Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
01.03.2010 - Nr. 1124

ACHTUNG:

Morgen, Dienstag 02. März 2010, erscheint KEIN COMPASS!

Die nächste tagesaktuelle Ausgabe erfolgt am Mittwoch, 03. März 2010.


Guten Tag!

Nr. 1124 - 01. März 2010


Der Mord an einem Hamas-Führer in Dubai wird jetzt von der deutschen Generalbundesanwaltschaft untersucht. Bei der Aktion, in der Israels Geheimdienst Mossad eine zentrale Rolle gespielt haben soll, war ein deutscher Pass verwendet worden. Aber auch unabhängig davon wird die Aktion nach wie vor in den Medien diskutiert. In der WELT äußert sich sehr prononciert Alan Posener und hält die allseits zu vernehmende Empörung über den Mossad für "naiv und doppelzüngig". U.a. schreibt er:
"Überhaupt ist die mediale Aufregung über Israels Aktion von Naivität und Doppelzüngigkeit geprägt. Anders als etwa in Kundus gelang hier nun wirklich ein Angriff von „chirurgischer“ Präzision gegen einen bekannten Terroristen. Im auffälligen Gegensatz zum Lärm über den bösen Mossad hört man fast nichts über Barack Obamas Politik der gezielten Liquidierung von Terroristen: Über 50 Mal griffen CIA-Drohnen im vergangenen Jahr mutmaßliche Al-Qaida- und Taliban-Führer in Pakistan an, so die „Washington Post“, töteten Hunderte Dschihadisten und Zivilisten. Dieses Jahr seien es schon ein Dutzend Angriffe oder mehr gewesen, schreibt der „Economist“, der anmerkt, dass George W. Bush nicht annähernd so viele Tötungen autorisierte. Aber Obama ist – noch – der Liebling der Linken. Und kein Israeli."
In der TAZ kommentiert Micha Brumlik neben dem mutmaßlichen Mossad-Anschlag auch die israelische Siedlungspolitik. Brumlik schreibt u.a.:
"Sofern der Mord in Dubai tatsächlich vom israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad begangen wurde, wäre er nur ein weiteres Symptom des politisch nicht lösbaren Konflikts zwischen der gegenwärtigen israelischen Regierung und der palästinensischen Hamas. Da mag der unentwegte Friedenskämpfer Uri Avnery noch so oft darauf hinweisen, dass man nicht mit Freunden, sondern mit Feinden verhandeln müsse. Indes: Es gibt Freund-Feind-Konstellationen, die das nicht zulassen. Im Konflikt zwischen der gegenwärtigen Regierung Israels und der Hamas-Bewegung liegt das daran, dass beide Parteien dasselbe wollen: die ausschließliche Kontrolle über das ganze Territorium sowohl der Westjordanlands als auch Israels. Das ist nicht nur der Charta der Hamas zu entnehmen, sondern auch der israelischen Siedlungspolitik."
Die Links zu den erwähnten Kommentaren sowie weiteren Beiträgen zum Thema in den Rubriken ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT sowie ISRAEL INTERN.

Generalstreik in Bethlehem, Demonstrationen in der Westbank und gewaltsame Auseinandersetzungen in Hebron: Mal wieder scheinen die palästinensischen Autonomiegebiete am Rande einer dritten Intifada zu stehen. Mehr noch: Die politische Führung der PLO ist erzürnt und erteilt nach zuletzt vorsichtigen Zugeständnissen Mahmud Abbas' jeglichen Verhandlungen mit Israel eine rigorose Absage. Was ist geschehen? Auslöser der jüngsten Verwerfungen ist eine auf den ersten Blick harmlos erscheinende Entscheidung des israelischen Kabinetts vom vergangenen Sonntag zur Ausweitung der Liste des nationalen Erbes. Der Regierungsbeschluss sieht unter anderem vor, das Grab des Patriarchen Abraham in Hebron und das Grab von Rachel in Bethlehem in die Liste aufzunehmen. Henrik Meyer und Alexander Rüsche berichten und erklären in ZENITH (Zeitschrift für den Orient), warum dies für Aufruhr sorgt: "Abrahams Söhne streiten um Vaters Grab".
Der Link dazu in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Die innerisraelische Auseinandersetzung um den im Auftrag der Uno verfassten Goldstone-Bericht zum Gazakrieg nimmt schärfere Züge an, berichtet Claudia Kühner in einer Reportage für den Zürcher TAGES-ANZEIGER. Die neuste Attacke von rechtsextremer Seite richte sich gegen den New Israel Fund (NIF) und seine Präsidentin Naomi Chazan, eine 63-jährige Politologieprofessorin und frühere Knessetabgeordnete der linken Meretz-Partei. Diese Organisation mit Ablegern in verschiedenen Ländern, auch in der Schweiz, unterstützt in Israel unter anderem Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die sich für Frieden und Demokratie einsetzen. Chazan und mit ihr der NIF sehen sich einer rechtsextremen Hetzkampagne ausgesetzt, die manche Beobachter an die McCarthy-Zeit in den USA erinnere: "Wenn Kritik als Landesverrat angesehen wird".
Der Link zur Reportage in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Uli und Itai sind in Deutschland geboren. Beide sind Studenten und sie sind jüdisch. Als Gäste kamen sie zunächst nach Israel und entdeckten, dass dieses Land, und nur dieses Land ihre neue Heimat sein kann. Deshalb studieren sie jetzt dort. Jedes Jahr ergeht es einigen Dutzend deutschen Austauschstudenten ganz ähnlich. Doch der Weg, den Uli und Itai bis zu ihrer Erkenntnis gegangen sind, könnte kaum unterschiedlicher sein, wie Moritz Baumstieger in seiner Reportage für die ZEIT schildert: "Neue Sprache, neues Land, neuer Pass. Junge deutsche Juden in Israel".
Der Link dazu in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

