Deutsche Bibliothek ISSN 1612-7331
17.03.2011 - Nr. 1235

ACHTUNG:

Die nächste Ausgabe erscheint am Montag, 21. März 2011!


Guten Tag!

Nr. 1235 - 17. März 2011


Auch in den Palästinensergebieten formiert sich nun ermutigt von den Aufständen in der arabischen Welt der Protest. Tausende demonstrierten jetzt im Westjordanland und im Gaza-Streifen für die Einheit ihres zerstrittenen Volkes. Die Machthaber von Hamas und Fatah versuchen nun allerdings, die Bewegung jeweils für ihre eigenen Zwecke zu nutzen, wie die FAZ und der SPIEGEL berichten: "Palästinas Jugend wacht auf".
Die Links zu den Berichten in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Am Dienstag dieser Woche fing die israelische Marine ein Schiff ab und kaperte es. An Bord befanden sich sechs Schiffsabwehrraketen, 2.500 Mörsergranaten und mehrere Zehntausend Schuss Munition. Die Waffenlieferung war nach Angaben israelischer Behörden für den Gazastreifen bestimmt und wurde sehr wahrscheinlich vom Iran über Syrien verschifft. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beteuerte daraufhin, die syrisch-iranische "Achse des Terrors" zerschlagen zu wollen. Das Schiff gehört israelischen Angaben zufolge einer deutschen Firma und fährt für eine französische Reederei unter liberianischer Flagge. Die WELT und die FAZ berichten über weitere Hintergründe der Aktion: "Waffen-Schau in Israel".
Die Links dazu in der Rubrik ISRAEL UND NAHOST HINTERGRUND.

Ende diesen Monats fällt der Startschuß für den Jerusalem-Marathon: Etwa 7.000 Läufer, davon 4.000 israelische Soldaten, wollen entweder die vollen 42 Kilometer, die Hälfte oder nur zehn Kilometer durch Jerusalem rennen. 800 Sportler reisen sogar eigens aus dem Ausland an. Aber nun wurde der Marathon zum politischen Zankapfel: Palästinenser und linke Israelis rufen zum Boykott auf. Sie wittern eine "Judaisierung Jerusalems", wie Susanne Knaul für die TAZ berichtet: "Politik im sportlichen Outfit".
Der Link zu ihrer Reportage in der Rubrik ISRAEL INTERN.

Vergangenheitsbewältigung und Liebesbeziehung in einem: Der ungewöhnliche Dokumentarfilm "I shot my love" des israelischen Dokumentarfilmers Tomer Heymann erzählt von einem deutschen Lover, seinem israelischen Freund und dessen jüdischer Mutter. Dabei treten deutsch-jüdische und israelisch-deutsche Begegnungen in ganz unterschiedlichen und widersprüchlichen Konstellationen auf. Es zeigt sich, dass alle Beteiligten in ein privates und historisches Netz von Bindungen und Bedeutungen verstrickt sind, aus dem es keine schnellen Auswege gibt. Peter Rehberg, der den Dokumentarfilm in der Wochenzeitung DER FREITAG vorstellt, ist fasziniert:
"Die Intensität des Films hängt von dem Mut ab, sich auf das verminte Terrain zu begeben, wovon Heymann sich selbst nicht ausnimmt. Und von der „Gewalt“, die es letztendlich bedeutet, diese widersprüchlichen intimen Momente mit der Kamera schonungslos einzufangen."
Links zu dieser und weiterer Filmbesprechungen in der Rubrik ISRAEL, DEUTSCHLAND, EUROPA UND DIE WELT.

