In einem bemerkenswerten Interview mit der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG berichtet sie, dass die jüdische Gemeinschaft in Zürich nicht nur Angst um die Menschen in Israel habe, sondern auch Angst in der Schweiz, die Sicherheit sei trügerisch:
"Ich gehe mit dem Bewusstsein durch die Strassen, dass ich von Hamas-Sympathisanten vielleicht angegriffen würde, wenn sie wüssten, dass ich jüdisch bin. Ich überlegte mir in den letzten Tagen öfters, ob es schlau ist, wenn ich mein Halskettchen mit dem Davidstern anziehe. Man fühlt sich schutzlos und ist besorgt um die Familie."
Dabei gehe es nicht um Religion, sondern
"um puren Hass. Ich sehe mich als ganz gewöhnliche Schweizerin, ich bin hier aufgewachsen und verwurzelt, ich stelle meine jüdische Herkunft auch politisch nicht in den Vordergrund. Dennoch fühle ich mich ständig wie auf einer Anklagebank. Ich könnte schreien: Macht die Augen auf, schaut doch hier und jetzt, wer Täter und wer Opfer ist, es ist doch eindeutig. Und mit Täter meine ich die Hamas, nicht die palästinensische Bevölkerung."
Mit Blick auf linke Kritik, die Israel als faschistisch oder rechtsextrem denunziere, sagt sie:
"Ich lade diese Leute ein, einmal Israel zu besuchen. Fliegt nach Tel Aviv und schwenkt dort die Regenbogenfahne. Es passiert nichts. Dann probiert das Gleiche im Gazastreifen und schaut, wie weit ihr kommt. Viele Menschen in der Schweiz haben leider keine Ahnung, wie es in Israel und in den palästinensischen Gebieten wirklich ist. Sie plappern einfach nach, was sie hören. Israel ist ein demokratisches Land. Ich kann mir die linke Solidarisierung mit extremistischen Palästinensern nicht rational erklären."

Im Interview mit der FRANKFURTER RUNDSCHAU spricht der Antisemitismusforscher und Generalsekretär der Evangelischen Akademien in Deutschland Klaus Holz über Jubel-Szenen in deutschen Städten angesichts des Hamas-Terrors. Er warnt davor, dass eine Fokussierung auf diese Jubelszenen, aber auch auf antisemitische Vorfälle im Kulturbetrieb - Stichwort documenta 15 - die falschen Akzente gesetzt und dabei "riesige blinde Flecken" zu produziert werden:
"Sich auf dieses Antisemitismusproblem so sehr zu fokussieren, hat auch damit zu tun, dass wir damit den Antisemitismus bei den anderen, den Fremden, den Nichtdeutschen skandalisieren. Zugleich aber erhält mit der AfD der Antisemitismus in Deutschland immer mehr Gewicht. Oder ein Aiwanger gewinnt wegen des Skandals um ein neonazistisches Flugblatt an Stimmen und bleibt Partner der CSU. Oder ein Martin Walser wird mit höchsten Würdigungen zu Grabe getragen trotz seiner infamen antisemitischen Rede zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels. Wir sollten weniger den Antisemitismus der anderen, sei es in Neukölln, sei es in Kassel, als den Antisemitismus in der Mitte der deutschen Gesellschaft skandalisieren.".  

«Wir . . . machen das israelische Regime vollumfänglich für die sich entwickelnde Gewalt verantwortlich.» Und: «Wir rufen . . . dazu auf, Massnahmen zu ergreifen, um die anhaltende Vernichtung der Palästinenser zu stoppen.»
So beginnt und endet die gemeinsame Stellungnahme von mehr als dreissig studentischen Organisationen der Harvard-Universität vom 7. Oktober, dem ersten Tag des Angriffs der Hamas auf Israel. Claudia Franziska Brühwiler, Politikwissenschafterin und Privatdozentin für Amerikanistik an der Universität St. Gallen, greift diesen Vorgang für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG auf und macht an ihm deutlich, wie sich an der Eliteuniversität Harvard "linksengagierte Studenten zu nützlichen Idioten für die Hamas" machen.