Martin Scorseses jetzt anlaufender Thriller "Shutter Island" erinnert an die Exekution von SS-Leuten am 29. April 1945. Lange ging die Öffentlichkeit davon aus, dass GIs in Dachau über 100 Wachen töteten. Diese Schilderung wurde von Rechtsextremen begeistert aufgenommen. Doch sie hat mit der Wahrheit wenig zu tun, wie Sven Felix Kellerhoff in seinem Beitrag für die WELT deutlich macht: "So viele SS-Leute töteten die GIs in Dachau wirklich".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Mit seinen Graffiti-Botschaften verstört Rafal Betlejewski derzeit viele Polen. Unübersehbar groß prangen die schwarzen Lettern an der Warschauer Hauswand: "Tesknie za Toba, Zydzie!" Manche Passanten verlangsamen ihren Schritt, bleiben stehen, sichtbar irritiert, und drehen sich Rat suchend um. "Ich sehne mich nach dir, Jude!" Kommt jemand den Weg entlang, deuten sie auf die Graffiti: "Ist das antisemitisch oder nicht?" Gabriele Lesser stellt in der TAZ den Aktionskünstler näher vor und geht der Frage, ob es sich dabei um eine andere Form der Erinnerungskultur oder um versteckten Antisemitismus handelt nach: "Ich sehne mich nach dir, Jude".
Der Link zur Reportage in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Der Mann trägt ein Lätzchen, auf dem der Davidsstern prangt. Mit Messer und Gabel macht er sich daran, einen kleinen, blutenden Menschen zu zerstückeln und zu essen. Neben ihm steht ein Glas voll Blut. Woher stammt diese antisemitische Karikatur? Aus dem „Stürmer“? Nein, sie wird jeden Tag auf der Kölner Domplatte, in der guten Stube der Domstadt, ausgestellt – im Rahmen einer Installation mit antiisraelischer Propaganda, die sich ausgerechnet „Klagemauer“ nennt. Der Kölner Theatermann Gerd Buurmann hat dagegen Anklage erhoben – wegen Volksverhetzung. Die Kölner Staatsanwaltschaft will aber nichts unternehmen. "Ein Skandal", meint Alan Posener in der WELT. Und im KÖLNER STADTANZEIGER schließt sich Tobias Kaufmann der Kritik an und bemängelt die "schräge Definition von Judenhass", die in den Erklärungen der Staatsanwaltschaft deutlich werde.
Die Links zum Thema in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Eigentlich wären soziale Netzwerke eine grandiose, feine Sache. Facebook beispielsweise ein netter, wenn auch zeitraubender Ansatz um mit Leuten in Kontakt zu bleiben. Doch dann gibt es doch auch eine dunkle Seite in Facebook. Eine unerfreudliche. Eine abgründige und dann fragt man sich manchmal doch, ob die Bekannten und FreundInnen, die man so trifft, eigentlich auch wirklich Personen sind mit denen man im realen Leben befreundet sein möchte - etwa wenn sie sich als Angehörige rassistischer und gewaltverherrlichender Gruppierungen entpuppen. Gregor Kucera schildert im österreichischen STANDARD "Die dunkle Seite von Facebook".
Der Link dazu in der Rubrik RECHTSRADIKALISMUS.