"Das historische Elend des deutschen Liberalismus heißt Friedrich Naumann (1860-1919)", schreibt provozierend der Historiker Götz Aly in einem Beitrag für die FRANKFURTER RUNDSCHAU und nennt Friedrich Naumann die "Leiche im Keller der FDP". Naumann, nach dem die Parteistiftung der FDP benannt ist, war nämlich wohl eher ein Vordenker des Nationalsozialismus als des Liberalismus. Zum Belegt zitiert Aly etwa aus Naumanns "National-sozialem Katechismus", wo es u.a. herißt: "Warum nennt ihr euch nationalsozial? Weil wir überzeugt sind, dass das Nationale und das Soziale zusammengehören. Was ist das Soziale? Es ist der Trieb der arbeitenden Menge, ihren Einfluss innerhalb des Volkes auszudehnen. Was ist das Nationale? Es ist der Trieb des deutschen Volkes, seinen Einfluss auf der Erdkugel auszudehnen."
Der Link zu Alys Essay in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Eine ganz ungewöhnliche und atemberaumende Geschichte erzählt Heidrun Hannusch in ihrem jüngsten Buch "Todesstrafe für eine Selbstmörderin". In der ZEIT erzählt sie, wovon ihr Buch handelt: Im Mittelpunkt steht das Schicksal von Irene Coffee. In eine gut situierte jüdische Familie geboren, wuchs sie im Dresdner Bildungsbürgertum auf – machte Reisen, Opernbesuche und schien ein sorgenloses Leben vor sich zu haben. Zwischen 1937 und 1938 jedoch mussten Irene und ihre Mutter vor den Nazis nach London emigrieren. Hier begangen ihre Mutter und sie selbst gemeinsam Selbstmord. Die Mutter starb, Irene überlebte. Einer seit Jahrhunderten gängigen britischen Rechtsprechung folgend wurde Irene danach als Mörderin ihrer eigenen Mutter angeklagt – und am 9. Dezember 1941 im Gerichtssaal des Old Bailey schuldig gesprochen. Sir Travers Humphreys, Richter Seiner Majestät, verkündete das Urteil. Es lautete auf Todesstrafe. Tod durch Erhängen. Heidrun Hannusch recherchierte mühevoll und intensive diese schier unglaubliche Geschichte: "Vom Leben lassen".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik VERGANGENHEIT...

Es sind Bilder, die an das schwärzeste Kapitel der deutschen Geschichte erinnern: In Bremen rufen Demonstranten offen zum Boykott israelischer Lebensmittel auf. Bei den Aktivisten handelt es sich um Mitglieder des linken „Bremer Friedensforums“, die in der Bremer Innenstadt „demonstrierten“. Im Interview mit dem WESER KURIER bezeichnet der Historiker Julius H. Schoeps, Direktor des Moses Mendelsohn Zentrums, diesen Vorgang kurz und bündig als "Antisemitismus". Auch der Präsident der DEUTSCH-ISRAELISCHEN GESELLSCHAFT, Reinhold Robbe, wendet sich in einer Presseerklärung empört gegen Boykott-Aktion. Als geradezu unerträglich bezeichnete Robbe u.a., dass die Verantwortlichen des Bremer Friedensforums offensichtlich aus kirchlichen Kreisen stammen: „Boykott-Aufruf ist dumm und gefährlich“
Der Text der DIG-Presseerklärung im Wortlaut sowie der Link zum Interview mit Schoeps in der Rubrik ANTISEMITISMUS.

Die beiden Journalisten Andrea Röpke und Andreas Speit berichten in ihrem Buch „Mädelsache“ anhand von Fallbeispielen über die Rolle von Frauen im Rechtsextremismus. Der HUMANISTISCHE PRESSEDIENST und die MÄRKISCHE ALLGEMEINE stellen das Buch, in dem es um ein immer offenkundiger werdendes Phänomen geht, näher vor: "Frauen in der Neonazi-Szene".
Die Links dazu in der Rubrik RECHTSRADIKALISMUS.

Die Kinder-Kanal-Dokumentation "Schnitzeljagd im Heiligen Land" wird in diesem Jahr mit dem renommierten Grimme-Preis ausgezeichnet. Die vierteilige Serie bringt Kindern die drei Weltreligionen Christentum, Islam und Judentum näher. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, gratulierte den Verantwortlichen des Projektes der "Cross Media Medienproduktion". Das christliche Medienmagazin PRO berichtet weitere Einzelheiten über die preisgekrönte Serie: "Grimme-Preis für 'Schnitzeljagt im Heiligen Land'".
Der Link dazu in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Benedikt XVI. verwirft in seinem neuen Jesus-Buch die jüdische Kollektivschuld am Tod Jesu - und erntet dafür aus jüdischen Kreisen Lob. Selbst der israelische Ministerpräsident bedankte sich für diese Erkenntnis beim Papst. Alan Posener zeigt in der WELT wenig Verständnis dafür und erinnert an die Piusbruderschaft, die nach wie vor an der "Schuld der Juden" festhalte und die der gleiche Papst vor gut einem Jahr in die Kirche zurückgeholt hat: "Hätte er von ihnen die Abkehr von ihrem Antijudaismus verlangt, hätte Netanjahu Grund gehabt, ihm zu danken. Taten zählen mehr als Worte", schreibt Posener und attestiert dem Papst einen "halbherzigen Umgang" mit dem Antijudaismus.
Der Link zu Poseners Einspruch in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Für die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Christen und Muslimen scheint es auf christlicher Seite zurzeit vor allem zwei Positionen zu geben. Entweder Assimilation im bzw. vor dem Gespräch oder Konfrontation mit dem Bekenntnis. Eine dritte Position, der Versuch einer Begegnung im Dialog kann offenbar nur schwer Fuß fassen. Genau das versucht Klaus-Peter Lehmann in einem Beitrag für die verdienstvollen BLICKPUNKT.E und zwar indem er sich das dialogische Prinzip von Martin Buber für die Begegnung zwischen Christen und Muslimen zum Vorbild nimmt: "Wir Christen un der Koran".
Der Link zum Beitrag in der Rubrik INTERRELIGIÖSE WELT.