Alle Links zu den Themen in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

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Christentum und Judentum haben sich in einer dynamischen Beziehung zueinander entwickelt, so wird of gesagt. Aber wie genau ging das vonstatten? Und was kann man wirklich daraus gewinnen? Die Theologin Helga Kaiser, wissenschaftliche Referentin und Redakteurin im Katholischen Bibelwerk, gesteht freimütig, dass sie in ihrere exegetischen Arbeit nur selten Talmud und Midrasch hinzugezogen habe. Kürzlich nun aber habe sich ihr die Gelegenheit geboten, mehr über den Umgang mit den jüdischen Quellen zu lernen - und dabei erstaunliches zu entdecken, vor allem über die jüdisch-christlichen Austauschprozesse der ersten Jahrhunderte. Dabe seien ihr vor allem vier Punkt besonderst haften geblieben, die sie in einem Beitrag für FEINSCHWARZ näher erläutert: "Ihren Diskussionen lauschen… Als Christ:in bei den Rabbinen".

Wer sich mit dem aktuellen Konflikt in Israel und Palästina beschäftigt und im jüdisch-christlich-muslimischen Dialog unterwegs ist, stößt immer wieder auf Fachbegriffe. In einer kurzen Übersicht versucht Rieke C. Harmsen im SONNTAGSBLATT die Begriffe Antijudaismus, Antisemitismus, Philosemitismus, Zionismus aus der Prspektive des jüdisch-christlich-muslimischen Dialogs zu erklären: "Was bedeuten Antijudaismus, Antisemitismus, Philosemitismus, Zionismus?"

Wie reagieren die Religionen insbesondere im Blick auf den interreligiösen Dialog auf den Terror der Hamas und die Bedrohung Israels? Auch dazu liegen viele weitere Äußerungen und Stellungnahmen vor. Im Interview mit KATHOLISCH.de sagt etwa der Erfurter Bischof Urich Neymeyr, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Beziehungen zum Judentum:
"Welche Folgen der Krieg für das interreligiöse Verhältnis in Israel haben wird, ist von Deutschland aus schwer zu beurteilen. Für das christlich-jüdische Verhältnis ist der gegenwärtige Krieg eine Bewährungsprobe. Angesichts des Terrors der Hamas, der brutalen Gewalt gegen wehrlose Menschen, darunter Kinder, und der Erpressung durch entführte Geiseln kann unser Platz nur an der Seite der Jüdinnen und Juden sein, in Israel ebenso wie in Deutschland. Man kann in der politischen Einschätzung des Nahost-Konflikts unterschiedlicher Meinung sein. Aber wenn ein Pogrom gegen Jüdinnen und Juden verübt wird, ist die christliche Antwort eindeutig. Jetzt ist die Stunde der Solidarität mit Israel."
In der TAZ gibt Daniel Bax eine kritische Übersicht, wie islamische Verbände und Organisationen in Deutschland sich zu dem Anschlag bisher positioniert haben.
Colette M. Schmidt berichtet wiederum für den STANDARD von dem ermutigenden Zeichen, das von einer gemeinsamen Erklärung ggen den Terrorismus von europäischen Imamen und Rabbinern.
„Was Israel jetzt braucht, ist echte internationale Solidarität. Wir fordern die Bundesregierung und die internationale Staatengemeinschaft auf, die Bemühungen um Frieden in der Region dringend ganz oben auf die politische Agenda zu setzen.“ Mit diesem Appell wendete sich die AG jüdisch & christlich beim Deutschen Evangelischen Kirchentag, der Gesprächskreis Juden und Christen beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an die Öffentlichkeit.
„Alle Verantwortlichen in den Kirchen und in der jüdischen Gemeinschaft rufen wir dazu auf, ihre Möglichkeiten zur Verständigung zu nutzen“, heißt es in der heutigen Gemeinsamen Erklärung. „Wir sind zutiefst erschüttert über den terroristischen Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober, am Schabbat und am Festtag zum Ende des Laubhüttenfestes.“ Dieses menschenverachtende Massaker sei durch nichts zu rechtfertigen.

