Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
06.11.2024 - Nr. 2086

Im Angesicht des Todes



Ausstellung in Düsseldorf würdigt drei vergessene jüdische Pioniere

Düsseldorf -"Innovativ - Erfolgreich - Jüdisch. Düsseldorfer Visionäre" lautet der Titel einer Ausstellung, die in der Mahn- und Gedenkstätte in der NRW-Landeshauptstadt gezeigt wird.

Die bis zum 28. September nächsten Jahres terminierte Schau würdigt die drei von den Nationalsozialisten verfolgten und vergessenen jüdischen Pioniere Abraham Freundlich, Albert Schöndorff und Ludwig Loewy die als Erfinder und Entwickler in Düsseldorf lebten. Kuratiert wurde die Präsentation von der stellvertretenden Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte, Hildegard Jakobs.

Die Schau erzählt die Geschichte des Selfmade-Erfinders Abraham Freundlich, der ab 1883 in Düsseldorf lebte und wirkte. Er entwickelte sich zu einem Pionier der Kühltechnik. Bereits 1902 stellte er auf der Industrie- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf eine große Kälteanlage aus und kühlte die Räume des Kunstpalastes. Er war also dem in den USA eingeführten "Air condition" um etwa neun Jahre voraus. Neben einer großen Palette von Anlagen zur Kältetechnik entwickelte, produzierte und vertrieb seine Firma "A. Freundlich" auch Dampfmaschinen, Pumpen, Luftkompressoren, Vakuumpuppen, Staubsauger und Kräne.

Die Kaiserliche Marine beauftragte die Firma mit dem Bau einer Munitionskühlanlage für den größten deutschen Panzerkreuzer "SMS Blücher". Auch die Kühl- und Eisanlage für das russische Zarenschloss in Livadia bei Jalta wurde von Freundlichs Firma erbaut. Das erste Düsseldorfer Kino, die "Lichtburg" auf der Königsallee, erhielt ebenso eine Kühlanlage von des Unternehmens.  Freundlichs Kaltlagerhäuser garantierten die Fleischversorgung während des Ersten Weltkrieges für Düsseldorf. Nach 1933 wurde die Firma schrittweise boykottiert. Anfang 1938 wurden die Kaltlagerhäuser "arisiert". Im gleichen Jahr verstarb der Firmengründer Abraham Freundlich in Düsseldorf.

Die von den drei jüdischen Pionieren gegründeten Firmen  gehörten später zu den Unternehmen Linde, Siemens und SMS AG. Während jeder heute diese Namen kennt, seien die Namen der drei jüdischen Gründer trotz ihrer bahnbrechenden Erfindungen heute vergessen, hieß es vor dem Start der Ausstellung. Albert Schöndorff gründete nach Angaben von Hildegard Jakobs zusmmen mit seinem Bruder Hermann 1890 eine Bettenfabrik in Düsseldorf. Die Firma wurde schnell erweitert um die Bereiche Ladenbau und Warenhausausstattung. Viele bekannte (jüdische) Warenhäuser in der Region wurden von ihnen ausgestattet. Schließlich gliederte Albert Schöndorff 1920 die Waggonfabrik Gebr. Schöndorff in die Firma ein. Auf dem Firmengelände in der Königsberger Straße 100 entstanden Güterwaggons, Straßenbahnen und vieles mehr. In Düsseldorf gebaute Straßenbahnen fuhren durch viele Städte und Regionen im gesamten Deutschen Reich. Albert Schöndorffs besonders soziales und gesellschaftliches Engagement hat mit dem 1919 in initiierten Bauprojekt "Siedlung Freiheit" in Düsseldorf Spuren hinterlassen. 1933 wurde  Schöndorff aus seinem eigenen Unternehmen gedrängt und 1942 aus seinem Zufluchtsland Niederlande in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet.

Der dritte der Männer, die die Mahn- und Gedenkstätte nun würdigt, war Ludwig Loewy, der als Pionier der Luft- und Raumfahrt vorgestellt wird. Ab 1914 lebte und arbeitete der aus Böhmen stammende Ingenieur Ludwig Loewy in der Stadt am Rheinufer. Schnell brachte er die Firma Schloemann zu einem Marktführer im Bereich hydraulischer Pressen. Loewy floh 1936 Düsseldorf vor den Nazi-Verfolgungen. In der Emigration in Großbritannien schuf er ein bemerkenswertes Firmenimperium. Die "Loewy Engineering Company" stellte hydraulische Pressen und Spezialmaschinen her, die für den Ausbau der modernen Luftfahrtindustrie dringend nötig waren. Sein Bruder Erwin gründete nach seiner Flucht über Frankreich in die USA 1940 den amerikanischen Sitz der Firma, "Loewy HydroPress". Beide Brüder trugen mit ihren Firmen zum Sieg der Alliierten im Zweiten Weltkrieg bei, veränderten die Luft- und Raumfahrtindustrie und prägten einen Großteil der modernen Flugzeugfertigung.

Die Ausstellung ist sonntags, dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr und samstags von 13 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.

Internet:
https://www.duesseldorf.de/mahn-und-gedenkstaette

(COPYRIGHT: Andreas Rehnolt,
Microtext-Journalistenbüro)


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