Der Österreichische Rundfunk (ORF) und das Jüdische Museum in Wien starten gemeinsam ein bemerkenswertes Projekt: das "ORF-Medienarchiv Judentum". Gut 100 Radio- und Fernsehbeiträge zu jüdischer Kultur, Religion und Geschichte sollen im Internet abrufbar sein. Ab sofort stehen bereits jetzt 55 Videos und 45 Radiobeiträge rund um das Thema "Judentum" online. KATHWEB und DIE PRESSE stellen das Projekt näher vor und verraten auch die Internetadresse, unter der das ARchiv zugänglich ist: "Judentum nicht ständig über den Holocaust definieren".
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Der zentrale Busbahnhof von Tel Aviv bietet auf sieben Etagen ein Gewirr düsterer Gänge, die scheinbar ins Nichts führen und regelrecht dazu einladen, sich hoffnungslos zu verlaufen. Ausgerechnet hier, in einem der Gänge, nahe einer Partneragentur für philippinische Gastarbeiter, liegt das "Living Yiddisch Museum und Library", die Michael Borgstede für die WELT besucht hat: "Etwa 40 000 Werke haben Mendy Cahan und seine Mitarbeiter schon gesammelt. "Jiddisch war ja einst die Alltagssprache für sehr unterschiedliche Bevölkerungsgruppen", sagt er. Und darum decke die jiddische Literatur eben alle denkbaren Fachgebiete ab, die zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts in Mode gewesen seien." Mehr noch, so Borgstede, Jiddisch sei inzwischen "so cool" geworden, dass die Universität Tel Aviv sogar entsprechende Sommerkurse anbiete und man von einem regelrechten "Comeback der Mameloschen Muttersprache" sprechen könne: "Die Teilnehmer sind vor allem junge Israelis, aber Deutsche, Amerikaner und sogar Japaner scheinen sich ebenfalls für die Mameloschen zu interessieren." Ergänzt wird Borgstedes Reporatage über dieses Comeback durch einen zweiten, kleinen Artikel, in dem er kurz die Entstehung, Geschichte und Eigenart des Jiddischen erläutert.
Die Links zu den Beiträgen in der Rubrik JÜDISCHE WELT.

Am Wochenende hat sich der Kölner Kardinal Joachim Meisner in der WELT mit einem Beitrag zum Thema Sterbehilfe zu Wort gemeldet. Er läßt keinen Zweifel daran, dass er jegliche Sterbehilfe für eine "Perversion christlichen Denkens" hält: "Dem Sterben entgegensehen sollten Menschen an der Hand anderer Menschen – und nicht durch deren Hand", schreibt er und beklagt: "Kein Wort mehr von einer Ethik des Leidens oder gar vom 'Heil bringenden Schmerz'". Empört kommentiert Bernd Vowinkel auf den Seiten des HUMANISTISCHEN PRESSEDIENSTES die Ausführungen des Kardinals, die er wiederum für eine Perversion hält.
Die Links zu beiden Positionen in der Rubrik CHRISTLICHE WELT.

Jüdisches Leben ist heute in Deutschland überall sichtbar: Synagogen werden wiederaufgebaut, eine junge Generation definiert selbstbewusst ihr Judentum. Der Publizist Olivier Guez befragte dazu prominente Zeitzeugen, wie diese an ein Wunder grenzende Entwicklung möglich war. Publiziert sind die Antworten und Meinungen nun in einem ansehnlichen Band - "Heimkehr der Unerwünschten. Eine Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945" -, den Arno Orzessek für DEUTSCHLANDRADIO vorstellt.
Der Link zur Buchvorstellung in der Rubrik ONLINE-REZENSIONEN.

Dies alles und noch viel mehr wie üblich direkt verlinkt, ergänzt von aktuellen FERNSEH-TIPPS sowie einschlägigen ONLINE-REZENSIONEN im heutigen COMPASS.


Einen angenehmen Tag wünscht


Dr. Christoph Münz

COMPASS

redaktion@compass-infodienst.de

(Editorial zusammengestellt unter Verwendung des Teasermaterials der erwähnten Artikel)



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