Selbstmordanschläge islamistischer Fundamentalisten gehören inzwischen zur weltweiten Tagesordnung. Terror und Religion gehen eine unheilvolle Allianz ein. Doch werden auch andere Religionen für ideologische Zwecke missbraucht. Am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen fand hierzu eine Tagung mit renommierten Religionswissenschaftlern statt. DEUTSCHLANDRADIO und FRANKFURTER RUNDSCHAU berichten von der Tagung: "Terror im Namen Gottes?".
Die Links dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Tamim Ansary ist afghanisch-amerikanischer Schriftsteller und Historiker. Seine Mutter war Amerikanerin mit finnisch-jüdischen Wurzeln, sein Vater war Dozent an der Kabuler Universität und stammt aus einer angesehenen afghanischen Familie, die große islamische Gelehrte hervorbrachte. In seinem neuen Buch "Die unbekannte Welt – Globalgeschichte aus islamischer Sicht", das gerade auf Deutsch im Campus-Verlag erschienen ist, unternimmt Ansary den Versuch dem eurozentrischen Geschichtsmodell eine Alternative gegenüberzustellen. Im INTERVIEW mit TELEPOLIS spricht er über islamische Parallelgeschichte, den Hintergrund des Islamismus und den Karl Marx des Islam: "Militante Islamisten haben niemals das traditionelle islamische Leben erlebt"
Der Link zum Interview n der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Pawel war ein polnischer Skinhead. Bis er und seine Frau plötzlich ihre jüdischen Wurzeln entdeckten. Erst waren sie schockiert, dann konvertierten sie. Dan Bilefsky erzählt in der WELT die bemerkenswerte Geschichte von einem Neonazi, der zum gläubigen Juden wurde - und er sieht sie als Teil einer erstaunlichen Renaissance jüdischen Lebens in Polen. Vor fünf Jahren gab es etwa 250 Familien in der jüdischen Gemeinde in Warschau. Heute sind es 600, und die Zahl der Rabbiner im Land ist von einem auf acht gestiegen. Die Cafés und Bars der alten jüdischen Viertel in Krakau sind voll mit Menschen, die zum Judentum konvertiert sind und israelische Hip-Hop-Musik hören. Sogar mehrere Priester sind zum Judentum übergetreten.
Der Link zum Beitrag in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Was bedeutet jungen Juden in Deutschland das Judentum? Die meisten kamen als Kinder mit ihren Eltern aus der ehemaligen Sowjetunion. Doch nur wenige brachten Erfahrungen mit ihrer Religion mit. Heinz-Peter Katlewski geht in einem Beitrag für die DEUTSCHE WELLE der Frage nach, was es denn bedeutet, "jung und jüdisch in Deutschland" zu sein.
Der Link dazu in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Wie verkraftet die evangelische Kirche den Rücktritt Margot Käßmanns? Sebastian Fischer und Daniel Haas waren für den SPIEGEL am Sonntag nach Käßmanns Rücktritt im Gottesdienst in Deutschlands bedeutendster Protestanten-Kirche. Ihr Fazit mag überraschen: Der Fall Käßmann ist eine politische Katastrophe - und ein spiritueller Glücksfall! Warum, das schildert sie in ihrem Beitrag: "Worry! Be Happy!".
Der Link zu ihrer Reportage sowie weiteren Beiträgen, die sich mit der Nachfolge Käßmanns an der Spitze der EKD beschäftigen, in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

Da scheint die Lage in der katholischen Kirche eindeutiger, wo zur Zeit in Anbetracht der Debatte um die steigende Zahl von Mißbrauchsfällen sicher mehr "worry" denn "happy" herrscht. Im Interview mit der WELT spricht Robert Zollitsch über die Folgen für die Kirche, seinen Zwist mit der Justizministerin - und auch über den Rücktritt von Margot Käßmann: "Kirche wird vorschnell und pauschal attackiert".
Der Link zum Interview in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

Anton Schwarz ist der erste jüdische Detektiv in immerhin 65 Jahren deutscher Nachkriegsliteraturgeschichte. Er ist die Hauptfigur im Roman "Blinde Flecken" von Peter Probst. Dass Deutschlands erster jüdischer Ermittler solang auf seine literarische Geburt warten mußte ist sicher nicht normal. Spiegelt aber nur wider, wovon "Blinde Flecken" erzählt, nämlich von einem gesellschaftlichen Verhältnis, in dem alles noch weniger normal ist, als Verhältnisse in Kriminalromanen ohnehin zu sein pflegen - vom deutsch-jüdischen Verhältnis nämlich. Max Hermann stellt den Krimi in der WELT näher vor: "Normal ist hier nichts".
Der Link zur Buchbesprechung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag und eine gute Woche wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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