Alle Links und Informationen zu den Themen in der INTERRELIGIÖSE WELT.

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Auch im 21. Jahrhundert besitzt die Religion in Osteuropa enorme politische Sprengkraft. Dass die orthodoxen Kirchen eng mit Staaten und Nationalitäten verbunden sind, zeigt der Ukrainekrieg in dramatischer Weise: Kein anderer als der Moskauer Patriarch unterstützt die Kriegsrhetorik des Kremls derart deutlich. Aber auch in der Ukraine und in anderen Staaten Osteuropas haben die orthodoxen Kirchen hohe politische Relevanz. Dies ist bemerkenswert, war doch Osteuropa für einen Großteil des 20. Jahrhunderts durch einen atheistischen Staat geprägt: die Sowjetunion. Während heute große Teile der Bevölkerung kaum Religion in ihrem Alltag praktizieren, wird die Zugehörigkeit zum orthodoxen Christentum immer mehr zum politischen Bekenntnis. Einie neue Veröffentlichung untersucht die komplexen Beziehungen zwischen Religion und Politik in Osteuropa und verbindet dabei Perspektiven auf das aktuelle Geschehen mit historischen Hintergründen, wie Stephan Baier für die TAGESPOST berichtet: "Kriegspropaganda, Kreml und Kirche".
Der Link dazu in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

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Vielleicht hatte man bisher einfach nicht so genau hingeschaut: nämlich auf die Pariser Jahre der Emigration, in denen Hannah Arendt nicht schrieb, sondern vor allem anderen half. Kindern und Jugendlichen, die sie aus Deutschland rettete und nach Palästina brachte. Am Ende sind es wohl mehrere Hundert jüdische Mädchen und Jungen gewesen, denen Arendt die Flucht ermöglichte. Dies ist eine der bemerkenswert Entdeckungen, die der neuen Biographie von Thomas Meyer über die jüdische Philosophin zu entnehme ist. Erstmals konnte er bislang völlig unbekanntes Archivmaterial und andere zuvor ignorierte Dokumente heranziehen, um Arendt in ihrer Zeit dazustellen. Daraus ergeben sich neue Perspektiven auf Arendts revolutionäres Denken, meint Peter Neumann, der die Biographie für DIE ZEIT gelesen hat: "Die Fluchthelferin".
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

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Mit der 2022 entstandenen sechsteiligen Dokureihe „Die USA und der Holocaust“ schlagen der Regisseur Ken Burns und seine Co-Autorinnen und Regisseurinnen Lynn Novick und ­Sarah Botstein ein heikles historisches Kapitel auf. Und rütteln an dem Selbstverständnis Amerikas, stets ein sicherer Hafen für bedrohte Menschen aus aller Welt gewesen zu sein. Ken Burns geht einmal mehr mit seinem Heimatland hart ins Gericht: „Wir haben versagt“, urteilt er. Die Vereinigten Staaten hätten nach 1933 225.000 Juden aufgenommen, die vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten fliehen konnten – mehr als jeder andere Staat damals. „Aber“, klagt Burns an, „wir hätten fünf- oder auch zehnmal so viele hineinlassen können.“ Die ersten drei Teile der Dokumentation wurden gestern Abend (Dienstag) ausgestrahlt, die Folgen 4 bis 6 gibt es heute Abend zu sehen. Die komplette Dokumentation ist noch bis Mai 2024 in der Mediathek von Arte online, hier:
https://www.arte.tv/de/videos/113024-001-A/die-usa-und-der-holocaust-1-6/
Mehr dazu in den FERNSEH-TIPPS.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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